D ie Farben haben sich verändert in und um das Gebäude vor den Toren Tübingens. Seit ein paar Monaten dominiert das Weiß-Gelb-Grün des neuen Namensgebers Baywa r.e. renewable energy auf dem Gelände der ehemaligen MHH Solartechnik. Die Menschen, die hier arbeiten, sind nicht neu. Viele von ihnen sind lang gediente „Überzeugungstäter“, die schon eine Weile in der Photovoltaik arbeiten und die Branche teilweise noch aus ihren Kinder- und Jugendtagen kennen.
Vor Ort schaffen rund 80 Mitarbeiter, mit den Außenbüros an vier verschiedenen internationalen Standorten sind es über 100. Mit der Integration in den starken Mutterkonzern Baywa ergeben sich für die ehemalige MHH Solartechnik neue Möglichkeiten. Der Großhändler genießt dadurch auch in turbulenten Zeiten das Vertrauen der Kunden und Zulieferer und kann seine Geschäftsaktivitäten weiter ausbauen.Der Firmensitz von Baywa r.e. Solarsysteme besteht aus zwei Gebäudeteilen. Da ist zum einen das Verwaltungsgebäude mit seiner verspiegelten Glasfront. Daran schließt sich die große Fertigungs- und Lagerhalle mit mehr als 10.000 Quadratmetern an.
Mit Stoppuhr und Kamera
Hier befindet sich unter anderem das Hochlager für die Komponenten der Montagesysteme sowie Versuchsanlagen, um Teile von Montagesystemen zu testen. Aber auch ein Übungsschrägdach, eingedeckt mit Ziegeln, hat in der Halle Platz. Dort treffen sich die Beteiligten zum Montagetest. Angereist sind aus Berlin der unabhängige Gutachter der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) und TÜV-Sachverständige Gordon Karg sowie der stellvertretende Chefredakteur des Fachmagazins photovoltaik. Mit dabei: Stoppuhr und Kameras.
Von Baywa r.e. steht Projektleiter Thomas Pfaff zur Seite, um vor, während und nach der Montage alle Fragen zu beantworten. Und last but not least die beiden Monteure: Helmut Wanner und Daniel Wiedmaier. Das Übungsschrägdach befindet sich mit der Dachunterkante einen halben Meter über dem Hallenboden und ist komplett mit Ziegeln eingedeckt. Ein paar Schritte davon entfernt stehen die Module bereit und natürlich die Komponenten des Objekts, das eigentlich getestet werden soll: das Montagesystem Novotegra für Ziegeldächer.
Die Stoppuhr zeigt 0:00. Wanner und Wiedmaier stehen in der Startposition. Sie wirken ruhig, aber konzentriert. Jetzt warten sie nur noch auf das Startsignal. Und auf Los greifen sie die erste C-Schiene und legen sie auf das Dach. Dazu eine Holzleiste mit angezeichneten Standardmaßen, und schon wissen sie, an welchen Stellen sie die Ziegel abdecken müssen, um dort später die Grundplatten mit den Haken auf die Dachsparren zu schrauben.
Schnell sind die Ziegel für die 16 Dachhaken abgedeckt, die später das System halten werden. Ein Teil der Ziegel kommt auf einen Wagen. Das sind die Exemplare, die gleich bearbeitet werden, um Platz für die Dachhaken zu schaffen. Dazu transportiert Wanner die Ziegel etwa 50 Meter weit nach draußen. Vor dem Fabriktor steht eine spezielle Fräse, mit der die Ziegel schnell und sicher bearbeitet werden. Der Standort ist realitätsnah. Auf einer wirklichen Baustelle würde die Fräse auch nicht auf dem Dach stehen, sondern eher zu ebener Erde. Hier beim Test geht es auch darum, den Frässtaub nicht in die Halle zu blasen.
Die Stoppuhr läuft. Wanner beginnt bei 5:32 mit der Einfräsung am ersten Ziegel. Dabei fräst er den Ziegel weder komplett ein noch ein ganzes Ende ab. Hier kommt der Vorteil der Novotegra-Dachhaken zum Tragen. Sie sind nicht wie bei den meisten Herstellern aus breiterem Metall, sondern stärker, aber aus Rundstahl und somit zwar tiefer, aber auch schmaler. Deshalb muss nur ein wenig am unteren Ende des Ziegels auf der Innenseite eingefräst werden. Wenn die Ziegel später wieder eingedeckt sind, sieht man ihnen die Bearbeitung kaum an, was optisch von Vorteil ist.
