Repowering steht noch am Anfang, noch ist es Neuland. Seit wann befasst sich Adler Solar mit diesem Geschäft?
Sönke Jäger: Wir sind seit Ende 2015 mit unserem Repowering-Team aktiv – allerdings bieten wir bereits seit 2012 solche Dienstleistungen an, die in der Branche unter den Begriff Repowering fallen. Die kleinste Aufdachanlage hatte 60 Kilowatt, die größte war ein Solarpark auf dem Freiland mit 5,6 Megawatt Leistung. Alle Projekte lagen bisher in Deutschland.
Wann ist das Repowering einer Bestandsanlage für den Betreiber interessant?
Stark vereinfacht gesagt: Wenn er damit mehr Geld verdient, als wenn er nichts tut. Unabhängig davon sind natürlich Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Betriebssicherheit der Anlage nicht mehr gewährleistet ist. Insgesamt sind besonders drei Faktoren ausschlaggebend: die Restlaufzeit im EEG, der Vergütungssatz und der zugrunde liegende Minderertrag aus den degradierten Modulen. Durch partielles oder vollständiges Repowering lassen sich betroffene Anlagen zur Nennleistung zurückführen, sodass sich die Wirtschaftlichkeit des Solarparks oder der Dachanlage verbessert.
Welche Rolle spielt die Restlaufzeit?
Interessant ist Repowering für einen Anlagenbetreiber, wenn er die Mehrleistung möglichst lange nutzen kann. Also sollte die Restlaufzeit der Anlage im EEG möglichst lang sein, idealerweise zwischen zwölf und 15 Jahren. Dieser Faktor steht jedoch im Widerspruch zu einer möglichst hohen Einspeisevergütung.
Können Sie das kurz erläutern?
Die Einspeisevergütung bemisst sich ja nach dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Je älter eine Solaranlage ist, desto höher ist die Einspeisevergütung, die seinerzeit gewährt wurde und die 20 Jahre gilt. Alte Anlagen haben aber nur eine geringe Restlaufzeit. Sind die Anlagen jüngeren Datums und haben noch eine interessante Restlaufzeit, ist natürlich die Einspeisevergütung geringer. Hieraus ergibt sich, dass besonders junge und besonders alte Anlagen unter wirtschaftlichen Aspekten tendenziell weniger interessant sind als Anlagen mittleren Alters.
Welche Anlagen sind derzeit besonders interessant?
Alle Anlagen aus 2007 bis 2012. Photovoltaikanlagen, in denen Module mit geringem Nennwirkungsgrad verbaut wurden, sind unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten interessant. Denn zum Repowering der ursprünglichen Nennleistung wird durch den mittlerweile deutlich höheren Modulwirkungsgrad wesentlich weniger Fläche benötigt. Somit besteht die Möglichkeit, eine Anlagenerweiterung als Neuanlage anzumelden. Dies kann die Rentabilität des Repowerings erhöhen. Auch der Ersatz der Wechselrichter kann die Wirtschaftlichkeit erhöhen. Mit neuen Geräten lassen sich bis zu vier Prozent mehr Ertrag erzielen.
Angenommen, die Sache ist für einen Betreiber wirtschaftlich interessant. Worauf ist aus technischer Sicht zu achten?
Aus technischer Sicht ist insbesondere darauf zu achten, dass die neu verbauten Solarmodule oder Wechselrichter mit der vorhandenen Anlagenperipherie kompatibel sind. Darüber hinaus sind die zum Zeitpunkt des Repowerings geltenden normativen Anforderungen zu berücksichtigen, die sich innerhalb der letzten Jahre teilweise geändert haben. Dies betrifft unter anderem den Schutz vor Bränden oder Überspannung.
Lohnt sich ein Repowering der Verkabelung?
Grundsätzlich sind Zustand und die Eignung der Verkabelung im Rahmen des Repowerings zu überprüfen. Manchmal wurden die Kabel seinerzeit zu gering dimensioniert. Größere Querschnitte verringern die Leitungsverluste und erlauben höhere Ströme aus den Strings. Auf dem Dach ist eine neue Verkabelung meist relativ einfach umsetzbar. Bei Solarparks ist das wegen erdverlegter DC-Hauptleitungen und teilweise der Stringleitungen in der Regel aufwendiger.
