Die DGS und die Verbraucherschutzzentrale Nordrhein-Westfalen fordern, dass besondere Ausnahmeregelungen für sogenannte Steckersolaranlagen eingeführt werden. Anlagen mit einer Leistung von etwa 600 Watt sollten unter anderem unter eine Bagatellgrenze fallen. Dies berge technisch keine Risiken.
Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) schlägt eine Bagatellgrenze für Steckersolaranlagen vor. In einem Positionspapier für einen Workshop beim VDE/DKE fordern die Branchenvertreter eine Bagatellgrenze von Plug-and-Play-Solaranlagen. Insgesamt sollten solche sogenannten Balkonmodule mit einer Stromstärke von 2,6 Ampere einspeisen können. Damit könnten Solarmodule mit einer Gesamtleistung von etwa 630 Watt betrieben werden. Die DGS begründet diese Bagatellgrenze damit, dass in der Regel die Elektroinstallationen ohnehin normative Reserven haben, die für den Dauerbetrieb von steckbaren Solaranlagen ausreichen. Sollte dies in Einzelfällen nicht so sein, könnte eine kleinere Sicherung abhelfen.
Kein Brandrisiko erkennbar
Die Experten von der DGS haben es nachgemessen. In den Laboren der HTW in Berlin haben sie die Erwärmung von Leitungen im Überlastfall geprüft, also wenn die Balkonmodule Strom in die Leitungen drücken, ohne dass dem ein Verbrauch gegenüber steht. Zwar kommt es dadurch zu einer zeitlich begrenzten Erhöhung der Leitungstemperatur. Doch diese Erhöhung sei weit von den Grenzwerten der Isolierung und dem Flammpunkt von Baustoffen entfernt, so dass ein Brandrisiko durch die Balkonmodule kaum nachweisbar seien. Allenfalls altere die Kabelisolierung schneller, was wiederum Auswirkungen auf die regelmäßige Sanierung von Elektroinstallationen hat.
Rückspeisung ins Netz ist irrelevant
Außerdem fordert die DGS, dass die Meldepflicht für Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu 800 Watt entfällt. Schließlich behandle der Gesetzgeber Erzeugungsanlagen mit dieser Leistung als nicht signifikant. Der Netzbetreiber merkt gar nicht in seinem Bilanzkreis die minimalen Strommengen, die eine Steckersolaranlage eventuell ins Netz einspeisen würde.
Das größere Problem der Überschusseinspeisung ist aber weniger ein technisches, sondern eher ein finanzielles. Denn wenn tatsächlich der Strom ins Netz eingespeist wird und die Drehscheibe des alten Ferraris-Zählers rückwärts dreht, kommt es zu einem sogenannten Netmetering. Der Betreiber der Steckersolaranlage nutzt quasi das Netz als Speicher, indem er zu einem Zeitpunkt Strom einspeist und zu einem späteren Zeitpunkt die gleiche Strommenge wieder aus dem Netz entnimmt. Das ist laut deutschem Energierecht nicht zulässig. Allerdings überschreitet erst eine Rückspeisung von 125 Kilowattstunden pro Jahr die Messtoleranzen von Zählern. Damit sind erst ab dieser Grenze Strommengen für die Abrechnung relevant, die ins Netz zurückgespeist werden. Zudem werden dieses Problem im Zuge der Zählerdigitalisierung aussterben, betonen die Experten von der DGS.
Kosten für Zählertausch begrenzen
Will ein Netzbeteriber die Saldierung bei der Rückspeisung von Solarstrom ins Netz verhindern, kann er zudem Zähler mit Rücklaufsperre einbauen. Um hier nicht eine neue Hürde aufzustellen, die die Netzbetreiber nutzen können, um Steckersolaranlagen zu verhindern, sollten die Kosten für den Wechsel eines Zählers begrenzt werden. Sie sollten nicht höher ausfallen, als die Stromkosten, die der Betreiber der Steckersolaranlage durch das Netmetering einspart. Damit würde der Umbau des Zählers den Netzbetreiber mehr kosten als er durch den Verkauf der Strommenge verdienen würde, die der Betreiber der Balkonmodule weniger bezieht, weil er Überschussstrom einspeist.
Anmeldung sollte freiwillig sein
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geht hier noch weiter. Sie fordert neben der Bagatellgrenze, die in der gleichen Größenordnung liegt, wie sie auch die DGS einmahnt, dass sie Balkonmodule auch komplett ohne Zählerwechsel betrieben werden dürfen. Zudem sollten die Anlagen komplett vom Einspeisemanagementregelungen sowie von den Meldepflichten aus dem EEG ausgenommen werden. Eine Anmeldung der Anlage beim Netz- und Messstellenbetreiber sollte formlos und auf freiwilliger Basis erfolgen können. Als zentralen Punkt sieht die Verbraucherzentrale vor allem die Sicherheit der Betreiber an. Sie fordert, dass eine zu schaffende technische Norm sicherstellen muss, dass der Stecker stromlos ist, wenn die Module von der Sonne beschienen werden, der Stecker aber nicht eingesteckt ist. Außerdem sollte auch der Versicherungsschutz nicht beeinträchtigt sein, wenn eine Steckersolaranlage betrieben wird. „Anders als bei elektrischen Installationen birgt das Einstecken eines Steckers in eine Steckdose kein Fehlerrisiko“, begründen die Verbraucherschützer diese Forderung in ihrem Positionspapier zum Thema Plug-and-Play-Solaranlagen. (Sven Ullrich)