Nach den Ergebnissen der Bundestagswahl Ende September ist zunächst klar: Die Sozialdemokraten ziehen sich schmollend in die Opposition zurück. Damit sucht das Bundeswirtschaftsministerium einen neuen Hausherrn – oder eine Hausfrau.
Das ist die gute Nachricht. Denn die unerträgliche Führung durch die Sozialdemokraten hat die Energiewende in unserem Land auf eine Weise sabotiert, dass sogar die großen Energieversorger mit dem Kopf schütteln mussten. Erst Sigmar Gabriel, dann Brigitte Zypries: Überkommene Konzepte aus dem 19. Jahrhundert prägten die Energiepolitik. Sie hinterlassen einen Scherbenhaufen, den der Wähler erwartungsgemäß abgestraft hat.
Wird das Mammut filetiert?
Jetzt stehen alle Weichen auf ein Bündnis von Unionsparteien, Liberalen und Grünen, auf die sogenannte Jamaika-Koalition. Möglicherweise wird das Mammutministerium, erst zu Beginn der großen Koalition aus Wirtschaftsressort und Energie (vorher: Bundesumweltministerium) entstanden, wieder filetiert. Das Wirtschaftsministerium geht an die FDP, die Grünen bekommen Umwelt und Energie. Oder die Wirtschaft geht an die CDU, da warten genügend junge Kader auf ein prestigeträchtiges Ressort. Und die FDP gibt sich wegen ihrer dünnen Personaldecke mit dem Außenministerium zufrieden. Christian Lindner konnte faktisch im Alleingang die Wahl entscheiden, aber er wird nicht alle künftigen Regierungsressorts der FDP in Personalunion ausüben können.
Zu den Grünen: Wie die Sozialdemokraten haben auch sie in der vergangenen Legislaturperiode versagt. Die wichtigsten Entwürfe zum EEG und anderen Gesetzen, den Energiemarkt betreffend, wurden federführend von einem grünen Staatssekretär auf den Tisch gelegt. Der Mann ist Parteifunktionär, durch und durch. Der Bürger als Träger und wichtigster Akteur der Energiewende kommt bei Rainer Baake ebenso wenig vor wie bei den Sozis. Es ist gut möglich, dass er weiterhin am Ruder bleibt, ist er doch beamteter Staatssekretär und im Ministerium für Energie zuständig. Und ein Experte, das muss man ihm zugestehen – immerhin.
Papa Staat oder Sonnenbürger?
Baake ist ein Apparatschik, der sich damit rühmt, als erster Grüner ein hauptamtliches Wahlamt angetreten zu haben: 1985 als Kreisbeigeordneter und Stellvertreter des Landrates im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Als Staatssekretär hat er die Befreiung der besonders energiefressenden Unternehmen von der EEG-Umlage mitgetragen. Dagegen hat kürzlich sogar der Bundesrechnungshof protestiert. Die Grünen haben auch die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch von Solarstrom mitgetragen. Nicht einmal aus dem grün regierten Ländle kam Protest. Allerdings machen sich die Grünen gegen die Kohlekraftwerke stark. Doch ein gut zementiertes Feindbild ersetzt keine zukunftsfähige Strategie für den Ausbau der erneuerbaren Energien in unserem Land.
Mit den bisherigen politischen Gruppen ist eine Energiewende des Bürgers kaum vorstellbar. Für sie ist Vater Staat die zuständige Macht. Dieses patriarchale Staatsverständnis haben die Unionsparteien, die Sozis und auch die Grünen nie verloren. Unter ihrer Ägide schwoll das EEG auf mehrere Hundert Seiten an. Auch das neue Mieterstromgesetz ist eher ein Verhinderungspapier.
Liberale Werte für die Energiewende
Die Aufgabe der neuen Regierung muss es sein, die gesetzlichen Vorgaben zu vereinfachen. Was wir brauchen, sind politischer Mut und Weitsicht. Es geht nicht darum, den Staat und die Bürokratie in der Energieversorgung noch mehr aufzublähen. Sondern es geht darum, die Investitionsbereitschaft der Bürger anzukurbeln. Dafür brauchen wir weniger Staat, viel weniger. Dafür gibt es in der Geschichte der Bundesrepublik ein historisches Vorbild: das Wirtschaftswunder, das der CDU-Politiker Ludwig Erhard gestaltete, um Westdeutschland nach dem Krieg wieder aufzurichten.
