Die Regulierungsbehörde für den österreichischen Strommarkt E-Control hat neue Anschlussregelungen für Erzeugungsanlagen am Verteilnetz entworfen. Als solche Anlagen gelten in Zukunft nicht nur Photovoltaikgeneratoren, sondern auch Speicher.
Die österreichische Regulierungsbehörde für den Strommarkt E-Control hat neue technische Regeln für den Anschluss von Erzeugungsanlagen am Verteilnetz entworfen. Im Teil D4 der technischen und organisatorischen Regeln (TOR) für Betreiber und Benutzer von Netzen beschreibt detailliert, wie Erzeugungsanlagen sich am Niederspannungsnetz auf dem Spannungsniveau von 110 Kilovolt verhalten müssen.
Speicher gelten als Erzeuger
Eine grundsätzliche Neuheit ist, dass jetzt auch Energiespeicher als Erzeugungsanlagen am Verteilnetz zu betrachten sind. Die E-Control begründet dies damit, dass sie in ihrer Wirkung auf das Netz grundsätzlich ähnlich agieren können wie die Photovoltaikanlagen selbst, an die sie angeschlossen sind. Das gilt auch, wenn die Speicher gar keinen Strom ins Netz einspeisen, dies aber grundsätzlich können. Dabei erhöht sich aber die am Netzverknüpfungspunkt angeschlossene Wirkleistung. Denn jetzt müssen die Leistung der Solaranlagen und die Leistung des Speichers addiert werden. Schließlich können sie rein theoretisch beide mit voller Leistung in das Netz einspeisen, was in der Realität aber gegen jeglichen wirtschaftlichen Betrieb eines Speichers sprechen würde. Schließlich soll der Strom in Spitzenzeiten der Solarstromproduktion eher eingespeichert werden und nicht noch der im Speicher schon befindliche Strom auch noch ins Netz eingespeist werden.
Dreiphasig ab drei Kilowatt Leistung
Das tangiert auch die zweite grundsätzliche Neuheit der TOR D4. Denn konnten bisher Anlagen – gleichgültig ob ein Speicher integriert ist oder nicht – mit einer Leistung auf der Wechselstromseite von 4,6 Kilovoltampere einphasig ans Netz angeschlossen werden, reduziert die E-Control diesen maximalen einphasigen Netzanschluss auf drei Kilovoltampere. Damit schießt Österreich über den europäischen Standard von 3,68 Kilovoltampere hinaus. Mit dieser Regelung können zwar Asymmetrien im Netz verhindern. Doch wirft die Begrenzung des einphasigen Netzanschlusses für den Photovoltaikmarkt einige Probleme auf. So sind nur wenige Wechselrichter mit einer Leistung von drei Kilowatt überhaupt auf eine dreiphasige Einspeisung ausgelegt. Die meisten Geräte dieser Leistungsklasse speisen einphasig in das Netz ein. Das schränkt die Auswahl gerade in dem für den privaten Eigenverbrauch wichtigen Segment drastisch ein.
Bereitstellung von Blindleistung genauer geregelt
Sinnvoller ist schon die weitere Ausgestaltung der netzstützenden Funktionen von Photovoltaikanlagen. So müssen alle Anlagen in der Lage sein, Blindleistung ins Netz einzuspeisen und dieses damit zu stützen. Wie groß der Blindleistungsbereich sein muss, hängt wiederum von der Leistung der Solaranlage selbst ab. Doch für alle Anlagen gilt zukünftig: Die Blindleistung der Erzeugungsanlage muss innerhalb der Mindestanforderung für den Grenzblindleistungsbereich frei einstellbar sein und einer vom Netzbetreiber vorgegebenen Regelstrategie folgen können. Bisher nicht geregelt ist aber die Frage, wie die Blindleistungbereitstellung vergütet wird. Denn diese geht zu lasten der Wirkleistung. Die Anlagen speisen in Zeiten, in denen sie Blindleistung bereitstellen, weniger Solarstrom ins Netz ein, was die Rendite für den Anlagenbetreiber schmälert. Dafür ist bisher kein Ausgleich vorgesehen.
Wirkleistung spannungsgeführt begrenzen
Zusätzlich dazu soll die neue TOR D4 auch eine spannungsgeführte Wirkleistungsbegrenzung einführen. Der Netzbetreiber kann also nicht nur bei Frequenzschwankungen sondern auch bei Überspannungen im Netz die Solarstromanlagen abregeln. Die Abreglung soll beginnen, wenn die Spannung im Netz um 10 Prozent höher liegt als vorgesehen. Die Anlagen werden dann schrittweise weiter in ihrer Wirkleistung begrenzt, je höher die Netzspannung steigt. Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 Kilovoltampere auf der Wechselstromseite sollen dabei in Schritten von zehn Prozent in der Wirkleistung abgeregelt werden. Erreicht die Netzspannung 112 Prozent, wird die Anlage komplett abgeschaltet. Dazu müssen die Anlagen aber über entsprechende Kommunikationsschnittstellen verfügen, was erhebliche Mehrkosten vor allem bei kleineren Generatoren und Speichern zu Folge hat.
Die neue TOR D4 ist noch nicht in Kraft. Bisher existiert aber ein Entwurf. Die Konsultationsphase des Entwurfs ist Ende Oktober ausgelaufen und aktuell prüft die E-Control, ob und in welcher Weise die Verbesserungsvorschläge der einzelnen Verbände eingearbeitet werden. (Sven Ullrich)