Auch die EU-Kommission arbeitet an einer Richtlinie für die Nachhaltigkeit von Biomasse, die ebenfalls eine Zertifizierungspflicht vorsieht. Ein erster Entwurf dafür soll laut europäischem Biomasseverband schon im 2. Quartal auf den Tisch kommen. Damit könnte sich dann die umstrittene Mitverfeuerung von Biomasse allein schon mangels zur Verfügung stehender Rohstoffe erledigen, sagt Schnell. Das Aufkommen von fester Biomasse im Land beträgt nur etwa 5 Millionen Tonnen jährlich, und wird auch in den reinen Biomasse-Feuerungsanlagen dringend benötigt. In Polaniec in Südostpolen hat GDF Suez ein 190 Megawatt-Kraftwerk errichtet, welches alleine bereits die Hälfte des landesweiten Aufkommens an fester Biomasse für den Volllastbetrieb benötigt. Das Co-Firing ist hauptsächlich für die stark gesunkenen Grünstrom-Zertifikatspreise verantwortlich, über die in Polen die erneuerbaren Energien gefördert worden. Diese Mitverbrennungsanlagen würden zumeist von den großen Energieversorgern in Polen betrieben – insbesondere durch die polnischen Champions PGE und Tauron sowie GDF Suez und EDF. Seitens des parlamentarischen Unterausschusses für Energie, der zu der Problematik des Überangebots an Zertifikaten bereits zweimal getagt hat, erhärtet sich der Verdacht, dass der Zertifikatspreis an der Strombörse manipuliert wird, wie Schnell sagt. Die großen Energieversorgungsunternehmen, allen voran PGE und GDF Suez, üben derzeit Druck auf die Regierung aus, um die Quoten für die nächsten Jahre zu erhöhen, um mehr Platz im Fördersystem für Co-Firing zu schaffen. Gleichzeitig werden Biomasse-Importeure mit Hinblick auf den fallenden Zertifikatspreis zu erheblichen Preisnachlässen gedrängt.
Derzeit würden in Polen etwa 15 Terawattstunden Energie aus Erneuerbaren produziert. Davon entfielen allein mindestens 6,5 Terawattstunden auf die Mitverfeuerung von fester Biomasse in Kohlekraftwerken. Rund zwei Terawattstunden stammen aus älteren Wasserkraftwerken. Da all diese Anlagen auch Grünstromzertifikate erhielten gebe es derzeit Überangebot, da die staatliche festgelegte Quote zu niedrig sei und deutlich die Vorgaben aus dem nationalen Aktionsplan unterschreitet, sagt Schnell. Zudem wurde seit 2011 verstärkt mit steigenden Zertifikatspreisen spekuliert, da die Ersatzgebühr schneller anstieg als die Inflationsrate, und diese auf die Verbrauchertarife umgewälzt werden kann. So lohnte es sich für Energieversorgungsunternehmen die Ersatzgebühr zu zahlen anstatt grüne Zertifikate zur Einziehung vorzulegen, da mit steigenden Zertifikatspreisen im Folgejahr gerechnet werden konnte. Von dem aktuellen Überangebot an Zertifikaten von etwa 5 bis 6 Terawattstunden laut Energieregulierungsbehörde URE entfallen mehr als die Hälfte auf diese Preisspekulationen. Seit dem Frühjahr 2012 ist es zu einem schleichenden Verfall des Zertifikatspreises gekommen, der dann jedoch Ende November stark angezogen hat.
Während die Ersatzgebühr aktuell bei 286,74 Zloty liege, ist der Preis von einem Niveau von circa 200 Zloty Ende November auf 100 Zloty bis Mitte Februar gefallen. Mitte vergangener Woche stieg er in einem Sprung wieder auf knapp 130 Zloty. Über die Strombörse werden nur 20 Prozent des Handelsvolumens mit grünen Zertifikaten abgewickelt, die verbleibende Menge wird insbesondere innerhalb staatlicher Konzerne mittels gesonderter Verträge verkauft. Hier schwanken aktuell die Marktpreise zwischen 100 bis 300 Zloty pro Zertifikat. Das Wirtschaftsministerium will möglichen Marktmanipulationen mittlerweile einen Riegel vorschieben und eine Verpflichtung zum Zertifikatshandel an der Börse einführen.
In den nächsten Tagen soll das Wirtschaftsministerium dem Kabinett einen überarbeiteten Gesetzentwurf für ein neues Fördergesetz für erneuerbare Energien vorlegen. Nach Verabschiedung des Gesetzesentwurfes durch das Kabinett würde dieser im Parlament aufgrund des Fraktionszwanges voraussichtlich nur noch kleineren Änderungen ausgesetzt sein. Allerdings dauere auch der parallele Notifizierungsprozess des Gesetzes in der EU bis zu acht Monate. Daher sei nicht vor Anfang bis Mitte 2014 mit dem Inkrafttreten des neuen EEG in Polen zu rechnen, so Schnell. (Sandra Enkhardt)
Die Konferenz "PV Power Plants - EU 2013" bietet wichtige Informationen zu vielversprechenden Photovoltaik-Märkten in Osteuropa. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Polen und den rechtlichen, technischen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie Möglichkeiten zur Projektfinanzierung. Experten wie Christian Schnell (DMS), Piotr Rudyszyn (W4E Centrum Energii Wiatrowej), Florian Edler (Enerparc) und Konrad Klimek (SolarTech Invest) berichten von ihren Erfahrungen und stellen Best-Practice-Beispiele vor. Darüber hinaus werden die Märkte Ukraine, Rumänien, Italien und die Türkei näher beleuchtet. Die Veranstaltung findet am 14. und 15. März 2013 in Warschau statt. Für den 13. März ist zusätzlich ein Workshop zum Thema Investieren in Photovoltaik in Polen geplant.