Eigentlich sollte zum 1. Januar 2013 die Neuregelung der Förderung erneuerbarer Energien in Polen in Kraft treten. Dass dieser Termin nicht zu halten ist, zeichnete sich bereits im vergangenen Herbst ab. Derzeit gibt es noch Diskussionen über die neue Ausgestaltung der Förderung. Dies betreffe vor allem die großen Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien, die über ein zu änderndes Zertifikatesystem gefördert werden sollen, sagt Rechtsanwalt Christian Schnell, Partner der Kanzlei DMS Debenedetti Majewski Szcze?niak in Warschau.
Mit dem Gesetz, so erwarten es viele Experten, könnte auch endlich der Photovoltaikausbau in Polen maßgeblich vorangebracht werden. Derzeit befinde sich der Gesetzesvorschlag im ständigen Ausschuss des Ministerrats. Dort diskutierten die Vizeminister, bevor das Wirtschaftsministerium schließlich den endgültigen Gesetzentwurf für das Kabinett erarbeiten werde. „Dieser abgestimmte Entwurf wird laut Wirtschaftsministerium bis Ende März im Kabinett verabschiedet werden“, sagt Christian Schnell. Nach dem Kabinett muss das Gesetz dann vom Parlament beraten werden. Schnell rechnet damit, dass das neue Gesetz nicht vor dem 1. Januar 2014 in Kraft treten wird.Dies liege aber vor allem am Notifizierungsprozess. Die polnische Regierung wolle das neue Gesetz gleichzeitig bei der EU aufgrund des Beihilferechts notifizieren lassen, was voraussichtlich sechs bis acht Monate dauern werde, sagt der Rechtsanwalt.
Die bislang bekannt gewordenen geplanten Regelungen für kleine Anlagen mit weniger als 100 Kilowatt Leistung versprechen attraktive Rahmenbedingungen für die Photovoltaik. Die kleinen Erneuerbaren-Energien-Anlagen sollen über Einspeisetarife gefördert werden. Derzeit werde diskutiert, ob ein gewisser Anteil an Eigenverbrauch des Solarstroms bei kleinen Photovoltaikanlagen vorgeschrieben werden soll, sagt Schnell. Zudem könnten die Einspeisetarife nicht nur jährlich, sondern auch gekoppelt an bestimmte Zubauschritte abgesenkt werden. So gebe es Pläne, dass die Einspeisetarife bei einem Zubau von 500 Megawatt auf 90 Prozent reduziert werden; bei 600 Megawatt könnten sie auf 50 Prozent sinken. Auch müsse man sehen, wie sich mögliche Fördermittel für kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen aus dem EU-Haushalt auswirkten. Im noch nicht verabschiedeten Budget für 2014 bis 2020 sind Schnell zufolge 2,3 Milliarden Euro für Investitionen in Erneuerbare-Energie-Anlagen eingeplant, die wesentlich für den Ausbau von Kleinanlagen genutzt werden sollen.
Weitaus verzwickter ist die Lage allerdings bei der Förderung von Anlagen mit mehr als 100 Kilowatt mit dem bereits bisher geltenden Quotenmodell. Ein nachgebessertes Zertifikatesystem soll den Bau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen deutlich attraktiver machen. Dafür will die polnische Regierung einen technologieabhängigen Korrekturfaktor einführen. Für die Photovoltaik soll er in den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten bei bis zu 2,85 liegen. Bislang gibt es ein Zertifikat für eine Erneuerbare-Energien-Anlage pro Kilowattstunde unabhängig von der eingesetzten Technologie. „Derzeit stehen die Korrekturfaktoren nicht in der Diskussion, was sehr positiv ist“, sagt Schnell.
Überangebot an Zertifikaten
Insgesamt ist die Lage bei den Grünstrom-Zertifikaten allerdings aktuell kritisch. Da Polen auch das sogenannte Co-Firing von Biomasse mit Grünstrom-Zertifikaten fördert und dies voraussichtlich nicht wie zuvor geplant 2014 abgeschafft, sondern erst 2017 auslaufen wird, besteht ein Überangebot, wie der Rechtsanwalt erläutert. Infolge des Überangebots sinkt der Preis für die Zertifikate – derzeit liegt er bei etwa 70 Prozent der Kompensationsgebühr. Um ihn für Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen attraktiv zu halten, dürfe der Zertifikatepreis aber nicht unter 75 bis 80 Prozent der Kompensationsgebühr sinken. Dies sei der sogenannte Headroom, was durch eine Verpflichtung des Wirtschaftsministeriums zur Erhöhung der Quoten bei Unterschreiten des Headroom im EEG-Entwurf geregelt wird.
Zurzeit werden Auswege aus dem Dilemma des Überangebots von Zertifikaten diskutiert. Dabei gebe es eine Kombination von Möglichkeiten, um das Überangebot an Grünstrom-Zertifikaten kurz- und mittelfristig zu beseitigen, sagt Schnell. Einerseits solle der vorgeschriebene Anteil an erneuerbaren Energien, das heißt die Quote, die bis 2020 gilt, per Verordnung moderat erhöht werden, so dass mehr Grünstrom-Zertifikate gebraucht würden. Zusätzlich sollte Biomasse zertifiziert werden, wie Schnell weiter sagt, um den unkontrollierten Import von Biomasse außerhalb der EU von voraussichtlich vier Millionen Tonnen in diesem Jahr in einem vertretbaren und nachhaltigen Rahmen zu halten. Schließlich soll der nationale Umweltfonds den aktuellen Überhang an Zertifikaten, der im Wesentlichen von der staatlichen Energiewirtschaft in den letzten beiden Jahren verursacht wurde, einmalig aufkaufen.
Doch wie genau die genannten Lösungen ausgestaltet werden, muss der Gesetzentwurf zeigen. Spätestens Ende März sollte es allerdings mehr Klarheit geben.