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Ostdeutschen Landwirten aufs Dach gestiegen

Die Welt steckt nicht nur voller Möglichkeiten, sondern auch voller Energie. Das hat sich die Meridian Neue Energien aus Suhl auf die Firmenfahnen geschrieben – und mit ihrem Geschäftsmodell so viele Kunden überzeugt, dass das nur 20 Mitarbeiter zählende Unternehmen inzwischen zu den größten konzernunabhängigen Betreibern von Solaranlagen gezählt werden kann.

Meridian wurde 1996 gegründet und war zunächst auf Windkraft spezialisiert. „Das war damals ein durch die staatliche Förderung ausgesprochen schnell wachsender Markt, man sieht ja heute in Form der Windräder überall im Land das Ergebnis“, sagt Firmenchef Henry Bolz. Doch der Wind drehte sich bekanntlich. Nicht nur bei den Zuschüssen, besonders bei der Akzeptanz immer neuer Windparks gibt es heute für Investoren erhebliche Probleme zu überwinden. „Wir sind noch mit einigen Anlagen im Geschäft, aber es ist mühsam, überhaupt an die Baugenehmigung zu kommen“, berichtet Bolz. Und mitunter, wie etwa im Beispiel der thüringischen Stadt Jena, droht ein solches Vorhaben im jahrelangen Rechtsstreit unterzugehen, weil inzwischen selbst die Kommunen die Projekte blockieren: Mit nur zäh vorangetriebenen Bebauungsplänen oder gar mit dem Einwand, ein Milan brüte in der Nähe.

Kreatives Team mit Weitblick

Seit etwa vier Jahren setzt Meridian auf die Photovoltaik. „Wir hatten damals die Idee, die in Ostdeutschland durch die früher generell in Großbetrieben organisierte Landwirtschaft als Geschäftsfeld zu erschließen. Denn die riesigen Betriebe mit oft mehreren Tausend Hektar Nutzfläche und mehreren Tausend Tieren besitzen entsprechend große Gebäude – und damit reichlich Dachflächen“, erzählt Bolz.

Die Meridian Neue Energien residiert seit fast zwei Jahren selbst direkt unter einem Dach, allerdings unter dem eines modernen Bürogebäudes im Süden von Suhl, in dem ein Zeitungsverlag seinen Sitz hat. Von der gläsernen Front bietet sich nach allen Seiten ein spektakulärer Weitblick über die Wipfel des Thüringer Waldes. „Das ist das ideale Büro für ein kreatives Team, wie wir uns sehen. Transparente Wände überall, viel Freiraum für spontane Diskussionen, große Beratungstische, auf denen Projektpläne besprochen werden können“, sagt Bolz. Selbst eine Tischtennisplatte auf der Büroetage fehlt nicht.

Um den Bauern von heute die Sache schmackhaft zu machen, kommt Meridian der Umstand gerade recht, dass die Dächer der Ställe fast immer aus dem in der DDR üblichen Well-Asbest gebaut wurden. Einem recht dauerhaften Material, das allerdings den Nachteil hat, dass es in einem solch sensiblen Bereich wie der Tierhaltung vom Verbraucher nicht akzeptiert werden dürfte – wobei das Thema in der Öffentlichkeit zum Glück für die Betriebe noch nicht thematisiert wurde. „Pro Betrieb gibt es zwischen 5.000 und 25.000 Quadratmeter sanierungsbedürftige Dachfläche“, sagt Bolz. Der Sanierungsbedarf ist für ihn das Schlüsselargument, um den Bauern – im besten Sinne des Wortes – aufs Dach zu steigen: „Wir bieten die komplette Sanierung, einschließlich Statik, Entwässerung und einer 20-jährigen Garantie an – und zwar kostenlos für die Landwirte“, erklärt Carmen Werner von Meridian das Konzept. Nur eine einzige Gegenleistung verlangt das Unternehmen: Ein auf 20 Jahre im Grundbuch festgeschriebenes Nut zungsrecht der Dachfläche, deren gesamte Südlage mit Modulen zur Stromerzeugung belegt wird. Dabei ist Meridian nicht kleinlich: Die Nordseiten der Dächer werden ebenfalls saniert. Der Landwirt, oft knapp bei Kasse, ist mit dem Geschäft also gut bedient, kann er doch seine Liquidität für andere Projekte einsetzen.

Lokale Handwerker profitieren

Doch auch Meridian profitiert, denn nach dem EEG liegen die Einspeisevergütungen bei den Aufdach-Konstruktionen gegenüber den großen Solarkraftwerken auf Freiflächen höher, ein Abstand, der durch die um 1,5 Prozent niedrigere Degression sogar weiter wächst. „Wir haben zudem die Erfahrung, dass es versicherungstechnisch wesentlich günstiger ist, die Module auf vorhandene Gebäude zu montieren, denn hier ist Diebstahl und Vandalismus besser beizukommen, als auf einer viele Hektar großen Freifläche, die man zudem aufwändig umzäunen und sichern muss“, erklärt Bolz.

