Vier Tage lang konnten sich Landwirte über die Möglichkeiten der Photovoltaik speziell für ihre Betriebe informieren. Das Angebot wurde rege angenommen. Die Gespräche an den Ständen zeigten immer wieder: Das Interesse der Landwirte an der Solarenergie ist groß und vor allem auf unterschiedliche Ziele ausgerichtet.
Es ist nicht nur die große Agri-PV-Anlage, die als zweite Einkommensquelle den Betrieb sicherer gegen die Veränderungen des Klimas und damit zusammenhängende Ernteausfälle aufstellt. Es sind immer wieder auch Dachanlagen gefragt, mit denen sich Landwirte gegen steigende oder schwankende Energiekosten absichern können. Denn mit fortschreitender Elektrifizierung, Mechanisierung und Digitalisierung steigt auch der Bedarf an elektrischem Strom.
Was ist eine Agri-PV-Anlage?
Die Fragen der Landwirte waren sehr unterschiedlich. Das zeigte sich auch im Rahmen der Fachberatung, die die Redaktion der photovoltaik zusammen mit der DLG und den Anbietern IBC Solar, Next2Sun, Huawei Fusionsolar, Wagner Solar, der Gartenbau Versicherung und Kronos Solar organisiert hat. Sie betrafen aber immer wieder diese beiden Einsatzbereiche der Photovoltaik in der Landwirtschaft. So suchen die Landwirte nach Lösungen für kleinere Flächen, auf denen sie Agri-PV-Anlagen errichten wollen. Hier stand vor allem die Frage im Mittelpunkt, was eine Agri-PV-Anlage überhaupt ist, welche Voraussetzungen es dafür gibt und wie die entsprechenden Lösungen aussehen können.
Dies regelt die DIN Spec 91434 „Agri-Photovoltaik-Anlagen – Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung“ recht eindeutig. So tauchte immer wieder die Frage auf, wie hoch die Anlagen aufgeständert werden müssen, vor allem bei Trackersystemen. Hier muss die lichte Höhe der Anlage mindestens 2,10 Meter betragen, wenn die Module in senkrechter Position stehen. Sind sie in die Vertikale gedreht, darf die Traufseite der Module auch unter 2,10 Meter liegen.
Zwei Kategorien
Das ist auch bei fest aufgeständerten Anlagen möglich. Hier unterscheidet die DIN allerdings zwischen zwei Kategorien. In der ersten Kategorie muss die Traufseite der Module zwingend einen Abstand von mindestens 2,10 Metern über dem Boden erreichen, damit der Generator als Agri-PV-Anlage anerkannt wird. Die landwirtschaftliche Nutzung findet dann unter den Modulen statt.
In der Kategorie zwei darf der Abstand zwischen Boden und Traufseite bei fest aufgeständerten Anlagen auch weniger als 2,10 Meter betragen. Hier erfolgt die Bewirtschaftung zwischen den Modulen. Denn es gilt: Grundsätzlich ist die Fläche unter Modulen mit einer lichten Höhe unter 2,10 Meter als landwirtschaftlich nicht nutzbare Fläche anzusehen.
Tierwohl nicht gefährden
In solchen Fällen muss der Landwirt genau erklären und beschreiben, wie das Bearbeitungskonzept aussehen soll. Außerdem muss er auf der landwirtschaftlich weiter nutzbaren Fläche zwischen den Modulreihen einen Ertrag von mindestens 66 Prozent im Vergleich zu einer Referenzfläche ohne Solaranlage erreichen.
Dies ist bei fest vertikal aufgeständerten oder Trackeranlagen in der Regel problemlos möglich. Doch bei schräg aufgeständerten Anlagen müssen die Modulreihen sehr weit auseinander stehen, wenn ein normaler Solarpark als Agri-PV-Anlage durchgehen soll. Selbst eine Nutzung als Schafweide lässt sich nur schwer plausibel darlegen. Dann muss die Anlage so hoch aufgeständert werden, dass die Schafe aufrecht unter den Modulen hindurchlaufen können. Dies gibt wiederum die DIN Spec 91492 „Agri-Photovoltaik-Anlagen – Anforderungen an die Nutztierhaltung“ vor.
Diese Regelung gilt nicht nur für Schafe, sondern allgemein für Tiere. Außerdem sind die Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung einzuhalten. Eine Anlage mit einer minimalen lichten Höhe von 1,50 Metern wird wiederum nur im räumlichen Zusammenhang mit Stallungen zu einer Agri-PV-Anlage.
In vielen Fällen ging es darum, wie Anlagen aussehen müssen, damit die im EEG vorgesehene höhere Einspeisevergütung für Agri-PV-Anlagen bis ein Megawatt Leistung erreicht wird. Diese gibt es nur für Strom aus Anlagen, die fest vertikal aufgeständert sind und bei denen der Abstand der Modulunterkante zum Boden mindestens 80 Zentimeter beträgt. Alternativ ist dies mit Anlagen möglich, bei denen der Abstand zwischen Boden und Traufseite der Module mindestens 2,10 Meter beträgt.
