Christian Rautenberg, Chef der Sybac Solar im rheinland-pfälzischen Kehrig, setzt eigentlich vor allem auf Kunden in seiner näheren Umgebung. Doch im vergangenen Jahr beschäftigte ihn besonders ein Projekt im Osten Deutschlands. Denn für die Wohnungsbaugenossenschaft Wittenberg (WBG) hat Sybac Solar eine technische Lösung entwickelt, mit der die Genossenschaft erstmals Plattenbauten mit ihren typischen Flachdächern für Solartechnik nutzen kann.
Rüdiger Pohl, technischer Leiter der WBG, ist daher heute nicht nur oberster Hausmeister des Großvermieters, sondern auchKraftwerksbetreiber. Im November wurde das größte Installationsprojekt auf ostdeutschen Plattenbauten abgeschlossen. Mehr als ein Megawatt Leistung können die Solarzellen jetzt als Spitzenleistung erzeugen, auf 39 Dächern arbeiten Photovoltaikanlagen. Wittenberg ist damit Solarhauptstadt im Osten.
Mit Satteldächern begonnen
„Wir haben zunächst im Jahr 2005 mit älteren Gebäuden begonnen, auf deren Satteldächern sich relativ problemlos kristalline Module anbringen lassen“, sagt Pohl. Aus einer Ausschreibung der Genossenschaft, die in der Lutherstadt an der Elbe rund 3.000 eigene Wohnungen verwaltet, ging damals die Firma Suntechnics aus Hamburg als Sieger hervor.Alles war bestens, heißt es bei den Wittenbergern, die im Sommer 2006 die Inbetriebnahme des ersten Bauabschnittes mit 13 Anlagen feierten. Seither liegen die Erträge, die laut Kalkulation bereits einen ordentlichen Gewinn erwarten ließen, um fast 20 Prozent über den Planwerten. Doch als es 2007 weitergehen sollte und eigentlich mit Suntechnics alles längst geregelt schien, kam zunächst Sand ins Auftragsgetriebe. „Es gabvermutlich Lieferengpässe; wir wissen nicht, warum das Unternehmen unser Geld nicht mehr wollte“, sagt WBG-Vorstand Hans Keller. Doch schließlich kam mit der Sybac Solar eine Rettung, die man inzwischen in Wittenberg als glückliche Fügung ansieht. „Die technische Lösung, mit der wir jetzt erstmals die typischen Plattenbauten mit ihren Flachdächern für Solartechnik nutzen können, ist eine optimale kreative Lösung der Sybac“, sagt Keller. Alles habe reibungslos abgewickelt werden können. Im November ging der letzte der 26 Wohnblöcke ans Netz.
Dach statisch nicht belastet
Rückblickend ist auch Sybac-Chef Christian Rautenberg sehr zufrieden mit dem Projekt, obwohl die Wittenberger seiner Einschätzung nach „geschickt und hart verhandelt“ haben. Für Planung, Lieferung und Montage der installierten 740 Kilowatt auf den 26 Plattenbauten zahlte die Wohnbaugesellschaft 3,4 Millionen Euro. „Die Statik der Gebäude mit Flachdach war eine ungeheuer große Herausforderung“, sagt Rautenberg.Letztlich wählte Sybac Solar eine völlig neue Lösung: Die Techniker überbrückten die komplette Dachfläche zwischen den tragenden Außenwänden und dem ebenfalls belastbaren Mittelteil mit Aluminium-Traversen, auf denen die Ständer für die Module montiert werden konnten. Damit wird das Dach statisch entlastet und die Dachfläche kann nicht nur in den schmalen, tragfähigen Bereichen, sondern komplett für die Aufständerung von Modulen genutzt werden. Die Zahl der Durchbrüche der Dachhaut für die Befestigung wird minimiert, zudem können nun sämtliche Module ohne Mehrkosten auf Südrichtung gedreht werden. Ein entscheidender Vorteil ist zudem die Windstabilität, die durch die zweiteilige Aufstellung der Module erreicht wird, erläutert Rautenberg. Das Montagesystem ist eine Eigenentwicklung des 30 Mitarbeiter starken Betriebs, der im vergangenen Jahr einen Umsatz von 40 Millionen Euro erzielte. Montiert wurde die Anlage von der Ra Lux AG aus dem sächsischen Oelsnitz, einer Tochterfirma der Rheinland-Pfälzer.„Manchmal ist es sogar gut, wenn es noch keine fertigen Lösungen aus dem Baukasten gibt“, sagt Rautenberg, nachdem die Anlage läuft. Für ihn ist sie ein wichtiges Referenzobjekt. Denn gerade Plattenbauten mit ihren Flachdächern werden bislang kaum für PV-Anlagen genutzt. Zu problematisch, zu wenig rentabel, zu unsicher, ob die Häuser überhaupt noch 20 Jahre lang genutzt werden, so lauten die wichtigsten Gründe für diebisherige Zurückhaltung. Und dort, wo kleinere Versuche unternommen wurden, sind die Erfahrungen vor allem aus Ertragssicht meist durchwachsen. So auch in Leipzig, wo sich die kommunale Wohnungs- und Baugesellschaft LWB 2004 zu einem Solar-Versuch entschloss. Damals wurde zunächst auf einem einzelnen Block eine PV-Anlage mit einer Leistung von 27 Kilowatt errichtet. „Die 143.000 Euro Investitionskosten haben wir komplett zinsgünstig über die KfW finanziert, dadurch bleibt uns nach den Anlaufkosten ab dem Jahr 2008 ein Überschuss“, sagt LWB-Sprecher Gregor Hoffmann. Bei einer zwei Jahre später installierten Anlage habe man jedoch wegen zusätzlicher Sicherungen des Daches und der geringeren Einspeisevergütung bei nahezu gleichen Modulpreisen nur noch einen marginalen Gewinn: Laut Kalkulation bleiben nach 20 Jahren lediglich 14.000 Euro in der Kasse des Vermieters. „Wir sehen zu den heutigen Kosten und Erlösen für uns keinen großen Anreiz, weitere Anlagen zu errichten“, sagt Hoffmann. Denn das kommunale Unternehmen ist durch hohe Kreditlasten und niedrige Mieten ohnehin zu einer Entschuldungsstrategie gezwungen: Anstatt neuer Investitionen ist Sparen angesagt.
Schub für PV auf der Platte
Doch wenn sich die positiven Erfahrungen aus Wittenberg herumsprechen, könnte das nicht nur in Leipzig einen Schub für die Photovoltaik auf Plattenbauten auslösen.„Wir haben die Technik im Griff, alles arbeitet bislang 100-prozentig zuverlässig“, sagt WBG-Mitarbeiter Pohl. Sybac-Chef Rautenberg ist jedenfalls zuversichtlich, bald noch mehr Geschäfte östlich der Elbe zu machen. „Unser Montagesystem für die Flachdächer der Plattenbauten ist ein richtiger Renner, das Interesse ist groß“, sagt er. Derzeit liefen Verhandlungen mit „mehreren führenden Wohnbaugesellschaften aus den neuen Bundesländern“.