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In den Startlöchern

Nach öffentlichen Bekundungen aus dem polnischen Wirtschaftsministerium sollte das neue Gesetz zur Förderung regenerativer Energien bis Ende März durch die Regierung verabschiedet werden. Danach steht das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren an, und parallel will die Regierung ein Notifizierungsverfahren vor der EU-Kommission anstrengen. Zudem kündigte der Umweltminister an, dass es eine Zertifizierungspflicht für importierte Biomasse geben soll.

Auch die EU-Kommission arbeitet an einer Richtlinie für die Nachhaltigkeit von Biomasse, die ebenfalls eine Zertifizierungspflicht vorsieht, sagt Christian Schnell, Partner der Warschauer Anwaltskanzlei DMS Legal und Kenner der politischen Prozesse in Warschau. Ein erster Entwurf dafür soll laut Europäischem Biomasseverband schon im zweiten Quartal auf den Tisch kommen. Damit könnte sich dann die umstrittene Mitverfeuerung von Biomasse allein schon mangels zur Verfügung stehender Rohstoffe erledigen, sagt Schnell. Dies wiederum würde gute Perspektiven für Betreiber von Photovoltaikanlagen in Polen bieten.

Das Aufkommen von fester Biomasse im Land beträgt nur etwa fünf Millionen Tonnen jährlich und wird auch in den reinen Biomasse-Feuerungsanlagen dringend benötigt. In Polaniec in Südostpolen hat GDF Suez ein 190-Megawatt-Kraftwerk errichtet, welches alleine bereits die Hälfte des landesweiten Aufkommens an fester Biomasse für den Volllastbetrieb benötigt.

Das sogenannte Co-Firing ist hauptsächlich für die stark gesunkenen Grünstrom-Zertifikatspreise verantwortlich, über die in Polen die erneuerbaren Energien gefördert werden. Diese Mitverbrennungsanlagen werden zumeist von den großen Energieversorgern in Polen betrieben – insbesondere durch die polnischen Konzerne PGE und Tauron sowie GDF Suez und EDF. Seitens des parlamentarischen Unterausschusses für Energie, der zu der Problematik des Überangebots an Zertifikaten bereits zweimal getagt hat, erhärtet sich der Verdacht, dass der Zertifikatspreis an der Strombörse manipuliert wird, wie Schnell sagt.

Die großen Energieversorgungsunternehmen, allen voran PGE und GDF Suez, üben derzeit Druck auf die Regierung aus, um die Quoten für die nächsten Jahre zu erhöhen, um mehr Platz im Fördersystem für Co-Firing zu schaffen. Gleichzeitig werden Biomasse-Importeure mit Hinblick auf den fallenden Zertifikatspreis zu erheblichen Preisnachlässen gedrängt.

Derzeit werden in Polen laut Schnell etwa 15 Terawattstunden Energie aus Erneuerbaren produziert. Davon entfielen allein mindestens 6,5 Terawattstunden auf die Mitverfeuerung von fester Biomasse in Kohlekraftwerken. Rund zwei Terawattstunden stammen aus älteren Wasserkraftwerken. Da all diese Anlagen auch Grünstromzertifikate erhalten, gebe es derzeit ein Überangebot, da die staatlich festgelegte Quote zu niedrig sei und deutlich die Vorgaben aus dem nationalen Aktionsplan unterschreite, sagt Schnell. Zudem wurde seit 2011 verstärkt mit steigenden Zertifikatspreisen spekuliert, da die Ersatzgebühr schneller anstieg als die Inflationsrate und Erstere auf die Verbrauchertarife umgewälzt werden kann.

Preismanipulationen aufgedeckt

Schnell zufolge lohnte es sich für Energieversorgungsunternehmen, die Ersatzgebühr zu zahlen, anstatt grüne Zertifikate zur Einziehung vorzulegen, da mit steigenden Zertifikatspreisen im Folgejahr gerechnet werden konnte. Von dem aktuellen Überangebot an Zertifikaten von etwa fünf bis sechs Terawattstunden laut Energieregulierungsbehörde URE entfällt mehr als die Hälfte auf diese Preisspekulationen. Seit dem Frühjahr 2012 ist es zu einem schleichenden Verfall des Zertifikatspreises gekommen, der dann jedoch Ende November stark angezogen hat.

