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Schneller, größer, professioneller

„In China herrscht einfach ein schnelleres Tempo als in Europa.“ Diese Einschätzung von Gerhard Wohlhüter, Leiter des Geschäftsbereichs Energie bei Kuka Systems, brachte es auf den Punkt. Innerhalb weniger Jahre mauserte sich die SNEC in Shanghai zum Schaufenster der Branche – zumindest was die chinesischen Hersteller sowie europäische und US-amerikanische Maschinenbauer angeht, die auf dem Shanghai New International Expo Center Flagge zeigten. Dagegen glänzten die europäischen und nordamerikanischen Modul- und Wechselrichterhersteller wie schon im Vorjahr weitgehend mit Abwesenheit.

Über 1.800 Aussteller präsentierten sich in 13 Hallen auf gut 150.000 Quadratmetern, rund 100.000 Besucher kamen nach Angaben der Veranstalter zur diesjährigen SNEC. Egal ob diese Zahl nun genau stimmt oder nicht: An den vielen Ständen herrschte bis kurz vor Messeschluss dichtes Treiben, und einhelligberichteten die befragten Aussteller von einem hohen qualitativen Niveau, sprich reellem Kaufinteresse der Besucher. „Wir bekamen schon am ersten Messetag mehr Unterschriften als auf der gesamten EU PVSEC in Valencia“, sagte Centrotherm-Vorstand Peter Fath. „Die Kunden kommen sehr gezielt hierher und entscheiden schnell“, unterstrich auch Karl-Heinz Menauer, Geschäftsführer von ACI Ecotec. „Die beste Messe überhaupt, riesiges Interesse“, freute sich Amber Schramm von Despatch Industries. Das US-Unternehmen feierte in Shanghai den Verkauf seines tausendsten Brennofens, die allermeisten davon gingen nach China.

Vor allem Maschinenbauer präsentierten neue Produkte auf der diesjährigen SNEC: beispielsweise Centrotherm den Feuerungsofen für die kristalline Zellproduktion c.Fire und die PECVD-Anlage c.NITE Inline, BTU International seinen Metallisierungs-FeuerungsofenTRITAN, der einen erhöhten Durchlauf ermöglicht, Jonas & Redman sein Automatisierungsequipment für Wafer-Diffusionsprozesse. Ein Besuchermagnet war das über drei Meter hohe und nur 50 Kilogramm schwere, gekapselte Glas-Glas-Modul, das Lisec vorstellte und das mit dem neuen vollautomatischen Vakuum-Laminierer des österreichischen Spezialisten für Flachglasverarbeitung hergestellt wurde.

Neue Kapazitäten geplant

Beeindruckend waren auch die Ankündigungen der chinesischen Hersteller über Kapazitätserweiterungen bei der kristallinen Zell- und Modulproduktion sowie bei der Wafer- und Polysiliziumherstellung: Sei es in der Gigawattklasse der Yinglis, Trinas, Suntechs, Hanwhas, GCLs oder LDKs oder der Mehrhundert-Megawattklasse der Upsolars oder Astroenergys.

Astroenergy ist übrigens eines der wenigen Unternehmen, das in Shanghai Kapazitätserweiterungen im Dünnschichtbereich ankündigte, ansonsten spielt die Musik auch in diesem Jahr wieder eindeutig bei der kristallinen Technik. So macht beispielsweise Applied Materials nach dem Niedergang seines Sunfab-Dünnschicht-Turnkeykonzepts derzeit mit seinem Equipment für die kristalline Solartechnik laut Jim Cushing, Senior Director Product Management, blendende Geschäfte: „Wir machen mindestens 70 Prozent unseres Umsatzes in China und profitieren stark von dem kristallinen Boom.“ Dagegen herrscht bei Oerlikon Solar eher noch das Prinzip Hoffnung. Zwar meldete das Schweizer Unternehmen zu Beginn der SNEC eine Bestellung für sein vollautomatisches PECVD-System von dem chinesischen Glashersteller Dong Xu. Doch von seiner bei der vergangenen EU PVSEC vorgestellten Thinfab verkaufte Oerlikon Solar bisher auch in China laut Vice President Arno Zindel bisher noch keine einzige vollständige Produktionslinie. „2011 wird entscheidend für uns sein, wir rechnen mit insgesamt vier Bestellungen für diese Produktlinie“, betonte Zindel.

