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Der Knoten ist geplatzt

„Ok, die Branche hat vielleicht ein wenig Glück gehabt“, sagt Stelios Psomas, politischer Berater des griechischen Photovoltaikverbandes Helapco, auf der Messe Energy-Photovoltaic 2009 in Athen. „Die griechische Regierung verabschiedete die Novellierung unseres Fördergesetzes, noch bevor die Auswirkung der Finanzkrise deutlich wurde, also vor dem Preisverfall in der Photovoltaikbranche.“ Aber trotzdem sei eine Kürzung der Förderung in Griechenland derzeit kein Thema. Im Januar 2009 beschloss das griechische Parlament eine Novellierung des Gesetzes zur Förderung von Solarstrom. Im Sommer legte die mittlerweile abgewählte konservative Regierung unter Kostas Karamanlis nach und verabschiedete ein Förderprogramm für Aufdachanlagen mit einer Leistung bis zu zehn Kilowatt. Das tat sie, obwohl die Staatsverschuldung damals bereits bei rund 100 Prozent des Bruttosozialprodukts lag.

„In Griechenland sind grüne Themen mittlerweile so populär bei den Bürgern, dass die großen Parteien nicht um sie herumkommen“, sagt Christos Kapagerof, Sales Support Engineer bei Scheuten Solar Hellas. Das habe spätestens die letzte Europawahl eindrucksvoll bewiesen. Im Juni waren ganz überraschend die Grünen Griechenlands mit 3,49 Prozent ins Europaparlament eingezogen. „Bis dahin hatten die Grünen bei uns nichts zu sagen“, so Kapagerof. Damit sei ein bereits bestehender Trend ganz offensichtlich geworden. Das kann Gregory Pozidis, Präsident und Geschäftsführer von Data Energy, bestätigen. „Die griechischen Bürger wollen in Sachen Umwelt und erneuerbarer Energien nicht mehr hinter Ländern wie Dänemark oder Deutschland zurückstehen“, so der Chef des größten Photovoltaik-Installateurbetriebes in Griechenland. Das sei das Ergebnis von langjährigen Aufklärungskampagnen. Und das spiegele sich auch in der Politik wider, sagt Psomas. „Beide große Parteien hatten vor der Neuwahl im Oktober erneuerbare Energien ganz oben auf der Agenda, weil sie wussten, dass sie damit bei den Wählern punkten können.“

Verständlich, dass die damalige Regierung das neue Gesetz für kleine Aufdachanlagen verabschiedete. Demnach garantiert die Regierung Betreibern von Anlagen mit einer Leistung bis zu zehn Kilowatt einen Abnahmepreis von 55 Euro-Cent pro Kilowattstunde. Dieser gilt bis einschließlich 2012. Ab Januar 2013 sinkt er bis Ende 2019 um jährlich fünf Prozent. Danach sollen die Preise jährlich mit 25 Prozent der Vorjahresinflationsrate angepasst werden. Nach Aussagen von Psomas ist das Gesetz auf 25 Jahre angelegt. Diese Entscheidung betrifft Installationen, die sich auf dem Festland und den mit ihm verbundenen Inseln befinden. Ausgenommen sind Gebäude auf Inseln, die von lokalen Elektrizitätswerken versorgt werden.

Genehmigung vereinfacht

„Der Gesetzgeber wollte den privaten Verbrauchern die Entscheidung für Photovoltaiksysteme erleichtern und die damit verbundenen Kosten senken“, sagt Psomas. Daher bräuchten künftig die Betreiber von Anlagen mit einer Leistung bis zehn Kilowatt keine umfangreiche Baugenehmigung mehr für die Installation, wie zum Beispiel für Anlagen ab 20 Kilowatt. „Lediglich beim Stromanbieter muss ein Anschluss der Anlage angefragt werden“, so Psomas. „Hinzu kommt der Antrag auf die Installation der Anlage bei der lokalen Baubehörde.“ Hier könne es zu Beginn noch leichte Verzögerungen geben, weil die zuständigen Beamten mit dem Thema nicht vertraut sind. „Das wird sich aber schnell legen, und bisher haben wir aus der Richtung noch nichts Negatives gehört.“

Zur Beschleunigung der Antrags- und Genehmigungsverfahren stellte die Regierung einen entsprechenden Zeitplan auf. Demnach sollen zwischen Antragstellung und Beginn der Produktion und Einspeisung ins Elektrizitätsnetz maximal 70 Tage liegen. Die Gebühren sollen zwischen 300 und 500 Euro betragen. Es werde einige Zeit in Anspruch nehmen, bis sich die Aufdachanlagen bis zehn Kilowatt etablieren, weil das Thema neu ist für die Bevölkerung – Psomas schätzt, dass es zwei Jahre dauern wird. „Aber dann werden Installationen für private Haushalte einen wichtigen Teil der griechischen Photovoltaikbranche ausmachen“, gibt sich Psomas zuversichtlich.

