Die Fahrt mit der Seilbahn auf den Gipfel des Stanserhorns ist ein echtes Erlebnis. Das Ziel liegt auf 1.898 Metern. Dort steht seit gut 120 Jahren ein architektonisches Kleinod. Auf den Grundmauern aus Feldstein thront ein modernes Panoramarestaurant. Von hier hat der Besucher einen phänomenalen Blick über die Täler und auf die benachbarte Alpenlandschaft.
An einem lauen Frühlingstag bläst ein seichtes Lüftchen auf dem Berg. Doch das ist nicht immer so. Nicht selten pfeift hier oben ein kräftiger Wind und schafft es auf Spitzengeschwindigkeiten von 300 Kilometern pro Stunde. Für die Konstruktion eines Daches ist das eine echte Herausforderung, genauso wie für die Photovoltaikanlage auf der Bergstation des Stanserhorns.
Seit anderthalb Jahren trotzen die Module Wind und Wetter. Im Herbst 2014 war die Anlage fertig montiert. Innerhalb von nur zweieinhalb Tagen haben zwei Monteure von EES Jäggi-Biegler mit Sitz in Etziken das ganze System aufgebaut. Es besteht aus 137 Indachmodulen von Eternit (Schweiz), einem Anbieter von Dach- und Fassadensystemen. Das Unternehmen hat auch Systemlösungen für die dachintegrierte Photovoltaik im Portfolio.
Die Normen einhalten
Das Dach auf dem Restaurant auf dem Stanserhorn selbst ist eine Holzkonstruktion mit Unterdach und Konterlattung. Darauf liegt die Dachlattung. Auf dieser haben die Monteure die kristallinen Glas-Glas-Module mit den mitgelieferten Montagehaken befestigt. Nachdem sie die Unterkonstruktion, die lediglich aus Modulhaken und Fugenprofilen besteht, angebracht hatten, mussten sie nur noch die Module einhängen und verkabeln.
Die Photovoltaikanlage ist Teil eines Energiekonzepts, über das die Stanserhorn-Bahn sowohl die Seilbahn als auch das Restaurant auf dem Berg betreibt. Dafür bekam der Betreiber im Herbst des vergangenen Jahres den Schweizer Solarpreis.
Der Generator hat darüber hinaus aber auch die Aufgabe der eigentlichen Dachhaut. Er schützt das Gebäude vor Schnee und Regen. Das gesamte Montagesystem und die Module sind so konstruiert, dass selbst Schlagregen, Niederschlagswasser oder Flugschnee keine Chance haben, unter die Dachhaut zu kriechen und dort Schaden anzurichten. „Wir liefern kein Photovoltaikmodul, sondern ein komplettes Dachsystem mit allen Zubehörteilen und Anschlussdetails“, betont Rolf Hefti, Leiter des Solarbereichs bei Eternit (Schweiz).
So gehören der First-, Ort- und Traufanschluss und sogar der Schneefanghaken zum System Swisspearl Integral 2. Auch die Swisspearl-Dachschiefer, die sich an die Solaranlage anschließen, kommen aus demselben Hause. Zwar vereinfacht die Lieferung aus einer Hand die Planung der Anlage. Aber trotzdem kommen die Planer nicht umhin, bei der Auslegung die strengen Normen einzuhalten, die in der Schweiz die statischen Anforderungen an ein Gebäude vorgeben.
Hoch oben auf dem Berg braucht der Bauherr ein System, das auf die extremen Belastungen ausgelegt ist. Die Eternit hat extra für das Projekt auf dem Stanserhorn die Zertifizierung ihres Systems vorangetrieben, wie Rolf Hefti erklärt.
Schließlich hat es geklappt, und anhand der Resultate konnte das Projekt auf dem Panoramarestaurant freigegeben werden. „Unser System ist für Schneelasten bis zu 20 Kilonewton pro Quadratmeter bei einer Dachneigung von null bis 30 Grad geprüft“, erklärt der Leiter der Solarsparte der Eternit.
