Sie haben Anfang dieses Jahres angekündigt, dass Solaxess an einer neuen Version der Spezialfolie für farbige Module arbeitet. Wie entwickelt sich die Lösung?
Peter Röthlisberger: Wir sind gut im Zeitplan, auch wenn wir durch die Corona-Situation später in den Markt gelangen werden als vorgesehen. Gleichzeitig konnten wir diese ruhigen Momente auch dazu nutzen, um in der Entwicklung weiterzukommen, als dies während einer normalen Geschäftsperiode möglich gewesen wäre. Ursprünglich wollten wir zunächst die neue Folie außerhalb des Moduls unter ETFE oder einem zusätzlichen Glas aufbringen. Im nächsten Entwicklungsschritt sollte die Folie direkt in das Modul laminiert werden. Während der Tests mit unseren Partnern haben wir festgestellt, dass beide Lösungen sehr ähnlich sind. Deshalb entwickeln wir jetzt beide Varianten parallel und werden beide gleichzeitig auf den Markt bringen.
Wann wird es so weit sein?
Wir werden im Oktober oder November die Tests abschließen.
Was ist die Herausforderung dabei?
Da die Folie Bestandteil des Moduls wird, lassen wir sie noch vorzertifizieren. Außerdem wird die Folie auch in dunkleren Farben wie Terrakotta möglich sein.
Warum ist eine Vorzertifizierung notwendig?
Wir werden für das neue Produkt eine TÜV-Bescheinigung bekommen. Dadurch bekommen die Modulhersteller für ihre Produkte leichter ein TÜV-Zertifikat, wenn sie die Folie integrieren. Andernfalls müssten sie den kompletten Zertifizierungsprozess durchlaufen.
Dadurch kommen die farbigen Module schneller auf den Markt?
Nicht nur. Es wird auch viel preiswerter für die Modulhersteller. Der Zertifizierungprozess wird dann nur noch zwei bis drei Monate dauern. Mit der Vorzertifizierung sinken zudem die Kosten auf etwa ein Fünftel im Vergleich zu einer vollständigen Zertifizierungsprozedur.
Warum entwickeln Sie zwei Varianten?
Es gibt Kunden, die wollen die ETFE-Oberfläche auch aufgrund der Haptik und weil man diese strukturieren, pressen und prägen kann. Das sind vor allem Architekten und große Bauunternehmen. Andererseits kommen die Modulhersteller besser zurecht, wenn sie die Folie ins Modul laminieren können, wodurch die Herstellungskosten sinken und mehr Modulhersteller farbige Paneele anbieten werden.
Welche Preissenkungen sind denn dabei möglich?
Mit der neuen Technologie senken wir die Preise für die Folie um etwa zwei Drittel. Wir haben die bisherigen Folien weiterentwickelt, ohne die ästhetischen und optischen Eigenschaften zu reduzieren. Wir haben für die neue Variante außerdem ein anderes und preiswerteres Produktionsverfahren gewählt. Zudem ist es für die Modulhersteller jetzt einfacher zu handhaben, da nicht mehr ein Verbund von vier einzelnen Folien auf das Glas aufgebracht werden muss, sondern entweder das schon mit der Folie vorgefertigte Glas oder die Folie direkt in das Modul laminiert wird. Solche Prozesse haben die Modulhersteller gut im Griff. Für den Endkunden macht das optisch keinen Unterschied zur bisherigen Variante, aber die Kosten sinken.
Preise sinken andererseits auch mit größeren Produktionsmengen. Wie entwickelt sich die Nachfrage nach den Solaxess-Folien?
Derzeit stehen fast 40 Modulhersteller in den Startlöchern, um unsere Neuentwicklung zu testen. Die Nachfrage seitens der Endkunden scheint also sehr groß zu sein. Das wird sich auch auf den Preis auswirken. Wir können mit allen anderen Faktoren die Zusatzkosten für ein farbiges Modul im Vergleich zu einem hochwertigen Fassadenmaterial im Jahr 2021 auf etwa 140 bis 100 Euro pro Quadratmeter senken. Unser Ziel ist es, die Zusatzkosten für farbige Photovoltaikfassaden mittelfristig auf 50 Euro pro Quadratmeter zu senken, wenn die Lösung in der vollautomatisierten Produktion hergestellt und verarbeitet wird.