Bisher musste ein privater Besitzer einer Photovoltaikanlage ein Unternehmen anmelden, um seine Anlage ans Netz anschließen zu können. Diese Regelung entfällt mit dem neuen Gesetz. „Zuvor lohnte es sich in Griechenland nicht für private Haushalte, eine Aufdachanlage zu installieren“, so Alexander Zachariou, Commercial Manager bei Solar Cells Hellas S.A. Denn Kleinanlagen brachten auf diese Weise viele versteckte Kosten mit sich. Jetzt muss der Betreiber aber nicht mehr Bücher führen wie ein Unternehmer und sich nicht mehr wie ein Selbstständiger versichern. „Das mit der Unternehmensgründung hat viele private Bürger abgeschreckt, und das zu Recht“, so Psomas. Voraussetzung für die Förderung eines Projektes ist, dass das Gebäude bereits einen Teil seiner Energie aus erneuerbaren Quellen bezieht, zum Beispiel warmes Wasser aus einer solaren Warmwasseraufbereitungsanlage. „Und da Solarthermie in Griechenland eine lange Tradition hat und etabliert ist, sehe ich da kein Problem“, so der politische Berater. Zudem dürfe der Betreiber dafür keine Zuschüsse aus griechischen oder EU-Mitteln erhalten.

Mit der vorherigen Gesetzesänderung im Januar 2009 hatte die Regierung garantiert, dass die Einspeisevergütungen für 20 Jahre gewährleistet werden. Bis dahin konnte ein Unternehmen eine Einspeisevergütung für zehn Jahre beantragen. Waren diese zehn Jahre abgelaufen, musste es einen neuen Antrag auf die nächsten zehn Jahre stellen. „Diese 20 Jahre als eine Einheit sollen Vertrauen schaffen und Unsicherheiten beseitigen“, erklärt Psomas. Als Einspeisetarif für Anlagen mit einer Kapazität von unter 100 Kilowatt gilt mit der Novellierung eine Vergütung von 45 Cent pro Kilowattstunde, für Anlagen mit einer Kapazität von 100 Kilowatt oder mehr soll es einen Tarif von 40 Cent geben. Auf den Inseln liegt die Vergütung für Anlagen bis 100 Kilowatt dagegen derzeit bei 50 Cent und für Großanlagen ab 100 Kilowatt bei 45 Cent. Diese Tarife sollen erst ab August 2010 degressiv sinken – und das nur leicht, so dass sie auch noch für die Zeit nach 2010 attraktiv sind. Die Tarife werden dabei an die Inflation angepasst. „Im internationalen Vergleich sind diese Tarife sehr, sehr gut“, so Psomas. Eine weitere Regelung, die mit der Gesetzesnovelle eingeführt wurde, belohnt das zügige Fertigstellen von Photovoltaikanlagen.

Wahlsieger setzt auf Erneuerbare

Geholfen haben diese großzügigen Maßnahmen der damaligen Regierung nicht. Zu groß war bei den Wählern der Wunsch nach einem Wechsel. Giorgios Papandreous Partei Pasok erhielt 44 Prozent der Wählerstimmen – eine herbe Niederlage für Karamanlis und seine „Neue Demokratie“, die nur 34 Prozent errangen. Und auch der Wahlsieger machte nach der Wahl deutlich, dass er weiterhin auf erneuerbare Energien setzt. „Das war das Erste, was sie nach der Wahl gesagt haben“, erinnert sich Psomas.

