Fast ein Vierteljahrhundert ist Andreas Armbrust schon im Solargeschäft tätig, seit seinem Studium. Als Elektroniker mit Herzblut sind Leiterplatten, Kondensatoren und Spulen sein Metier.
Armbrust verantwortet die Fertigung und Entwicklung bei Solarinvert in Freiberg am Neckar, das Unternehmen ist auf Solar-, Wind- und Batteriewechselrichter für kleine Systemspannungen spezialisiert. „Der seltsamste Fall einer angeblich defekten Photovoltaikanlage mit 24 Wechselrichtern liegt schon einige Jahre zurück“, erinnert er sich beim Gespräch in der kleinen Fabrik, die Solarinvert in Mössingen betreibt. „Das war eine Photovoltaikanlage mit 30 Kilowatt, auf den Dächern eines Bauernhofes. Die Anlage lief gut, bis auch der Nachbar Module auf sein Dach montierte. Meist im Frühjahr gab es Probleme.“
Die Erde wurde hochohmig
Bei kalter Witterung und starker Sonneneinstrahlung schalteten sich die Wechselrichter aus unerklärlichen Gründen ab. „Irgendwann kamen wir dahinter, dass die früheren Aussiedlerhöfe keine Erdung hatten, dort gab es nur ein altes TT-Netz“, erzählt Armbrust weiter. „Ein Jahr lang suchten EVU und der Betreiber den Fehler. Dann wurde der hauseigene Experte vor Ort geschickt und ihm wurde klar, dass die Erdung bei Trockenheit hochohmig wurde.“
Die Wechselrichter haben intern ein neues Drehstromnetz aufgebaut, sobald zu viel asymmetrischer Strom über die Nullung abfließen wollte. Dadurch entstanden hohe Überspannungen und ein floatender Nullleiter, der Strom kam nicht weg. Die Ertüchtigung des Erdungssystems brachte am Ende die Lösung.
Bei einem anderen Fall waren die Fehler hingegen offensichtlich. Beim Kunden hingen die Wechselrichter in einem Erdloch unter der Veranda zur Hälfte im Wasser. Der Umrichter als U-Boot: Die Steckverbinder waren komplett korrodiert, an der Trafofolie schlug sich Kondensat ab.
Freilich, das sind Anekdoten. „Normalerweise handelt es sich bei Defekten im Wechselrichter um Schäden durch Überspannungen“, berichtet Andreas Armbrust. „Schnell wechselnde Netzspannungen verursachen hohe Ströme, dadurch steigt die Belastung der Platinen.
Das passiert zum Beispiel beim Schalten großer Trafos oder wenn sich Wärmepumpen abschalten. Dann können lokal schädliche Spannungsspitzen entstehen.“
Er schätzt, dass Fehler durch Überspannungen, unsachgemäßer Transport und thermische Ausdehnung die wichtigsten Schadensursachen bei Wechselrichtern sind.
Haarrisse und Austrocknung
Durch Temperaturschwankungen im Innern der Wechselrichter können nicht nur Kontakte auf der Platine, sondern auch verschleißarme Keramikkondensatoren durch Haarrisse geschädigt werden, was sich mit der Zeit verstärkt.
Das ist eine Form der Alterung. Auch unentdeckte Schäden beim Transport und dem Einbau der Geräte können sich dann irgendwann auswirken. „Deshalb tauschen wir bei reklamierten Wechselrichtern solche Bauteile routinemäßig aus“, erklärt der Experte. „Früher haben wir stundenlang nach solchen Fehlern gesucht, das machen wir heute nicht mehr. Mittlerweile wissen wir sehr genau, wo diese neuralgischen Punkte liegen.“
Bauteile vorsorglich wechseln
Elektrolytkondensatoren (Elkos) altern vor allem durch Austrocknung. Kleine Elkos trocknen unter Umständen schneller aus, denn je weniger Elektrolyt sie haben, desto wärmer werden sie im Betrieb. „Auch diese Bauteile tauschen wir vorsichtshalber aus“, meint Armbrust. „Große Elkos haben dieses Problem eher nicht und behalten ihre Kapazität deutlich länger.“
Insgesamt rund 20 Bauteile werden auf den Platinen der Wechselrichter präventiv ausgewechselt, bevor die eigentliche Fehlersuche beginnt. „Wir hatten schon Geräte in der Reparatur, bei denen 24 Beine an den Mosfets abgerissen waren“, nennt der Ingenieur ein Beispiel. „Oder Leitungsbrüche in der Platine. Wir setzen eine sogenannte Multilayer-Platine ein, die aus mehreren Schichten aufgebaut ist. Die Schichten sind untereinander durch Kanäle verbunden. Wenn in den Schichten neben den Kanälen Gasbläschen eingeschlossen sind, können die Kanäle brechen, sobald das Material unter Druck gerät.“
Knifflig wird es auch, wenn unzureichend gelötete SMD-Bauteile auf den Platinen keinen richtigen Kontakt haben. Oft entstehen dadurch Hotspots, an denen das Material und die Lötung sehr heiß werden. Mit bloßem Auge sind solche Fehler kaum zu entdecken. Da hilft es nur, die Platine fachmännisch durchzuprüfen.
