Bulle im eidgenössischen Kanton Freiburg ist, klimatisch gesehen, kein herausragender Ort in der Schweiz. Der Hauptort des Greyerzbezirks am Westufer des Greyerzersees wird nicht öfter von Stürmen heimgesucht als die anderen Städte des Landes. Hier fällt auch nicht mehr Schnee als anderswo. Für die Planer von Photovoltaikanlagen eigentlich eine übliche Herausforderung.
Doch der Eigentümer von fünf Mehrfamilienhäusern wollte auf Nummer sicher gehen und stabile Anlagen haben. Zudem sollten Schnee und Schmutz möglichst nicht auf den Modulen oder an den Rändern haften. Es mussten rahmenlose Paneele her, die den Anforderungen entsprechen. Etwa 60 Kilometer weiter nordöstlich in Deitingen im Kanton Solothurn wurde er fündig. Denn dort hat Megasol seine Produktionsstätte. Der Hersteller hat Module ohne Rahmen im Sortiment, die mit vier Klemmen befestigt 6.000 Newton pro Quadratmeter klaglos aushalten.
Stabil, aber zerbrechlich
Werden die Module mit sechs Klemmen montiert, sind sie sogar bis zu einem Schneedruck von 13.000 Newton pro Quadratmeter freigegeben.
Insgesamt 589 dieser Module haben die Monteure von Helion Solar auf die Dächer der fünf Häuser in Bulle gebracht. Die Handwerker wissen, wie sie die Module handhaben müssen: ganz vorsichtig, wie rohe Eier. Denn die hohe Stabilität gegenüber Wind oder Schnee sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Module ohne Rahmen extrem empfindlich gegen jegliche Art von Stoß sind.
Schließlich fehlt die schützende Hülle. „Der Installateur muss deshalb auf jeden Fall ungerahmte Module vorsichtiger handhaben“, betont Katharina David, Geschäftsführerin von K2 Systems. „Er bewegt sich hier eher im Bereich, in dem normalerweise Glaser oder Schreiner arbeiten, wenn sie Glaselemente einbauen müssen. Das schnelle Vorgehen wie bei der Montage von gerahmten Modulen ist hier nicht möglich.“ Der Hersteller von Montagesystemen aus dem schwäbischen Renningen hat die Unterkonstruktion für das Projekt in Bulle geliefert, auf das die Installateure die rahmenlosen Module von Megasol montiert haben.
Schon die Verpackung zeigt, dass es sich hier nicht um Standardware handelt, die von einem stabilen Aluminiumrahmen geschützt ist, sondern um viel empfindlichere Produkte. „Unsere ungerahmten Module werden in einer stabilen Holzkiste auf die Baustelle geliefert“, erklärt Nadine Bernhardt, Unternehmenssprecherin von Solarwatt. „In jeder dieser Kisten stehen 22 Module senkrecht auf der Längsseite. Damit sie sich nicht gegenseitig berühren und so das Risiko besteht, dass das Glas zerkratzt, werden sie an allen Seiten von mehreren Brettern mit kammförmigen Ausfräsungen festgehalten. Dadurch können sich die Module während des Transports nicht bewegen und sind gesichert.“
30 Module in einer Holzkiste
Auf ähnliche Weise liefert auch Trina Solar seine rahmenlosen Module an. Diese stehen ebenfalls in einer solchen Holz- oder einer stabilen Kartonkiste. Die Module werden auf allen Seiten mit Schaumstoffblöcken stabilisiert, sodass sie während des Transports nicht aneinanderschlagen. In jeder dieser Kisten stehen 30 Module. „Der stehende Transport ist dabei vorteilhaft, weil dadurch Microcracks verhindert werden“, erklärt Stefan Ringbeck, für das Produktmarketing von Trina Solar in Europa verantwortlich.
Gut verpackt sind auch die Module von Megasol auf der Baustelle in Bulle angekommen. Bevor die Installation der Anlage beginnen konnte, mussten die Handwerker aber erst einmal eine ebene Fläche schaffen, auf der das Gestellsystem stehen kann. Denn diese ist wichtig. Der Installateur muss die Laminate absolut spannungsfrei befestigen. Wenn er ein Modul auf ein unebenes Dach schraubt, läuft er Gefahr, dass es aufgrund der mechanischen Spannungen zerstört wird.
