Im Vergleich mit den Rahmenbedingungen für den deutschen Photovoltaikmarkt befindet sich die Tschechische Republik auf Augenhöhe: Das Anreizsystem hat keinen Deckel, im Jahresdurchschnitt ist mit einer Sonneneinstrahlung von 1.150 Kilowattstunden pro Quadratmeter zu rechnen, und die eingespeiste Solarenergie wird mit 13,46 tschechischen Kronen (0,536 Euro) pro Kilowattstunde üppig vergütet. Neben dem fixen Einspeisetarif können sich Anlagenbesitzer auch für „Green Premiums“ entscheiden. Diese werden als Aufschlag auf den Marktpreis für Strom gezahlt und variieren je nach dem Tag des Netzanschlusses zwischen 5,76 tschechischen Kronen (0,22 Euro) und 12,65 tschechischen Kronen (0,53 Euro) pro Kilowattstunde. Ebenfalls positiv für Anlagenbetreiber: Die Regierung garantiert die Abnahmepreise über 20 Jahre, und sie steigen jedes Jahr um mindestens zwei Prozentpunkte an.
Ganz anders sieht es jedoch beim Blick auf die installierten Kapazitäten aus. Lediglich fünf Megawatt, so der aktuelle Stand, wurden bisher in der Tschechischen Republik installiert. Gründe dafür, dass der vermeintliche Geheimtipp noch nicht von Projektierern in größerem Umfang entdeckt wurde, gibt es viele. Zum einen fehlt in der Tschechischen Republik bisher ein klares und langfristiges Bekenntnis zu den erneuerbaren Energien, zum anderen wurden die Förderbedingungen erst in diesem Jahr nachgebessert. Obwohl die Tschechische Republik bereits seit 2002 über einen Einspeisetarif verfügt – und damit Vorreiter in Osteuropa war – hat erst die Anhebung der Förderdauer von 15 auf 20 Jahre durch die Regulierungsbehörde für Energie im Januar 2008 Bewegung in den Markt gebracht.
„Durch die Verlängerung der Vergütung ist der tschechische Markt sowohl für Anlagenbetreiber als auch für die Hersteller sehr interessant geworden. Wir rechnen damit, die Module unserer Produktionsstätte in Valašské Mezi?í?í in Zukunft auch verstärkt auf dem tschechischen Markt absetzen zu können“, sagt Rudolf Schmidt, Verkaufsleiter für Mittel- und Südosteuropa bei der Schott Austria GmbH in Wien. Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt Stefan Wiebach, Leiter der Solardivision der Kyocera Fineceramics GmbH in Esslingen, der eine Zunahme der Nachfrage nach Photovoltaikprodukten feststellt: „Wir erhalten verstärkt Anfragen aus der Tschechischen Republik, wobei sich viele Anfragen auf Großprojekte von mehreren Megawatt beziehen. Insofern ist der dortige Markt auf jeden Fall attraktiv, auch wenn er in Hinblick auf die Gesamtkapazität nicht die Bedeutung von Italien, Frankreich oder gar Spanien haben wird.“ Die positive Einschätzung teilt auch Petr Klimek, Projektmanager bei der Nichtregierungsorganisation Czech Renewable Energy Agency: „Wir haben derzeit einen Photovoltaikboom in der Tschechischen Republik, und die Nachfrage nach Photovoltaikprodukten wächst signifikant an. Dies gilt vor allem für Module, die bereits jetzt schon Mangelware sind.“
Anteil liegt noch bei 0,01 Prozent
Trotz der positiven Grundstimmung macht Strom aus erneuerbaren Energien derzeit nur rund sechs Prozent des gesamten Verbrauchs aus. Und im Vergleich zu Wasserkraft und Biomasse, die jeweils 73 Prozent beziehungsweise 21 Prozent des regenerativen Stroms erzeugen, ist der Anteil der Photovoltaik an den erneuerbaren Energien verschwindend gering. So erzeugten die Photovoltaikanlagen laut Aussage des tschechischen Umweltminis teriums 2007 lediglich 1.754 Megawattstunden und trugen damit weniger als 0,01 Prozent zum insgesamt erzeugten Strom bei. Solarstrom kommt derzeit vor allem in dezentralen Systemen zum Einsatz, lediglich rund 30 Anlagen sind bereits ans Stromnetz angeschlossen. Denn Bedarf für neue Stromkapazitäten gibt es derzeit in Tschechien nicht. Die Braunkohlevorräte decken den größten Anteil des nationalen Strombedarfs, und der Strom aus Atommeilern wie Temlin oder Brno geht überwiegend als Exportstrom in die Nachbarländer.