Ein Zeichen in diese Richtung hat die neue Regierung laut Psomas inzwischen auch schon gesetzt. „Sie haben ein neues Ministerium gegründet: das Ministerium für Umwelt, Energie und Klimawandel.“ Damit seien die Ministerien für Umwelt und für Energie, die sich in vielen Fragen uneins gewesen seien, in einem neuen Ministerium mit neuem Personal zusammengelegt worden. „Das ist sehr zu begrüßen“, so Psomas. Das würde bedeuten, dass die neue Regierung Klima- und Umweltprobleme mit Lösungsansätzen aus dem Bereich Energie bewältigen will. Für die Photovoltaikbranche seien das gute Nachrichten. Dafür, dass sich die neue Regierung für Photovoltaik interessiert, gab es auf der Energy-Photovoltaic 2009 erste Indizien. „Wir wurden an unserem Stand von einem Vertreter der griechischen Regierung besucht. Er hat sich nach dem Stand der Dinge erkundigt“, so Andreas Schwedheim, Vice President Engineering bei Degerenergie. Das ist nach Psomas Angaben etwas völlig Neues. Für Degerenergie, einen Anbieter von Trackersystemen, habe sich Griechenland nach Italien zum zweitwichtigsten Absatzmarkt entwickelt, so Schwedheim.

Außerdem erwarte die Branche, dass die Regierung weitere bürokratische Hürden abbaut, sagt Psomas. Zwar würde die Regulatory Authority for Energy (RAE) mittlerweile Anträge zum Bau von Photovoltaikanlagen zügig bearbeiten, aber dennoch gebe es zu viel Bürokratie. Zu Beginn des Jahres steckten bei der RAE Bauanträge mit einer gesamten Kapazität von 3,7 Gigawatt fest. Die Behörde war überfordert. „Das hat sich mittlerweile geändert“, so Alexander Zachariou. Die Behörde habe neue Mitarbeiter eingestellt und Outsourcing betrieben, um das Problem zu lösen. „Mittlerweile sind 80 Prozent der Anträge zum Bau von Anlagen mit einer Kapazität von 20 Kilowatt bis 150 Megawatt abgearbeitet. Bei Anlagen mit einer Kapazität über 150 Megawatt sind es 60 Prozent.“ Aber dennoch gebe es viel zu viel Bürokratie, so dass die Errichtung einer Anlage immer noch mit einem starken Zeitaufwand und hohen Kosten verbunden ist, so Psomas. „Jetzt liegen die Probleme bei der Zulassung einer Anlage eben an anderer Stelle, wie zum Beispiel beim Bauministerium oder bei irgendwelchen lokalen Behörden“, bestätigt Zachariou, der Sprecher des Photovoltaikverbandes. „Da muss sich noch einiges tun. Ich will aber nicht klagen, derzeit ist die Situation in Griechenland sehr gut. Der Markt hat Fahrt aufgenommen.“

Boom der Neuinstallationen

Stelios Psomas bestätigt die Belebung des griechischen Marktes. „Bis Ende 2008 waren in Griechenland gerade mal zwölf Megawatt installiert. Ende September 2009 waren es bereits 38 Megawatt, und ich gehe davon aus, dass wir Ende 2009 eine Gesamtleistung von 50 Megawatt haben. Und für 2010 Jahr rechne ich hierzulande mit Neuinstallationen in Höhe von 100 bis 115 Megawatt. Der Knoten in Griechenland ist eindeutig geplatzt.“ Als Auslöser für diesen Boom nennt Psomas unter anderem die Gesetzesänderung Anfang des Jahres, welche auch eine Beschleunigung des Antragverfahrens bei RAE vorsah.

Einen Grund für die Kürzung der Förderung sieht er bisher nicht. „Der griechische Markt ist nicht mit dem deutschen zu vergleichen. In Deutschland sind viel mehr Kapazitäten installiert als bei uns, weshalb die Förderung bei uns auch noch nicht so hohe Kosten verursacht.“ Außerdem seien die hohen Tarife bei den derzeitigen bürokratischen Problemen äußerst angebracht. Sie würden helfen, Interessierte trotz des hohen Zeitaufwandes und der damit verbundenen Kosten bei der Stange zu halten.

„Ist der Bürokratiedschungel einmal abgeschafft, ist es bestimmt sinnvoll, über eine Kürzung zu diskutieren, aber nicht jetzt“, sagt Stelios Psomas. Neben der zügigen Abschaffung der Bürokratie hat er aber noch eine konkrete Forderung an die neue Regierung. „Und zwar die Erweiterung der Förderung von Anlagen bis zu zehn Kilowatt. Sie sollte auch für Aufdachanlagen für Industriedächer gelten. Der Zuwachs würde im Gigawatt-Bereich liegen.“

Markus Grunwald

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