Bei einem Gang durch die Hallen der Intersolar Europe in München sehen die Produkte vieler Solarfirmen auf den ersten Blick ziemlich gleich aus. Doch welche Firmen verstecken sich dahinter? Wofür stehen sie, und was zeichnet sie aus?
„Wir präsentieren auf der diesjährigen Intersolar zwei Innovationen“, sagt der Geschäftsführer der Firma Recom aus Griechenland, Aram Spartalian. Dazu zählt er zum einen zwei Standortwechsel: „Wegen der Strafzölle verlegen wir unsere Produktion von China nach Malaysia, wegen der unfairen Behandlung durch die Banken unseren Hauptsitz von Griechenland in die Schweiz.“ Die zweite Innovation ist nach Angaben des Geschäftsführers ein brandneuer, modulintegrierter Wechselrichter.
Informationsmaterial zur Firma oder zum neuen Produkt gibt es an Recoms Messestand nicht. Was das Unternehmen und seinen neuen Wechselrichter auszeichnet, wird auf der Intersolar Europe weder durch Plakate, Banner, Produktinformationen oder Pressematerial noch von den maskierten Damen in den Käfigen über dem Messestand kommuniziert.
Aussagekräftige Botschaften fehlen
Dabei ist Recom keine Ausnahme. Aussagekräftige Botschaften, die die spezifischen Stärken der Solarfirmen und ihrer Produkte und Dienstleistungen transportieren, sucht man an vielen Messeständen auf der Intersolar Europe vergeblich. Ähnlich sieht es auf anderen Messen der Branche sowie in vielen Anzeigentexten und auf Firmen-Webseiten aus.
Nach unseren Erfahrungen aus neun Jahren Pressearbeit für die Erneuerbare-Energien-Branche erfolgt die Kommunikation von Solarfirmen oft willkürlich und ohne Strategie. Wenn der Markt kleiner wird, ist es aber umso wichtiger, zielgerichtet zu kommunizieren, seine Stärken auf den Punkt zu bringen, den Informationsbedarf seiner Kunden zu befriedigen und sich kommunikativ vom Wettbewerb abzugrenzen.
Nur 37 Prozent haben eine Strategie
Mit einer im April dieses Jahres gestarteten Studie wollen wir unsere Erfahrungen wissenschaftlich belegen und die Erneuerbare-Energien-Branche für die strategische Kommunikation sensibilisieren. Den ersten Teil unserer repräsentativen Studie, in der wir Biomasse-, Solar- und Windfirmen nach ihrer Kommunikationsarbeit befragt haben, schlossen wir im Juli ab. Die Ergebnisse: Nur 37 Prozent der befragten Unternehmen haben überhaupt eine Kommunikationsstrategie. Gerade Unternehmen, die keine Presse- und Öffentlichkeitsarbeit machen, gaben auffällig oft an, unzufrieden mit der Außenwahrnehmung ihres Unternehmens zu sein. Als Hauptgründe für die verfehlte Kommunikationsleistung wurden fehlende Budgets, mangelnde Unterstützung im Unternehmen und Konzeptlosigkeit genannt. Was uns am meisten überraschte: Selbst Firmen, die jedes Jahr Millionenumsätze erzielten und Hunderttausende Euros in Messeauftritte steckten, gaben für die Pressearbeit im gesamten Jahr weniger als 10.000 Euro aus.
Dabei lassen sich Messeauftritte doch hervorragend mit PR kombinieren. So kann man zum Beispiel Informationen über den eigenen Messeauftritt und seine neuen Produkte als Pressetext in Vorschauberichten von Fachzeitschriften, in Messezeitungen, Onlineportalen und auf der eigenen Website platzieren, den Journalisten Interviews und Statements anbieten, die Kommunikationsmöglichkeiten der Messeveranstalter nutzen oder Journalisten und Kunden zu Neuheitenpräsentationen an den eigenen Messestand einladen.
Insgesamt beträgt der Anteil der Firmen, die im Jahr 10.000 Euro oder mehr in die Pressearbeit investierten, lediglich 45,5 Prozent, wie unsere Umfrage ergab. Neben der Organisation und der Selbsteinschätzung des Kommunikationserfolgs haben wir Biomasse-, Solar- und Windfirmen nach den Kernbotschaften ihrer Kommunikationsarbeit gefragt. Während einige Firmen ihre Stärken auf den Punkt brachten – zum Beispiel „Die Solarexperten – seit 30 Jahren“, „Premiumhersteller für Wärmepumpen“ oder „Wir sorgen mit Spitzentechnologie und Partner-Know-how für Wohlbefinden beim Endkunden“ – gaben andere Allgemeinplätze wie „Die Werte des Unternehmens“, „Erneuerbare Energien sind leistbar“ und „Qualitätssicherung ist unabdinglich“ an.
Bei der Befragung nach den spezifischen Stärken erhielten wir Aussagen wie „Spontaneität“ und „jährlich wechselndes Werbemotto“, aber auch Antworten wie „langjährige Erfahrung“, „hochwertige Qualität“ und „Spezialisierung“. Im zweiten Teil unserer Studie überprüfen wir mit Unterstützung von Fachjournalisten als Mittlern, ob die Botschaften der Unternehmen bei den Zielgruppen ankommen (siehe Kasten Kommunikationsstudie).