Eine Schlüsselstellung auf dem Strommarkt hat der Energieversorger ?eské Energetické Závody (?EZ) inne, der 70 Prozent des Stroms erzeugt und an erneuerbaren Energien bisher nur ein verhaltenes Interesse zeigt. Gleiches gilt für die Regierung, die mit dem geänderten Förderprogramm weniger aus Überzeugung handelt, sondern vielmehr auf den Druck von außen reagiert: Bis 2010 sollen acht Prozent und bis 2020 zwölf Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien erzeugt werden, so die Vorgabe der Europäischen Union. Mit dem durch die verbesserten Förderbedingungen ausgelösten Wachstumsschub wird die Einhaltung dieser Vorgaben wahrscheinlicher. Auch die im Januar dieses Jahres eingeführte Umweltsteuer, die ausschließlich konventionelle Energieträger wie die Braunkohle belastet, wirkt sich wegen der finanziellen Besserstellung zugunsten der erneuerbaren Energien aus.
Noch muss sich zeigen, inwieweit die Tschechische Republik die Erwartungen als mittel- und langfristiger Absatzmarkt für Photovoltaik erfüllen kann. Denn wenngleich die Regierung die Förderbedingungen für Photovoltaikanlagen erst vor wenigen Monaten verbessert hat, kann sich der Himmel über der Photovoltaikbranche bereits zum Herbst wieder verdunkeln. Petr Klimek von der Czech Renewable Energy Agency geht davon aus, dass die Regierung mittelfristig einen kontrollierten Zubau anstrebt. Dies werde die Regulierungsbehörde für Energie voraussichtlich im Herbst diskutieren, so Klimek. „Unabhängig davon, ob es zu einer Anpassung der Einspeisetarife kommen wird oder ob mehrere Tarife für unterschiedliche Anlagentypen gelten, werden die Änderungen nur größere Installationen betreffen.“
Mehr Anlagen ab 500 Kilowatt
Genau solche Anlagen von mehr als 500 Kilowatt werden jedoch seit 2007 verstärkt geplant und in Betrieb genommen. Noch in diesem Jahr wird die erste private Drei-Megawatt-Anlage installiert. Was den erwarteten Zubau in diesem Jahr angeht, geben sich die tschechischen Branchenkenner eher bedeckt. Doch Miroslav Šafár, Geschäftsführer von Fitcraft Production, prognostiziert für 2008 die Inbetriebnahme von 25 Megawatt. Für 2009 rechnet Šafár dann mit ungefähr 40 Megawatt. „In diesem Jahr werden wir keine Module mehr exportieren. Alle Module mit einer Kapazität von neun Megawatt werden wir auf dem tschechischen Markt absetzen, denn dieser zeichnet sich derzeit durch ein starkes Wachstum aus. Grund dafür ist unter anderem, dass die Regulierungsbehörde für Energie schon jetzt Preissenkungen zwischen drei und fünf Prozent für 2009 angekündigt hat“, sagt der Geschäftsführer.
