Es war ein echter Knüller für die Solarbranche in der Tschechischen Republik, als Ende Mai 2017 die Regierung ein Förderprogramm für gewerbliche Photovoltaikanlagen ankündigte. Damals waren schon dunkle Wolken über die von den Sozialdemokraten geführte Regierung gezogen, nachdem dem Vizepremier und Finanzminister Andrej Babiš von der liberalen ANO-Bewegung Steuerbetrug vorgeworfen wurde.
Dennoch brachte der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Jií Havlíek den Ball noch ins Rollen und bis zu den Neuwahlen im Oktober 2017 hat er die erste Runde der Förderung durchgezogen. Bis vier Tage vor der Parlamentswahl wurden Förderanträge angenommen. Derzeit läuft schon die zweite Runde der Unterstützung.
Solar für Gewerbebetriebe
Ursprünglich war die Unterstützung im Rahmen des Investitionsprogramms „OP Podnikani a inovace pro konkurenceschopnost“ (Unternehmen und Innovationen für Wettbewerbsfähigkeit – Oppik) nur für gewerbliche Photovoltaikanlagen mit Speichern gedacht. Insgesamt standen für die Förderung Mittel in Höhe von 18,7 Millionen Euro zur Verfügung. Pro Kilowatt installierter Photovoltaikleistung sollten Speicher mit mindestens fünf Kilowattstunden Kapazität integriert werden – ein nicht gerade wirtschaftliches Verhältnis.
Bis zu 80 Prozent Förderung
Doch als die erste Runde gestartet wurde, war die Verpflichtung einer Speicherintegration aus den Förderrichtlinien verschwunden. „Die grundsätzliche Voraussetzung ist aber immer noch, dass der Solarstrom hauptsächlich direkt vor Ort verbraucht wird“, erklärt Petra Pisková, Sprecherin des tschechischen Branchenverbrands Solární Asociace. Immerhin 70 Prozent des Solarstroms müssen die Unternehmen selbst verbrauchen, wenn sie in den Genuss des Investitionszuschusses kommen wollen. Nur maximal 30 Prozent dürfen sie in das öffentliche Netz einspeisen. Der Zuschuss beläuft sich – je nach Umfang der Investition – auf eine Summe zwischen 300.000 und 100 Millionen tschechischer Kronen. Das sind umgerechnet zwischen 11.800 und fast 395.000 Euro.
Bei der Förderung unterscheidet das Wirtschaftsministerium zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen, die mit einer Solaranlage, ob mit oder ohne Speicher, ihre Stromrechnung verringern wollen. Kleine Unternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten können immerhin üppige 80 Prozent der förderfähigen Investitionskosten bekommen. Mittlere Unternehmen mit maximal 249 Mitarbeitern erhalten immerhin noch einen Zuschuss von 70 Prozent auf die förderfähigen Investitionskosten. Für große Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten ist der Zuschuss auf 60 Prozent der förderfähigen Kosten beschränkt.
Dabei werden die Kosten, die bezuschusst werden, sehr großzügig ausgelegt. Eigentlich kann das Unternehmen fast alles ansetzen. Ausgeschlossen sind nur solche Kosten, die nicht unmittelbar mit dem Bau der Solaranlage zusammenhängen. Dazu gehören neben der Mehrwertsteuer auch der Kauf von Grundstücken, Verwaltungsgebühren, Kosten für die Finanzierung der Anlage und Versicherungen. Dabei muss das Unternehmen unbedingt belegen, dass der Bau der Solaranlage zur Einsparung des Strombezugs aus dem Netz führt.
Außerdem dürfen die Investitionskosten nicht über 30.000 Kronen (1.182 Euro) liegen, um ein Gigajoule Energie aus dem Netz einzusparen. Das sind etwa 277 Kilowattstunden. Eine weitere wichtige Einschränkung betrifft die Technologie, die installiert werden soll. Denn es werden ausschließlich Anlagen unterstützt, die entweder kristalline Module mit einem Wirkungsgrad von mindestens 14 Prozent oder Dünnschichtmodule mit einer Mindesteffizienz von zehn Prozent enthalten.
Prag ist ausgenommen
Die Förderung richtet sich an fast alle Unternehmen in der Tschechischen Republik. Selbst die kleinsten Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe können einen Zuschuss beantragen, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen aber den Förderantrag vor Beginn der Installation stellen. Die Kosten für sämtliche Vorarbeiten werden nicht übernommen.
Ausgenommen von der Förderung sind zum einen Betriebe mit Sitz in der Hauptstadt Prag. Da die Gelder für das Oppik-Programm von der EU kommen, muss sich die Regierung auch an deren Vorgaben halten. Denn die Mittel sind nur für wirtschaftlich benachteiligte Regionen gedacht. „Die EU stuft Prag aber als eine wirtschaftlich entwickelte Region ein“, erklärt Petra Pisková von Solární Asociace. „Unternehmen in Prag haben aber auch die Möglichkeit, eine Unterstützung zu bekommen, beispielsweise über zinsvergünstigte Darlehen.“
Die Nachfrage nach der Förderung ist hoch. Immerhin werden mit den Investitionszuschüssen aus der ersten Runde 274 Anlagen installiert, weiß Petra Pisková. Für die zweite Runde werden noch höhere Installationszahlen erwartet. Schließlich liegt fast das Dreifache an Geld im Fördertopf.