Das System muss standhalten
Das Modul hält das Gewicht von gut zwei Tonnen Schnee auf einen Quadratmeter locker aus. Das klingt nach viel. Doch das Gewicht kann bei einer Schneehöhe von vier Metern durchaus erreicht werden, wenn der Schnee lange liegt und sich ordentlich verdichtet. Das Glas-Glas-Modul kann sogar vom Installateur betreten werden. „Wichtig ist, dass nicht nur das Modul die großen Lasten auf fast 2.000 Metern Höhe aufnehmen kann, sondern auch das Gesamtsystem, von der Dachlattung über den Modulhaken bis zum Fugenprofil und den An- und Abschlüssen“, betont Hefti.
Das Schneelastzertifikat gilt deshalb auch nur für eine ganz konkrete Systemkonfiguration, die der Installateur einhalten muss. Die Monteure haben auf dem Dach des Panoramarestaurants jedes Modul mit mindestens fünf Modulhaken gesichert. Denn die Dachneigung beträgt weniger als 30 Grad und die Schneelast liegt bei mehr als neun Kilonewton pro Quadratmeter. Bis zu dieser Last reichen drei Montagehaken pro Modul aus.
Korrekturwerte einrechnen
Für jede Anlage in der Schweiz, auch wenn sie in nicht so exponierter Lage gebaut wird wie der Generator auf dem Stanserhorn, gelten die Vorgaben des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). „Die Normgebung des SIA legt fest, wie der Dachaufbau bei gegebenen Standortanforderungen sein muss“, sagt Rolf Hefti. Entscheidend ist dabei die Norm SIA 261, in der die Einwirkungen auf Tragwerke von Gebäuden beschrieben sind. Sie definiert auch, wie die gesamte Dachkonstruktion ausgelegt werden muss, auf die der Solarstromgenerator gebaut wird.
Die Voraussetzungen für Dach und Solaranlage ändern sich je nach Bezugshöhe, in der das Gebäude steht. „Die Bezugshöhe wird anhand der Meereshöhe des Standortes und einer klimabedingten Korrektur berechnet“, weiß Hefti.
Die Werte für die Korrektur kann der Planer wiederum aus der Schneelastkarte entnehmen, die der SIA 261 angehängt ist. Für das Stanserhorn beträgt dieser Korrekturwert plus 200 Meter. In den Höhenlagen weiter östlich kann dieser Wert auf bis zu 500 Meter steigen. In den schneeärmeren Regionen des südlichen Wallis und des südöstlichen Graubünden kann der Planer hingegen bis zu 200 Meter von der Höhenlage des Standortes abziehen, um die Vorgaben der SIA 261 einzuhalten.
Auf der Basis der so berechneten Bezugshöhe kann er die korrekte Schneelast unter Berücksichtigung weiterer Faktoren wie dem Dachformbeiwert und dem Koeffizienten der Windexposition ermitteln. „Am Schluss wird die Schneelast auf dem Objekt mit einem Sicherheitsfaktor von 1,5 gerechnet, somit erhält man den Designwert für die Anlage“, erklärt Rolf Hefti.
Sieben Referenzzonen
Ähnlich wie die Schneelasten muss der Planer auch die Kräfte des Windes bei der Auslegung der Anlage beachten. „Es gibt in der Schweiz sieben Referenzzonen, um den unterschiedlichen Windverhältnissen an den verschiedenen Standorten wie Gipfel- oder Kammlagen Rechnung zu tragen“, weiß Hefti. „Höhere Windlasten treten aber aufgrund topologischer Gegebenheiten auch in Tälern oder entlang von Gebirgsketten auf“, ergänzt Romano Cibien, Geschäftsführer von LL Solar in Biberist, Solothurn. Die Referenzwerte für den Staudruck in einer bestimmten Region kann der Planer einer an die SIA 261 angehängten Windlastkarte entnehmen.