Sollte sich in diesem Herbst tatsächlich die Förderung für größere Anlagen verschlechtern, ist ungewiss, ob eine Erhöhung der Zubauraten bei Kleinstanlagen bis fünf Kilowatt dies auffangen kann. Derzeit gibt es auch keine Anzeichen dafür, dass Kleinstanlagen besser gefördert werden sollen. Im Gegenteil: Während im letzten Jahr Kleinstanlagen von staatlicher Seite zu 50 Prozent und mit maximal 200.000 tschechischen Kronen (circa 8.000 Euro) subventioniert wurden, hat die Regierung diese Förderung 2008 eingestellt. „Gerade Eigenheimbesitzer, die keine Möglichkeit haben, in Großanlagen zu investieren, zeigen ein starkes Interesse an gebäudeintegrierten Anlagen und Aufdachsystemen. Sollten die Subventionen erneuert werden, dürften diese Anlagen 2009 eine Kapazität von fünf Megawatt erreichen“, erklärt Miroslav Šafár. Stefan Wiebach von Kyocera ist allerdings der Überzeugung, dass noch viel Aufklärungsarbeit bei den Hauseigentümern notwendig ist, um die Anzahl der Kleinanlagen zu erhöhen.
Neben den Einspeisetarifen soll auch das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Kohäsionsfonds aufgelegte „Operational Programme Environment 2007 – 2013“ für die Tschechische Republik die Nutzung erneuerbarer Energieressourcen erhöhen und die Senkung des Energieverbrauchs fördern. Bis 2013 stehen dafür rund 673 Millionen Euro zur Verfügung. Das dritte Standbein für erneuerbare Energien ist das tschechische „Governmental Programme for Energy Conservation and the Utilization of RES 2007“. Darin ist unter anderem die Nutzung von erneuerbaren Energien in öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Krankenhäusern geregelt. Im Rahmen des Programms sind Zuschüsse zu den Investitionskosten vorgesehen. Diese betragen für Privatpersonen 50 Prozent der Kosten und 70 bis 90 Prozent für Anlagen, die Stadtverwaltungen in Auftrag geben. Weitere finanzielle Hilfen bieten die Ministerien an. So hat das Industrie- und Handelsministerium das „Operational Programme Enterprise and Innovation“ ins Leben gerufen. Das Programm sieht Zuzahlungen für den Einsatz von erneuerbaren Energien bei der Strom- oder Wärmeerzeugung in kommerziellen Projekten vor. Zusätzlich zu den Einspeisetarifen und Regierungsprogrammen profitieren Investoren seit 1992 auch von einer Steuerregelung: Im Jahr der Inbetriebnahme einer Anlage und in den fünf Folgejahren sind die Gewinne der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen von der Einkommensteuer befreit.
Gute und günstige Facharbeiter
Neben der Funktion als neuer Absatzmarkt ist die Tschechische Republik jedoch auch ein interessanter Produktionsstandort für Zell- und Modulhersteller. Außer günstigen Lohn- und Lohnnebenkosten können die Unternehmen von den Kenntnissen der gut ausgebildeten Facharbeiter profitieren. Zu den einheimischen Unternehmen wie dem bereits 1993 gegründeten Zellhersteller Solartec s.r.o. sind in den letzten beiden Jahren auch ausländische Modulhersteller mit Produktionsstätten in der Tschechischen Republik hinzugekommen, zum Beispiel Schott Solar (siehe Artikel auf Seite 52) und Kyocera – das japanische Unternehmen produziert jährlich Module mit einer Kapazität von 100 Megawatt in seinem Werk in Kadan. Auch die Solarsparte der Schott AG aus Alzenau bei Mainz hat 2007 die Produktion von Modulen in der Tschechischen Republik aufgenommen. Derzeit verfügen rund 20 Solarunternehmen über Standorte zur Modulfertigung in der Tschechischen Republik.
Auch die anderen osteuropäischen Länder stehen vor der Herausforderung, die EU-Klimaziele einhalten zu müssen. Die Tschechische Republik, die sich in ihrer Förderung am deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) orientiert, könnte somit eine politische Signalwirkung in der Region ausüben. Denn zumindest in der Tschechischen Republik scheint seit der Novellierung das Anreizsystem zu greifen, wenngleich es für ein Fazit noch zu früh ist.