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Ausweg aus der Krise

Es wurde wieder einmal ein langer Abend für Andreas Habermehl. Als der Chef der Licher Installationsfirma Lokale Energiesysteme (LoEnSys) seinen Vortrag bei der Schwesterfirma Pulte Elektrotechnik längst beendet hatte, drängte sich noch immer ein gutes Dutzend Wissbegieriger um das Rednerpult. Mit dem Thema „Unabhängigkeit durch Photovoltaik und Speichertechnik“ traf er offensichtlich genau den Nerv seiner Zuhörer: „Man spürt deutlich die Angst der Leute vor steigenden Strompreisen und ihre Entschlossenheit, sich von den Energieversorgern abzukoppeln“, resümiert Habermehl.

Dass der Photovoltaikbeauftragte des Installateurverbands ZVEH derzeit häufiger auf Informationsveranstaltungen über den solaren Eigenverbrauch referiert, ist allerdings nicht ganz uneigennützig. Denn jeder überzeugte Zuhörer ist ein potenzieller Neukunde für LoEnSys. Und neue Aufträge kann die Firma gut gebrauchen: Zwar baut sie für Gemeinde Fernwald bei Gießen momentan den Solarpark Fernwald mit rund 4,5 Megawatt Leistung – eine große Sache für einen Betrieb mit insgesamt zwölf Mitarbeitern und nur sechs Monteuren. Doch bei den privaten Dachanlagen, dem eigentlichen Brot-und-Butter-Geschäft der Hessen, stagniert die Nachfrage. Der Eigenverbrauch könnte in diesem Segment für neuen Schwung sorgen.

Rückhalt in einer Firmengruppe

Als LoEnSys im September 2011 als neues Unternehmen der in Lich ansässigen Lück Gruppe an den Start ging, war die Lage noch entspannter: Der Zubau boomte, und so erschien es den Verantwortlichen bei Lück als eine gute Gelegenheit, das florierende Photovoltaikgeschäft mit einer eigenständigen Geschäftseinheit abzudecken. LoEnSys legte gut los: Von September bis Dezember 2011 installierte die Firma in ihrem Einzugsgebiet zwischen Siegen und Gießen Solaranlagen mit 500 Kilowatt Leistung.

Doch dann knöpfte sich die Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vor und sorgte mit ihren Kürzungsplänen für massive Verunsicherung. Bereits für Anfang 2012 hatte Berlin drastische Einschnitte bei der Solarförderung angekündigt, konkrete Tarife kamen dann aber erst im Sommer – fast ein halbes Jahr lang hing die Solarbranche in der Luft. „Erst als Mitte 2012 endlich politische Klarheit herrschte, kamen wir im dritten Quartal wieder besser auf die Dächer“, erinnert sich Habermehl.

Schlanker geht es nicht

Doch kaum hat sich der Markt etwas beruhigt, droht das nächste Problem: Während die gesetzlich garantierte Solarvergütung aktuell um 2,2 Prozent pro Monat sinkt, fallen die Modulpreise kaum noch. „Sie liegen bereits unter den aktuellen Fertigungskosten. Selbst chinesische Hersteller stoßen allmählich an ihre Grenzen“, erklärt der Analyst Stefan de Haan vom Marktforschungsunternehmen IHS Solar. Damit wächst der Druck auf die Installationsbetriebe. Wollen sie ihren Kunden trotz stagnierender Modulpreise weiterhin attraktive Solarrenditen ermöglichen, müssen sie die Vergütungsdegression über Rabatte abfedern.

Das Problem ist nur, dass LoEnSys nicht mehr viel Spielraum für Preisnachlässe hat. „Wir sind schon sehr schmal aufgestellt und verzichten auf einen großen Teil unserer Marge“, beschreibt Habermehl die Situation. 2012 erzielten die Hessen nach seinen Angaben einen Umsatz von 3,5 Millionen Euro und eine Marge von unter fünf Prozent – von hoher Ertragskraft kann damit keine Rede sein. Um Kosten zu sparen, hat LoEnSys bereits teure und anfällige Technik aus seinem Portfolio verbannt.

