Nachdem mehrere Ökostromanbieter bereits vor Monaten ein alternatives Vermarktungsmodell aufgestellt haben, gehen sie jetzt in die Offensive. Sie präsentieren das Modell für jeden transparent im Internet und fordern die Politik zum Handeln auf.
Mehrere Ökostromanbieter fordern schon seit Monaten neue Vermarktungsregeln für Strom aus erneuerbaren Quellen. Dazu haben sie ein entsprechendes Marktmodell vorgestellt. Dieses „Grünstrom-Markt-Modell“ präsentieren die Anbieter jetzt in Internet, um die Stromkunden konkret darüber zu informieren, wie es funktionieren soll.
Zertifizierten Ökostrom liefern
Grundlage ist, dass der Kunde die direkte und nachvollziehbare Versorgung der Kunden mit echtem Ökostrom garantieren bekommt. Zusätzlich könnte mit diesem Modell die schwankende Versorgung aus Wind und Sonne besser an die tatsächliche Nachfrage angepasst werden. Schließlich verpflichten sich die Anbieter, dass der Strom aus ihren Vertragsanlagen auch von Kunden direkt verbraucht wird. Fallen Überschüsse an, kann er versuchen, diese an einen anderen Kunden anzubieten. Gelingt das nicht und der Strom muss an der Börse vermarktet werden, muss der Ökostromanbieter eine Strafe zahlen, die dem EEG-Konto gutgeschrieben wird. „Dadurch entsteht ein finanzieller Anreiz für Stromanbieter, die schwankende Energieerzeugung aus Erneuerbaren besser mit der Nachfrage ihrer Kunden in Einklang zu bringen, etwa durch Lastverschiebung oder durch Speichertechnologien“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Energiepolitik bei Greenpeace Energy. „Statt Nachfrage nach sauberen Strom anzureizen, zielt das Marktprämiensystem des EEG hingegen darauf ab, Windkraft- und Photovoltaikanlagen bei negativen Börsenpreisen einfach abzuschalten. Das ist ökologisch und ökonomisch falsch.“
Bisher fehlt meist der Herkunftsnachweis
Das zum 1. August reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht bisher vor, dass Betreiber neuer Ökostrom-Anlagen ihren Strom in der Regel über das so genannte Marktprämiensystem an der Strombörse verkaufen müssen. Weil in diesem System aber keine Herkunftsnachweise für Grünstrom ausgestellt werden dürfen, kann dieser Strom auch nicht als Ökostrom an Endkunden geliefert werden. „Ökostromkunden wollen aber wissen, aus welchen konkreten Anlagen ihr Strom wirklich kommt“, begründet Daniel Hölder, Leiter Energiepolitik von Clean Energy Sourcing, die Notwendigkeit eines neuen Vermarktungsmodells. „Das gilt gleichermaßen für private Haushaltskunden wie für große Industrieunternehmen. Unser Modell ist deshalb eine transparente, kostenneutrale und ökologisch sinnvolle Ergänzung zum bestehenden EEG“, betont er.
Ergänzung zum Marktprämienmodell
Die Anbieter sehen das Marktmodell als Ergänzung zum Marktprämiensystem. Sie gehen dabei aber einen anderen Weg. Die Anlagenbetreiber verkaufen ihren Strom direkt an einen Versorger, der ihnen dafür den vollen Preis bezahlt. Dieser Grünstrom wird dann direkt an den Endkunden weitergegeben. Der Vorteil für alle Beteiligten: Der Betreiber vermarktet seinen Strom regional direkt und der Stromlieferant kann seinen Kunden zertifizierten Ökostrom anbieten. Schließlich weiß er genau, aus welchen Anlagen der Strom kommt. Dabei fällt der riesige Umweg über die Strombörse weg, wo der Ökostrom in der Regel als Graustrom ohne Herkunftsnachweis verkauft wird. Die Differenz zwischen dem Marktpreis und der Einspeisevergütung bezahlen die Netzbetreiber. Um das EEG-Konto nicht zu belasten, zahlen die Ökostromkunden die normale EEG-Umlage. Zusätzlich leisten die Anbieter eine Ökostromzahlung von anfänglich 0,25 Cent pro Kilowattstunde. Das ist der Preis für die Zertifizierung. Diese Ökostromzahlung steigt allerdings mit wachsendem Anteil des regenerativen Stroms im Modell der Ökostromanbieter.
Ökostrom nicht an der Börse verramschen
„Das Modell trägt außerdem zur Akteursvielfalt bei, weil die Marktmacht nicht in die Hände weniger Direktvermarkter gelegt wird“, erklärt Sebastian Sladek von den Elektrizitätswerken Schönau. „Auch die Politik hat erkannt, dass man in Zukunft nicht den gesamten Ökostrom an der Börse verramschen darf“, ergänzt Oliver Hummel, Vorstand von Naturstrom. „Wir wollen für das von uns entwickelte Grünstrom-Markt-Modell möglichst bald einen Konsens in Branche und Politik herstellen, damit die Verordnung für ein ergänzendes ökologisches Direktvermarktungssystem bereits 2015 schnellstmöglich in Kraft treten kann. Bisher beteiligen sich Clean Energy Sourcing, Greenpeace Energy, die Elektrizitätswerke Schönau und Naturstrom an diesem Modell. (Sven Ullrich)