Die Einspeisevergütung wurde trotzdem nur um 0,25 Prozent abgesenkt, und zwar jeweils zu Beginn der Monate Juli, August und September. Denn: ,,Die Zubauzahlen der vergangenen zwölf Monate liegen mit etwa 1.581 Megawatt deutlich unterhalb des gesetzlich festgelegten Zubaukorridors von 2.400 bis 2.600 Megawatt“, wie Homann vorrechnete. „Dieser Wert ist nur noch knapp über der Schwelle, bei der die Vergütung nicht mehr abgesenkt würde.“
Die Botschaft ist eindeutig: Der Patient liegt im Koma, aber sein Herz sendet noch Töne. Dennoch warten die Ärzte ab, bis er gar kein Lebenszeichen mehr von sich gibt. Erst dann wollen sie die Elektroden anlegen oder Aufputschmittel spritzen. In der Notfallmedizin nennt man das „unterlassene Hilfeleistung“, sie ist ein strafrechtlicher Tatbestand. Wer als Arzt so handelt, verliert seine Approbation. Herr Homann behält seinen Job, todsicher. Der Markt rührt sich nicht, die Beamten auch nicht. Still schauen sie zu, diagnostizieren brav das Siechtum.
Denn in der Energiewende gilt gesunder Menschenverstand nicht. Seit drei Quartalen steckt die Bundesnetzagentur in diesem Dilemma fest. Allerdings ist Herr Homann nur der Bote, denn das Verfahren wurde ihm mit dem neuen EEG von der Politik diktiert. Besser gesagt, von den Beamten im Bundeswirtschaftsministerium. So schleppt sich der Zubau seit fast einem Jahr hin, aber die Hüter des Strommarktes reagieren nicht. Wollen nicht reagieren, widmen sich lieber der geriatrischen Pflege überkommener Geschäftsmodelle aus der Verstromung von Braunkohle. Reden lieber über Stromtrassen, die kein Mensch mehr braucht.
Deshalb ist Jochen Homann samt seiner Mitarbeiter hilflos, tatenlos, konzeptlos, im Grunde genommen nutzlos. Dahinter steckt politische Absicht: Niemand kann und will die Einspeisevergütung nutzen, um neuen Schwung in die Energiewende zu bringen. Ich wage sogar die Behauptung, dass nicht einmal eine Erhöhung der Einspeisevergütung den Zubau deutlich beleben würde. Diese Zeiten sind vorbei. Ins Netz eingespeister Strom ist in der Photovoltaik nur noch für Solarkraftwerke auf der Freifläche relevant.
Ansonsten bestimmt der Eigenverbrauch den Markt, sprich: ökonomische Geschäftsmodelle, um mit Hilfe der Photovoltaik, Elektromobilität und Stromspeichern die Kosten für den Kauf von Netzstrom zu senken. Immer mehr Privatleute erkennen diese Chance, und vor allem immer mehr Unternehmen. Die Einspeisevergütung ist nur für die Überschüsse des Sonnenstroms interessant, die vielleicht am Wochenende oder zur Mittagszeit ins Netz abgeführt werden. Sie ist ein Zubrot, längst nicht mehr Basis des Geschäfts.
Wer den Solarmarkt in Schwung bringen will, muss einen anderen Weg gehen. Die unsinnige Strafsteuer auf selbstverbrauchten Strom gehört abgeschafft. Mittlerweile summiert sich die EEG-Umlage auf den Konten der Übertragungsnetzbetreiber zu mehreren Milliarden Euro, die eigentlich den Stromkunden gehören. Eine drastische Absenkung oder gar Abschaffung der Umlage wäre der richtige Weg, wirklich ökonomische Geschäftsmodelle im Stromgeschäft ohne Subventionen zu unterstützen.
Vielleicht braucht diese Erkenntnis noch einige Zeit, um durch die Amtsstuben der Bundesnetzagentur und des Wirtschaftsministeriums zu sickern. Bis sich dort etwas bewegt, bis Schluss ist mit dem unwürdigen Beamtenmikado. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Wähler zunächst die politisch Verantwortlichen abschaffen muss, bevor auch die EEG-Umlage fällt. Aufzuhalten ist diese Entwicklung ohnehin nicht. Der Markt wird sich durchsetzen, nicht Monopole oder Subventionen.