Eine Studie hat neue Geschäftsmodelle für Energiegenossenschaften ermittelt und bewertet. Dabei geht es vor allem um den Betrieb von Solaranlagen, Nahwärmenetzen und Speichern, aber auch um das Spitzenlastmanagement. Fazit: Die Genossenschaften müssen nur ihre Stärken ausspielen, dann werden sie weiter eine tragende Kraft bei der Energiewende bleiben.
Energiegenossenschaften können als Akteure wesentlich zur Energiewende beitragen und gleichzeitig an ihr teilhaben. Zwar sind die Genossenschaften derzeit aufgrund von Ausschreibungen gegenüber großen Akteuren am Energiemarkt benachteiligt. Doch wenn sie neue Geschäftsmodelle umsetzen, werden sie am Ball bleiben. Das ist das Fazit einer Studie des Landesnetzwerkes Bürgerenergiegenossenschaften Rheinland-Pfalz und der Energieagentur von Rheinland-Pfalz. Die Autoren der Studie haben die bisherigen Geschäftsmodelle von Bürgerenergiegenossenschaften unter die Lupe genommen. Sie zeigen aber auch neue Geschäftsmodelle auf, mit denen die Bürger genossenschaftlich an der Energiewende weiterhin teilhaben können. Alles steht unter der These: „Energiegenossenschaften haben in der Energiewirtschaft der Zukunft eine gute Chance, wenn sie insbesondere die genossenschaftliche Grundidee einer Erzeuger-Verbrauchergemeinschaft (Prosumer-Idee) entwickeln“.
Zusätzlichen Wert mit anbieten
So haben die Autoren eine Systematik entwickelt, wie Energiegenossenschaften überhaupt zu solchen neuen Modellen kommen können. Die Grundlage dabei ist das Wertversprechen, mit dem sich die Genossenschaft von der grauen Masse der Energielieferanten abhebt. „Der Wert des Produkts ‚Kilowattstunde Energie‘ ist auf den Verbraucher der Energie beschränkt und unter verschiedenen Anbietern komplett austauschbar“, schreiben die Autoren der Studie. „Die Kunden werden den niedrigsten Preis wählen. Mit Beschreibungen wie ‚Grüne Energie aus der Nachbarschaft‘, ‚Energie für das Leben‘ verknüpfen Sie die Energie mit zusätzlichen Wertvorstellungen.“ Damit bestimmt nicht mehr ausschließlich der Preis den Wettbewerb, sondern es kommen zusätzliche Argumente ins Spiel. Darüber können die Energiegenossenschaften ihre Vertriebskanäle und ihre Kundenbeziehung aufbauen und so auch weitere Anlagen umsetzen, auch wenn sie durch die Rahmenbedingungen eigentlich benachteiligt sind.
Direktbelieferung als Geschäftsmodell
Aus dem Argument der grünen Energie aus der Nachbarschaft entsteht auch gleich das erste Geschäftsmodell. Es geht um die direkte Belieferung der Kunden mit Solarstrom. Die Energiegenossenschaft investiert hier nicht mehr in Anlagen zur Einspeisung. Die Rendite wird damit auch nicht mehr über die Vergütung nach dem EEG erzielt, sondern über die sogenannte sonstige Direktvermarktung. Die Genossenschaft baut Anlagen auf oder neben Gebäude, die direkt mit dem Solarstrom versorgt werden. Das Kundensegment sind kleinere und mittlere Gewerbebetriebe, öffentliche Einrichtungen oder Vereinsgebäude. Zwar fallen bei der Direktbelieferung alle Abgaben an. Doch trotzdem bliebt es für den Kunden billiger, den Solarstrom von er Genossenschaft zu kaufen, als sich vollständig aus dem Netz zu versorgen.
Entwicklung zur Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft
Das Risiko bei diesem Geschäftsmodell ist, dass es auf einen Endkunden zugeschnitten ist. Bricht dieser weg, gerät das gesamte Konstrukt ins Wanken. Bei Dachanlagen kann die Genossenschaft immer noch auf Volleinspeisung umsteigen und die Verluste über die EEG-Vergütung abfangen. Das geht im Falle einer Freiflächenanlage neben dem Gewerbegebäude nicht. Hier bietet sich als Lösung an, dass die Mitglieder der Genossenschaft den Solarstrom selbst nutzen und so von der reinen Produktions- zu einer Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft werden.
Mieter als Kunden gewinnen
Die Autoren haben aber noch mehr Modelle auf ihre Tauglichkeit für Energiegenossenschaften hin untersucht. So empfehlen sich für die Genossenschaften Modelle wie die Verpachtung von Anlagen oder die Belieferung von Mietern mit Solarstrom. Auch wenn diese Modell sind, bleiben sie doch – oder gerade deshalb – für Genossenschaften interessant. Mieter sind inzwischen aufgeschlossen für das Modell der Belieferung mit Solarstrom vom eigenen Dach und die Verpachtung der Anlage kann für den Pächter durchaus zur Eigenstromversorgung werden, wenn das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle und Finanzwesen mitspielt.
Die Stärken betonen
Ein weitere Geschäftsmodell ist die Nahwärmeversorgung aus Anlagen der Energiegenossenschaften. Alle diese Modelle basieren auf den drei Stärken der Bürgerenergiegenossenschaften: Regionalität, Transparenz und Gemeinschaftlichkeit. „Wenn sich die Energiegenossenschaften auf ihre Stärken besinnen, können sie sich für den Wettbewerb gut rüsten“, betont René Mono, Geschäftsführer der Stiftung 100 Prozent Erneuerbar. Zusammen mit dem Netzwerk Energiewende Jetzt und Storegio Energiespeichersysteme hat die Stiftung die Studie Auftrag der Energieagentur und des Landesnetzwerkes Bürgerenergie in Mainz erstellt. Wenn die Genossenschaften diese Stärken mit der Diversifizierung ihrer Geschäftsbereiche, mit Kooperationen und eine weitere Professionalisierung kombinieren, werden sie eine der tragenden Kräfte bei der Energiewende bleiben – trotz verschlechterter Rahmenbedingungen.
In der Studie haben die Autoren die verschiedenen Entwicklungstrends zusammengefasst und die unterschiedlichste Geschäftsmodelle aufgezeigt. Dabei geht es vor allem um den Betrieb von Solaranlagen und Nahwärmenetzen, aber auch um Geschäftsmodelle mit Energiespeichern und das Spitzenlastmanagement. „Eine Bewertungsmatrix hilft dabei, das jeweilige Geschäftsmodell für die eigene Genossenschaft einzuschätzen“, erklärt Peter Eckerle, Geschäftsführer von Storegio Energiespeichersysteme. (Sven Ullrich)