Landwirte sind verunsichert
Solche und ähnlich komplizierte Regelungen verunsichern die Landwirte immer wieder. Sie sind auch unsicher, ob die kommunalen Behörden mit den Regelungen der Agri-PV tatsächlich vertraut sind und die entsprechenden Projekte eventuell behindern – selbst wenn es um die hofnahen Anlagen geht, die privilegiert errichtet werden können.
Sonnenstrom vor Ort nutzen
Denn hier ist das Baugesetzbuch recht eindeutig. Ein Bauleitverfahren wird nicht notwendig, wenn die Agri-PV-Anlage in der Nähe des Hofes gebaut wird und sie auch in einem funktionalen Zusammenhang zum Agrarbetrieb entsteht. Dieser ist beispielsweise gegeben, wenn der größte Teil des Sonnenstroms direkt vor Ort genutzt wird. Eine konkrete Entfernungsangabe steht im Baugesetzbuch nicht.
Oft kam die Frage nach dem Vertrieb des Stroms auf. In der Regel bauen Landwirte auf eine Vergütung – gesetzlich geregelt oder als Marktprämie im Rahmen einer Ausschreibung. Vor allem für größere Ausschreibungsprojekte bis 15 Hektar Größe waren Projektpartner gefragt, die zusammen mit den Agrarbetrieben solche Anlagen umsetzen.
Nutztierhalter wollen Dachanlagen
Wenn es um die Eigenversorgung der Höfe und Betriebe geht, waren die Fragen ebenfalls sehr unterschiedlich. Die Bandbreite reichte hier vom Neueinstieg in die Photovoltaik über den Weiterbetrieb von Anlagen, die demnächst aus der Förderung durch das EEG fallen sowie die Ergänzung bestehender Generatoren bis hin zur Frage nach der Entsorgung von Modulen, die 20 und mehr Jahre alt sind und ersetzt werden sollen. An Dachanlagen waren vor allem Landwirte mit Tierhaltungsbetrieben interessiert.
Für eine geplante Erstinstallation von solaren Dachanlagen waren grundsätzliche Informationen wichtig, wie etwa die Auswahl der passenden Komponenten, die richtige Größe der Anlage, wie der Strom und wie die komplette Dachanlage genutzt werden kann.
Regeln vereinfachen
Denn klar ist: In den überwiegenden Fällen soll die Dachfläche komplett mit Modulen belegt werden, wobei die Anlagen auf jeden Fall wirtschaftlich bleiben sollen. Hier spürte man die Unsicherheit der Landwirte, ob dies mit der derzeitigen Einspeisevergütung noch gelingt.
Dazu war vor allem der Hinweis wichtig, dass es möglich ist, zwei Generatoren auf einem Dach zu betreiben – einen zum Eigenverbrauch und einen zur Volleinspeisung. In diesem Zusammenhang konnten sich die Landwirte auch informieren, ob sie einen Speicher in das System integrieren sollten. Dann ergab sich sofort die Frage, welche Speichergröße zu den Anforderungen des Betriebs und zur Solaranlage passt.
Mehr Solarenergie für Höfe
In allen Fällen zeigte sich, dass die Landwirte mit den Technologien schon grundsätzlich vertraut sind. Deshalb ging es häufig um die konkrete Umsetzung von Projekten und um Fragen, wie beispielsweise die Montagepfosten gegründet werden oder wie viel Ertrag die verschiedenen Systemkonzepte erwirtschaften.
Wenn es um die konkreten Regelungen geht, war nämlich immer wieder Verunsicherung spürbar. Im Allgemeinen aber besteht der Wunsch nach Solarenergie auf den Höfen. Doch genauso groß ist der Wunsch nach der Vereinfachung und Vereinheitlichung der Regelungen. Die nächsten beiden Jahre werden zeigen, ob die Politik diese Wünsche erhört.
https://www.energy-decentral.com
Spezial zum Download
Sonnenstrom von Acker und Scheune: Tipps für die doppelte Ernte
Viele Landwirte tragen sich mit dem Gedanken, eine eigene Photovoltaikanlage zu errichten – sei es als Energielieferant für den eigenen Hof oder als zweite Einkommensquelle. In beiden Fällen ist das Ziel, den eigenen Landwirtschaftsbetrieb für die Zukunft aufzustellen.
Doch worauf müssen Landwirte achten – sowohl mit Blick auf die Technologie als auch auf den Betrieb des Generators bis hin zur Versicherung –, wenn sie in eine Photovoltaikanlage investieren wollen? Wie kommen sie auch ohne eigene Investition an Solarstrom, der vor Ort produziert wurde? Welche Gebäude sind für eine Solaranlage geeignet und gibt es Möglichkeiten zu bauen, auch wenn ein Dach nur geringe Lastreserven hat? Welche Chancen gibt es, den eigenen Sonnenstrom in die Mobilität zu schieben? Welche neuen Möglichkeiten gibt es für einen erweiterten Speicherbetrieb? Welche Unterstützung bekommen Landwirte für die Planung der Anlage?