KWK, Photovoltaik und Energieeffizienz lassen sich auf sehr einfache Weise unter einen Hut bringen und vereinheitlichen. Um die Bürger zu ermutigen, in die Energiewende zu investieren, reichen zwei Seiten Gesetzestext völlig aus.
Ist der Wirtschaftsflügel lernfähig?
Vielleicht ist es ja die Aufgabe der FDP, diesen urliberalen Gedanken auch in die Energiewende einzubringen. Wir wollen keine Vorschusslorbeeren ausreichen, zu gut sind die desaströsen Auftritte eines Philipp Rösler (FDP) noch in Erinnerung. Doch ein wirklich liberaler Ansatz in der Energiewende, der auch die Subventionen für die Atomkraftwerke, für die Kohlemeiler und die Stromnetze streicht, dürfte frischen Wind in die Sache bringen.
Den Unionsparteien – speziell: ihrem Wirtschaftsflügel – wird die Aufgabe zufallen, sich modernen Versorgungskonzepten für Gewerbe und Industrie zu öffnen. Denn die Eigenstromversorgung ist mittlerweile ein Wettbewerbsvorteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland geworden.
Unternehmen, die einen großen Teil ihres Strombedarfs mit preiswertem Sonnenstrom, mit BHKW und Stromspeichern effizient decken, verbessern ihre Kostenstruktur – und können im internationalen Wettbewerb deutlich besser mithalten.
Das sind unsere Vorschläge
Geben wir der neuen Regierung ein paar Ideen auf den Weg:
- Abschaffung der EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch,
- Belohnung von dezentral erzeugtem und vor Ort verbrauchtem Strom durch Reduktion der Netzentgelte,
- Steuerliche Begünstigungen von Investitionen in den Eigenverbrauch, auch in Stromspeicher,
- KfW-Programm zur Verbesserung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Kommunen, die ihren Gebäudebestand mit erneuerbaren Energien sanieren wollen,
- Pflicht für Vermieter, ihre Immobilien für die Nutzung von Photovoltaik freizugeben,
- Einführung von bidirektionalem Laden für E-Fahrzeuge,
- Einstellung der Subventionen für Atomkraftwerke, Kohlekraftwerke und Windparks auf See,
- Stromspeicher fördern statt neue Stromtrassen bauen!
Wir halten Sie auf dem Laufenden, versprochen.
Baden-Württemberg
Branchentreffen in Stuttgart
Die Umstellung der weltweiten Energieversorgung auf Sonne, Wind und andere erneuerbare Energien sowie der dafür dringend notwendige Umbau des Stromsystems sind zwei zentrale Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Für den dafür notwendigen Ausbau der Stromerzeugung aus regenerativen Energien spielt die Solarenergie eine tragende Rolle.
Auf dem Solarbranchentag des Landes Baden-Württemberg am 20. November 2017 in Stuttgart werfen die Referenten einen kritischen Blick auf die Pläne der neuen Bundesregierung für die nächste Legislaturperiode. Sie fragen: Wie soll es mit der Solarenergie weitergehen? photovoltaik-Chefredakteur Heiko Schwarzburger wird einen Impulsvortrag zum Thema „Vater Staat und seine Sonnenbürger“ halten.
Denn umgesetzt wird die Energiewende lokal, in den Städten und Gemeinden, in den Unternehmen und durch private Investoren. Folgerichtig konzentriert sich der Solarbranchentag, den das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg und das Solar Cluster in diesem Jahr gemeinsam ausrichten, auf die konkrete Gestaltung der Energiewende vor Ort.
Hierzu gehören Fragen der Planung und Genehmigung von Photovoltaikanlagen genauso wie solche der Akzeptanz und Information der Bevölkerung. Zahlreiche Vorhaben – vom solaren Mieterstrom bis zur Freiflächenanlage – wurden in Baden-Württemberg bereits umgesetzt. Deshalb widmet sich die Veranstaltung auch dem Austausch von Erfahrungen.