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Königsweg mit Fallstricken

Zahlreiche Energieversorger haben das Modell inzwischen in ihrem Portfolio: Der Gebäudeeigentümer pachtet eine Photovoltaikanlage, die der Energieversorger zuvor auf der Pachtfläche errichtet hat. Dafür zahlt der Hausbesitzer eine monatliche Pacht.

Aus der Photovoltaikanlage kann der Pächter nicht nur einen großen Teil seines Strombedarfs decken, den Überschuss kann er darüber hinaus ins Netz einspeisen und dafür eine Zusatzrendite erzielen. Dazu gibt es ein Rundum-sorglos-Paket: Um Papierkram und Wartung muss sich der Gebäudeeigentümer nicht kümmern. Das ist Sache des Energieversorgers.

Angebote vergleichen

Das Paket ist verlockend und mancher Immobilieneigentümer hat das Angebot schon angenommen. Aber nicht immer wird die Realität den Werbeversprechungen gerecht. So hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Jahr 2017 die Angebote von Stadtwerken und Regionalversorgern nachgerechnet.

Dabei wurden nur drei von 13 Anlagenpachtmodellen von Energieversorgern als wirtschaftlich bewertet. Empfehlung der Verbraucherschützer: Mehrere Pachtangebote einholen, vergleichen, nachrechnen!

Keine schlechte Idee

Dass Pachtmodelle für alle Beteiligten funktionieren können, ist unbestritten. Denn die Idee ist nicht schlecht: Wer sich selbst mit Strom versorgt und dabei nicht das Stromnetz nutzt, spart im Vergleich zum Strombezug vom Energieversorger viele Kosten: Die EEG-Umlage beträgt nur 40 Prozent des vollen Satzes. Netzbezogene Entgelte oder Stromsteuer werden im Regelfall gar nicht fällig.

Dazu lockt die Unabhängigkeit von zukünftigen Energiekrisen. Anders als beim Kauf einer Photovoltaikanlage muss bei der Anlagenpacht kein Kredit aufgenommen werden und der eiserne Spargroschen bleibt erhalten. Das Konstrukt ist nicht für nur für Hausbesitzer interessant, sondern stellt auch für mittelständische Unternehmen ein attraktives Modell dar.

Rechtliche Stolpersteine

Ein Vergleich der verschiedenen Pachtangebote kann sich aber nicht nur auf eine betriebswirtschaftliche Beurteilung beschränken. Wer unterschiedliche Angebote vergleichen oder wer umgekehrt neue Kunden mit dem Modell der Anlagenpacht gewinnen will, der muss auch um die rechtlichen Stolpersteine wissen.

Die Anlagenpacht steht und fällt mit der Reduzierung der EEG-Umlage auf 40 Prozent des vollen Satzes von derzeit 6,405 Cent pro Kilowattstunde. Hierzu ist erforderlich, dass der Anlagenpächter zum Eigenversorger wird. Das bedeutet, dass er in einer Person Betreiber und Stromverbraucher ist, das Netz dabei nicht nutzt und den Strom in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage verbraucht. Als Eigenversorger muss er die Herrschaft über die Anlage ausüben, deren Arbeitsweise bestimmen und das wirtschaftliche Risiko tragen.

Pächter muss Risiken übernehmen

Problematisch sind diese Anforderungen deswegen, weil sie den Werbeaussagen manches Anbieters zuwiderlaufen. Denn wer das Risiko eines Anlagenbetriebs übernimmt, dem können auch Verluste drohen.

Dass der Pächter das Anlagenrisiko trägt, muss sich auch in der vertraglichen Gestaltung widerspiegeln. So kippte das Oberlandesgericht Karlsruhe einen Anlagenpachtvertrag, bei dem letztendlich der Verpächter einer Photovoltaikanlage die Risiken des Anlagenbetriebs trug und die Sachherrschaft behielt.

Das Gericht monierte, dass in dem Vertragsmodell sich die Pachtzahlungen nach dem tatsächlichen Stromverbrauch des Anlagenpächters richteten. Des Weiteren oblag dem Verpächter der technische Betrieb der Anlage. Er hatte für Instandhaltung und Wartung zu sorgen und trat nach außen als Anlagenbetreiber auf.

Das war den Richtern am Ende zu wenig Risiko und zu wenig Sachherrschaft für den Anlagenpächter. Das vermeintliche Pachtverhältnis wurde als Stromliefervertrag mit voller EEG-Umlage eingestuft (OLG Karlsruhe vom 29. Juni 2016 – 15 U 20/16).