Doch nicht nur der kristalline Kapazitätsausbau war bei der SNEC in aller Munde: Viele der befragten Aussteller berichteten, dass chinesische Kunden zunehmend auf Qualität achten. So setzte beispielsweise GP Solar im vergangenen Jahr vier- bis fünfmal so viele Produkteaus dem Bereich der Messtechnik ab wie 2009 und rechnet für dieses Jahr laut Geschäftsführer Eric Rüland mit einem weiteren starken Wachstum im diesem Bereich. „Das Qualitätsbewusstsein ist in China stark im Kommen“, betonte auch Karl-Heinz Menauer von ACI Ecotec. Entsprechend werde nun bei öffentlichen Ausschreibungen des chinesischen Golden-Sun-Projekts nicht mehr nur ausschließlich auf niedrige Kosten, sondern auch auf die Erfolgs- und Erfahrungsgeschichte der anbietenden Unternehmen und auf die Verlässlichkeit der verwendeten Module und Komponenten geachtet, berichtete Frank S. Liu, General Manager bei Chint Power Systems. „Inzwischen wurden bei 39 Projekten, die nicht ordentlich ausgeführt worden waren, die Fördermittel wieder gestrichen“, sagte Zhang Jun Jun vom State Grid Electric Power Research Institute zu den Qualitätsproblemen seit dem Start des Golden-Sun-Projekts im Jahr 2009.

Als „noch nicht ganz reif“ betrachtet Gerhard Wohlhüter von Kuka Systems die Zeit für eine Vollautomatisierung der chinesischen Photovoltaikproduktion. Angesichts der vergleichsweise immer noch niedrigen Personalkosten rechne sich eine vollständige Automatisierung derzeit meist noch nicht. Allerdings setzt auch Wohlhüter auf „ein steigendes Qualitätsbewusstsein und die Sicherung einer reproduzierbaren Qualität im Rahmen der Massenproduktion“ als treibende Faktoren.

Man darf gespannt sein, wie es in China mit der Qualitätssicherung in der Photovoltaikindustrie und der Entwicklung des Solarmarktes weitergeht. Die sechste SNEC, die vom 7. bis zum 9. Mai 2012 in Shanghai stattfindet, wird dafür sicher wieder Schaufenster und Barometer sein.

Expansion bei Trina Solar

In welchen Größenordnungen in Chinas Solarindustrie produziert wird, wird beim Besuch von Trina Solar in Changzhou deutlich. Der Photovoltaik-Industriepark in der Millionenstadt im Speckgürtel Shanghais erstreckt sich über mehrere Quadratkilometer und steckt manche europäische Kleinstadt locker in die Tasche. Allein Trina Solar beschäftigt dort derzeit 13.000 Mitarbeiter, dazu kommen rund 5.000 Arbeitsplätze bei Zulieferern wie GCL, die dort für Trina Wafer produzieren, sowie bei Herstellern von Glas und Dichtungsmaterialien. „Wir arbeiten daran, hier noch mehr Zulieferer anzusiedeln, um Synergieeffekte zu nutzen und eine Just-in-time-Produktion zu ermöglichen“, sagt Anthony Chia, Vice President Quality bei Trina. Auf der anderen Seite des Bauzauns, in Blickweite des Büros von Chia, rücken derzeit die Bagger an. Dort soll bald im Rahmen der Aufstockung der Produktionskapazität bei der Ingot- und Waferherstellung sowie der Zell- und Modulherstellung auf 1,2 Gigawatt beziehungsweise 1,9 Gigawatt ein weiterer Fabrikblock entstehen, der den Ostblock von 2010 und die 26 kleineren Produktionsgebäude des Westblocks von 2005 ergänzt. 7.000 neue Mitarbeiter möchte das chinesische Unternehmen bis Ende 2011 einstellen. Auf zwei Dutzend Bankreihen warten gerade mehrere hundert junge Frauen und Männer in einer riesigen Wartehalle auf ihre Vorstellungsgespräche. „Heute ist mal wieder Recruiting Day“, sagt Marketing-Manager Grace Ge trocken. Wie personalintensiv die Produktion bei Trina noch ist, wird bei einem Rundgang durch die Hallen des Ostblocks deutlich. Bei vielen Stufen der Ingot-, Wafer-, Zell- und Modulproduktion ist noch Handarbeit angesagt, beispielsweise selbst beim Zellsoldering. Die – überwiegend europäischen – Maschinen werden meistens nur im Inselbetrieb eingesetzt.

Hans-Christoph Neidlein

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