Der Ökostromversorger Polarstern setzt ein Mieterstromprojekt mit einem großen Speicher um, der in der Regel in Gewerbebetrieben eingesetzt wird. Die Herausforderung war, den Speicher richtig zu dimensionieren, dass er sowohl den Anforderungen der KfW-40 Plus Förderung entspricht aber auch noch wirtschaftlich ist.
Der Münchner Ökostromversorger Polarstern hat einen großen Batteriespeicher für ein Mehrfamilienhaus im Rahmen einer Mieterstromprojekts gebaut. Nach Angaben des Unternehmens sei es der erste Gewerbespeicher in einem Mieterstromprojekt, der installiert wird. Die Anlage steht in einem KfW-Effizienzhaus 40 Plus, das auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne im Münchner Stadtteil Bogenhausen steht. Dort wird derzeit ein komplettes neues Stadtquartier errichtet.
Der Speicher versorgt alle 55 Wohnungen einer neuen Wohnanlage, wenn diese bis zum Frühjahr 2018 komplett fertiggestellt ist. Dann wird der Strom von einer Solaranlage auf dem Dach zunächst in die Wohnungen geliefert, wenn in diesen Verbraucher laufen. Überschüssiger Solarstrom wird zunächst in den Speicher geliefert. Ist dieser voll, fließt der Photovoltaikstrom, der gerade nicht gebraucht wird, ins allgemeine Versorgungsnetz. Verbrauchen die Bewohner der Anlage mehr Strom als die Solaranlage liefern kann, ziehen sie diesen zunächst aus dem Speicher. Erst wenn das nicht ausreicht, bekommen sie den Reststrom aus dem Netz geliefert.
Wirtschaftlich mit 79 Kilowattstunden
Zwar haben die typischen Speicher für Ein- und Zweifamlienhäuser, die den Markt derzeit beherrschen, eine Kapazität zwischen fünf und zehn Kilowatt, so dass für 55 Wohnungen rein rechnerisch ein Speichervolumen von über 400 Kilowatt installiert werden müsste. Doch um die Anlage noch wirtschaftlich betreiben zu können, haben die Projektierer von Polarstern die Kapazität des Speichers auf 79 Kilowattstunden begrenzt. Zudem hat die Solaranlage auf dem Dach eine Leistung von 79 Kilowatt und produziert etwa 80.000 Kilowattstunde Strom pro Jahr. Damit wäre sie damit überfordert, einen noch größeren Speicher zu füllen, auch mit Blick auf die Erhaltungsladung in der dunklen Jahreszeit.
Speicher ist modular aufgebaut
Dennoch standen die Planer und Installateure vor der Herausforderung, den Speicher in das Gebäude zu bekommen. Denn der verbaute Speicher bringt mehrere Tonnen auf die Waage und hat eine Höhe von deutlich über zwei Metern. „Den bekommt man kaum durch eine normale Türe durch“, erklärt Michael Joachim vom Architekturbüro NEST, das das Gebäude geplant hat. Das ist zwar in einem solchen Neubau bei der Erstinstallation kein Problem, da die Räume entsprechend ausgelegt werden können und der Speicher dann eingebaut wird, wenn diese Räume noch leicht zugänglich sind. Doch spätestens bei der Wartung oder beim Rückbau am Ende der Lebenszeit des Speichers bekommen die Handwerker Probleme. Ist das Gerät nicht modular aufgebaut, müssen sie dann Wände aufreißen. Deshalb haben wir uns für einen modularen Speicher entschieden, der sich in Teilen transportieren lässt“, sagt Michael Joachim. „Bei der Planung eines Energiekonzepts mit Mieterstrom und Stromspeicher ist es wichtig, dass neben dem Immobilienbesitzer und dem Mieterstromdienstleister auch Architekt und TGA-Planer (Technische Gebäudeausrüstung) frühzeitig mit im Boot sind“, ergänzt Florian Henle von Polarstern. „Für Bestandsgebäude wiederum sind meist Speicher zu empfehlen, die außerhalb des Gebäudes installiert werden können. Das reduziert den Installationsaufwand deutlich.“
Gebäude als Ganzes planen
Einen kleineren Speicher hätte man aber aufgrund der KfW-40 Plus Kriterien nicht nehmen können, da dieses Programm eine bestimmte Speichergröße vorschreibt, die sich sowohl auf die Zahl der Wohneinheiten als auch auf die Gebäudewohnfläche bezieht. So muss auch die Solaranlage jedes Jahr mindestens 500 Kilowattstunden pro Wohneinheit und zusätzlich zehn Kilowattstunden pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche erzeugen muss. Um dieser Erzeugung auch einen Verbrauch gegenüber zu stellen, speist die Solaranlage auch eine Ladestation für Elektroautos in der Tiefgarage. „Wir verstehen ein Gebäude immer ganzheitlich. Immobilien-, Energie- und Mobilitätskonzept müssen zusammenpassen“, sagt Michael Joachim. „Bei einem super gedämmten Haus, ein Energiekonzept wie vor zehn Jahren und ein veraltetes Mobilitätsangebot umzusetzen, ist wenig zukunftsweisend.“
88 Prozent Eigenverbrauch errechnet
Mit dem jetzt verbauten Speicher – so haben es die Planer von Polarstern berechnet – können die Bewohner der Wohnanlage etwa 88 Prozent des auf dem Dach produzierten Solarstroms selbst verbrauchen. Sie erreichen damit außerdem einen Autarkiegrad von über 40 Prozent. „Das bedeutet für die Mieter nach aktuellem Stand rund 15 Prozent niedrigere Stromkosten verglichen zum örtlichen Grundversorgertarif“, haben die Experten von Polarstern ermittelt. Damit rechnet es sich für die Bewohner, den Mieterstrom zu beziehen. Denn noch immer ist es eng mit der Wirtschaftlichkeit solcher Projekte. „Das Delta zwischen selbst erzeugtem und genutztem Strom und Strom aus dem öffentlichen Netz ist einfach zu gering“, erklärt Florian Henle, Geschäftsführer von Polarstern. „Das ändert sich mit der geplanten Direktförderung von Mieterstrom und dem steigenden Interesse an KfW-40-Plus-Gebäuden, für die ein Speicher Voraussetzung ist.“ Angesichts der geplanten Direktförderung sowie den sinkenden Speicherpreisen rechnet Polarstern bereits ab Mitte des Jahres daher auch bei Mieterstromprojekten mit einer zunehmenden Speichernachfrage. (su)
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