Schutz für die gesamte Modulkante
Hier schafft auch der Gummi, mit dem die Laminatklemmen versehen sind, keine Abhilfe. Dieser dient eigentlich nur dazu, die Module zu fixieren und vor allem sie vor Kratzern zu schützen. Zudem müssen auch die Ränder der Module vor einem Kontakt mit dem Aluminium der Klemmen geschützt werden. Die Schutzschicht, in er Regel ein EPDM-Gummi, seltener wird hier TPE verwendet, muss sich um den gesamten Kantenbereich des Moduls herumlegen. Deshalb bestehen die Klemmen aus zwei L-förmigen Teilen, deren Innenseiten komplett mit dem Gummi beschichtet sind. „So vermeidet man auf allen Seiten, dass das Glas mit dem Aluminium der Klemme in Kontakt kommt“, erklärt Juliane Hinz, Vertriebsleiterin Großhandel bei Mounting Systems im brandenburgischen Rangsdorf. Das Unternehmen bietet seine Montagegestelle grundsätzlich auch mit der Möglichkeit an, rahmenlose Module zu installieren.
Die geforderte ebene Fläche wurde auf den Dächern in Bulle mit Solrec-Platten von Deltatec geschaffen. Das sind Trapezblechplatten aus Aluminium oder Chromstahl, die der Hersteller aus Zofingen im Kanton Aargau explizit für Solaranlagen auf flachen oder leicht geneigten Dächern entwickelt hat, auf denen ohnehin schon eine Kiesschüttung liegt.
Unebenheiten ausgleichen
Die Handwerker haben diese Kiesschüttung aufgenommen und die Grundplatten auf dem Dach verlegt. Danach haben sie das Montagegestell an die Hochsicken des Trapezblechs geschraubt und den gesamten Kies wieder über das Dach verteilt. Dieser dient als Ballastierung des gesamten Systems.
Die Solrec-Platten haben aber noch eine zweite Funktion. Damit haben die Handwerker eine Möglichkeit geschaffen, das Montagesystem auf dem Dach festzuschrauben. „Denn wir haben unsere ballastarmen Systeme für das Flachdach zwar im Windkanal getestet, dabei aber rahmenlose Module nicht mit einbezogen“, erklärt Katharina David. „Der Modulrahmen ist ein Teil des statischen Systems und hat eine gewisse aussteifende Funktion. Diese kann ein rahmenloses Modul nicht übernehmen. Deshalb entwickeln wir in solchen Fällen eher anwendungsbezogene Lösungen.“
Auf dem Schrägdach ist das kein riesiges Problem. Denn dort sind die Module ohnehin fest mit dem Dach verbunden. Der Monteur kann hier auch leichter eine ebene Montagefläche schaffen, indem er höhenverstellbare Dachhaken benutzt, um Unebenheiten auszugleichen. „Zudem kann der Handwerker das Montagesystem auch im Kreuzverbund installieren“, sagt Katharina David. „Das hat den Vorteil, dass darüber die Unebenheiten stärker ausgeglichen werden können, um die Module spannungsfrei zu befestigen.“
Modulhersteller gibt Klemmung vor
Bei der Montage des Gestellsystems in Bulle mussten die Installateure von Helion Solar zusätzlich darauf achten, dass sie das Gestellsystem so befestigen, dass die Klemmen auch im richtigen Abstand zueinander sitzen. In der Regel klemmen die Monteure das Laminat am sogenannten Viertelpunkt der langen Modulkante. Das heißt, die Mitte der Klemme muss an einem Viertel der Modulhöhe sitzen, gemessen vom Rand des Laminats.
Die entsprechende Klemmfläche gibt der Modulhersteller vor. Diese Klemmflächen sind meist etwas großzügiger bemessen als bei der klassischen Rahmenklemmung, müssen aber unbedingt eingehalten werden. Sonst verliert der Betreiber der Anlage die Garantie für das Modul. Nachdem die Installateure das gesamte Gestellsystem montiert und die Unterseite der Laminatklemme darauf fixiert haben, mussten sie die Module auflegen. Die Hersteller legen großen Wert darauf, dass ihre ungerahmten Paneele auch nach dem Auspacken sorgsam behandelt werden.
