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STANDPUNKT DER WOCHE

“Die Kunden wollen Autarkie“, sagen Karlheinz Reitze und Alexander Dauensteiner von Viessmann

Viessmann war Vorreiter mit stationären Brennstoffzellen für Wohnhäuser. Mittlerweile verfolgt der Systemanbieter eine umfassende Strategie. Karlheinz Reitze, Viessmann PV + E-Systeme, und Alexander Dauensteiner, Viessmann Werke Allendorf, analysieren die Trends und wagen einen Ausblick auf die nahe Zukunft.

Wie hat sich das Geschäft mit den Brennstoffzellengeräten im vergangenen Jahr entwickelt?

Alexander Dauensteiner: Der junge Markt ist noch relativ klein, 2018 wurden in Deutschland insgesamt rund 3.500 stationäre Systeme zur Gebäudeversorgung abgesetzt. Die neuen Zahlen vom BDH für 2019 liegen noch nicht vor. Aber der Markt ist 2019 weiter ordentlich gewachsen. Zwar sind die Produkte noch relativ teuer, seit 2016 gibt es aber das KfW-Programm 433 für Endkunden, das solche Systeme beispielsweise in unserem Fall mit bis zu 11.100 Euro fördert. Es braucht Zeit, bis sich eine Innovation im Markt entwickelt. Es wird also nicht schnell gehen, und bestimmt wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Die bisherige Entwicklung bestätigt uns aber auf unserem Weg.

Welche Technik kommt bei Viessmann zum Einsatz?

Alexander Dauensteiner: Wir kooperieren mit Panasonic. Die Stacks der Brennstoffzellen laufen zuverlässig über 80.000 bis 85.000 Stunden, also deutlich mehr als zehn Jahre. Zudem ist ein Vollwartungsvertrag über zehn Jahre eine wichtige Bedingung, will man in den Genuss der Förderung nach KfW 433 kommen. Die Technik ist ausgereift, da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Leider haben viele Planer und Installateure noch den Stand von vor fünf oder sieben Jahren im Kopf. Damals galten die Stacks als kurzlebig, man musste sie nach wenigen Jahren austauschen. Diese Zeiten sind vorbei. Neben der Kooperation mit Panasonic arbeiten wir weiterhin an der Entwicklung der SOFC-Technologie.

Bisher haben die Geräte von Viessmann einen Reformer integriert, der Erdgas in Wasserstoff für den Stack der Brennstoffzelle umwandelt. Wann kommen die ersten Geräte für Wasserstoff?

Alexander Dauensteiner: Auch am wichtigen Zukunftsthema Wasserstoff arbeiten wir bereits. Wir gehen davon aus, dass sich der Anteil von Wasserstoff im Erdgasnetz erhöhen wird. Viessmann ist am Reallabor für die Energiewende beteiligt, im Projekt Smart Quart. Darin werden drei Stadtquartiere unter anderem mit Wasserstoff und Brennstoffzellen versorgt und machen so den Einsatz fossiler Energieträger in den Projektquartieren weitgehend überflüssig. Die Brennstoffzellen und integrierten Brennwertgeräte, die dann mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden, installieren wir 2023.

Brennstoffzellen und Photovoltaik öffnen den Weg zur Autarkie und zur vollelektrischen Versorgung von Wohngebäuden. Spüren Sie eine wachsende Nachfrage bei den Installateuren?

Karlheinz Reitze: Dieser Trend ist deutlich zu spüren. Die vollelektrische Lösung wird nicht die einzige und alleinige Lösung der Energiewende in den Gebäuden sein, aber eine wichtige. Am Ende geht es darum, den Nutzern und Kunden individuell aufs Gebäude zugeschnittene Systemlösungen anzubieten.

Gab es 2019 einen Schub zur elektrischen Vollversorgung?

