Die Ökostromanbieter Greenpeace Energy und Naturstrom fordern von der Bundesregierung, Ökostromprojekte mit Bürgerbeteiligung von den Ausschreibungen auszunehmen. Sie machen konkrete Vorschläge, wie die Bundesregierung dies umsetzen kann.
Nachdem die Bundesregierung die Eckpunkte für weitere Ausschreibungen von Ökostromanlagen vorgelegt hat, kritisieren die Ökostromanbieter, dass Berlin nichts aus dem Piloten gelernt hat. Denn in der Tat ist bei den ersten beiden Ausschreibungen für Solarparks genau das eingetreten, wovor die Kritiker der Ausschreibungen gewarnt haben: Die Bürgerbeteiligung wird komplett ausgebremst, während durch die Ausschreibungen keinerlei Preisvorteil erzielt wurde.
Ausschreibungen beschädigen Akteursvielfalt
Deshalb fordern die Ökostromanbieter Greenpeace Energy und Naturstrom, dass Bürgerenergieprojekte von den Ausschreibungen ausgenommen werden sollen. „Der Zwang zu Ausschreibungen kann die für den Erfolg der Energiewende unerlässliche Vielfalt an Akteuren nachhaltig beschädigen. Das Ausschreibungsdesign der Bundesregierung benachteiligt vor allem kleinere und lokale Bürgerenergieprojekte, weil diese ihre Kosten und Risiken, anders als große Anbieter, nicht auf viele Projekte verteilen können“, kritisiert Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy. „Mit der geplanten Umstellung auf Ausschreibungen drängt das Bundeswirtschaftsministerium trotz aller Warnungen die bisherigen Treiber der Energiewende ins Abseits“, ergänzt Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender von Naturstrom. „Bürgerenergiegesellschaften, kleinere Stadt- und Gemeindewerken sowie unabhängige Stromversorger werden bei solchen Ausschreibungen kaum Zuschläge erhalten und sich in der Folge auch nicht mehr beteiligen“, warnt er. „Der Energiewende wird damit ein Bärendienst erwiesen.“
Die Systemkosten sind entscheidend
Selbst wenn die Kosten für die Stromproduktion durch Ausschreibungen sinken sollten, wäre dies noch längst keine Garantie, dass die Energiewende billiger werde, warnt Naturstrom. Denn entscheidend sind nicht die reinen Stromkosten, sondern die Systemkosten. „Die Kosten für den Stromtransport, den Ausgleich von Erzeugungs- und Verbrauchsschwankungen müssen ebenso berücksichtigt werden wie die gesellschaftlichen Kosten durch eine unnötige Belastungen der Natur und die fehlende Akzeptanz bei den Bürgern“, rechnet Thomas E. Banning vor. „Die Akteursvielfalt bei der Energiewende zu erhalten, ist kein Welpenschutz als Selbstzweck. Es geht vielmehr darum, die Energiewende zu möglichst geringen Systemkosten, bei gleichbleibend hoher Versorgungssicherheit und mit breiter Akzeptanz zu gestalten.“
Parallele Förderung von kleinen und großen Anlagen
Aus diesem Grund verlangen die beiden Ökostromanbieter auch, dass die Förderung über Ausschreibungen und über die EEG-Vergütung nebeneinander her existieren sollte. Greenpeace Energy schlägt dazu vor, einen Betrag für die Förderung neuer Erzeugungsanlagen den kleineren Projekten zuzuteilen, ohne dass die Akteure mitbieten müssen. Greenpeace Energy greift damit einen Vorschlag des Instituts für Zukunftsenergieforschung (IZES) auf. Dabei sollen die Bürgerenergieakteure genauso wie kleinste, kleine und mittlere Unternehmen die durchschnittlichen Förderbeträge aus den letzten sechs Auktionen erhalten. Alternativ können sie den Grenzpreis der aktuellen Auktion wählen. „Diese Regelung gibt den Betroffenen weitgehende Sicherheit darüber, wie viel Förderung sie für ihr Anlagenprojekt bekommen“, beschreibt Marcel Keiffenheim den Vorteil einer solchen Regelung.
Projekte zur lokalen Versorgung ausnehmen
Einen ähnlichen Ansatz schlägt Naturstrom vor. Allerdings sollte sich die Trennung zwischen Projekten, die an Ausschreibungen teilnehmen müssen und solchen, die ihre Förderung aus dem EEG-Topf bekommen, nicht an der Größe der Anlage festmachen. „Wir plädieren für ein Nebeneinander von Ausschreibungsverfahren für Großprojekte, die auf anonyme Märkte abzielen, und einem anderen Vergütungssystem für kleinere Projekte mit systemischem Ansatz und konkretem Versorgungszweck im regionalen oder lokalen Kontext“, erklärt Thomas E. Banning den Ansatz. „Da solch ein Nebeneinander der Fördersysteme vom Bundeswirtschaftsministerium offenbar derzeit nicht gewünscht ist, muss die Bundesregierung zumindest Ausnahmeregelungen für kleinere Projekte erlassen. Projekte mit bis zu zehn Megawatt Leistung, die für den örtlichen und regionalen Strommarkt produzieren können, müssen weiterhin eine fest kalkulierbare Vergütung erhalten und dürfen nicht unter das Ausbaulimit fallen.“
Keine Ausschreibungen für Dachanlagen
Als positiven Ansatz beim neuen Auktionsdesign hebt Greenpeace Energy hervor, dass die Bundesregierung auf die Ausschreibung von Dachanlagen mit einer Leistung von bis zu einem Megawatt verzichtet. Zudem sieht der aktuelle Entwurf der Bundesregierung vor, jedem Projekt mit Förderzuschlag den jeweils gebotenen Preis zu zahlen. Dieses so genannte Pay-as-bid-Verfahren bewertet Greenpeace Energy positiver als die Alternative, allen im Bieterverfahren erfolgreichen Projekten die Förderhöhe des teuersten Projektes der Ausschreibungsrunde zu zahlen. „Dies wäre geradezu eine Einladung an große Marktplayer gewesen, ihre Förderwerte durch strategisches Bieten nach oben zu beeinflussen“, erklärt Keiffenheim.
Auktionen grundsätzlich ungeeignet
Allerdings ändert dies nichts an der Tatsache, dass Greenpeace Energy Ausschreibungen grundsätzlich ablehnt.. Der Ökostromanbieter hält das für ein ungeeignetes Instrument, um für neue Ökostromanlagen eine angemessene Förderung zu ermitteln, die Ausbauziele für erneuerbare Energien zu erreichen und die Kosten der Energiewende zu senken. Nun sei die Bundesregierung in der Pflicht, die Regeln für das geplante Ausschreibungsdesign noch einmal im Sinne einer breiten Akteursvielfalt zu überarbeiten. „Die Bundesregierung hat die Gefahren für die Bürgerenergie offenbar erkannt und erste Stellschrauben im Sinne der Bürgerenergie nachjustiert. Diesen Weg gelte es jetzt fortzusetzen“, sagt Keiffenheim. (Sven Ullrich)