Neben den Referenzwerten für die Windverhältnisse muss der Planer zudem noch Beiwerte für die Geländekategorie oder die Form und die Höhe des Gebäudes in die Berechnung mit einbeziehen. „So kann es für die korrekte Auslegung einer Solaranlage auf dem Schrägdach oder die korrekte Ballastierung eines Flachdachsystems wesentlich sein, ob ein Gebäude in einer dicht besiedelten städtischen Umgebung steht oder auf dem freien Feld“, betont Romano Cibien.
Bei der gesamten Auslegung darf der Planer aber nicht die eigentliche Dachkonstruktion vergessen. „Da ein Gebäude und insbesondere die Dachkonstruktion auch ohne Photovoltaikanlage den geltenden Vorschriften genügen muss, ist der Bau einer Solaranlage nach unseren eigenen Erfahrungen eigentlich nie ein Problem“, sagt Romano Cibien. „Die Zusatzbelastung, die durch eine Solaranlage entsteht, kann durch die Dachkonstruktion in aller Regel problemlos aufgenommen werden.“
Module sind die äußere Schicht
Doch vor der Installation einer neuen Anlage schauen sich die Planer von LL Solar die Gegebenheiten vor Ort trotzdem genau an. „Bei älteren Objekten oder Dächern mit einer Aufdachdämmung lassen wir die Statik und Tragfähigkeit der Dachkonstruktion extern prüfen“, betont Cibien. „Außerdem lassen wir dann durch den Hersteller der Unterkonstruktion eine passende Auslegung berechnen.“
Für die besonderen Gegebenheiten in den Schweizer Alpenregionen sind Indachsysteme, wie sie auf dem Stanserhorn verbaut sind, sehr gut geeignet. Denn sie vertragen höhere Wind- und Schneelasten. Zum einen biegen sich die Module nicht so weit durch, da sie auf der Dachkonstruktion selbst aufliegen. Zum anderen wird sich der Wind nicht unter die Module legen, da die Solaranlage so dicht sein muss, dass sie die eigentliche Funktion eines Daches mit übernehmen kann. Die Module sind die äußere wasserführende Schicht, was allgemein als Definition für eine gebäudeintegrierte Solaranlage gilt.
Indach für den Neubau
Das hat aber auch Konsequenzen. Denn die Standards für die dachintegrierte Anlage sind höher als für eine Aufdachanlage, vor allem was den Brandschutz und die Dichtigkeit des Systems angeht. Trotzdem verlangen immer mehr Hauseigentümer in der Schweiz nach Indachsystemen. „Das kommt aber immer auf das Objekt an“, erklärt Rolf Hefti von der Eternit. „Sprechen wir von einem Neubau oder einer Dachsanierung, so steigt die Nachfrage nach einer integrierten Systemlösung.“
Diese Erfahrung hat auch Romano Cibien von LL Solar gemacht. „Bei uns macht der Absatz von Indachsystemen etwa zehn Prozent des Auftragsvolumens aus“, berichtet er. Auch wenn diese Zahl sicherlich weder für die Schweiz allgemein noch für andere Anbieter repräsentativ ist, ist das doch eine beträchtlicher Anteil, der in den Nachbarländern Deutschland, Österreich und Italien nicht erreicht wird.
Zusätzliche Dachhaut gespart
Die Konzentration auf den Neubau und die Sanierung von Gebäuden ist vor allem eine Frage des Preises. Zwar sinken die Preise auch für die integrierten Lösungen. Doch im Vergleich zur Aufdachanlage sind sie immer noch teurer. Dass der Gebäudebesitzer mit einer ins Dach integrierten Solaranlage eine zusätzliche Dachhaut spart, wird nur zum Vorteil, wenn das Dach ohnehin neu gebaut oder komplett saniert wird.
