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Mehr Ertrag aus der Fläche

Ein preußisches Handelskontor, Marmor im Treppenhaus und Messing am Lift, mondäne Holztäfelung aus der Gründerzeit: Wer die Büros der Berliner Envaris GmbH betritt, wird eher an das viktorianische London erinnert als an Photovoltaik. Einen Steinwurf vom Regierungsviertel entfernt, brüten die Ingenieure und Mitarbeiter um Geschäftsführer Feras Mahfoud und Vertriebschef Stefan Wippich neue Konzepte für die Wartung und das Repowering von Photovoltaikanlagen aus. Das Besondere an ihrem Modell: Von der Bundeshauptstadt aus spinnt Envaris ein dichtes Netz von Partnerbetrieben überall in Deutschland, die die vielfältigen Aufträge abarbeiten – eine Win-win-Situation für beide Seiten. „Wir sind seit August 2012 am Start“, berichtet Stefan Wippich. „Wir wollen den Betrieb, die Wartung und das Repowering von Solaranlagen professionalisieren.“ l

Obwohl die Firma erst 2012 gegründet wurde, versammelt sie in der Branche selten zu findende Expertise. Feras Mahfoud ist seit Jahrzehnten im Engineering von Solaranlagen zu Hause. Stefan Wippich hat schon 1997 seine erste Solaranlage aufgebaut. Der gelernte Heizungsmonteur und Lüftungsbauer hatte mit Solarthermie angefangen, bevor ihn seine Wege aus Südthüringen nach Norden führten. So begleitete er für einen Dienstleister unter anderem die Rückrufaktion der BP-Solarmodule im Jahr 2007. REC Solar nahm seine Dienste in Anspruch, als Anschlussdosen ausgetauscht werden mussten. Für Shell Solar und Solarworld prüfte er Solarmodule. „Der Service ist mein Spezialgebiet“, bekennt er. „Und wir haben uns die Professionalisierung des Services auf die Fahnen geschrieben.“ Die bei Envaris vereinten Ingenieure haben zusammen bereits mehr als 700 Megawatt Solarleistung geplant und aufgebaut.

So bietet Envaris an, die Installateure und Planer vor Ort mit Ingenieursdienstleistungen zu unterstützen. Bisher sind in der Photovoltaik rund 1.500 verschiedene Modulhersteller oder Händler aufgetreten, es wurden etwa 63.000 verschiedene Module und Marken installiert. „Die Installateure vor Ort wissen in der Regel, was sie tun. Sie haben die Lernkurve der Branche mitgemacht“, meint Wippich. „Aber sie haben kaum eine Chance, die Übersicht zu behalten. Wir bieten an, Schäden mit den Versicherungen schnell und einfach abzuwickeln. Um schadhafte Module möglichst gleichwertig zu ersetzen, sind wir sogar bis nach China unterwegs.“

Keine Rezepte

In Berlin sitzen fünf Ingenieure, die sich mit dem Thema befassen. Bundesweit verfügt Envaris bereits über 150 Partnerbetriebe, mit über 450 steht das Unternehmen in Kontakt. „Wir suchen vor allem Partner im Elektrohandwerk“, erläutert Stefan Wippich. „Wir haben viel mit Anlagenschäden zu tun, da muss man in der Elektrik kompetent sein. Es geht um Ströme und Spannungen, da ist der Arbeitsschutz selbstverständlich ein wichtiges Thema.“ Ein Ziel ist es, die Anlagen im Auftrag der Betreiber oder der Versicherer effizient zu analysieren und eventuelle Schäden mit möglichst geringem Aufwand zu reparieren. Dazu braucht man nicht nur die passenden Solarmodule. Manchmal geht es auch um die Verkabelung oder die Wechselrichter. Dann wieder kommen die Aufträge von Modulherstellern, die Probleme mit den Anschlussboxen auf der Rückseite haben. „Vor einiger Zeit haben wir in mehreren Solarparks rund 750.000 Solarmodule untersucht, weil der Hersteller Probleme mit den Dosendeckeln hatte“, nennt Wippich ein Beispiel. „Für so einen Auftrag gibt es keine Lösungen oder Rezepte. Die Module waren dreireihig und hochkant montiert. Man kann ja nicht mit der Leiter zwischen den Reihen herumlaufen, das macht die Berufsgenossenschaft nicht mit.“ Also entwickelte Envaris gemeinsam mit Studenten eine spezielle Teleskopstange, mit der die Barcodes der Module relativ leicht gescannt werden konnten. Auch ein programmierbarer Scanner und ein Farbsystem zur Modulmarkierung wurden entwickelt. Denn bei etwa 450.000 Paneelen musste der Deckel nebst Dichtring tatsächlich getauscht werden. Dazu waren spezielle Tragesäcke für die Monteure erforderlich, für die Deckel und die Dichtungen.