Zwischendurch nicht abstellen
Die Monteure müssen aufpassen, dass sie nirgends anstoßen. „Zwar haben die Module einen Eckenschutz, der sie vor leichten Stößen schützt. Sollte der Monteur das Modul jedoch auf einem harten Untergrund abstellen wollen, muss er unbedingt noch etwas Weiches wie eine Schaumstoffmatte unterlegen“, betont Stefan Ringbeck von Trina Solar.
Deshalb mussten die Monteure von Helion Solar die Module in einem Zug vom Lagerplatz zum Montageort bringen und gleich auf die vorher an der Unterkonstruktion festgeschraubten Laminatklemmen auflegen. Selbst ein kurzes Abstellen der Module auf dem Kies während der Montage birgt die Gefahr, dass das Glas bricht. Bei den schwereren Doppelglasmodulen müssen schon zwei Handwerker anpacken. Schließlich bringen die ungerahmten Paneele von Megasol immerhin ein Gewicht von gut 28 Kilogramm auf die Waage.
Die Laminatklemmen müssen vom Modulhersteller freigegeben werden. „Denn es gibt unterschiedliche Arten von Klemmen“, erklärt Juliane Hinz von Mounting Systems. „Die Modulhersteller schreiben in der Regel die Länge der notwendigen Klemmen vor. Das geht von 80 bis 200 Millimeter. Auch die Höhe der Klemme wird vom Hersteller vorgegeben und ist vom Aufbau des Moduls abhängig.“
Denn während ungerahmte Glas-Folie-Laminate in der Regel eine Dicke von 4,5 Millimetern haben, können die Doppelglasmodule ohne Rahmen bis zu neun Millimeter dick sein. Megasol laminiert die Solarzellen zwischen zwei heiß vorgespannte Solargläser, die jeweils 3,2 Millimeter dick sind. Zusammen mit den Zellen bringt es das Modul der Schweizer auf eine Dicke von satten acht Millimetern. Trina nutzt Solargläser, die zwar ebenfalls thermisch vorgespannt, aber jeweils nur 2,5 Millimeter dick sind. Damit ist das Modul zwei Millimeter dünner als das von Megasol. Solarwatt nimmt sogar zwei vier Millimeter dicke Floatglasscheiben für seine rahmenlosen Module, die dann eine Stärke von neun Millimetern haben. Wobei Solarwatt explizit eine linienförmige Einspannung seiner Module vorschreibt und Laminatklemmen nicht empfiehlt. Doch die Dresdner haben das Modul schließlich vor allem für die Gebäudeintegration entwickelt, wo ohnehin andere Standards für die Montage gelten.
Drehmoment beachten
Die Installateure müssen, nachdem sie die Module aufgelegt haben, den oberen Teil der Laminatklemme aufschrauben. Auch hier ist Vorsicht geboten. Sie sollten die Vorgaben der Hersteller zum Drehmoment, mit denen die Klemmen festgezogen werden, zwingend einhalten.
Die Schraube lieber ein bisschen kräftiger anzuziehen, ist zwar gut gemeint, aber im Falle der rahmenlosen Module gefährlich. „Denn dann wird die Punktbelastung auf das Modul an der Klemmstelle zu groß. Das ist dann die erste Stelle, an der es zu reißen beginnt “, weiß Katharina David von K2 Systems. „Das Glas lässt nur sehr geringe Toleranzen zu.“ Daran ändert auch der Gummi an den Klemmen nichts. Dieser ist neben dem Schutz der Gläser auch dazu da, das Modul zu fixieren, sodass es nicht aus der Klemme rutscht. „Es ist eigentlich ein Widerspruch, hier von Laminatklemmen zu sprechen, da das Modul eigentlich nicht wirklich geklemmt, sondern nur fixiert wird“, sagt Katharina David.
Deshalb müssen die Installateure die rahmenlosen Laminate bei der Hochkantmontage zwingend gegen das Abrutschen sichern. Denn diese Module dürfen nicht an den kurzen Seiten geklemmt werden, sondern nur an den Längsseiten, damit sie den Belastungsanforderungen gewachsen sind. Damit mussten sich die Monteure von Helion Solar nicht herumschlagen. Schließlich haben sie die Module quer aufgeständert. So konnten sie die Klemmen problemlos an den langen Seiten anbringen.