Während Wanner draußen fräst, schraubt Wiedmaier am Tisch vor dem Montagedach die Haken mit den Grundprofilen zusammen, indem er die Dachhaken einfach in die Grundprofile eindreht. Je nachdem, wie tief er sie einschraubt, kann er die Höhe der Dachhaken variieren und damit später noch Unebenheiten auf dem Dach korrigieren. Die beiden Monteure platzieren die Grundschienen mit Dachhaken so auf den Sparren, dass die Haken später gut unter die Einfräsungen der bearbeiteten Dachziegel passen.
Sieben Minuten und 51 Sekunden sind vergangen. Jetzt liegen alle Grundprofile auf den Dachsparren. Ohne vorzubohren schrauben Wanner und Wiedmaier die Profile direkt auf die Sparren. Irgendwie scheinen die Dachhaken jedoch recht locker auf den Grundprofilen zu sitzen, selbst, nachdem die Profile auf die Dachsparren geschraubt sind. „Der Dachhaken muss wackeln“, bestätigt Wiedmaier. Das Spiel sei notwendig, weil Dach und auch Montagesystem arbeiten, beispielsweise auf Temperaturschwankungen reagieren.
Das erste Modul
Wo die Grundprofile mit Haken an den Sparren arretiert sind, decken die Monteure die Ziegel wieder ein. Langsam komplettiert sich das Ziegeldach, nur die Haken schauen jetzt zwischen den Ziegeln hervor. Während Wiedmaier weitere C-Schienen aufs Dach holt und neben die Haken legt, platziert Wanner die letzten Ziegel wieder an ihren ursprünglichen Stellen. Alles geht ruhig, aber schnell. Jeder der beiden weiß genau, was er zu tun hat. Nur der Schweiß auf Wanners Stirn verrät, mit welcher Intensität die beiden arbeiten.
Durch die besondere Konstruktion der Dachhaken können sie Unebenheiten auf dem Schrägdach ausgleichen. Die Stoppuhr zeigt 17:02, als die Monteure die erste C-Schiene auf den unteren Haken montiert haben. Erfahrungsgemäß muss der Fotograf ab jetzt den Finger sehr nah am Auslöser halten, denn nun geht es Schlag auf Schlag. Rasch sind die drei parallel darüber liegenden C-Schienen an den Haken montiert. Um 18:21 verlegen Wanner und Wiedmaier die erste vertikale Schiene und komplettieren so das Untergestell.
Ein besonders spannender Moment für die Tester ist immer wieder der Zeitpunkt, an dem das erste Modul auf dem Dach zum Liegen kommt. Denn das ist mehr als ein Zwischenergebnis. Hier lässt sich schon ziemlich gut prognostizieren, mit welcher Testzeit sich das Montagesystem am Ende gegen die Wettbewerber behaupten wird. Die Sache sieht gut aus. Um 21:03 legt Wanner das erste Modul auf den Schienen ab. Da besteht die Chance, dass die Aufbauzeit unter einer halben Stunde bleibt. Jetzt geht es also in den Endspurt. Dabei schauen die Tester dennoch auch auf die Qualität. So sehen und bewerten sie beispielsweise auch, dass die Module mit Anschlusskabeln versehen sind, die in den C-Schienen verlegt werden. Eine intelligente Lösung, denn so müssen die Kabel nicht extra geführt und befestigt werden. Sie liegen sicher im Hohlraum der Schiene.
Spannender Endspurt
Die Zeit rast, aber die beiden Monteure trotzen der Stoppuhr. 26:25 ist es, da liegen bereits sechs Module fest am Novotegra montiert auf dem Dach. Werden sie es unter einer halben Stunde schaffen? Es geht jetzt buchstäblich um Sekunden. 28:11: Das achte Modul liegt bereits, muss aber noch festgeschraubt werden. Stopp: Bei 28:42 ist auch das letzte, das achte Modul vollständig montiert. Die Monteure hätten noch eine Minute Zeit gehabt und wären dann immer noch unter einer halben Stunde geblieben. Nun müssen die Tester nur noch kontrollieren, ob wirklich alles fertig montiert ist. „Alles in Ordnung“, urteilt Gutachter Karg. Dann ist die Zeit also „amtlich“. Das Novotegra lässt sich schnell und ohne Probleme montieren.