Antworten auf diese und auf weitere Fragen finden Sie in der Ausgabe 2024 des Landwirtschafts-Spezials, das die Redaktion der photovoltaik in Kooperation mit der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) erstellt hat. Nach der Registrierung können Sie diese Ausgabe kostenlos herunterladen:
https://www.photovoltaik.eu/special-pv-landwirtschaft-2024
Gridparity
Agri-PV hat großes Wachstumspotenzial
Der Systemanbieter Gridparity zieht ein positives Fazit der Energy Decentral 2024. Auf der Messe rund um die dezentrale Ökoenergieversorgung von Agrarbetrieben hat der Systemanbieter die Besucher seines Stands befragt. Das Ergebnis: Rund 60 Prozent der Besucher der Messe zeigten großes Interesse an den Themen Agri-PV und Elektrifizierung der Landwirtschaft. Dabei standen besonders hofnahe, kleine Agri-PV-Anlagen bis ein Megawatt Leistung im Mittelpunkt der Nachfrage.
Erich Merkle, Geschäftsführer von Gridparity, führt die Konzentration auf dieses Segment unter anderem darauf zurück, dass in dieser Größe die Anlagen von den Landwirten selbst finanziert werden können. Bei einem Investitionsvolumen von etwa 600.000 Euro für den Generator und weiteren 200.000 Euro für den Netzanschluss gelten die kleineren Anlagen als vergleichsweise erschwinglich. Außerdem profitieren diese Anlagen von vereinfachten und schnellen Genehmigungsverfahren. Denn Anlagen unter einem Megawatt sind von Ausschreibungspflichten ausgenommen. Zusätzlich unterliegen sie weniger strengen Bauvorschriften. Dies ermöglicht eine schnellere Realisierung.
Aber auch Trackeranlagen bis ein Megawatt stoßen auf das wachsende Interesse der Landwirte. Rund ein Viertel der Befragten erkannte das Potenzial dieser Lösungen. Entscheidende Vorteile liegen in der Anpassungsfähigkeit an landwirtschaftliche Nutzungen sowie in der bis zu 30 Prozent höheren Stromproduktion. Diese Leistungssteigerung bei nahezu identischen Kosten erhöhe die Wirtschaftlichkeit deutlich, betont Erich Merkle.
Next2Sun
Solarpark in Löffingen mit neuem System gebaut
Next2Sun hat den Agri-PV-Solarpark Löffingen im Schwarzwald eröffnet. In diesem Projekt hat das Unternehmen erstmalig einen Großteil der Reihen mit drei Modulen übereinander realisiert. Das neue dreireihige System bietet einen höheren Ertrag auf gleicher Fläche, obwohl die einzelnen Modulreihen weiter auseinanderstehen müssen, um die gegenseitige Verschattung zu minimieren.
Ein größerer Reihenabstand war in Löffingen ohnehin notwendig. Auf Wunsch des Landwirts Wolfram Wiggert, auf dessen Flächen des Haslachhofs die Anlage steht, wurde er mit 13,5 Meter sehr groß gewählt, damit die Fläche weiterhin landwirtschaftlich bestmöglich nutzbar bleibt. Dafür bot sich das neue System an. „Mit dem dreireihigen System können wir unsere Anlagen noch gezielter an die Bedürfnisse der Landwirtschaft anpassen und gleichzeitig wirtschaftlich bleiben“, betont Heiko Hildebrandt, Geschäftsführer von Next2Sun. Aufgrund der dritten Modulreihe rechnen die Planer mit einem Jahresertrag von etwa 4.800 Megawattstunden. Die Leistung der Anlage liegt bei 4,3 Megawatt.
Mit dem dreireihigen System präsentiert Next2Sun eine Neuheit im Bereich der vertikalen Agriphotovoltaik. Denn bisher konnten in den Systemen nur maximal zwei Modulreihen übereinander installiert werden. Ein einreihiges System gehört ebenfalls noch zum Portfolio.
Der neue Solarpark kombiniert auf einer Fläche von elf Hektar Solarstromproduktion mit Landwirtschaft. Zwischen den Modulreihen sind sowohl Ackerbau als auch Grünland geplant. Der Grünlandteil soll für Rinderhaltung genutzt werden. Der beteiligte Landwirt Wolfram Wiggert wird im ackerbaulich genutzten Teil beispielsweise Dinkel, Hafer oder Buchweizen anbauen. Er und Next2Sun sind jeweils zu gleichen Teilen an der Anlage beteiligt. Außerdem konnten sich die Bürger von Löffingen beteiligen.