Eigenstromerzeugung ohne Hindernisse, geringer bürokratischer Aufwand und Netmetering: Das könnten die drei Säulen einer künftigen Strommarktordnung sein, die ohne Vergütungszahlungen für Ökostromanlagen auskommt.
Der Ökostromanbieter Westfalen Wind mit Sitz in Paderborn hat Vorschläge für einen Ausbau der Photovoltaik in Deutschland jenseits einer Einspeisevergütung auf den Tisch gelegt, wie sie im EEG geregelt ist. Kernpunkt dieser Vorschläge ist die Tatsache, dass Solarenergie inzwischen so preiswert produziert werden kann, dass sie längst mit dem Strom aus dem Netz konkurrieren kann. Selbst für Gewerbestromverbraucher ist der Strom aus einer eigenen Photovoltaikanlage preiswerter als der vom Versorger. „Mit Gestehungskosten von zirka zehn Cent pro Kilowattstunde und weiter fallenden Preisen rangieren Photovoltaikanlagen in der gleichen Größenordnung wie andere Haustechnik, werden aber regulatorisch völlig anders behandelt“, betonen die Paderborner.
Solaranlage nur noch anmelden
Hier setzt auch der Änderungsbedarf an. Denn während für die passive Nutzung der Solarstrahlung durch Fenster, Fassaden oder Solarthermieanlagen keine Steuern anfallen, diese nicht anmeldepflichtig sind, die Erträge auch nicht mit Umlagen belastet werden, stehen der Photovoltaik riesige Hürden im Weg, die von der Politik in den vergangenen Jahren noch weiter ausgebaut wurden. So fallen allein für den administrativen Aufwand, den ein Anlagenbesitzer jährlich betreiben muss, so hohe Kosten an, dass allein der bekannte Teil der Verwaltungskosten den Strompreis um sechs Cent pro Kilowattstunde in die Höhe treiben. Mit dem neuen Mieterstromgesetz wird der bürokratische Aufwand noch weiter auf die Spitze getrieben.
Deshalb schlagen die Westfalen vor, dass der Betreiber eine Solaranlage von der Errichtung beim Netzbetreiber nur noch mit der Höhe der geplanten Leistung anmelden sollte. Der Netzbetreiber wiederum prüft die technischen Voraussetzungen und ersetzt den Zähler am Netzanschlusspunkt durch einen Zweirichtungszähler.
Das Netz nicht nur als Speicher
Damit wird das sogenannte Netmetering möglich. Das heißt, der Anlagenbetreiber speist den Strom ins Netz ein, wenn er ihn nicht selbst verbraucht. Dieser Strom kann von anderen Verbrauchern genutzt werden. Reicht der Ertrag aus der Solaranlage nicht aus, um den eigenen Strombedarf zu decken, entnimmt er den Strom bis zu der Menge, die er vorher eingespeist hat. Dafür zahlt er eine monatliche Netznutzungsgebühr von vier Euro pro Kilowatt installierter Photovoltaikleistung, zusätzlich zur ohnehin anfallendem Jahresgrundgebühr. Braucht er mehr Strom als er vorher eingespeist hat, muss er diesem mit allen anfallenden Umlagen und Abgaben vom Versorger kaufen. Auf diese Weise bekommt der Netzbetreiber die Netzdienstleistungen vergütet, die er vorhalten muss. Dies sollte auch für Bewohner von Mehrfamilienhäusern oder Hauseigentümer gelten, die sich zu einer Netmeteringgemeinschaft zusammenschließen können. Im Gegenzug bekommt der Anlagenbetreiber keinerlei Vergütung nach dem EEG mehr.
Sektorkopplung für Flexibilisierung
Eine solche Strommarktordnung würde die Eigenstromerzeugung nicht mehr behindern. Zudem könne das als Anreiz gesehen werden, die Solaranlage so groß zu dimensionieren, dass weitere Anwendungen mit dem Photovoltaikstrom betrieben werden, wie Wärmepumpen, elektrische Heizstäbe oder Elektroautos.Zudem wären solche Anwendungen benötigte Flexibilitätsoptionen, die zusammen mit verschiedenen weiteren Möglichkeiten der Verbrauchsanpassung an die Stromerzeugung genutzt werden können. „Solange wir ein Gebühren- und Umlagensystem haben, das jede Kilowattstunde gleich belastet, schaffen wir für die Kombination von Eigenerzeugung und Verbrauch den Anreiz, nur die eigene Insel zu optimieren, aber nicht das System“, betonen die Experten von Westfalen Wind. „Dieser Ansatz ist falsch, weil er letztlich die Energiewende erschwert und die Kosten erhöht. Für die Nutzung der Flexoptionen muss es eine klar strukturierte Zuständigkeit geben, die die Optimierung des Gesamtsystems im Auge hat.“ (su)