Regierung will Atomkraft
Ob es eine dritte Förderrunde im Rahmen des Oppik-Programms geben wird, ist noch unklar. „Denn der derzeitigen Regierung wurde vom Parlament noch nicht das Vertrauen ausgesprochen“, erklärt Pisková die momentane Situation. Deshalb ist die weitere Entwicklung nicht abzusehen. Sollte das Kabinett unter Andrej Babiš tatsächlich einmal vom Parlament bestätigt werden, ist ein echter Schlingerkurs zu befürchten.
Auf der einen Seite steht Prag unter dem Druck aus Brüssel, die Energiewende endlich in Schwung zu bringen. Noch immer ist die Tschechische Republik weit von ihren eigenen Zielen des Ausbaus der erneuerbaren Energien entfernt, und die Europäische Kommission fordert einfachere Regelungen für die dezentrale Energieerzeugung ein.
Auf der anderen Seite hat der derzeitige Wirtschaftsminister Tomáš Hüner schon klargemacht, dass er die Sonne nicht unbedingt im Herzen trägt. „Unglücklicherweise konzentriert sich die Regierung immer noch auf die Entwicklung neuer Atomkraftprojekte“, sagt Pisková. „Aber das ist ein riskantes Unterfangen. Erneuerbare Energien sind inzwischen preiswerter als neue Nuklearreaktoren. Aber die Regierung lehnt es ab, über Alternativen zu reden.“
Ausschreibungen geplant
Tatsächlich liegen schon Pläne auf dem Tisch, dem uralten Atomkraftwerk Dukovany im Süden Mährens einen neuen Reaktor zu spendieren, der die alten Blöcke im Jahr 2035 zumindest teilweise ersetzen soll. Doch auch für die Unterstützung der Photovoltaik liegen schon neue Pläne auf dem Tisch. „Das Industrieministerium bereitet gerade einen entsprechenden Vorschlag vor“, sagt Pisková. „Es wird dann eventuell ein ähnliches Ausschreibungssystem für Solar- und Windkraftwerke wie in Deutschland geben. Aber bisher existiert nur ein Entwurf dafür. Wir müssen jetzt auf die nächste Phase der Gesetzesentwicklung warten.“
Sollte Prag sich durchringen, tatsächlich solche Ausschreibungen einführen und auch eine weitere Runde der Oppik-Föderung starten, könnte der Solarmarkt in der Tschechischen Republik einen weiteren Schub bekommen. Schon jetzt geht es langsam bergauf, wie Petra Pisková bestätigt. „Der tschechische Solarmarkt fängt gerade an zu wachsen, wenn auch noch verhalten“, sagt sie. Sie beziffert die Zahl der bereits installierten Dachanlagen auf 26.000 bis 27.000 Generatoren. Dazu kommen noch die Solarparks, die vor einigen Jahren gebaut wurden.
Förderung für Kleinanlagen
Damit werden etwa drei Prozent des gesamten Stroms in der Tschechischen Republik erzeugt. Die Kohle dominiert mit etwa 50 Prozent immer noch die Stromproduktion im Land. Dazu kommen die Kernkraftwerke, die etwa ein Drittel des Stroms in der Tschechischen Republik erzeugen. Die erneuerbaren Energien liegen mit einem Anteil von etwa 15 Prozent noch abgeschlagen auf dem dritten Rang. Dabei ist die Solarenergie neben der Biomasse und Biogas sowie der Wasserkraft die bedeutendste Technologie. „Die derzeitige Situation der Photovoltaik ist besser als noch vor drei Jahren, als die Entwicklung der Photovoltaik komplett zum Stillstand gekommen war“, beschreibt Pisková den aktuellen Stand.
Tatsächlich hatte die damalige Regierung im Jahr 2014 die Unterstützung für die Solarenergie komplett eingestellt. Wurden 2013 noch Anlagen mit einer Gesamtleistung von 50 Megawatt neu installiert, brach ein Jahr später der Zubau auf zwei Megawatt ein. Immerhin hatte Prag im Herbst 2015 eine Förderung für die Installation von kleinen Dachanlagen eingeführt. Sie läuft zunächst noch bis zum Ende des Jahres 2021.
Das Neue Grüne Sparprogramm (Nová Zelená Úsporám – NZU) ist eigentlich zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden gedacht. Doch das Programm sieht auch einen Investitionszuschuss für kleine Eigenverbrauchsanlagen mit oder ohne Speicher für Privatpersonen vor. Der Deckel der Förderung liegt bei einer Anlagenleistung von zehn Kilowatt. Ähnlich wie bei der Förderung von gewerblichen Anlagen müssen auch die privaten Betreiber mindestens 70 Prozent des produzierten Stroms vor Ort verbrauchen.