Komplex werden Anlagenpachtmodelle dann, wenn mehrere Personen an der Pacht beteiligt werden sollen, zum Beispiel die Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft. Soll der Strom aus der gepachteten Anlage den einzelnen Wohnungseigentümern zur Verfügung gestellt werden, handelt es sich nach der Auffassung der Bundesnetzagentur nicht mehr um Eigenversorgung.

Eigenverbrauch von Gemeinschaften

Konsequenz: Statt 40 Prozent werden 100 Prozent EEG-Umlage fällig. Begrenzte Möglichkeiten, auch in solchen Fällen zur Eigenversorgung zu kommen, hat die Clearingstelle EEG/KWKG mit ihrem Hinweis 2018/10 vom 13. Dezember 2018 aufgetan: Demnach handelt es sich zum Beispiel noch um Eigenversorgung, wenn Hausgemeinschaften aus ihrer Solarstromanlage eine Wärmepumpe oder Klimaanlage für das Gesamthaus mit Strom versorgen.

Dem Anlagenpächter alle Risiken des Betriebs aufzubürden, reicht alleine nicht aus, um ein rechtssicheres Modell zu stricken. Denn Risiken drohen auch von anderer Seite: Unbedingt zu vermeiden ist nämlich, dass das Anlagenpachtmodell als Finanzierungsleasing eingestuft wird.

Derartige Leasingmodelle benötigen nämlich die Erlaubnis der Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Die Bafin stuft die Verpachtung von Photovoltaikanlagen dann nicht als Finanzierungsleasing ein, wenn der zufällige Untergang der Photovoltaikanlage – zum Beispiel aufgrund eines Brandes – nicht zu Lasten des Pächters geht.

Finanzierungsleasing vermeiden

Alternativ liegt auch dann kein Finanzierungsleasing vor, wenn während der bei Beginn des Pachtverhältnisses festgelegten Pachtzeit nicht bereits eine vollständige Amortisation der Solaranlage beim Verpächter eintritt. Wer hier auf Nummer sicher gehen will, kann auf Musterverträge zurückgreifen, die von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie oder dem Bundesverband Solarwirtschaft vorab mit der Bafin abgestimmt wurden.

Neben diesen K.-o.-Kriterien der Vertragsgestaltung sind auch die jeweiligen Interessen der beteiligten Vertragspartner im Auge zu behalten.

Wird die Photovoltaikanlage vom Energieversorger oder Solarbetrieb gebaut, der sie später an den Gebäudeeigentümer verpachtet, so ist neben einem Anlagenpachtvertrag ein Dachflächenmietvertrag erforderlich. Mit diesem Vertrag wird der Anlagenverpächter erst ermächtigt, die Anlage auf dem Dach zu bauen.

Die Verträge zur Anlagenpacht und zur Dachmiete sollten dabei aufeinander abgestimmt werden, um Widersprüche zu vermeiden. Besondere Beachtung haben die Rechte der Bank verdient, welche die Photovoltaikanlage für den Anlagenverpächter finanziert. Die Bank will regelmäßig im Grundbuch abgesichert werden und auch bei der Vertragsgestaltung ein Wörtchen mitreden.

Erst Dach mieten, dann verpachten

Das wiederum gefällt dem Anlagenpächter mitunter oft nicht, weil er den Weg der Anlagenpacht gerade gewählt hat, um von den Nebenwirkungen einer Fremdfinanzierung verschont zu bleiben.

Letztendlich ist zu empfehlen, dass sich Verpächter und Pächter schon bei Vertragsbeginn mit ungeplanten Ereignissen auseinandersetzen, die im Laufe der langjährigen Betriebslaufzeit eintreten können. Dazu gehören bauliche Änderungen am Gebäude genauso wie die mögliche Einstellung eines Betriebs, der über die Photovoltaikanlage mit Strom versorgt wird.

Auf Heller und Pfennig durchrechnen

Weil potenzielle Anlagenpächter das Modell im Vorhinein auf Heller und Pfennig durchrechnen müssen, ist letztendlich auch den Betriebsführungs- und Wartungsverträgen ausreichende Beachtung zu schenken.

Derartige Leistungen werden oft direkt im Leistungspaket des Anlagenverpächters angeboten. Mitunter können die entstehenden Kosten darüber entscheiden, ob die Anlagenpacht letztendlich hält, was sie verspricht: eine wirtschaftliche Alternative zu Stromlieferverträgen zu sein.

www.pv-recht.de

Der Autor

Dr. Thomas Binder

ist Rechtsanwalt. Seine Kanzlei in Freiburg im Breisgau ist auf das EEG und Solarenergie spezialisiert. Seit 2004 berät er seine Klienten deutschlandweit zu allen Rechtsfragen rund um die Photovoltaik. Er kennt die technischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründe einer Solarinvestition ebenso wie die Geschäftspraxis zwischen Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Photovoltaikfachfirmen.