Haben Sie auch schon einmal Unterkonstruktionen verstärken müssen?
Weil wir oft Dünnschichtmodule durch kristalline Module ersetzen, müssen wir die Montagesysteme anpassen. In der Regel stellt dies kein Problem dar. Hierbei stellen wir aber regelmäßig fest, dass sowohl die Tragfähigkeit der Gebäude als auch die Standfestigkeit des Solargenerators selbst nicht den Ansprüchen der DIN 1055 genügen. In den Boomjahren des schnellen Zubaus wurden die Anlagen oftmals von fachfremden Akteuren installiert, ohne das Bauvorhaben statisch zu prüfen. Als Konsequenz ist es schon vorgekommen, dass wir Anlagen vom Dach nehmen und statisch neu auslegen mussten.
Wie viele Anlagen sind davon betroffen?
Ich schätze, dass zwischen 70 und 80 Prozent der Bestandsanlagen aus den Jahren 2007 bis 2012 statisch nicht ausreichend geprüft und nachgewiesen worden sind. Da wurde häufig recht lässig verfahren.
Worauf ist beim Repowering noch zu achten?
Wie gesagt, technisch lässt sich das immer lösen. Schwieriger sind die Abstimmungen mit den Verteilnetzbetreibern. Die Abstimmung ist manchmal kompliziert, denn auf der anderen Seite des Telefons herrscht viel Unkenntnis über die rechtlichen Grundlagen beim Ersatz von Solarmodulen aufgrund eines technischen Defekts. Deshalb ist die Abstimmung mit dem Energieversorger immer das Erste, was wir im Prozess des Repowerings anstoßen. Das ist definitiv der neuralgische Punkt.
Warum?
Meistens geht es um den Nachweis des technischen Defekts (im Sinne des EEG) an den zu tauschenden Modulen. Wer ohne Berücksichtigung der Anforderungen aus dem EEG und insbesondere ohne Abstimmung mit dem verantwortlichen Verteilnetzbetreiber Solarmodule ersetzt, riskiert den Verlust der Einspeisevergütung. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist beim Repowering eigentlich verständlich. Aber die Rechtsprechung gestaltet sich nicht homogen. Verschiedene Gerichte haben beispielsweise den Anlagenbegriff unterschiedlich ausgelegt. Natürlich kann man sich bei Konflikten immer auf das EEG berufen. Aber so eindeutig ist die Rechtslage oftmals nicht. In der Regel streben wir eine gemeinsame Übereinkunft mit dem Verteilnetzbetreiber an.
Wie sehen Sie die weiteren Aussichten für das Repowering?
Die Aussichten für das Repowering schätze ich aufgrund des Preisverfalls bei den Solarmodulen als sehr positiv ein. Zudem lässt sich die Wirtschaftlichkeit des Repowerings durch die Anmeldung einer Anlagenerweiterung als Neuanlage steigern. Darüber hinaus besteht ab Januar 2017 durch das neue EEG die Möglichkeit, auch Freiflächenanlagen auf dafür geeigneten Flächen um bis zu 750 Kilowatt zu erweitern, ohne an Ausschreibungen teilzunehmen.
Was bedeutet das genau?
Wenn Sie einen Solarpark mit drei Megawatt beispielsweise auf einer Konversionsfläche betreiben, können Sie ihn durch Repowering um 750 Kilowatt erweitern und dabei anders als sonst bei neu zu errichtenden Freiflächenanlagen eine feste Einspeisevergütung für die Anlagenerweiterung erhalten.
Die Fragen stellte Heiko Schwarzburger.
Sönke Jäger
arbeitet als Technical Director Repowering bei Adler Solar in Bremen. Der studierte Wirtschaftsingenieur ist zertifizierter Sachverständiger für Photovoltaik. Zusammen mit Michael Reck, Head of Repowering, berät er Kunden hinsichtlich Ertragsoptimierungen, um eine Photovoltaikanlage zurück zur ursprünglichen Nennleistung zu bringen.