Da kann auch die etwas bessere Förderung von Indachanlagen in der Schweiz nicht weiterhelfen. Zwar bekommen die Betreiber von solchen Generatoren, die gleichzeitig als Dachhaut fungieren, für ihre Anlagen eine um 13 bis 17 Prozent höhere Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV). Doch die Warteliste ist lang, und die Aussichten auf eine KEV sind inzwischen so gering, dass in der Schweiz niemand mehr damit planen kann. „Ich denke auch nicht, dass die marginal höheren Förderbeiträge für die zunehmende Nachfrage nach integrierten Lösungen verantwortlich sind“, erklärt Romano Cibien. „Die Gründe liegen vielmehr im Zusammenspiel mehrerer Faktoren.“
Neben den sinkenden Preisen und zunehmenden Produkt- und Technologieinnovationen ist einer dieser Faktoren die Festlegung in den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn). Demnach müssen neu errichtete Gebäude selbst Strom produzieren. Vorgeschrieben ist die Installation von Solaranlagen mit einer Leistung von zehn Watt pro Quadratmeter Wohnfläche. „Dies kommt faktisch einer Pflicht für Photovoltaik bei Neubauten gleich“, erklärt der Geschäftsführer von LL Solar.
Ein architektonisches Element
Nicht zuletzt verstehen auch die Architekten die Solargeneratoren zunehmend als architektonisches Element eines Gebäudes. Solaranlagen sind nicht mehr eine Randerscheinung, sondern gehören zunehmend zum Normalbild eines Gebäudes. „Mit einem System, das den gestalterischen Anforderungen an ein Dach gerecht wird, ist es einfacher, den Architekten abzuholen“, betont Rolf Hefti.
Wenn sich der Kunde für eine Indachanlage entscheidet, bevorzugt er meist auch ein qualitativ besseres Modul, komme es aus Europa oder Asien. „Schließlich geht es bei einer Indachanlage nicht nur um die nachhaltige Stromproduktion, sondern auch um ein Gebäudeelement, von dem erwartet wird, dass es auch seine primäre Funktion zu 100 Prozent zuverlässig erfüllt“, weiß Romano Cibien. „Ein wichtiger Aspekt ist die Optik integrierter Anlagen.“ Mit einer dachintegrierten Anlage können Architekten und Hauseigentümer an dem Gebäude einen besonderen Akzent setzen.
Marktübersicht
Indachsysteme
- 22 Hersteller
- 28 Systeme
- Angaben zur Dachneigung
- Angaben zum Modultyp
- Verwendbare Modulfabrikate
- Alle Daten in Excel sortierbar
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T-Werk
Für das exponierte Flachdach
Der Hersteller von Montagesystemen T-Werk aus Neu-Ulm hat ein neues Flachdachsystem entwickelt. Es ist im Windkanal getestet und auf geringste Ballastierung hin optimiert. Das System ist für die Anforderungen in Windlastzone 4 ausgelegt. So kann der Wind auch mit mehr als 30 Metern pro Sekunde über das Dach pfeifen, ohne dass sich der Generator bewegt.
Das System hält im Winter üppigem Schneefall stand. Selbst in den Alpenregionen ist das Montagegestell geeignet, das immerhin mehr als 112 Kilogramm pro Quadratzentimeter Gewicht aushält, ohne dass es zusammenbricht. Es ist für die deutsche Schneelastzone 3 zugelassen, die höchste, die es in Deutschland gibt.
Viel Grips haben die Entwickler von T-Werk in die Kabelführung investiert. Das neue Triton von T-Werk hat eine Stringkabelführung in jeder Bodenschiene, und auch in jeder Montageschiene sind Führungen für die Modulkabel eingearbeitet. Damit der Aufbau schnell geht, hat sich T-Werk entschieden, keine Schrauben, sondern Bolzen zu verwenden, um die einzelnen Teile des Montagesystems zu verbinden. Das System gibt es sowohl für Süd- als auch für Ost-Westausrichtung des Solargenerators.