Das Verfassungsgericht in Rom hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Falle der rückwirkenden Änderung des Einspeiseregimes durch die Regierung im Jahr 2014. Doch für die Anlagenbetreiber bedeuten diese eine enorme Unsicherheit und industriepolitisch erweist sich Rom damit einen Bärendienst.
Die italienischen Betreiber von Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als 200 Kilowatt haben eine Schlappe hinnehmen müssen. Das Verfassungsgericht hegt keinen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Kürzung der Einspeisevergütung, die die Regierung in Rom im August 2014 verhängt hat. „Noch sind die Gründe nicht bekannt“, sagt Andreas Lutz, Geschäftsführer von New Energy Projects, einem Beratungsunternehmen, das sich auf den Photovoltaikmarkt in Italien spezialisiert hat. Doch die Richter sehen offensichtlich weder das Verbot von rückwirkenden Änderungen der Rahmenbedingungen für Investitionen noch das Gebot des Vertrauensschutzes durch die Regelungen verletzt.
Zahlungen verzögert
Bei dem Streit ging es darum, dass die italienische Regierung ab 1. Januar 2015 die Vergütungszahlungen für Anlagen mit einer Leistung von mehr als 200 Kilowatt verzögert ausbezahlt. Die Anlagenbetreiber konnten zwischen zwei Varianten wählen. Die erste Option war, dass die Auszahlungen von 20 auf 24 Jahre verlängert werden. Gleichzeitig wird aber die jährliche Vergütung so weit gekürzt, dass am Ende der 24 Jahre der Anlagenbetreiber die gleiche Gesamtsumme an Einspeisevergütung erhalten hat, wie vorher in 20 Jahren vorgesehen.
Die zweite Option sieht vor, dass die Anlagenbeitreiber weiterhin die Vergütung innerhalb von 20 Jahren ausbezahlt bekommen. Allerdings werden dann die Tarife zunächst kräftig gekürzt, um dann um so stärker wieder angehoben zu werden. Auch mit dieser Regelung hat der Anlagenbetreiber die vorher prognostizierte Einspeisevergütung nach 20 Jahren in der Kasse liegen.
Kürzung durch die Hintertür
Mit diesen beiden Regelungen erleidet der Anlagenbeitreiber zwar erst einmal rein rechnerisch keinen Verlust. Doch hier hat in Rom das Milchmädchen kräftig mitgerechnet. Denn sämtliche Verträge und Finanzierungen sind genau auf die 20 Jahre Vergütungsdauer ausgelegt. So müssen dann die Anlagenbetreiber bei der Wahl für die erste Option die Pachtverträge für die Flächen, auf denen die Generatoren stehen, entsprechend verlängern und damit auch mehr für diese Flächen bezahlen. Bei der Wahl der zweiten Option entsteht eine riesige Finanzierungslücke. Die Kredite der Banken verlängern sich, weil die Anlagenbetreiber diese in den ersten Jahren nicht in dem Maße tilgen können, wie es in der ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgesehen war. Damit steigen die Finanzierungskosten und die Erlöse sinken, was die Anlagen im Vergleich zur ursprünglichen Berechnung unwirtschaftlicher macht.
Damit werden diese Optionen zu einer Kürzung der Einspeisetarife durch die Hintertür. Sie schadet den Anlagenbetreibern, ohne dass Rom hier finanziell einen riesigen Gewinn gemacht hätte. Diese Regelung fußt ausschließlich auf der Tatsache, dass die Finanzierung der Einspeisetarife nur nach hinten verschoben wird.
Gang zum Europäischen Gerichtshof bleibt
Eine klare rückwirkende Kürzung ist die dritte Option. Bei dieser wird die Einspeisevergütung abhängig von der Restlaufzeit der Anlage um 17 bis 25 Prozent verringert, ohne dass irgendein Ausgleich vorgesehen ist. Jetzt bleibt den Anlagenbetreibern immerhin noch der Weg zum Europäischen Gerichtshof. Dieser muss überprüfen, ob die Regelungen mit der europäischen Gesetzgebung im Einklang sind oder unter anderem gegen die Europäische Energiecharta verstoßen, die Anlegern einen stabilen Rahmen und transparente Regelungen zubilligt. (Sven Ullrich)