Karlheinz Reitze: Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) rechnet die Photovoltaik auf die Energiebilanz eines Gebäudes an. Das eröffnet völlig neue Perspektiven. Mit Photovoltaik, einem Strom-Speicher, unserer Elektroheizung Vitoplanar und elektrischem Durchlauferhitzer für Warmwasser können Sie den KfW-Standard 40plus erreichen. Die Förderung für solche Gebäude ist sehr attraktiv. Das genannte System ist eine gute Alternative für kleinere und mittelgroße Einfamilienhäuser. Die Wärmepumpe in Kombination mit Photovoltaik und Stromspeicher spielen ihre Vorteile insbesondere in Häusern mit mehr als 130 Quadratmetern aus.

Welche Vorteile haben die vollelektrischen Systeme?

Karlheinz Reitze: Das muss man genau abwägen. Bei den elektrischen Systemen hat man natürlich einen höheren Stromverbrauch. Demgegenüber stehen deutlich geringere Kosten für die Installation und die Wartung. Es gibt keine hydraulische Wärmeversorgung mehr, keine Pumpen oder Ventile. Die Wärmepumpe ist auch ein elektrisch betriebener Wärmeversorger, braucht aber einen gewissen hydraulischen Aufwand für die Wärmeverteilung. Und sie braucht einen thermischen Pufferspeicher, der sich wiederum gut für solaren Überschussstrom im Sommer nutzen lässt, etwa für Warmwasser. Warmes Trinkwasser lässt sich natürlich auch mit einem elektrischen Durchlauferhitzer bereiten. Oder mit einer Brauchwasserwärmepumpe mit integriertem Warmwasserspeicher. Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig, das ist spannend.

Viessmann kommt aus der Heizungsindustrie, ist mit dem SHK-Handwerk groß geworden. Fällt den Heizungsbauern der Umstieg auf die vollelektrische Gebäudeversorgung schwer?

Karlheinz Reitze: Viele SHK-Betriebe interessieren sich für oben genannte Elektrosysteme, denn sie erweitert das Angebot für die Kunden. Zunehmend interessieren sich die Fachbetriebe des Elektrohandwerks wieder für dieses Geschäftsfeld. Meines Erachtens liegt die Zukunft in Netzwerken und regionalen Partnerschaften der verschiedenen Gewerke. Wir unterstützen solche Kooperationen. Für kleinere bis mittlere Betriebe mit speziellem Fokus wird es schwerer, die ganze Breite der technischen Möglichkeiten kompetent und fachgerecht abzudecken. Das können nur Mischbetriebe mit SHK- und Elektroabteilungen.

Wie unterstützt Viessmann seine Fachpartner beim Systemwandel?

Karlheinz Reitze: Auf der Light & Building im März in Frankfurt im Main zeigen wir vier Anwendungsfälle der modernen Gebäudetechnik: vollelektrisch, mit Wärmepumpe, mit Brennstoffzelle und eine Anwendung, die wir „post EEG“ nennen. Darin stellen wir vor, wie die aus der EEG-Vergütung fallenden Solargeneratoren auf Eigenverbrauch umgerüstet werden können. Im Anschluss an die Messe starten wir umfangreiche Aktivitäten, um den Installateuren unsere Produktpalette vorzustellen. Schulungen wird es auch geben.

Was konkret dürfen die Installateure erwarten?

Karlheinz Reitze: Wir bieten unseren Partnern zum Beispiel verschiedene Amortisationsberechnungen an, die sie im Gespräch mit ihren Kunden nutzen können. Mit unserem Elektroplaner lassen sich Infrarotheizungen sehr einfach und komfortabel planen und im Haus platzieren. Das Programm gibt die kompletten Zeichnungen und Stücklisten aus. Auch die Vishare-Community ist für die Installateure und ihre Kunden sehr wichtig. Unser Systemberater unterstützt den Fachhandwerker bei der Endkundenberatung vor Ort. Durch wenige Klicks werden ihm drei verschiedene Systembeispiele generiert. (gekürzt, HS)

Das vollständige Interview lesen Sie im nächsten Heft (Januar/Februar 2020) der photovoltaik, das am 20. Februar 2020 erscheint. Diese Ausgabe steht ganz im Zeichen der unabhängigen Versorgung von Gebäuden mit Strom, Wärme und Energie für die E-Mobilität – durch kombinierte Systeme aus Photovoltaik, Brennstoffzellen oder BHKW. Abonnenten können alle Beiträge nach Erscheinen auch online lesen.

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