Wenn ein Sachverständiger die fachgerechte Installation der Anlage und die Wirksamkeit des Projekts auf die Verringerung des Netzbezugs von Strom bestätigt hat, bekommt der Hauseigentümer für seine neue Solaranlage einen Zuschuss von 55.000 Kronen (fast 1.400 Euro). Hat er einen Stromspeicher installieren lassen, steigt die Unterstützung auf 70.000 bis 100.000 Kronen (1.777 bis 2.540 Euro). „Dieser Investitionszuschuss reduziert die Amortisationszeit der Anlagen auf acht bis elf Jahre“, rechnet Petra Pisková vor. „Das Gleiche gilt für die Förderung der gewerblichen Anlagen. „Aber die Regierung kann den Förderumfang noch ausweiten, sodass sich die Anlagen innerhalb von fünf bis sieben Jahren amortisieren.“
Unterstützung für Mieterstrom
Im Jahr 2016 wurde auch der Bau von Photovoltaikanlagen auf Dächern von Mehrfamilienhäusern in das NZU-Programm aufgenommen. Deren Hauseigentümer bekommen immerhin 12.500 Kronen pro Kilowatt installierter Leistung als Investitionszuschuss ausgezahlt. Voraussetzung ist, dass die Photovoltaikanlage zusammen mit der Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudes umgesetzt wird. Dann ist die Förderung auf 30 Prozent der insgesamt anfallenden Investitionskosten begrenzt. Wird die Solaranlage allein installiert, sinkt der maximale Zuschuss auf 25 Prozent der Investitionskosten.
Die Förderung werden die Haushalte in der Tschechischen Republik noch einige Zeit benötigen, auch wenn dort die Anlagenpreise weiter gefallen sind. Veronika Hamáková, Präsidentin von Solární Asociace, beziffert den Preis für eine durchschnittliche Photovoltaikanlage auf einem Einfamilienhaus auf 120.000 Kronen. Das sind umgerechnet gut 3.000 Euro. Ein dazugehöriger Speicher liegt preislich bei etwa 250.000 Kronen (etwa 6.350 Euro) und damit auf dem gleichen Niveau wie in Deutschland.
Unsere Serie
Die Chancen jenseits des Tellerrands
In unserer Serie loten wir die Chancen anderer Märkte für Photovoltaik und Stromspeicher aus. Dort haben Solarteure aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Möglichkeit, interessante Geschäftspartner zu finden, ihr Geld als Investoren anzulegen oder ihr Wissen und ihre Erfahrungen als Mentoren in die globale Energiewende einzubringen. Wagen Sie mit uns den professionellen Blick in folgende Länder und Regionen:
- September 2017: Großbritannien
- Oktober 2017: Ukraine
- November 2017: Iran
- Dezember 2017: Skandinavien
- Februar 2018: Frankreich
- März 2018: Niederlande
- April 2018: Tschechien
- Mai 2018: Italien
- Juni 2018: Polen
Solar Global
Großspeicher in Südmähren gebaut
Der tschechische Projektierer von Photovoltaikanlagen Solar Global hat den ersten Großspeicher in der Tschechischen Republik in Betrieb genommen. Die Anlage steht in Prakšice im Südosten des Landes und kann 1,2 Megawattstunden Strom speichern. Sie wurde vom niederländischen Speicherhersteller Alfen geliefert.
Das Speichersystem wird zur Stabilisierung des Netzes in der Region um die mährische Industriestadt Zlín eingesetzt. Außerdem wird es dazu beitragen, den Strom aus dem Solarpark Prakšice besser ins Netz zu integrieren. „Energiespeicherung wird eine wichtige Rolle bei der massenhaften Einführung von erneuerbaren Energien spielen“, betont František Smolka,, Geschäftsführer von Solar Global. „Mit diesem Projekt bereiten wir uns auf die Zukunft vor, und ich gehe davon aus, dass wir viele weitere dieser Systeme in der Region installieren werden.“
Tatsächlich liegen bei Solar Global derzeit Pläne zum Bau eines weiteren Großspeichers auf dem Tisch. Die Anlage wird in der Region Olomouc, nur etwa 70 Kilometer nördlich von Prakšice, installiert. Sie soll satte zehn Megawattstunden Strom speichern können.
Der zweite Großspeicher der Tschechischen Republik steht auch schon. Er wurde von Eon mit einer Anlage von Siemens gebaut. Die Anlage ist in Mydlovary nur wenige Kilometer nördlich von eské Budjovice installiert und hat eine Kapazität von 1,75 Megawattstunden. Auch er soll vor allem das örtliche Verteilnetz stützen.
Die beiden Anlagen befinden sich derzeit im Testbetrieb und sind echte Pilotprojekte. Denn in der Tschechischen Republik ist die Einbindung von Speichern ins Stromnetz gesetzlich noch gar nicht geregelt.