„Manchmal komme ich mir vor wie der letzte Mohikaner“, sagt Jörg Protzinger und blinzelt in die Abendsonne, die hinter der Bergkette des Vorarlberger Rheintals untergeht. Er ist mit seinem Planungs- und Installationsbetrieb Stromaufwärts Photovoltaik GmbH in Rankweil der einzige Solarteur weit und breit in dem österreichischen Bundesland. Im Jahr 2003 war das noch anders: Damals herrschte nach Verabschiedung des ersten Ökostromgesetzes mit einer Einspeisevergütung von 60 Cent pro Kilowattstunde für 13 Jahre noch Aufbruchstimmung. „Wir waren 27 Solarteursbetriebe, doch nach und nach mussten fast alle meine Kollegen aufhören oder wandten sich anderen Geschäftsfeldern zu“, erinnert sich Protzinger, der auch im Vorstand des österreichischen Branchenverbandes Photovoltaic Austria sitzt. In seinem eigenen Unternehmen musste er die Zahl der Mitarbeiter von über 20 auf heute acht abbauen. Und wenn er mittlerweile nicht über 95 Prozent seines Umsatzes in Südtirol, Liechtenstein, der Schweiz und dem benachbarten deutschen Westallgäu machen würde, hätte Protzinger noch mehr Mitarbeiter entlassen müssen. Von zehn Megawatt montierte die Firma im vergangenen Jahr nur 400 Kilowatt in Österreich.
Dürftige Jobbilanz
Insgesamt wurden in der Alpenrepublik im Jahr 2008 4,6 Megawatt Solarstromleistung zugebaut, in Deutschland waren es dagegen 1,5 Gigawatt. Entsprechend dürftig sieht die Jobbilanz aus: Die Photovoltaikbranche beschäftigt derzeit in ganz Österreich rund 1.800 Personen – davon 500 bis 600 Installateure – und erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Gesamtumsatz von gerade einmal 338 Millionen Euro.
Grund für die Misere sind die unzureichenden Förderbedingungen. Denn das erste Ökostromgesetz von 2003 wurde schon 2004 vom federführenden Wirtschaftsministerium aufgrund der hohen Nachfrage radikal zusammengestutzt. „Es heißt immer nur Photovoltaik, sei die teuerste Energieform und nicht bezahlbar“, ärgert sich Hans Kronberger, Geschäftsführer von Photovoltaic Austria. „Maßgebliche Wirtschaftskreise und die Regierung ignorieren bis heute die ökonomischen Chancen der Photovoltaik und überlassen die Wertschöpfung lieber den Deutschen und anderen Nachbarländern.“
Mit ganzen 20 Millionen Euro fördert Wien derzeit die Photovoltaik in Österreich. 18 Millionen Euro stehen an Investitionszuschüssen aus dem staatlichen Klima- und Energiefonds (KLI.EN) zur Verfügung, über den jährlich neu entschieden wird. Auf 1,9 Millionen Euro ist die Einspeisevergütung in Höhe von maximal 49,98 Cent pro Kilowatt entsprechend dem mehrfach novellierten Ökostromgesetz begrenzt.
Innerhalb weniger Tage waren beide Töpfe bereits ausgeschöpft. „Mit so einer restriktiven Förderung kommt die Photovoltaik niemals richtig voran“, kritisiert Verbandschef Kronberger. Auch Josef Witke, PV-Beauftragter der Bundesinnung Elektronik in Wien, stößt ins selbe Horn: „Die gesamten Fördermittel reichen gerade aus, dass jeder unserer Installateure pro Jahr maximal zwei neue Anlagen bauen kann. Darauf lässt sich kein Geschäft aufbauen.“ Hinzu kommt, dass die knappen Mittel in vielen Fällen erst stark verzögert bei den Anlagenbetreibern ankommen.
„Meine Kunden warten nun schon seit zwei Monaten auf die bewilligten Investitionszuschüsse aus Wien“, berichtet Stromaufwärts-Chef Protzinger. Nicht viel besser ging es laut Auskunft von Photovoltaic Austria Anlagenbetreibern aus Salzburg, die im Frühjahr eine Einspeisevergütung nach dem Ökostromgesetz beantragten, jedoch bis Mitte August auf die Kofinanzierung des Landes warten mussten.
Genug Interessenten
Weil ein Massenmarkt fehlt, sind zudem die Anlagenpreise höher als in Deutschland oder anderen benachbarten Ländern. Nach Angaben von Photovoltaic Austria kostet das installierte Kilowatt derzeit zwischen 4.500 und 5.000 Euro brutto. Das Potenzial für eine höhere Nachfrage ist jedoch vorhanden, wie die schnelle Überzeichnung der Förderprogramme zeigt. Kronberger verweist darauf, dass sich „schon am Tag der Bekanntgabe des diesjährigen Investitionszuschusses acht- bis zehnmal mehr Interessenten für eine Förderung bewarben, als der Topf hergab.“ Zudem sind die klimatischen Voraussetzungen für die Solarstromerzeugung in dem Alpenland günstig: Mit bis zu 1.900 Kilowattstunden pro Quadratmeter ist die jährliche Sonneneinstrahlung in Österreich höher als in Süddeutschland.
Vorbild Deutschland
Woran es klemmt, ist also die Politik. „Wir brauchen eine Förderung nach Vorbild des erfolgreichen deutschen EEG“, sagt Kronberger. Die Regierungsvorlage für ein novelliertes österreichisches Ökostromgesetz, über das nun entschieden werden soll, bezeichnet der PV-Verbandschef dagegen als „leeren Topf mit Deckel“. Vorgesehen ist ein jährliches Volumen von 2,1 Millionen Euro für die Tarifförderung von Anlagen mit einer Nennleistung von mehr als fünf Kilowatt. „Das reicht gerade aus, um die Warteliste von diesem Jahr zu bedienen“, kritisiert Kronberger. Kleinanlagen mit weniger als fünf Kilowatt Nennleistung sollen künftig ausschließlich einen Zuschuss aus dem Klimaschutzfonds erhalten. Doch die Zukunft der Investitionszulage ist unklar. Laut Einschätzung von Josef Witke soll sie ab kommendem Jahr komplett gestrichen werden, dagegen geht Kronberger davon aus, dass sie fortgeführt wird. Über die Höhe der Investitionszulage und das Gesamtvolumen der Förderung sei allerdings noch nicht entschieden.
Die Innung und PV Austria setzen nun auf eine verstärkte Aufklärungs- und Lobbyarbeit, um der Photovoltaik in dem Alpenland doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. „Wir führen derzeit intensive Gespräche mit Abgeordneten, Ministerien und der Wirtschaftskammer“, sagt Kronberger. „Es geht einfach darum, die Wertschöpfung im Inland zu fördern und an einem weltweiten Wachstumsmarkt teilzunehmen“, schreibt Witke der Politik ins Stammbuch. Die Elektronikinnung jedenfalls geht schon einmal mit gutem Beispiel voran und bietet seit diesem Jahr zusammen mit der Industrie ein- bis dreitägige PV-Schulungsseminare an. Ab Herbst startet zudem an den Berufsschulen eine halbjährige Zusatzausbildung für Elektrotechniker im Bereich Erneuerbare Energien inklusive Photovoltaik. „Wir wollen so gut wie möglich für den Tag X gerüstet sein, wenn die Politik endlich umsteuert“, sagt Witke.