Die 62 blauen Module an der Fassade der Förderplattform stechen gleich ins Auge. Solarstrom auf hoher See! Rund 50 Kilometer vor der holländischen Küste steht die Gasförderplattform P11-E. Und sie arbeitet autark – sprich, keine Menschenseele befindet sich meist auf ihr. Das Wetter ist rau und eine steife Brise ist eher die Regel als die Ausnahme. Seit November 2016 fördert die Bohrinsel Erdgas – auch dank Solarstrom und Batteriespeicher.
Ab und an müssen allerdings Techniker auf der Plattform arbeiten. Deshalb gibt es einen eigenen Landeplatz für einen Helikopter. Auch ein Schutzraum für acht Seemänner oder -frauen liegt direkt neben den Förderanlagen. Ein fünf Tonnen schwerer Kran gehört ebenso zur Ausstattung der P11-E von der Firma One. Das steht für Oranje-Nassau Energie. Es handelt sich dabei nach Angaben des Unternehmens um das größte private Förderunternehmen aus den Niederlanden.
Der Dieselgenerator treibt die Kosten
Die ständige Last, die alle Verbraucher auf hoher See benötigen, liegt bei rund zwei Kilowatt. Über Offshore-Windkraft liest man derzeit ja einiges – und in der Tat: Zwei Windturbinen stellen je ein Kilowatt Leistung bereit. Eine Solarstromanlage legt noch 15 Kilowatt drauf. Eine Elektronik inklusive Batteriemanagementsystem (Pacadu) steuert die Zellen eines Stromspeichers der Firma ASD Automatic Storage Device. Die Akkus verfügen über eine Kapazität von 192 Kilowattstunden und leisten 60 Kilowatt. Als Back-up gibt es zudem einen Dieselgenerator für die wenigen Stunden im Jahr, in denen doch mal Flaute auf hoher See herrscht und keine Sonne scheint.
Der Dieselmotor verfügt über 60 Kilowatt Leistung, da er im Notfall die Feuerlöschanlage mit genügend Strom versorgen muss. Aus diesem Grund wurde der Batteriespeicher relativ groß ausgelegt, um die Laufzeit des Dieselmotors für einen Ladevorgang kurz zu halten. Denn: Solarstromanlage und Batteriespeicher sind nicht hier, um den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern – das ist allenfalls Beiwerk. Je weniger Stunden der Dieselmotor läuft, desto mehr Treibstoff und Geld wird gespart. Immerhin muss der Diesel aufwendig via Tankschiff angeliefert werden.
Der Betrieb einer unbemannten Plattform auf der Nordsee stellt einige Ansprüche. Die Ausrüstung muss zuverlässig und dauerhaft betrieben werden können. Auch deshalb entschied sich die Firma One für einen über den Pacadu gesteuerten Speicher. Denn das Batteriemanagement von ASD benötigt keine zweifache Ausstattung, weil die Steuerung die Module durchgängig parallel schaltet.
Akkuwechsel bei laufendem Betrieb
Das hält die Kapazität und Leistungsfähigkeit der Akkus dauerhaft auf hohem Niveau. Pacadu steht dabei für „parallel automatic charge and discharge unit“.
Der Clou: Schwache Batteriemodule beeinträchtigen so nicht das Gesamtsystem. Der Speicher erlaubt darüber hinaus ein sogenanntes Hot Swapping. Darunter versteht man den Wechsel von Systemkomponenten oder Modulen bei laufendem Betrieb. Über Schnittstellen zur Plattformsteuerung lässt sich das Speichersystem auslesen und aus der Ferne warten.
Dann muss niemand auf die Bohrinsel fliegen. Das spart ebenfalls einige Liter Treibstoff ein – in diesem Fall für den Helikopter.