Bei Laden von privaten Elektroautos in Unternehmen oder von Dienstfahrzeugen zu Hause sollten die Energiemengen korrekt abgerechnet werden. Wozu ist das notwendig, wenn der Ladestrom beispielsweise aus der Solaranlage vom Dach kommt?
Bernhard Beck: Das hat steuer- und sozialversicherungsrechtliche Relevanz. Wenn ein Mitarbeiter sein Privatauto kostenfrei mit dem Strom des Unternehmens lädt, wird das aktuell nicht als geldwerter Vorteil gesehen, also als Bestandteil des Arbeitslohns, wenn die Ladestationen für alle Mitarbeiter uneingeschränkt nutzbar sind. Das kann schnell ins Geld gehen. Sofern sich der Nutzerkreis auf bestimmte Mitarbeiter begrenzt, sieht das schon anders aus. Denn dann kann der Ladestrom als geldwerter Vorteil gewertet werden, also als Lohnbestandteil. Dabei ist es egal, woher der Strom kommt. Dann fallen dafür Steuern und Sozialabgaben an.
Wie kann man das bilanzieren?
Um hier Probleme von vornherein zu beseitigen, setzen wir auf eine eichrechtliche Messung der Mengen und schaffen damit die Voraussetzung für die steuerrechtliche Bilanzierung. Dem Mitarbeiter wird dann der Storm für die Ladevorgänge vom Arbeitslohn oder Gehalt abgezogen und er muss keine Steuern darauf bezahlen. Dazu muss die Buchhaltung des Unternehmens aber genau wissen, wer wann wie viel Strom geladen hat. Natürlich können Arbeitgeber hierbei günstigen Solarstrom auch zu Erzeugungskosten an Ihre Mitarbeiter weitergeben und ebenso ihre günstigen Bezugsstrompreise. Wir Bilanzieren die Mengen und Preise und stellen die Daten dann an die Lohnbuchhaltung des Unternehmens zur Abrechnung bereit.
Das geht mit der Plattform?
Ja. Die Plattform bilanziert alle Energieflüsse auf verschiedene Quellen und verschiedene Nutzer – nicht nur eich- sondern auch steuerrechtskonform. Das heißt, sie zeichnet viertelstundengenau auf, wer welches Auto lädt, woher der Strom für die Ladung kam – von der Solaranlage oder aus dem Netz – und stellt dies automatisch zusammen. Wenn das die Buchhaltung händisch machen müsste, wäre es ein riesiger Aufwand. Dazu kommen ab nächstem Jahr noch eventuell flexible Preise für den Strom aus dem Netz, die ebenfalls noch detailliert abgerechnet werden müssen. Mit diesen dokumentierten Daten macht die Plattform eine saubere Abrechnung für die Buchhaltung des Unternehmens. Dadurch können wir auch Privatfahrzeuge und Dienstfahrzeuge an der gleichen Station laden. Dies muss nur vorher in der App entsprechend eingegeben werden. Dadurch können wir auch Energiemengen abrechnen, die etwa an anderen Firmenstandorten geladen werden oder wenn der Mitarbeiter zu Hause den eigenen Solarstrom in den Dienstwagen lädt.
Wie funktioniert das genau?
Dazu hat der Mitarbeiter eine Dienstwagenladebox zu Hause installiert. Diese ist ebenfalls in die Libreo-Plattform eingebunden. Dann zeichnet sie eichrechtskonform genau auf, wann er seinen Dienstwagen zu Hause mit dem privaten Strom lädt. Die Plattform generiert daraus eine Quittung für die Buchhaltung des Unternehmens. Damit kann der Mitarbeiter die Ladung genauso abrechnen wie andere Kosten, die ihm im Rahmen seiner Arbeit entstehen. Er kann, sofern keinen Onlineverbindung möglich ist, in der App einstellen, wann die Plattform automatisch eine Abrechnung der in den Dienstwagen geladenen Kilowattstunden an die Buchhaltung schicken soll.
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Aber er kann ja da auch sein privates Auto laden. Wie wird das auseinandergehalten?
Das muss er ebenfalls in der App vor dem Start des Ladevorgangs eingeben. Der Nutzer kann angeben welches Fahrzeug er lädt. Dann bilanziert die Plattform diese Strommengen nicht zum Unternehmen und rechnet sie auch nicht mit dem Unternehmen ab.
Libreo macht das grundsätzlich mit der eigenen Hardware. Doch kann das Unternehmen die Plattform auf eine vorhandene Ladeinfrastruktur aufsetzen?
Das haben wir lange nicht zugelassen. Denn die Open Charge Point Protokolle – OCPP – liefern nicht alle Daten, die wir für die Plattform optimal brauchen. Aber wir haben es inzwischen möglich gemacht, dass wir Fremdhardware über OCPP einbinden. Schließlich haben viele Firmen schon Wallboxen, die sie nicht austauschen wollen, so lange sie noch nicht abgeschrieben sind. Wenn es aber zum Tausch kommt, setzen die Unternehmen meist auf unsere Hardware, denn diese bietet zusammen mit der Software einige Vorteile.
