Grasberg liegt ungefähr eine halbe Autostunde von Bremen entfernt. Seit zwei Jahren dauert die Anfahrt allerdings deutlich länger. Denn die Straße dorthin ist abschnittsweise aufgerissen, weil Gleise verlegt werden. Bald soll die Straßenbahn von Bremen bis Grasberg fahren. Auf der Umleitungsstrecke rollt ein Firmenwagen des Montagesystemherstellers SEN. Er fährt schon elektrisch. Nachgeladen wird er mit Solarstrom direkt auf dem Gelände des Unternehmens in einem Carport mit Solardach, wie ihn SEN auch serienmäßig produziert und verkauft.
Doch heute geht es vor allem um ein anderes Montagesystem. Mit dem Elektroauto sind ein unabhängiger Gutachter und ein Redakteur des photovoltaik-Magazins angekommen. Sie wollen wissen, wie lange die Monteure von SEN brauchen, um acht Module mit dem Montagesystem Sol-50 auf einem Ziegeldach zu montieren.
Im Jahr 1986 hatten Klaus-Dieter und Jeannette Osmer ein Installationsunternehmen für Elektrotechnik gegründet, damals noch unter dem Namen Osmer Elektrotechnik. Dann kam das Tausend-Dächer-Programm. Schon in den 1990er-Jahren realisierte Osmer Elektrotechnik zahlreiche maßgeschneiderte Photovoltaikprojekte, darunter das ADAC-Gebäude in Hannover und den Hundertwasserbahnhof in Uelzen. Ab dem Jahr 2000 entwickelte das Osmer-Team das Sol-50-Montagesystem, 2006 erfolgte die Umfirmierung in den Fachgroßhandel SEN Solare Energiesysteme Nord. Rund 30 Angestellte hat das Unternehmen. Sie arbeiten auf dem 16.000 Quadratmeter großen Gelände in Produktion, Lager und Büro. Daneben gibt es Tagungs- und Schulungsräume. Hier befindet sich auch eine Halle mit dem ziegelgedeckten Übungsdach, auf dem der heutige Montagetest stattfinden soll.
Das Versprechen
Mit Sol-50 sollen sich Module besonders schnell und sicher montieren lassen, verspricht der Hersteller. Die Tester sind gespannt, ob SEN dieses Versprechen einlösen kann. Immerhin sind mit dem System in den letzten zwölf Jahren über zwei Gigawatt an Leistung montiert worden, wobei SEN die Komponenten ständig weiterentwickelt hat. Mit der aktuellen Version wollen die beiden Monteure Dietmar Stelljes und Christoph Jeniche nun acht Module auf ein Ziegeldach bringen und sich der Uhr sowie den kritischen Augen der Tester stellen. Die beiden Mitarbeiter aus dem Servicebereich sind etwas nervös. So einen Test machen sie ja nicht alle Tage. Also wollen die Tester sie nicht lange auf die Folter spannen. Los geht‘s.
Die Stoppuhr läuft, und die beiden Monteure gehen zielstrebig auf das Übungsdach. Sofort beginnen sie mit dem Abdecken der Ziegel an den Stellen, wo etwas später die Dachhaken gesetzt werden. Nach einer Minute und 14 Sekunden sind die Ziegel abgedeckt und auf einem Plattformwagen gestapelt. Den schnappt sich Stelljes und karrt die Ziegel vor die Tür. Dort liegt ein Trennschleifer bereit, mit dem der Monteur jeweils die Ziegel einzeln abschleift. Das geht sehr zügig. Drei Minuten sind vergangen, da hat Jeniche drinnen bereits den ersten Dachhaken an einen der Sparren geschraubt. Weitere anderthalb Minuten später schafft Stelljes die bearbeiteten Ziegel in die Halle zurück, inzwischen setzt Jeniche weitere Dachhaken.
Mit dem Sol-50 bietet SEN ein Montagesystem an, bei dem die Module nicht geklemmt, sondern eingelegt werden. Deshalb unterscheidet sich die Konstruktion des Untergestells von den meisten Systemen der Marktteilnehmer. Als die neun Dachhaken alle gesetzt und die bearbeiteten Ziegel wieder eingedeckt sind, montieren Jeniche und Stelljes zunächst Vertikalprofile, wo bei anderen Aufbauten horizontale Profile auf die Dachhaken geschraubt werden.
Legale Helfer
Das Display der Stoppuhr zeigt 6:37, als das erste Profil an der rechten Außenseite sitzt. Weiter geht es zum mittleren Profil. Das ist bei 8:29 angeschraubt. Zehn Minuten sind um, da ergreifen die beiden Monteure das erste Horizontalprofil und setzen es am unteren Ende des Übungsdachs auf die Vertikalprofile, bohren und verschrauben es. Zuvor hatte Monteur Stelljes die insgesamt drei Horizontalprofile draußen schon wie nebenbei mit einer Kappsäge auf die richtige Länge geschnitten.
