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Vor dem großen Schub

Es ist bisher wie mit der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Wer auf den Philippinen unterwegs ist und installierte Photovoltaikanlagen sehen will, muss bisher noch lange Ausschau halten. Selbst in abgelegenen Landesteilen wie im Norden von Palawan oder auf Inseln wie Bohol, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind, sieht man zwar viele Dieselaggregate, aber nur vereinzelte Solaranlagen. Und der notorische Strommangel beherrscht zwar täglich die Schlagzeilen, doch von Photovoltaik ist in dem sonnigen Inselstaat dabei nur selten die Rede, dafür umso mehr von neuen Kohle- und Dieselkraftwerken. Die Gesamtleistung der netzgebundenen Photovoltaikanlagen betrug Ende vergangenen Jahres laut Auskunft von Tetchi Cruz-Capellan, Präsidentin der Philippine Solar Power Alliance, ganze 2,2 Megawatt, dazu kommen rund 3 bis 3,5 Megawatt installierter Leistung von Offgrid-Anlagen.

Doch es kommt zunehmend Schwung in den philippinischen Photovoltaikmarkt. Wurden im Jahr 2011 nur 280 Kilowatt netzgebundene Anlagen installiert, so waren es im vergangenen Jahr laut Cruz-Capellan schon 1,2 Megawatt. Die Projektpipeline für netzgebundene Anlagen betrage derzeit schon über 800 Megawatt. Entscheidende Faktoren für den beschleunigten Ausbau der Photovoltaik in dem wirtschaftlich boomenden Land sind die hohen Strompreise, die gesunkenen Systempreise der Anlagen sowie das im vergangenen Sommer gestartete Feed-in-Tariff-Programm (FIT): Photovoltaik rechnet sich zunehmend. Der durchschnittliche Strompreis für Endverbraucher („retail price“) liegt derzeit laut Solarverbandspräsidentin Cruz-Capellan bei rund 0,28 US-Dollar pro Kilowatt (PHP 11,35), auf entlegenen Inseln kann die Kilowattstunde Strom aus Dieselgeneratoren gar bis zu 0,70 Dollar (PHP 28,39) kosten. „In Manila sehen wir Kosten bis zu 0,34 Dollar pro Kilowatt (PHP 13,79) für konventionellen Strom. Damit hat Solarstrom mit Kosten von unter 0,24 Dollar pro Kilowatt (PHP 9,73) bereits in vielen Fällen die Netzparität für den Endverbraucher und teils auch schon die Erzeugungskosten für die Industriekunden erreicht“, sagt Hendrik R. Bohne, Director Sales & Business Development South East Asia bei Conergy. Der landesweit einheitliche FIT liegt derzeit bei 0,24 U-Dollar pro Kilowatt (PHP 9,68).

Deutsche Unternehmen wie Conergy und MP-Tec, die beide schon seit Jahren auf den Philippinen aktiv sind, setzen sowohl auf FIT- als auch auf Strombezugsverträge. MP-Tec hat über örtliche Partner laut Patrick Fischer, Leiter International Sales, insgesamt rund 30 Megawatt größere Aufdachanlagen sowie Freilandprojekte in Entwicklung, davon zwei Drittel mit Bezugsverträgen und ein Drittel FIT-Projekte. Conergy hat laut Bohne über lokale Entwickler mehrere Freilandprojekte

„in der Größenordnung von 10 bis 20 Megawatt“ in der Pipeline, davon jeweils die Hälfte innerhalb des FIT-Programms sowie über Bezugsverträge. „Der FIT ist momentan das Hauptinstrument, doch die Stromkosten sind so hoch, dass Anlagen ohne FIT zu attraktiven Konditionen betrieben werden können“, sagt Bohne. Bei Strombezugsverträgen seien Gewinnmargen von 15 bis 16 Prozent möglich. Solche Verträge spielen auch deshalb eine zunehmend wichtige Rolle, weil es für FIT-Projekte derzeit einen Deckel von 50 Megawatt gibt, der nach Angaben von Solarverbandspräsidentin Cruz-Capellan gut zehnfach überzeichnet ist. Zudem seien die FIT-Projekte bisher noch nicht vergeben.