Während die Ersatzgebühr aktuell bei 286,74 Zloty liegt, ist der Preis von einem Niveau von circa 200 Zloty Ende November auf 100 Zloty bis Mitte Februar gefallen. Dann stieg er in einem Sprung wieder auf knapp 130 Zloty an. Über die Strombörse werden nur 20 Prozent des Handelsvolumens mit grünen Zertifikaten abgewickelt, die verbleibende Menge wird insbesondere innerhalb staatlicher Konzerne mittels gesonderter Verträge verkauft. Hier schwanken aktuell die Marktpreise zwischen 100 und 300 Zloty pro Zertifikat. Das Wirtschaftsministerium will möglichen Marktmanipulationen mittlerweile einen Riegel vorschieben und eine Verpflichtung zum Zertifikatehandel an der Börse einführen.

Nun gibt es verschiedene Varianten, das Problem zu beheben, wobei aber aus Verbrauchergesichtspunkten nicht wie von den Energiekonzernen gefordert die Quote erhöht, sondern Produktionskapazitäten aus dem Fördersystem ausgeschlossen werden sollen. Schnell beurteilt die Lage so: Derzeit favorisiert der Minister für Wirtschaft mit Unterstützung des Finanz- und Umweltministers ein Modell, wonach ältere Wasserkraftwerke aus dem Fördergesetz gestrichen werden sollen und die Mitverfeuerung von Biomasse nicht mehr wie vom Schatzministerium gefordert bis 2017 ein Zertifikat pro Megawattstunde erhält, sondern nur noch 0,3 Zertifikate. Da die Grenzkosten für die Mitverfeuerung von Biomasse je nach Kraftwerkstyp zwischen 100 und 140 Zloty betragen, bedeutet das selbst bei einem Zertifikatspreis auf der Höhe der Ersatzgebühr das Aus für die Mitverfeuerung von Biomasse. Damit könnte ab 2014 ein erhebliches Defizit an Grünstromzertifikaten entstehen, sobald der Zertifikateüberhang von fünf bis sechs Terawattstunden abgebaut ist. Es entstünden große Marktchancen für Windkraft- und insbesondere für Photovoltaikanlagen, die in diese Lücke springen könnten. Der Schatzminister sei allerdings noch gegen diese Lösung, sagt Rechtsanwalt Christian Schnell weiter.

Förderung wohl erst ab 2014

„Photovoltaik gewinnt weltweit immer mehr an Bedeutung. Polen darf diese Entwicklung nicht verpassen“, erklärte Stanislaw Pietruszko vom polnischen Photovoltaikverband während der Konferenz „PV Power Plants – EU“ Mitte März in Warschau. Grzegorz Wi?niewski vom polnischen Energieinstitut IEO (Instytut Energetyki Odnawialnej) führte dort aus, dass es sich auch ohne Förderung lohnen könne, Photovoltaikanlagen in Polen zu installieren. Grund dafür seien unter anderem die zu erwartenden steigenden Strompreise im Land. Doch viele Investoren und Projektierer scheinen sehnlichst auf das neue Gesetz zu warten.

Das Wirtschaftsministerium muss dem Kabinett nun einen überarbeiteten Gesetzentwurf für ein neues Fördergesetz für erneuerbare Energien vorlegen. Nach Verabschiedung des Gesetzentwurfes durch das Kabinett würde dieser im Parlament aufgrund des Fraktionszwanges voraussichtlich nur noch kleineren Änderungen ausgesetzt sein, sagt Schnell. Allerdings dauere auch der parallele Notifizierungsprozess des Gesetzes in der EU bis zu acht Monate. Daher sei wohl nicht vor Anfang bis Mitte 2014 mit dem Inkrafttreten des neuen EEG in Polen zu rechnen, so der Rechtsanwalt weiter.

Sandra Enkhardt

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