Gute Gespräche, gute Geschäfte
Gute Stimmung, gute Gespräche und vor allem gute Geschäfte: Die erste, schwere Krise der jungen Solarbranche ist vorbei. Die Unternehmen haben sich konsolidiert, sie präsentierten erstaunliche Innovationen, die kein Politiker und kein Konzernboss mehr aus der Welt schaffen kann. Jetzt läuft die technische und ökonomische Entwicklung nach den Kriterien des Marktes. Politische Hürden können die solare Energiewende kaum noch stoppen.
In diesem Jahr ging die Messe denselben Weg wie Solarmodule, Wechselrichter und Stromspeicher generell: höhere Energiedichte, die vorhandene Fläche wurde noch besser ausgenutzt. Die Prahlerei vergangener Jahre ist Geschichte, die Messestände der Unternehmen sind kleiner geworden, besser überschaubar. Wohltuende Bescheidenheit dominierte, zum Glück nicht bei den präsentierten Innovationen. Auch die Partys fielen kleiner aus. Doch mal unter uns: Bretzel und Würstchen machen es auch – wenn es Grund zum Feiern gibt. Und den gab es reichlich.
Trendwende in der Energiewende
Denn das Jahr 2016 wird als Jahr der Trendwende in die Geschichte der globalen Energiewende eingehen. Zwar ist der europäische Markt immer noch schwierig, aber er wird wachsen. Das steht fest. Auch in großen Teilen Afrikas, in Südamerika oder in Arabien ist ein Anfang gemacht. In Asien und Nordamerika geht die Post schon ab. Dagegen liegt in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion noch harte Arbeit vor uns. Aber die Welt ist in Bewegung geraten, niemand dreht mehr die Uhren zurück.
Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen: Bis zur Messe im kommenden Jahr werden Stromspeicher nicht nur in Deutschland und Österreich eine Rolle spielen. Australien, USA und die Schweiz werden nachziehen, auch in Großbritannien, Benelux und Skandinavien werden sie verstärkt nachgefragt. Die Integration von mobilen Fahrzeugbatterien und Ladetechnik dürfte weiter fortschreiten. Schon jetzt spüren Hersteller, Händler und Installateure: Der Umsatz je Kilowatt Solargenerator steigt spürbar an – nicht nur in Deutschland.
Strom, Wärme, Mobilität und Information verschmelzen
Denn Strom, Wärme, Mobilität und Information verschmelzen. Bereits in diesem Jahr haben wir gesehen, wie sich digitale Kommunikationstechnik, Stromspeicher, Photovoltaik, Heizstäbe, smarte Zähler, Energiemanager und Elektroautos technologisch vernetzen. Diese dezentralen Technologien stimmen einen mächtigen Chor an, da entsteht ein globaler Massenmarkt wie bei PCs, Laptops, Handys oder LED. Schon aus Gründen der Stückzahlen und der Kosten haben die traditionellen (zentralen) Systeme zur Energieversorgung keine Chance mehr. Die dunklen Jahre neigen sich ihrem Ende entgegen, der Rauch der Schlote wird sich verziehen. Die Photovoltaik wird zur führenden Energietechnik der Welt. Der Zubau wird in diesem Jahr bei etwa 50 Gigawatt liegen, im kommenden Jahr bei mindestens 60 Gigawatt. Nie wieder werden Kohlekraftwerke oder Atommeiler solche Zuwächse erreichen. Im Gegenteil: Dieselgeneratoren verlieren dramatisch Marktanteile, das übernehmen kombinierte Systeme aus Photovoltaik und Speicherbatterien, ergänzt um kleinere Windrotoren.
Einführungsphase ist zu Ende
Eine weitere Beobachtung: Die Photovoltaik und die Stromspeicher haben die technologische Einführungsphase hinter sich. Jetzt geht es um den Vertrieb und die Installation der technischen Systeme bis in den letzten Winkel des Globus. Zwar sind beide Branchen weiterhin – vielleicht mehr denn je – von Innovationen getrieben. Doch der unternehmerische Erfolg der beteiligten Firmen wird im Vertrieb entschieden.
Das war auf der Intersolar und der EES in München ganz deutlich zu sehen: Welche Anbieter von Solarmodulen künftig eine Chance haben, welche Hersteller von Wechselrichtern an Boden verlieren, welche Speicherbatterien eigentlich schon aus dem Rennen sind. Da lief eine gnadenlose Abstimmung mit den Füßen, viel spannender als die Auszählung zum Brexit. Auch bei den Systemanbietern und den Großhändlern stellte sich der Messeerfolg – als Spiegel ihres Markterfolgs – sehr verschieden dar. Menschentrauben bei den einen, Langeweile bei den anderen.
Großer Andrang unserer Leser
Speziell für unser Fachmedium war die Messe großartig. Wer mit uns unterwegs war, wird das bestätigen. Nachdem wir im vergangenen Jahr unsere Leser erstmals zu Rundgängen in der Elektromobilität eingeladen hatten, konnten wir in diesem Jahr gemeinsam mit der Industrie zahlreiche Touren zu neuen Heimspeichern, Gewerbespeichern und Ladetechnik für Elektroautos anbieten. Meistens war an unserem Messestand in der Halle B2 kein Durchkommen, stauten sich unsere Leser an den Anmeldetischen. Bei den Rundgängen durch die Messehallen waren sie wegen der orangefarbenen Basecaps kaum zu übersehen.
Dieses Angebot der geführten Rundgänge (PV Guided Tours) werden wir im kommenden Jahr sicher ausdehnen, zum Beispiel auf leistungsstarke Solarmodule und Montagetechnik. Ich könnte mir auch spezielle Formate für ausländische Investoren und Projektentwickler vorstellen, vielleicht gemeinsam mit den Anbietern von Zentralwechselrichtern, Anschlusstechnik für die Mittelspannung und großen Speicherbatterien. Auch Smart Home und Smart Meter werden uns sicher beschäftigen.
Nach der Messe ist vor der Messe
Nach der Messe ist vor der Messe. Nun haben wir zwölf Monate Zeit, um die solare Energiewende weiter auszurollen. Jede Hand wird gebraucht, jede Idee ist bedeutsam. Ich wünsche allen Akteuren, dass sie ihre Innovationen umsetzen können, dass die Zeit der Insolvenzen und der Konsolidierung vorüber ist. Wir brauchen technischen Fortschritt, und wir brauchen neue Geschäftsmodelle. Und ich wünsche uns, dass der Branche ihr neues Selbstbewusstsein nicht mehr abhandenkommt. Das Fazit der Intersolar und der EES Europe 2016 lautet: Alle Zeichen stehen auf Wachstum. Die globale Energiewende rollt – mächtiger denn je.
Lesen Sie auch den interessanten Blog von Sonnenplaner Roland Neumann aus Leipzig.