Kommt er, kommt er nicht? Er kommt tatsächlich, mit geschickt inszenierter 45-minütiger Verspätung. Und wie: Brausender Applaus empfängt Arnold Schwarzenegger im Festsaal des San Diego Convention Center schon. Und der legt dann so richtig los: „Ich bin beeindruckt, wie sich die Branche seit meiner letzten Rede bei der Solar Power 2006 entwickelt hat“, sagt der kalifornische Gouverneur mit unüberhörbarem österreichischem Akzent. Die Entwicklung der Solarenergie sei „spannender als jeder Actionfilm“, ihre Verfechter „die wahren Helden“. Gerade jetzt, wo es der Wirtschaft schlecht gehe, seien Solar, Wind & Co. die wirklichen Jobmotoren. Sein Traum: „Ich stelle mir vor, wie ich in ein paar Jahren mit dem Hubschrauber über Los Angeles fliege und kein einziges Flachdach mehr ohne Photovoltaikmodule ist.“ Mit stehenden Ovationen danken Tausende von Messeteilnehmern dem Ex-Terminator seine Worte – und der geht in die ersten Reihen und schüttelt Dutzende von Händen.
Milliardenpaket für Solar
Die Szene spiegelt die Aufbruchstimmung während der gesamten Solar Power International 2008. Mit 22.500 Besuchern aus über 70 Ländern stellte die Kongressmesse einen neuen Teilnehmerrekord auf. 2007 wurden 12.500 Besucher gezählt. Die diesjährige Veranstaltung war seit Monaten ausgebucht. Über 400 Interessenten für einen Messestand gin gen leer aus, 425 Aussteller wurden zugelassen. So ironisch es klingen mag: Die Krise an der Wall Street bescherte dem Branchenevent zusätzlich Auftrieb. Denn was die ganzen Monate zuvor unmöglich schien, wurde nun wahr: Die Steuerkredite für Solaranlagen (Federal Investment Tax Credit – ITC) wurden vom US-Senat Anfang Oktober 2008 verlängert, als Teil des 700 Milliarden Dollar schweren Pakets zur Stabilisierung der Wirtschaft (Emergency Economic Stabilization Act). 18 Milliarden Dollar kommen nun der Solarenergie zugute. Finanziert wird damit eine achtjährige Verlängerung der zu Ende des Jahres auslaufenden Steuerkredite in Höhe von 30 Prozent der Nettosystemkosten für kommerzielle PV- Anlagen. Zudem profitieren nun auch Privatanlagenbetreiber voll von der Steuerersparnis. Bisher galt für sie eine maximale Abschreibbarkeit von 2.000 Dollar. Auch Energieversorgungsunternehmen, die in Photovoltaik investieren, können ab 1. Januar 2009 die Steuererleichterung in Anspruch nehmen.
440.000 neue Jobs erwartet
Seit vergangenem Jahr hatte die Solarlobby für eine mindestens sechsjährige Verlängerung der nationalen Steuerkredite gekämpft. Denn auch die Förderprogramme fortschrittlicher Staaten wie Kalifornien reichen nicht aus, um der Photovoltaik auf breiter Ebene zum Durchbruch zu verhelfen. Umso größer ist nun die Freude: „Diese Regelung ist ein entscheidender Schritt auf unserer langen Reise Richtung Unabhängigkeit von Energieimporten und stellt sicher, dass die Solarenergie ein wichtiger Bestandteil der Energiezukunft der Vereinigten Staaten sein wird”, sagte Rhone Resch, Präsident des US-Verbands SEIA (Solar Energy Industry Association).
Die Euphorie wird durch eine Studie der Unternehmensberatung Navigant Consulting gestützt, deren Ergebnisse zur Einstimmung der Vorträge im Kongresszentrum auf riesigen Flachbildschirmen präsentiert wurden: Demnach schafft die Steuerkreditausweitung über 440.000 neue Jobs und löst private Investitionen in Höhe von mindestens 325 Milliarden Dollar in die Solarindustrie aus. 27 Projekte von Energieversorgungsunternehmen mit insgesamt 5,4 Gigawatt, die derzeit in verschiedenen Stadien der Entwicklung seien, würden durch die neue Regelung auf den Weg gebracht. Die jährliche Solarstromerzeugung werde bis 2016 auf 28 Gigawattstunden ansteigen, genug, um mehr als sieben Millionen Haushalte zu versorgen.
Zufriedene Aussteller
Ob die Steuerkredite wirklich so einen Schub für die Photovoltaik auslösen, wird sich zeigen. Die Aufbruchstimmung auf der Messe war jedenfalls allgegenwärtig. Bei einem Rundgang am letzten Ausstellungstag zeigten sich beinahe alle befragten Aussteller mehr als zufrieden. „So ein ernsthaftes Kundeninteresse haben wir noch selten erlebt“, sagte beispielsweise Clark Taylor von der US-Niederlassung des Stuttgarter Fabrikbauers M+W Zander. Auch Axel Krannich, Chef des schwäbischen Großhändlers Krannich Solar, mit einer Niederlassung an der US-Ostküste, zeigte sich sehr zufrieden: „Die Messe übertraf unsere Erwartungen bei Weitem, wir rechnen mit einem großen Wachstumsschub durch die ITC-Verlängerung.“ Elmar Niewerth, Chef des Projektierers Think Solar in Oakland, ging sogar so weit zu sagen, dass „die Bankenkrise das Beste ist, was uns je passieren konnte“. Allein an seinem Messestand hätten vier Bankvertreter vorgesprochen, die nun verstärkt in Photovoltaik investieren wollten, weil sie dies als zukunftsträchtig und sicher einschätzten. Keine schlechten Aussichten also für die Solarenergie über dem großen Teich, wenn die Finanzkrise nicht doch noch größere Kreise zieht! Hoffnungsvoll stimmt auch, dass beide Präsidentschaftskandidaten eine verstärkte Förderung von erneuerbaren Energien ankündigten.