Wo Einzelkämpfer passen müssen

Das war eine spektakuläre Aktion, die drei Monate dauerte. In der Regel fallen die Aufträge kleiner aus, sind aber nicht weniger anspruchsvoll. Ohne regionale Partner wäre es nicht möglich, fehlerhafte Anlagen schnell zu besichtigen, zu begutachten und zu reparieren. „Mit unserem Netzwerk bieten wir auch die Nachrüstung von Anlagen mit Monitoringsystemen oder Blitzschutz an“, sagt Wippich. „Auch im Neubau sind wir aktiv, wo ein einzelner Handwerksbetrieb vielleicht überfordert wäre.“ Darüber hinaus bietet Envaris seinen Partnern eine Einkaufsgenossenschaft an, um mittels Masse bessere Preise bei den Großhändlern zu erreichen.

Mit dem Wandel im Photovoltaikmarkt entstehen ganz neue Geschäftsfelder. So stellen Anlagenbetreiber ihre Parks beispielsweise auf Direktvermarktung um. Dazu müssen die Anlagen ausgemessen und mit der entsprechenden Fernwirktechnik ausgestattet werden. Denn der Betreiber muss heute schon wissen, wie viel Sonnenstrom er morgen an der Strombörse oder seinen Kunden anbieten will. Die Anpassung der Geschäftsmodelle erfordert je nach Solarpark und ökonomischen Zielen einen teilweise erheblichen Aufwand. Das können Installationsbetriebe in aller Regel nicht übernehmen und planen, zu speziell sind die Anforderungen. Aber sie können die Arbeiten nach den Planungen von Envaris vor Ort ausführen. Auch die Analyse von Störfällen und die Suche nach Fehlern bietet Envaris den Betreibern von Solaranlagen und seinen Partnerbetrieben an.

„Ein Problem ist derzeit, dass viele private oder gewerbliche Anlagenbetreiber keinen Installateur mehr haben“, sagt Stefan Wippich. „Die Betriebe, die ihre Anlage seinerzeit errichtet haben, gibt es nicht mehr. Andere Installateure könnten die Wartung mit übernehmen, trauen sich aber oft nicht ran, weil sie die Anlage nicht kennen. Ihnen bieten wir das Engineering an, um sie in ihrer Arbeit zu unterstützen.“ Die Fachleute überprüfen die Komponenten und Anlagenteile, von der Erstbesichtigung über die Ausmessung der Strings bis zum Einsatz von mobilen LED-Flashern im Feld. „Mithilfe der Elektrolumineszenz beispielsweise können wir uns einen Überblick verschaffen, ohne die Module demontieren zu müssen“, erläutert der Experte. „Wir bieten die E-Checks der Anlagen an oder auch umfangreiche Datenerhebungen für Installateure oder Gutachter.“ Zunehmend werden Solarparks gehandelt, auch sie müssen zuvor begutachtet werden. Das geht unter Umständen weit über visuelle Sichtung oder Kennlinienchecks hinaus.

Enges Netzwerk als Basis

Das Netzwerk wird auch aktiviert, wenn Wechselrichter innerhalb von 24 Stunden ausgetauscht werden sollen oder Glasbruch die Module untauglich macht. Mit eigener Software können die Anlagen während des Betriebs überwacht werden, dabei sind die Monitoringsysteme unabhängiger Anbieter wie Meteocontrol, Skytron oder Solarlog ebenso integriert wie die Systeme der Wechselrichterproduzenten. Im Prinzip sitzt Envaris zwischen den Anlagenbetreibern, den Versicherungen und den regional tätigen Partnern. Zwischen ihnen zum Beispiel zu klären, wie ein Versicherungsschaden möglichst effizient behoben werden kann, „ist eine Aufgabe, bei der man sehr viel kommunizieren muss“, wie Wippich einschätzt. „Neben der Expertise in der Bewertung und Wartung von Anlagen ist die Kommunikation eine unserer wichtigsten Kompetenzen. Unsere Basis jedoch ist ein möglichst enges Netzwerk mit Installationsbetrieben, Planern, Dienstleistern und Gutachtern überall in Deutschland“, fährt er fort. „Nur so können wir schnell und effektiv auf die Wünsche unserer Kunden reagieren.“