Mit welcher Strategie wollen Sie mehr Architekten für die farbigen Module begeistern?
Es wird Architekturprojekte geben, wie wir sie bisher auch realisiert haben. Da geht es einerseits aus Sicht des Bauherrn als Endkunde um Fassaden, in denen viele Module mit individuellen Maßen und Formen verbaut werden. Andererseits sind das große Fassaden, die mit wenigen unterschiedlichen Modulmaßen realisiert werden. Dazu kommt noch das Angebot an die Architekten, die unterschiedlich flexibel sind. Denn manche wollen eine spezielle Farbe, sind aber in der Lage, sich hinsichtlich der Modulgrößen an das Standardmaß anzupassen. Andere realisieren die Fassaden mit einer von uns angebotenen Farbe.
Sie bieten mehr unterschiedliche Farben an als bisher?
Ja. Wir werden in diesem Jahr mit einigen verschiedenen Farben starten und im Frühjahr 2021 das Spektrum erweitern, sodass wir dann 15 bis 16 Farben zur Auswahl haben. Zusätzlich können wir die Folien auch mit unterschiedlicher Transparenz anbieten.
Bisher war eines der Hauptargumente, dass man die Solartechnik nicht sieht. Mit transparenteren Folien werden die Solarzellen sichtbar. Ist das eine Reaktion auf die Nachfrage am Markt?
Es gibt die Architekten und Bauherren, die Wert auf Ästhetik legen und wollen, dass die Solartechnik unsichtbar wird. Die werden auch weiterhin mit den opaken Folien arbeiten. Wir haben aber auch Anfragen, bei denen es darum geht, Farbe an die Fassade zu bringen, und die Kunden bereit sind, ästhetische Kompromisse einzugehen.
Es wird aber weiterhin die Möglichkeit der individuellen Farben geben?
Ja. Wir können die Farbe an die konkreten Wünsche der Kunden anpassen. Voraussetzung ist, dass pro Farbe mindestens 2.500 Quadratmeter zusammenkommen, damit es sich rechnet. Die Entwicklung dauert zwar vier bis fünf Monate, aber dafür können wir jede RAL-Farbe anbieten und haben die neu entwickelte Farbe auch vorrätig.
Welche Vorteile hat das?
Bisher haben Planer beim Einsatz von bedruckten Gläsern immer etwa zehn Prozent mehr Module bestellt, als sie brauchten. Damit hatten sie im Falle eines Defekts immer ein Ersatzmodul in der richtigen Farbgebung. Das fällt bei uns weg. Denn wir können die Farbe exakt jederzeit reproduzieren.
Verschiedene Modulgrößen und Formen sind mit der Folie sicherlich auch kein Problem?
Wir haben eine Fertigungsbreite von 1,10 Metern. Da die Module mit 60 Zellen immer größer werden, erweitern wir diese auf 1,20 Meter. Die Folie kann natürlich auf schmalere Module zugeschnitten werden. Sind die Module breiter, etwa wenn ein Maß von zwei Mal vier Meter gefordert ist, dann legt man einfach zwei Folienbahnen nebeneinander und schneidet sie an den Außenkanten ab. Im Laminierprozess werden diese sich dann zu einer Fläche miteinander verbinden.
Wenn ein Architekt die farbigen Module haben will, wie ist sein Weg zum Produkt?
Derzeit kommen die Architekten zu uns. Wir realisieren den Auftrag dann zusammen mit einem passenden Modulhersteller, der unter anderem in der Region ansässig ist, in der die Fassade gebaut werden soll. Dabei betreuen wir das Projekt so lange, bis es der Hersteller übernommen hat. In Zukunft werden wir uns aber auf die Herstellung und Weiterentwicklung der Folie spezialisieren. Deshalb öffnen wir im kommenden Jahr unsere Website, so dass sich die Kunden darüber direkt an einen Modulhersteller wenden können. Ich gehe davon aus, dass sie ab 2021 etwa 30 bis 40 Produzenten daraufhin kontaktieren können.