Module europäischer Hersteller zum Beispiel bietet das Unternehmen kaum noch an, dafür bestückt es inzwischen 80 Prozent seiner Projekte mit Paneelen des chinesischen Herstellers Yingli Green Energy. „Die Module haben ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis. Sie sind günstiger als europäische, aber von ebenso guter Qualität“, schwärmt Habermehl. So ließen sich mit Yingli-Modulen an durchschnittlichen Standorten mit 900 Kilowattstunden Stromertrag pro Jahr aktuell noch sieben bis acht Prozent Rendite erwirtschaften. Mit deutschen Modulen seien nicht einmal mehr sechs Prozent möglich. Bei den Wechselrichtern hingegen schwört der gelernte Elektroingenieur ganz auf deutsche Technik: „Wir verbauen nur noch Geräte von SMA, weil sich die Inverter als die besten auf dem Markt erwiesen haben.“

Gut im Markt behauptet

Dank der Anpassungen hat sich LoEnSys bisher relativ gut auf dem Markt behauptet. Nach 500 Kilowatt Neuinstallationen im Jahr 2011 steigerte die Firma ihren Absatz 2012 auf 1,5 Megawatt. Und auch das Fernwalder Großprojekt spült den Hessen Geld in die Kassen: Für die Montage rechnet Habermehl mit Einnahmen in Höhe von 150.000 Euro. Doch der Firmenchef stellt sich auf einen härteren Wettbewerb ein. „Solaranlagen verlieren als Renditemodell an Bedeutung. Es wird kaum möglich sein, nur noch über das EEG Geld zu verdienen.“ Marktanalysten teilen diese Einschätzung: Sie rechnen aufgrund der Vergütungsdegression für 2013 mit sinkenden Installationszahlen in Deutschland. Die Prognosen reichen von drei bis sechs Gigawatt Zubau, nach 7,4 Gigawatt 2012.

LoEnSys will sich deshalb breiter aufstellen. Zum einen bietet die Firma neuerdings auch regenerative Wärmeerzeuger wie Wärmepumpen und solarthermische Anlagen an. Als Teil der Lück Gruppe kann sie hier gut auf die Expertise und die Vertriebskanäle der Lück Gebäudetechnik zurückgreifen. Zum anderen hat sie ihr Portfolio um Speicher- und Steuerungstechnologien für den solaren Eigenverbrauch erweitert. „Wir sehen in diesem neuen Marktfeld großes Potenzial“, sagt Habermehl. „In der Tat bieten Speicherlösungen der Solarbranche neue Absatzchancen. Solarstrom lässt sich hierzulande bereits für zwölf Cent pro Kilowattstunde erzeugen.“ Haushaltsstrom aus der Steckdose hingegen kostet nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im Durchschnitt 25 Cent. Was liegt also näher, als sich aus einer eigenen Photovoltaikanlage selbst zu versorgen?

Die Hessen haben daher diverse Speichersysteme in ihr Programm aufgenommen, darunter den VS 5 Hybrid von Bosch Power Tec, Engion-Speichersysteme von Varta sowie Eigenverbrauchslösungen von Solon, Nedap und SMA. Kombiniert mit einem intelligenten Energiemanagement speichern diese Technologien den erzeugten Solarstrom tagsüber, um ihn abends und am Morgen wieder zur Verfügung zu stellen.

 

: „Wir sehen in diesem neuen Marktfeld großes Potenzial. In der Tat bieten Speicherlösungen der Solarbranche neue Absatzchancen. Solarstrom lässt sich hierzulande bereits für zwölf Cent pro Kilowattstunde erzeugen.“

Andreas Habermehl

 

Noch sind die Geräte allerdings Ladenhüter. Obwohl das Interesse an den Systemen riesig sei, habe LoEnSys bisher keines verkauft, so Habermehl. Das Problem: Die Technik ist noch recht teuer. Das Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe an der RWTH Aachen hat für derzeit gängige Systeme Speicherkosten in Höhe von rund 20 Cent pro Kilowattstunde ermittelt. Addiert man hierzu noch die Kosten des selbst produzierten Stroms von zwölf Cent, ergeben sich Gesamtkosten von 32 Cent. Damit liegt man über dem gegenwärtigen Haushaltsstrompreis von 25 Cent – die Systeme rechnen sich damit nicht.

Auch Speicher werden rentabel

Doch das wird sich vermutlich bald ändern. Einerseits fallen durch Innovationen und Rationalisierungsfortschritte in der Produktion die Kosten der Batterien, andererseits fördert die Bundesregierung neuerdings die Technik. Ab Mai sollen Käufer neuer Solaranlagen mit Speicher ein zinsgünstiges Darlehen der Staatsbank KfW und einen Zuschuss in Höhe von 30 Prozent der Kosten für den Batteriespeicher erhalten. Somit dürften die Systeme für viele Hausbesitzer interessant werden. Habermehls Vortragsabende könnten sich für LoEnSys bald bezahlt machen.

 

http://www.loensys.de

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