Doch die höhere Vergütung des erzeugten Stromes ist nicht die einzige Stellschraube zur Kostenoptimierung. Meridian nutzt konsequent den Vorteil, dass die Projekte sich ähneln, da die Dachkonstruktionen in der DDR standardisiert errichtet wurden. Außerdem ist der Genehmigungsaufwand gering. Dadurch können die Planungsarbeiten im Wesentlichen in der Suhler Firmenzentrale erledigt werden. Auch der Vertrieb und der spätere Betrieb der Anlagen erfolgt komplett von hier aus. Die Alu-Rahmen werden in Großserie von einem festen Partner gefertigt. Für die eigentlichen Montagearbeiten und die Bauleitung werden Subunternehmen und externe Mitarbeiter ein gesetzt, die reinen Bauleistungen jeweils vor Ort ausgeschrieben. Für Kontinuität sorgt ein fester Stamm von sechs Bauleitern und Elektroingenieuren.

Module kommen aus China

Größter Kostenfaktor ist jedoch bekanntlich bei Photovoltaikprojekten das Modul selbst. „Wir haben am Anfang auch mit deutschen Herstellern gearbeitet, fanden jedoch seit etwa 2005 in China deutlich preiswertere Alternativen“, berichtet Bolz. Nur ganz am Anfang habe es einige kleinere Probleme mit der Qualität gegeben, doch das sei längst behoben. „Wir kaufen auf Grund der großen Mengen direkt auf dem chinesischen Markt ein, die Ware kommt zuverlässig und termingerecht per Schiff, zu den gleichen Qualitäts- und Garantiebedingungen, wie sie auch in Deutschland zu bekommen wären“, sagt die gelernte Wirtschaftsjuristin Werner. Angesichts der knappen Rentabilitätsmargen im Solargeschäft und der vergleichsweise geringen laufenden Betriebskosten entscheidet gerade der Einkaufspreis der Module über den Erfolg solcher Millionenprojekte, wie sie Meridian inzwischen stemmt. Anders als viele anderen Unternehmen der deutschen Solarbranche will Bolz daher auch nicht über die erhöhte Degression der Einspeisevergütung klagen: „Wir werden das abfangen, unsere Pipeline ist für 2008 und 2009 bereits heute gut gefüllt.“

Jüngstes Beispiel für ein erfolgreiches Großprojekt ist die Ende November in Betrieb genommene Anlage in Kloster Veßra, Kreis Hildburghausen/Thüringen. Auf 25.525 Quadratmetern Dachfläche wurden Module mit einer Leistung von rund zwei Megawatt installiert.

Im Dezember wurde zudem eine Anlage in Kublank, Kreis Mecklenburg-Strelitz fertig, die auf 22.267 Quadratmetern knapp 1,3 Megawatt leistet. Insgesamt sanierte Meridian allein 2007 mehr als 130.000 Quadratmeter Dachfläche und bestückte sie mit Solaranlagen. Das bedeutet stolze 10,6 Megawatt installierter Leistung. Die Investitionen gibt Meridian mit rund 40 Millionen Euro an. Insgesamt kann das kleine Thüringer Unternehmen auf ein durch Verträge gesichertes Projektportfolio von rund 85 Megawatt verweisen.

Sichere Verhältnisse

Die Finanzierung sei dabei kein unlösbares Problem, weil durch den Verbleib der Anlagen in Firmenbesitz und den gesetzlich gesicherten, einfach zu kalkulierenden Ertrag Banken diese Projekte relativ problemlos finanzieren. Im Fall der Meridian werden dazu Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Deutschen Industriebank (IKB) genutzt, die mit festgeschriebenen Zinsbindungen von 16 Jahren über die geplante Abschreibungszeit auch für das Unternehmen gesicherte Verhältnisse schaffen.

Wenn nach 20 Jahren die Laufzeit der Verträge mit dem Landwirtschaftsbetrieb endet, kann eine Option auf den Weiterbetrieb gezogen werden. Dann erhält der Landwirt zusätzlich einen Anteil des Gewinns aus dem Stromverkauf der bereits abgezahlten Anlage. Ansonsten übernimmt Meridian den Rückbau, wozu sie sich vertraglich verpflichtet hat.

Dass die Geschäftsidee von Meridian Zukunft hat, beweist das noch vorhandene Potenzial an Dachflächen in der Landwirtschaft. Auf sechs bis acht

Millionen Quadratmeter wird dieses geschätzt, genug für den Ertrag eines kleineren, herkömmlichen Kohlekraftwerkes. Bislang ist von der vorhandenen Fläche weniger als ein Viertel unter Vertrag.

Solarpark Kloster Veßra

Am 29. November 2007 wurde in der südthüringischen Ortschaft Kloster Veßra eine fast 26.000 Quadratmeter große Aufdachanlage mit rund zwei Megawatt in Betrieb genommen. Sie speist jährlich etwa zwei Millionen Kilowattstunden Solarstrom in das Netz der Eon Thüringer Energie ein. Die Anlage gehört zu den größten deutschen Aufdachphotovoltaikanlagen und kann insgesamt rund 1.000 Haushalte versorgen. Projektiert und gebaut wurde der Solarpark von der Firma Meridian Neue Energien. Die Gesamtinvestition des Solarparks beläuft sich auf knapp neun Millionen Euro. Vor der Montage der 11.799 monokristallinen Module wurden die Dächer von 13 Hallen eines ehemaligen Landwirtschaftsbetriebes von ansässigen Handwerksbetrieben umfassend saniert. Sie brachen die alte Asbesteindeckung ab, verstärkten die Dachkonstruktion und brachten anschließend die neue Dacheindeckung aus modernem Trapezblech auf. Insgesamt entsorgten die Firmen rund 410 Tonnen Asbest.

Manfred Schulze

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