Normalerweise zeigen sich Fehler im Wechselrichter sehr schnell. „Innerhalb der ersten drei Monate sieht man, ob es Probleme gibt“, weiß Andreas Armbrust. „Wenn sie innerhalb dieser Frist nicht in die Reparatur müssen und nicht durch äußere Einflüsse beschädigt werden, laufen sie in der Regel sehr lange.“
Die meisten Probleme tauchen im Frühjahr auf, wenn die Sonneneinstrahlung nicht selten 1.200 Watt je Quadratmeter erreicht. Aber die Luft ist noch eisig, Module und Wechselrichter sind noch kalt.
Dann sind die Leistungen aus den Anlagen sehr hoch, ebenso die Belastung der Leistungselektronik. Deshalb prüft Solarinvert jeden seiner Wechselrichter mit Überlast von 20 bis 30 Prozent.
Der Anbieter ist klein, die kleinen Wechselrichter verarbeiten sehr geringe Systemspannungen mit hohen Strömen. Die meisten Hersteller bieten ihre Solarwechselrichter als Multistringgeräte für 1.000 Volt DC an.
Prüfungen mit Überlast
Solarinvert kann zwölf Volt bis 96 Volt verarbeiten, ohne Hochsetzsteller. Die in der Praxis maximal auftretenden Spannungen werden unter 120 Volt DC gehalten und liegen damit immer im nicht personengefährdenden Kleinspannungsbereich. Die Solarmodule und Geräte lassen sich parallel verschalten und sind besonders gut für Solarfassaden geeignet.
Aufgrund der geringen Spannungen sind diese Geräte leichter zugänglich, zudem lassen sich Speicherbatterien direkt anbinden. „Wegen der höheren Ströme stecken wir mehr Kupfer und Aluminium in die Geräte“, berichtet Tobias Schwartz, Geschäftsführer von Solarinvert. „Aufgrund der geringen Spannungen können wir die Elektronik sehr robust gestalten, brauchen weniger Bauteile und sind weniger fehleranfällig.“ In den vergangenen 20 Jahren wurden rund 15.000 Wechselrichter gebaut und installiert.
Im vergangenen Jahr kamen rund 200 Wechselrichter zur Reparatur. „Unsere Erfahrung ist, dass Kunden sich erst dann um ihre Anlagen kümmern, wenn ein Wechselrichter schon ausgefallen ist“, urteilt Tobias Schwartz. „Eine Wartung findet so gut wie nie statt. Auch der Aufstellungsort wird selten sauber gehalten und die Installation kann sogar regelrecht verwahrlosen.“ Solarinvert verzichtet außerdem auf Lüfter, die Geräte werden ausschließlich passiv gekühlt und sind für hohe Temperaturen ausgelegt.
Neue Haftung der Hersteller
Installateure können die Kosten für Demontage durchreichen
Seit Jahresbeginn gilt neues BGB-Recht in Deutschland. Seitdem müssen die Anbieter von solaren und anderen Produkten auch die Kosten für die Demontage schadhafter Solarmodule übernehmen, wenn die Produkte mangelhaft sind. Das gilt unabhängig von der Frage, wer den Schaden verursacht hat.
Der Installateur kann sich mit der Rechnung also an seinen Händler oder Importeur wenden. Dieser wiederum kann sie durch die Lieferkette durchreichen bis zu der Stelle, wo der Schaden entstanden ist. Das gilt auch für die Remontage reparierter oder neuer Module.
Die Änderung im BGB bezieht sich auf das Kaufrecht grundsätzlich, ist demnach keine Neuheit, die nur für de Solarindustrie gilt. Wörtlich heißt es neu im BGB (Paragraf 439): „Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck … eingebaut, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.“
Im Paragrafen 445a des BGB wurde zudem präzisiert, dass der Käufer (Installateur) seine Aufwendungen über einen Rückgriffsanspruch auf die Lieferkette geltend machen kann.
Damit dürften entsprechende Regelungen in den AGB der Hersteller und Lieferanten von Modulen, Wechselrichtern oder Speicherbatterien nunmehr ungültig sein.