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Hoffnung für die Säumigen

Das Marktstammdatenregister hat lange gebraucht, bis es endlich an den Start ging, aber am 1. Februar dieses Jahres war es so weit. Seit diesem Zeitpunkt sind die alten Meldepflichten für Anlagenbetreiber passé. Die Meldung muss jetzt im neuen, elektronischen Marktstammdatenregister erfolgen.

Auch die Daten von Bestandsanlagen müssen mit Übergangsfristen ins Marktstammdatenregister überführt werden. Für EEG-Anlagen, die vor dem 1. Juli 2017 in Betrieb genommen wurden, gilt eine Registrierungsfrist bis zum 31. Januar 2021.

Seit dem 1. Juli 2017 neu in Betrieb genommene Anlagen müssen innerhalb eines Monats registriert werden. Für bereits registrierte Anlagen, die zwischen dem 1. Juli 2017 und dem 31. Januar 2019 in Betrieb gingen, müssen fehlende Daten bis 31. Januar 2021 im Webportal nachgetragen werden.

Die Sanktionen bei Verstößen gegen die Meldepflichten richten sich nach Paragraf 52 des EEG. Absatz 3 dieser Regelung sieht vor, dass die EEG-Vergütung in der Regel um 20 Prozent sinkt. Nur dann, wenn der Anlagenbetreiber nicht nur die Meldung im Stammdatenregister versäumt hat, sondern auch die Jahresmeldung beim Netzbetreiber, droht ihm der vollständige Entzug der Einspeisevergütung.

Rückwirkende Regelung der Sanktionen

Die gesetzliche Neuregelung der EEG-Sanktionen wirkt sich auch auf die Vergangenheit aus – und zwar rückwirkend für alle Stromeinspeisungen ab dem 1. August 2014. Die Bestrafung von Meldeverstößen gegenüber der Bundesnetzagentur wurde nämlich vor Inkrafttreten des EEG 2017 wesentlich härter geahndet.

Als die Meldepflicht 2009 eingeführt wurde, wählte der Gesetzgeber ein scharfes Schwert zur Durchsetzung der Norm: die Nullvergütung. Wer versäumt hatte, seine Photovoltaikanlage zu melden, dessen Einspeisevergütung wurde gestrichen, bis die Meldung bei der Bundesnetzagentur einging. Nach einer Zwischenphase, in der Anlagenbetreibern wenigstens der Marktwert des Solarstroms ausgezahlt wurde, kehrte der Gesetzgeber ab 1. August 2014 wieder zu der alten Sanktion der Nullvergütung zurück.

Oft drohte ein Desaster

Für EEG-Anlagenbetreiber konnten diese Regelungen ein wirtschaftliches Desaster bedeuten. Oftmals wurde erst nach Jahren bemerkt, dass bei der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage die Meldung bei der Bundesnetzagentur vergessen wurde. Erst Jahre später machte der Netzbetreiber den Anlagenbesitzer auf den Fauxpas aufmerksam und forderte gleichzeitig die noch nicht verjährte Einspeisevergütung rückwirkend ein.

Für Anlagenbetreiber konnten bei entsprechender Anlagengröße so auf einen Schlag sechsstellige Beträge verloren gehen. Nicht selten konnten Kredite, die aus der Einspeisevergütung zurückgezahlt werden mussten, nicht mehr bedient werden.

Der BGH blieb hart

Das Vorgehen der Netzbetreiber sorgte zwar für Empörung bis in den Bundestag hinein. Die Rechtsprechung aber billigte über lange Jahre hinweg die Rückforderungspraxis der Netzbetreiber.

Noch mit Urteil vom 5. Juli 2017 (Aktenzeichen VIII ZR 147/16) und Beschluss vom 20. März 2018 (VIII ZR 71/17) wies der Bundesgerichtshof alle Argumente zurück, die sich gegen die vollständige Rückforderung der Einspeisevergütung richteten.

Die Rückforderung sei weder unverhältnismäßig, noch hätte der Netzbetreiber den Anlagenbetreiber auf die Meldepflicht aufmerksam machen müssen. Die Richter des BGH lehnten selbst eine Entschädigung in Höhe des Marktwerts für den eingespeisten Strom ab: Wenn das EEG als Strafe Nullvergütung vorsehe, so dürfe der säumige Anlagenbetreiber auch keinen Cent für seinen Strom sehen.

Kurz gesagt: Es schien so, dass Anlagenbetreiber, die vor Inkrafttreten des EEG 2017 versäumt hatten, die Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur anzumelden, in den sauren Apfel beißen und die Einspeisevergütung bis zu ihrer Meldung zurückzahlen müssen.

Der Wind hat sich gedreht

Aber der Wind hat sich dank des EEG 2017 und nachfolgender Gesetzesänderungen wieder gedreht: Wer Rückzahlungsforderungen von Netzbetreibern ausgesetzt war oder ist, kann wieder Hoffnung schöpfen.

Zunächst trug der Gesetzgeber selbst zu dieser Situation bei. Die in Paragraf 52 Absatz 3 des EEG 2017 vorgesehene Milderung der Sanktion, wonach meldesäumige Anlagenbetreiber im Regelfall nur 20 Prozent der Einspeisevergütung zurückzahlen müssen, wurde auf Altfälle ausgedehnt.

