Die Unterstützung der Mitgliedsstaaten für Handelsbarrieren gegen chinesische Solarimporte schwindet zusehends. Nur noch ein Mitgliedsstaat spricht sich für neue Strafmaßnahmen gegen Billigimporte aus dem Reich der Mitte aus. Damit ist der Weg für das Auslaufen der Zölle und Mindestimportpreise frei, was von den Herstellern heftig kritisiert wird.
Die Strafzölle und Mindestpreise für Importe von Solarzellen und Modulen finden in der Europäischen Union immer weniger Zustimmung. Vor einigen Wochen hatte die Europäische Kommission einen Vorschlag vorgelegt, wie die Strafmaßnahmen sukzessive auslaufen könnten. Auf einem Treffen von Handelsexperten der EU-Mitgliedsstaaten kam dieser Vorschlag zur Abstimmung. Nur ein Mitgliedsstaat fordert weiterhin Strafmaßnahmen gegen chinesische Modul- und Zellimporte, wie der europäische Branchenverband Solar Power Europe (SPE) berichtet. Immerhin 13 Mitgliedsstaaten stimmen für den Plan der Kommission, die Handelsbarrieren langsam abzubauen und bis Oktober 2018 komplett zu beseitigen. Die restlichen 14 Mitglieder enthielten sich der Stimme.
Zwei Cent weniger
Zudem wurden die Mindestimportpreise wenige Tage vor dem Treffen zum 1. September um zwei Cent abgesenkt. Damit reagiert das Generaldirektorat für Handel der EU (DG Trade) auf die heftigen Einwände des Teils der Solarbranche, der sich gegen die Handelsbarrieren ausspricht. Denn immer noch geht ein tiefer Riss durch die Industrielandschaft der Photovoltaik. Auf der einen Seite schreiben unter anderem Projektierer, Systemanbieter, Importeure und Installateure den Handelsschranken zu, dass diese den Zubau bremsen würden, weil die weltweiten Preissenkungen durch die Mindestimportpreise und Strafzölle nicht in Europa ankommen.
EU Pro Sun befürchtet Ausverkauf
Auf der anderen Seite stehen vor allem die Modul- und Zellhersteller Europas, die sich in der Plattform EU Pro Sun zusammengefunden haben und beim Auslaufen der Handelsschranken einen Ausverkauf der Industrie an China befürchten. „80 Prozent der heute international in der Solarindustrie verwendeten Patente kommen aus Europa und den USA“, rechnet Milan Nitzschke, Präsident von EU Pro Sun vor. „China kopiert und folgt technologisch immer nur zeitverzögert. Die Preise von Solaranlagen sind in Deutschland in den letzten zehn Jahren um 72 Prozent gesunken. Ohne Mindestimportpreise wären es gerade mal 74 Prozent, also zwei Prozent mehr, da die Mindestpreise nur für Solarzellen und Module gelten und diese nur einen Teil der Solaranlage ausmachen. Für die Kunden wäre ein Wegfall der Antidumpingmaßnahmen marginal, für die Hersteller katastrophal.“ Er fordert, dass die Europäische Kommission ihr Ansinnen revidiert und die Handelsbarrieren aufrecht erhält.
Streit um Höhe der Mindestimportpreise
Das dies Forderung tatsächlich in Brüssel ankommt, sieht Christian Westermeiner, Präsident von SPE eher skeptisch. „Die fehlende aktive Unterstützung durch die Mitgliedsstaaten für neue Mindestimportpreise stellt in Frage, ob solche neuen Maßnahmen das langsame Auslaufen der bisherigen Barrieren bis zum September 2018 unterstützen würden, wie es von der Kommission im Februar dieses Jahres beschlossen wurde“, sagt er. Sowohl Westermeier als auch James Watson, Geschäftsführer von SPE, kritisieren, dass die Mindestimportpreise immer noch zu hoch sind und nicht die Preise am Weltmarkt widerspiegeln. Das sieht Milan Nitzschke hingegen anders. „Die Kommission hat seit vier Jahren versäumt, die Einhaltung der Antidumpingregeln für Solarimporte wirkungsvoll zu kontrollieren. Jetzt senkt sie die Mindestpreise soweit ab, dass es praktisch nichts mehr zu kontrollieren gibt“, sagt er mit Blick auf den Vorschlag, den Brüssel Mitte Juli dieses Jahres vorgelegt hat. (su)