Imagearbeit für erneuerbare Energien
Nicht nur für die eigenen Produkte und Dienstleistungen, sondern auch für das Branchenimage insgesamt könnte die Solarbranche eine Kommunikationsstrategie gebrauchen. Während die Gegner der Branche seit vielen Jahren groß angelegte Image-Kampagnen durchführen und Begriffe wie die Strompreisbremse in sämtliche Medien bringen, streiten sich Solarfirmen um Strafzölle, demonstrieren für den Erhalt von Arbeitsplätzen und führen zahllose Einzelaktionen durch, ohne sich dabei an einer übergeordneten Kommunikationsstrategie und gemeinsamen Botschaften zu orientieren.
Durch die Kleinteiligkeit der zumeist mittelständischen Unternehmen und die Vielzahl von Verbänden und Initiativen wird die gemeinsame Kommunikation für das Image der Branche erschwert. Es wäre sicherlich sinnvoll, übergeordnete Kommunikationsziele für die gesamte Erneuerbare-Energien-Branche zu definieren und sich auf gemeinsame Botschaften zu einigen. Dazu müssten zunächst die Vorbehalte gegenüber erneuerbaren Energien untersucht und ausgewertet und Gegner und Mitstreiter identifiziert werden. Man müsste Kooperationen schließen und die Art der möglichen Unterstützung definieren und schließlich eine gemeinsame Kommunikationsstrategie entwickeln.
Einen ersten Ansatz gab es zum Beispiel im Rahmen des Photovoltaik-Symposiums im März dieses Jahres in Bad Staffelstein. Hier fanden sich spontan 100 Vertreter der Erneuerbare-Energien-Branche aus Deutschland, der Schweiz, Belgien und den Niederlanden mit dem Ziel, eine gemeinsame Kommunikationsstrategie zu entwickeln und sich für Transparenz bei den Stromkosten, stabile Netze durch die Kombination aller erneuerbaren Energien, stabile Rahmenbedingungen und die Energiedemokratie einzusetzen.
Andere Kampagnen engagieren sich für die schnelle Vollversorgung mit erneuerbaren Energien, den Klimaschutz und die Investitionssicherheit. Während die Bürgerenergiewende und die Klima-Allianz zum Beispiel mit öffentlichkeitswirksamen Bürgeraktionen und Unterschriftensammlungen Druck auf die Politik ausüben wollen, setzen die Kampagnen Erneuerbare Energiewende Jetzt! und Neue Energiewirtschaft (NEW) auf politische Diskussionen und das Vernetzen von Projekten aller erneuerbaren Energieformen. Wenn sich diese und weitere Kampagnen und ihre Initiatoren noch besser vernetzen würden, würde das dem Image der Branche sicherlich helfen.
Zielgruppengerecht kommuniziert
Positive Beispiele für die Kommunikation von Solarfirmen
„Ein kleiner Schritt für Sie, aber ein großer Schritt in Ihre Energieautonomie“ – erklärt das rund vier Meter hohe Plakat mit dem Astronauten, der vor einer Solarstromanlage einen Akku in der Hand hält. Die Firma Rusol aus Ispringen hat bei der diesjährigen Intersolar Europe vor allem auf die Themen Speichersysteme und Eigenverbrauch gesetzt, was man auf sämtlichen Plakaten am Messestand erkennt.
Das Unternehmen liegt damit voll im Trend: Seit Mai fördert die Kreditanstalt für Wiederaufbau Speichersysteme in Kombination mit Photovoltaikanlagen bis 30 Kilowatt Leistung, eine stetig wachsende Zahl von Solaranlagenbetreibern interessiert sich für das Thema, und die Intersolar Europe hat sich in diesem Jahr zur weltweit größten Plattform für die Kombination von Photovoltaik und Energiespeichern entwickelt. Rusol bietet das passende Produkt und kommuniziert es aufmerksamkeitsstark.
Ähnlich sieht es bei der Energiebau Solarstromsysteme GmbH aus. Schon von Weitem erkennt man, dass es sich hier um einen Großhändler mit 30 Jahren Erfahrung handelt und welche Produkte das Kölner Unternehmen im Angebot hat. Neben einem Infotisch zu den Energiespeichern des Unternehmens findet man am Messestand weitere Infobereiche mit Ansprechpartnern zu sämtlichen Komponenten und Dienstleistungen des Unternehmens – übersichtlich und zielgruppengerecht.
Auf einen Blick
In acht Schritten zum eigenen PR-Konzept
Kommunikationsstudie
Ziel erreicht?
Auf einen Blick
Die Autorin
Foto: Krampitz Communications
Iris Krampitz
Die Diplom-Chemikerin Iris Krampitz leistet mit ihrer PR-Agentur seit 2004 Pressearbeit für erneuerbare Energien und Technologiethemen – deutschland-, europa- und weltweit. Neben dem langjährigen Branchenverständnis, dem umfassenden Technologie-Know-how und der internationalen Ausrichtung können sich die Kunden der Agentur Krampitz Communications auf beste persönliche Kontakte zu renommierten Journalisten verlassen. Zu den Schwerpunkten der Agenturarbeit zählen neben der Strategieentwicklung und der Durchführung von Kommunikationsworkshops die Medienarbeit (klassisch und online), die kontinuierliche Beratung und die Organisation, Moderation und Betreuung von Veranstaltungen.