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Libreo hat nicht nur die Soft- und die Hardware, sondern übernimmt auch die Installation?
Wir machen alles. Sie haben einen Parkplatz und wir kümmern uns. Wir übernehmen auch die Abstimmung der Gewerke untereinander. Das heißt nicht, dass wir alles selbst installieren und natürlich kooperieren wir mit verschiedenen Installateuren und PV-Firmen. Wir kümmern uns darum, dass jemand die Ladeinfrastruktur installiert. Das heißt, der Kunde muss nur einen Vertrag abschließen und hat auch nur einen Ansprechpartner.
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Gerade wenn es um Erdarbeiten geht, wird es manchmal nicht so einfach. Wie muss ich mir das vorstellen, wie Sie das umsetzen?
Wir arbeiten mit Get it done zusammen. Das ist ein Berliner Unternehmen, das sich unter anderem auf die Installation von Ladestationen spezialisiert hat und mit über 2.000 Installateuren und Baufirmen zusammenarbeitet. Mit Get it done haben wir abgestimmte Leistungspakete. Diese buchen wir bei Get it done ein, wenn wir einen Installationsauftrag haben. Get it done stimmt im eigenen Netzwerk ab, wer den Auftrag übernehmen kann und wann die Arbeiten erledigt sind. Das funktioniert aber nur so gut, weil wir das Bausystem der Ladesäulen extrem vereinfacht haben, was am Ende Kosten senkt und unseren Kunden zugutekommt
Was bedeutet das?
Man kann nicht erwarten, komplexe Systeme über Dienstleister zu installieren. Das wird nicht funktionieren. Das heißt, das Bausystem muss so simpel wie möglich sein, so dass dem Handwerker innerhalb von wenigen Minuten klar ist, wie die Installation funktioniert. Deshalb sind alle Arbeitsschritte so aufgebaut, dass man einen Dienstleister innerhalb von 60 Sekunden einweisen kann. Nur so bekommen wir die Installation auch skaliert.
Wie haben Sie das Bausystem so einfach hinbekommen?
Die Umsetzung dieser Idee fängt schon beim Produktdesign an. das muss einfach und universell installierbar sein. Komplexe Systeme funktionieren nicht. Denn jeder Parkplatz hat seine Eigenheiten und Unebenheiten. Wir haben deshalb unter anderem ein Kanalsystem entwickelt, das einfach zu installieren ist, aber hochwertig aussieht. Zusätzlich haben wir die Ladestationen mit einem Nivelliersystem ausgestattet. Dadurch kann die der Handwerker während der Installation in jede Richtung neigen. Er braucht keine Unterlegscheiben oder anderes Material, um die Ladesäule gerade auszuneigen. Das dauert auch viel zu lange. Das Nivelliersystem hat drei Schrauben, über die er die Neigung einstellen kann. Der Handwerker legt die Mini-Wasserwaage drauf und kann über diese drei Schrauben die Neigung so verändern, dass die Ladesäule am Ende gerade steht. Wir wollen unseren Kunden perfekte Qualität liefern.
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Zuvor muss aber noch das Montagesystem installiert werden. Hier bieten Sie drei Varianten an. Welche kommt wann zum Einsatz?
Das kommt unter anderem auf den Untergrund an. Wenn der Parkplatz aus einer robusten Betonfläche besteht , schraubt der Handwerker unser System für Bodenmontage einfach auf. Im Gewerbe sind die Parkplätze aber oft asphaltiert. Hier reißen wir keine großen Löcher in den Parkplatz. Entweder wir schrauben auch hier das System auf die Oberfläche. Oder wir fräsen drei Zentimeter der Asphaltdecke in der Breite des Rinnensystems ab und versenken es darin. Das spart die Kosten für Tiefbau. Die dritte Variante ist vor allem für Stirnparkplätze gedacht, oder für große Parkplätze, wo viele Kabel verlegt werden müssen. Dann bauen wir einen Betonkanal für die Kabel und die Montage der Ladestationen. Dieses wird beispielsweise im Grüngürtel am Rand des Parkplatzes verlegt. Alternativ kann man auch die Asphaltdecke bis auf 20 Zentimeter Tiefe heraussägen und den Betonkanal auf den darunter liegenden Schotter aufsetzen. Auf diese Betonkanal schrauben wir dann die Ladestation. Mit den drei Methoden bekommen wir jeden Parkplatz kostengünstig für die Elektromobilität aufgerüstet – nicht ganz ohne Tiefbau aber nur mit minimalen Bauarbeiten. Am Ende setzt sich Elektromobilität nur dann durch wenn wir Kostenvorteile der Montage, der Systemtechnik und der Stromerzeugung aus Photovoltaik intelligent kombinieren und das gelingt uns durch unsere Technologie und in Zusammenarbeit mit fachkundigen PV-Installateuren.
Das Gespräch führte Sven Ullrich.
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