Eine Hürde sowohl für Projekte mit Strombezugsverträgen als auch für FIT-Projekte sind allerdings Dutzende von Zertifikaten und Genehmigungen, die für den Geschäftseintritt im Bereich netzgekoppelte Energieerzeugung und Kleinstnetzen nötig seien, sagt MP-Tec-Mitarbeiter Fischer. Pro Projekt könnten hierdurch Genehmigungskosten von rund 300.000 Dollar anfallen. „Dies ist eine sehr hohe Eintrittsschwelle, wir hoffen, dass wir dies mit Hilfe unserer lokalen Partner bewältigen“, so Fischer. Zusätzlich stelle sich bei Projekten mit Strombezugsverträgen die Herausforderung, zuverlässige Stromabnehmer zu finden, ergänzt Cruz-Capellan. Dies sei ein Grund, warum eine Reihe von Entwicklern FIT-Verträge bevorzuge.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor für internationale Unternehmen, die auf dem philippinischen PV-Markt Fuß fassen wollen, ist zudem die enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, unterstreicht MP-Tec-Sales-Direktor Fischer. Sei es zur Kontaktpflege und für Verhandlungen mit örtlichen Behörden und Kunden als auch zur Erfüllung der gesetzlichen Auflagen eines maximalen Anteils von 40 Prozent Auslandskapital bei Projekten. Aus diesem Grund arbeitet MP-Tec mit zwei philippinischen Partnerfirmen zusammen, Sunasia Energy sowie dem Projektentwickler Solarus Partners. Geschäftsführerin der beiden Firmen ist, und da schließt sich der Kreis, Tetchi Cruz-Capellan. Die umtriebige Managerin, die unter anderem für das philippinische Landwirtschaftsministerium sowie die Weltbank arbeitete, lernte vor einigen Jahren auf einer Konferenz in Berlin den MP-Tec-Chef Michael Preißel kennen. Ein wichtiger Faktor für den Geschäftseintritt in den philippinischen Photovoltaikmarkt sei auch die „starke Unterstützung von Seiten der philippinischen Botschaft“ gewesen, erinnert sich SalesDirector Fischer.

Dass der philippinische Solarmarkt mehr und mehr durchstarte, liege auch an der zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Unterstützung, betont Cruz-Capellan: Der Einfluss der Kohle- und Öllobby nehme ab und immer mehr Unternehmen, Verbraucher und Kommunen würden die „ökonomischen Vorteile der Photovoltaik“ erkennen. Fortschritte sieht sie auch bei der Akzeptanz der Banken für die Finanzierung von Solaranlagen. In etlichen Fällen würden noch Risikoaufschläge für Photovoltaikprojekte zu den üblichen Zinsen von acht bis neun Prozent verlangt. Doch das Verständnis wachse und die Weltbank habe jüngst ein neues Programm für die Finanzierung von erneuerbaren Energien entwickelt, an dem sich mittlerweile schon zwölf philippinische Banken beteiligten. Ein wichtiges Ziel der Solar Power Alliance sei neben der Erhöhung des FIT-Deckels die Ausarbeitung und politische Durchsetzung einer Zehn-Jahres-Roadmap für einen Ausbau der installierten Photovoltaikleistung auf zwei Gigawatt bis zum Jahr 2023. Diese baue nicht nur auf eine Förderung durch FITs, sondern auf ein breiteres Instrumentarium wie Stromverrechnung oder Erneuerbare-Energie-Quoten.

Präsentiert werden soll die Roadmap bis spätestens Ende Juni. Auf konkrete Markterwartungen für 2013 wollte sich Cruz-Capellan allerdings nicht festlegen. Conergy-Mitarbeiter Bohne zeigt sich zwar optimistisch über die weitere Marktentwicklung, allerdings ist er „aufgrund der langen Entwicklungszeiten eher vorsichtig“. Er rechnet für dieses Jahr mit einem Zubau von 30 bis 40 Megawatt.

Photovoltaikindustrie in den Philippinen

Die Philippine Solar Power Alliance wurde 2010 gegründet und hat derzeit 27 Mitglieder. Darunter sind Hersteller wie Sunpower, Hanwha Solar oder Canadian Solar als auch Energieversorger wie Clark Electric oder das Versorgungsunternehmen von Cagayan de Oro, Projektentwickler, Händler und Installateure. Laut Solar Power Alliance Präsidentin Tetchi Cruz-Capellan arbeiten derzeit rund 2.500 Beschäftigte in der philippinischen PV-Branche. Sie rechnet damit, dass unter anderem die Produktion von Batterien für den Einsatz in PV-Systemen zunimmt. Denn im Gegensatz zu Modulen, auf die die Philippinen keine Einfuhrzölle erheben, unterliegen Batterieimporte einem Einfuhrzoll von 30 Prozent. Mit einer Zunahme rechnet Cruz-Capellan auch bei der Wechselrichterproduktion. Schneider Electric produziere bereits auf den Philippinen.

Photovoltaik auf den Philippinen

Pro

• Hohe Sonneneinstrahlung

• Vier Millionen Menschen ohne Zugang zu Elektrizität

• Lücke zwischen Stromangebot und -nachfrage

• Boomende Wirtschaft (Wirtschaftswachstum 2012: plus

sechs Prozent)

• Einfache Sprachkommunikation (Englisch ist offizielle Verwaltungssprache)

• Hohes Bevölkerungswachstum (100 Millionen Einwohner,

drei Prozent Zuwachs pro Jahr)

• Hohe Strompreise (im Schnitt 0,28 US-Dollar pro Kilowattstunde)

• Einspeisetarif (0,24 US-Dollar pro Kilowattstunde)

• Fallende Kosten für Photovoltaiksysteme

Kontra

• Mengenbegrenzung für Einspeisetarif bei 50 Megawatt

• Hohe Genehmigungskosten für Projekte

• Wenig Erfahrung der Banken mit PV-Projekten

• Wenig Erfahrung der Versorgungsunternehmen mit PV

Hans-Christoph Neidlein

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