Wenn ein großer Teil der Module ausgetauscht werden muss, ist Repowering oft die beste Strategie. Je mehr Module ausgetauscht werden müssen, desto sinnvoller sei so eine Aufrüstung. Dabei werden die defekten Module durch neue mit höherer Leistung ersetzt. Um die alte, bedeutend höhere Vergütung des EEG-Tarifs von damals zu behalten, darf sich aber die Leistung der Anlage insgesamt nicht erhöhen. Durch die neuen, effizienteren Module braucht die erneuerte Anlage bei gleicher Gesamtleistung allerdings weniger Platz. Der Besitzer kann auf die neu gewonnene Fläche dann eine neue Anlage hinzubauen und den Extrastrom zum aktuellen Einspeisetarif einspeisen, selbst verbrauchen oder direkt vermarkten. So kann er Flächen, die aufgrund des Standorts für die Photovoltaik prädestiniert sind, intensiver nutzen.

Mehr Leistung auf gleichem Platz

Mit über 1.260 Kilowattstunden Sonneneinstrahlung pro Quadratmeter im Jahr zählt die Region um Söchtenau beispielsweise zu den sonnenreichsten Deutschlands. Manchmal nützt das allerdings nicht allzu viel, wie das Beispiel der sechs Photovoltaik-Gemeinschaftsanlagen mit einer Spitzenleistung von seinerzeit 600.880 Kilowattpeak zeigte. Sie waren zum Teil in einem desaströsen Zustand. Schuld waren vor allem die 5.616 multikristallinen Module Shell RSM mit 105 und 110 Watt Leistung. Sie waren zu einem großen Teil delaminiert. Kein Einzelfall. Über 300.000 Euro sollte der Solarpark, groß wie drei Fußballfelder, eigentlich jährlich erwirtschaften. Jetzt war er ein Fall für die Generalüberholung und für das Repowering. „80 Prozent aller Anlagen sind mängelbehaftet“, sagt Wippich. Das betreffe vor allem Anlagen aus den Boomjahren 2010 und 2011.

Repowering bietet also ein funktionierendes Geschäftsmodell. Von Neuinstallationen auf zusätzlichen Flächen sind die Dienstleister und ihre Partner so kaum abhängig. Und sie wissen, dass ihr Geschäft weiter wächst, ganz von selbst.

Repowering

Die Anlage in Söchtenau

Anlagenleistung: 600,88 kW

Anlagenaufbau vor Repowering:

Modultyp:  Shell RSM 105/110 W

Anzahl Module: 5.616

Module je Tisch: 24

Anzahl Modultische: 234

Anlagenaufbau nach Repowering:

Modultyp:  Solarworld SW 150/155 mono

Anzahl Module: 3.920

Module je Tisch: 20

Anzahl Modultische: 196

Nach dem Repowering sind 38 Modultische frei geblieben. Unter der Verwendung aktueller Module mit je 250 Watt Leistung könnte auf diesen Modultischen eine zusätzliche Leistung von 114 Kilowatt installiert werden. Dies entspricht einer Erhöhung der Gesamtanlagenleistung um knapp 20 Prozent.

Der Rundum-Dienstleister

Auch für schwierige Fälle

Stefan Wippich ist seit 2003 im Bereich Photovoltaik aktiv, darunter seit 2010 bei der Secondsol GmbH. Seit 2012 ist er Gesellschafter bei der Envaris GmbH. Schwerpunkte sind unter anderem After-Sales-Dienstleistungen, der Aufbau eines Test- und Reparatur-Centers für Photovoltaikmodule, eines Servicepartner-Netzwerkes und eines europaweiten Diebstahlregisters für gestohlene Photovoltaikmodule.

http://www.envaris.de

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