Dann kommt eine verstellbare Winkelschablone als Abstandmesser ins Spiel. Das Utensil ist einstellbar, je nach Abmessungen der Module und damit des Montagegestells. Damit ist die Höhe des zweiten Horizontalprofils schnell bestimmt. Es wird später als Halter sowohl für die untere als auch für die obere Modulreihe dienen. Bei 12:58 sitzen alle drei Horizontalprofile fest. Nun verlegen die Monteure Kabelfangnetze über den Vertikal- und zwischen den Horizontalprofilen. Die Netze nehmen später die Kabel auf, sodass sie nicht auf dem Dach scheuern oder im Nassen hängen. 13 Minuten und 17 Sekunden sind vergangen. Beim Stand von 13:50 tragen Jeniche und Stelljes auf dem oberen und unteren Horizontalprofil ein Haftmittel zum Fixieren der Abschlussblenden auf.
Spannende Zwischenzeit
Die Monteure mussten Profile schneiden, sie haben nicht mit vorgefertigten Blechziegeln gearbeitet, sondern neun Ziegel gefräst. Zusätzlich verlegten sie Kabelfangnetze und montierten die Abschlussblenden. Ob das System da eine Chance auf eine gute Zwischenzeit hat? Es nähert sich der Moment, an dem das erste Modul auf dem Profil seinen Platz findet. Ein wichtiger Zeitpunkt, um eine erste Prognose zu wagen, wie es um die Gesamtzeit der Montage stehen wird. Also erwarten die Tester diesen Moment mit Spannung.
Inzwischen sind 15 Minuten vergangen. Die Profile sitzen fest auf dem Dach. Da greift Jeniche sich einen Saugheber und setzt ihn auf eines der neben dem Schrägdach stehenden Module. Packt an, und nach 15:27 sitzt das Modul auf dem Dach. Eine gute Zwischenzeit. Bis jetzt ist alles reibungslos gegangen, kein Stottern in den Abläufen. Trotz der anfänglichen Nervosität der beiden Akteure haben sie sich in der stressigen Prüfsituation bisher wacker geschlagen und keine der Aufregung geschuldeten Fehler gemacht, wie es die Tester auch schon erlebten.
Da das Modul unten einfach eingelegt ist und die obere Schiene später nur ein Rausrutschen verhindert, liegen die Generatoren praktisch ohne mechanische Spannung durch starre Klemmen frei in den Profilen. Selbst bei großen Temperaturschwankungen und unterschiedlicher Ausdehnung der Materialien von Modulen und Gestell werden sie so später kaum mechanisch belastet. „In all den Jahren ist noch keine unserer Anlagen mechanisch beschädigt worden“, sagt Andy Satzer, SEN-Vertriebsleiter. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Beim Stand von 16:04 liegt bereits das zweite Modul über dem ersten. Ein Einlegesystem ist zwar teurer als eines mit Klemmen. Aber es bringt dafür auch einige handfeste Vorteile mit sich. So brauchen die Module beispielsweise keine Abrutschsicherungen, und die Module sind einfacher und damit schneller zu montieren. Unten eingelegt, haben sie sofort den nötigen Halt und können dann nach Bedarf horizontal verschoben werden. Jeniche montiert zudem zwischen jedem Modul ein Modulschloss, für Diebstahlschutz und Windsog-Sicherung.
Schlag auf Schlag
Die Stoppuhr zeigt 17:57. Jetzt ist die obere Modulreihe komplett. Es geht ins Finale. Nur noch drei Module der unteren Lage fehlen. Im 15-Sekunden-Takt kommen sie hinzu. Schon haben Jeniche und Stelljes das achte Modul in den Händen und lassen es über der letzten freien Fläche auf dem Dach schweben. Das Display zeigt 18:52, da richtet Jeniche es ein letztes Mal aus und legt es an der richtigen Stelle ab. Es geht an die finalen Arbeiten. Die Endkappen der Horizontal- und Vertikalprofile werden montiert und die Modulschlösser verriegelt. Der Daumen des Redakteurs hat sich gesenkt – aber nur auf die Taste der Stoppuhr. Die steht bei 20 Minuten, 30 Sekunden und 38 Hundertstelsekunden. Von Weitem sieht alles sehr gut aus. Die Anlage wirkt sehr homogen. Die gebogenen schwarzen Profilblenden komplettieren diesen Eindruck noch. Nun folgt nochmals eine genaue Sicht- und Tastprüfung durch den Gutachter Gordon Karg von der DGS. Keine Schraube vergessen? Nirgendwo in der Schnelle einen Schritt ausgelassen oder unzulässig verkürzt? Er geht nochmals seine Notizen durch, die er sich beim Aufbau gemacht hat.
Ergebnis: Alles in Ordnung. „Das haben wir perfekt gemacht“, freut sich Dietmar Stelljes. Die anfängliche Aufregung ist verflogen. Beide Monteure und die ganze Crew von SEN wirken entspannt und zufrieden. Und das Elektroauto für die Rückfahrt der Tester hat die Sonne inzwischen auch wieder aufgeladen.
Wer getestet wird
Auch Ihr System?
Wenn Sie als Hersteller ein Montagesystem haben, das ebenfalls getestet und hier besprochen werden soll, wenden Sie sich bitte an die Redaktion, um weitere Informationen zu erhalten.
Was getestet wird
Der Checkplan
- Aufbauzeit
- Funktionalität
- Bauaufsichtliche Zulassung
- Montageanleitung
- Service