Wer ohne die Meldung der Anlage an die Bundesnetzagentur nach dem 31. Juli 2014 Strom eingespeist hat, sollte von der Milderung ebenfalls profitieren. Ausgenommen wurden nur Fälle, in denen ein Gericht bereits vor dem 1. Januar 2017 über die Ansprüche entschieden hat.

Rückwirkende Teilamnestie

Die gesetzgeberische Umsetzung dieser rückwirkenden Teilamnestie war allerdings so mangelhaft, dass der BGH diese Regelung nicht auf Anlagen anwendete, die vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden. Der Gesetzgeber besserte nochmals nach und stellte im Energiesammelgesetz von Dezember 2018 klar: Auf die mildere Sanktion können sich auch Betreiber von Anlagen berufen, die vor dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden.

Aber wieder sorgte der Gesetzgeber für Verwirrung: Im neu eingeführten Paragrafen 100 Absatz 11 des EEG 2017 steht, dass für Photovoltaikanlagen, die vor dem 1. Februar 2019 in Betrieb gingen, die Änderungen des Energiesammelgesetzes nicht gelten sollen. Dies steht im Widerspruch zum Zweck der eben eingeführten Klarstellung.

Die Clearingstelle EEG/KWKG vertritt mit Schiedsspruch 2009/11 vom 13. Mai 2019 die Auffassung, dass diese Regelung so zu lesen ist, dass sie nur Anlagen betrifft, die ab dem 1. Januar 2017 in Betrieb genommen wurden.

Nach Überzeugung der Clearingstelle ist das EEG daher so zu lesen, dass versäumte Meldungen bei der Bundesnetzagentur nur zu 20-prozentiger Vergütungskürzung führen, wenn die Jahresmeldung beim Netzbetreiber rechtzeitig abgegeben wurde. Dies gelte auch für Photovoltaikanlagen, die vor 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden.

Hin und Her der Behörden

Als ob das Hin und Her zwischen Bundesgerichtshof, Clearingstelle und Gesetzgeber nicht schon schwierig genug wäre, hat ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Mai 2019 (30 U 425/18) die Lage noch komplizierter gemacht.

Nachdem sich das Gericht durch die Übergangsregelungen verschiedener Ausführungen des EEG gekämpft hatte, stellte es lapidar fest, dass Betreiber von Photovoltaikanlagen, die vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb genommen wurden, für Einspeisungen ab dem 1. August 2014 bei Meldeverstößen nicht mehr belangt werden könnten.

Bereits das Landgericht Memmingen hatte so entschieden (Urteil vom 1. Februar 2019, 33 O 732/18). Der Gesetzgeber hat es nach Ansicht der Richter versäumt, für diese Photovoltaikanlagen eine Übergangsbestimmung zu schaffen, die versäumte Meldungen bei der Bundesnetzagentur sanktioniert. Die Konsequenz nach Auffassung der Richter: volle Einspeisevergütung auch ohne Meldung an die Bundesnetzagentur. Zu den Übergangsregelungen im EEG hat das Gericht nicht Stellung genommen. Das OLG Hamm hat allerdings die Revision gegen sein Urteil vor dem Bundesgerichtshof zugelassen.

Den Schaden minimieren

Die Lage bleibt zwar undurchsichtig, aber die betroffenen Solarstromerzeuger können zumindest Hoffnung schöpfen, ihren Schaden zu minimieren. Alle Betreiber von Photovoltaikanlagen, die vor dem 1. Januar 2017 in Betrieb genommen wurden und aufgrund einer versäumten Meldung ihrer Photovoltaikanlage bei der Bundesnetzagentur die volle Einspeisevergütung an den Netzbetreiber zurückbezahlt haben, sollten prüfen, ob sie ihre Einspeisevergütung im Umfang von 80 Prozent wieder zurückverlangen können. Voraussetzung ist, dass sich die Rückzahlung auf den Zeitraum ab dem 1. August 2014 erstreckte. Betroffene Anlagenbetreiber sollten nicht darauf vertrauen, dass der Netzbetreiber automatisch die Rückzahlungen korrigiert, sondern selbst aktiv werden.

Möglicherweise Geld zurückfordern

Noch besser könnte es für Anlagenbetreiber mit Anlagen stehen, die vor dem 1. Januar 2012 in Betrieb gingen. Haben sie Einspeisevergütung zurückgezahlt, weil die Anlage nicht bei der Bundesnetzagentur gemeldet wurde, so ist es sogar möglich, über die Argumentation des OLG Hamm aus dem Urteil vom 10. Mai 2019 die vollständige Zahlung der Einspeisevergütung zu erreichen. Voraussetzung ist auch hier, dass es um die Vergütung von Einspeisung geht, die nach dem 1. August 2014 erfolgte.

Für betroffene Investoren ist das alles kaum mehr nachzuvollziehen. Entscheidend aber ist, dass es gelingen könnte, die unverhältnismäßige Streichung der Einspeisevergütung für eine einzige Meldepflichtverletzung in manchen Fällen zu korrigieren. Da die Sachverhalte der Rückzahlung teilweise schon Jahre zurückliegen, ist allerdings schnelles Handeln zu empfehlen, um eine Verjährung bestehender Ansprüche zu verhindern.

www.marktstammdatenregister.de

Der Autor

Dr. Thomas Binder

ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.

https://www.pv-recht.de/