Was hierzulande fehlt, ist das klare Bekenntnis der Regierung zum Klimaschutz. Die Zweifel an der Ernsthaftigkeit, mit der die Energiewende verfolgt wird, treiben seit mehr als einem Jahr junge Menschen auf die Straßen und die Wähler zunehmend weg von den Volksparteien.
Die Technologien für mehr Klimaschutz sind in Deutschland bereits auf dem Markt. Sie wurden – wie die Photovoltaik – sogar hierzulande erfunden. Aber sie werden entweder nur halbherzig umgesetzt oder ihre Nutzung wird durch sinnlose Bürokratie in den Ansätzen erstickt. Deutschland könnte schon viel weiter sein, wenn die Bundesregierung die Bevölkerung zur Energiewende ermuntern würde, anstatt sie zu entmutigen. Hiermit ist nicht die finanzielle Förderung gemeint.
Die Zahl der Menschen in Deutschland, die Erneuerbare Energien als selbstverständlichen Teil ihres Lebens betrachten, wächst immer weiter. Vor diesem Hintergrund wundert man sich über die teilweise absurden Regelungen und Vorgaben, die den Anwendern der Erneuerbaren täglich das Leben schwermachen. Diese müssen endlich überarbeitet werden.
Fünf konkrete Vorschläge:
1. Bekenntnis zu Umwelttechnologien anstatt Ausbau-Deckel
Der viel diskutierte Ausbau-Deckel bei 52 Gigawatt wird ein fatales Signal in den Markt senden. Hier geht es nicht nur um die finanziellen Folgen, sondern um die psychologische Wirkung des Stopps der EEG-Vergütung (aktuell liegt die Fördersumme für eine PV-Anlage mit Eigenverbrauch bei 2000 Euro innerhalb von 20 Jahren). Ein „Deckel“ ist im öffentlichen Verständnis dazu da, eine negative Sache einzudämmen. Dieses Wording ist absolut kontraproduktiv und zeigt, dass die Politik nicht hinter ihrem Ziel steht, die CO2-Emissionen durch erneuerbare Energien drastisch zu senken. Das Gegenteil tut Not.
Vorschlag: Der Deckel muss abgeschafft werden unter Beibehaltung des aktuellen EEG-Vergütungs-Degressionsmechanismus, um ein positives Signal in den Markt zu senden.
2. Vereinfachung der Anmeldung und steuerlichen Betrachtung von Solaranlagen
Aktuell müssen Solaranlagen bei der Anmeldung beim lokalen Netzbetreiber zunächst angefragt werden. Der nächste Schritt ist die Registrierung der Anlage im zentralen Marktstammdatenregister. Beide Prozesse laufen getrennt voneinander – mit unterschiedlichen Verfahren und Dokumenten. Das bedeutet für die Nutzer sehr viel Papierkram, noch bevor die Anlage überhaupt läuft.Privatpersonen werden durch eine Solaranlage zu Unternehmern. Die Erträge der Solaranlage sind umsatz- bzw. einkommenssteuerpflichtig. Auch dies bedeutet Bürokratie für die Bürger, die weniger fossil erzeugten Strom verbrauchen wollen. Doch damit nicht genug: Sobald die Anlage die Leistungsgrenze von 10 kWp überschreitet, werden die Nutzer für den gesamten in der Anlage erzeugten und selbstverbrauchten Strom zur Kasse gebeten. Denn sie müssen die nach § 61 (1) EEG 2014 festgelegte EEG-Umlage zahlen.Damit stellt sich die grundsätzliche Frage: Sollen die Bürger, die in Photovoltaiktechnologie investiert haben, um Strom aus den – immer noch kostenlosen – Sonnenstrahlen zu ernten, dafür bestraft werden, dass sie das Netz entlasten? Sind die Bürger verpflichtet, grauen Netzstrom abzunehmen? Anstatt die Bürger zu belohnen, wenn sie das Richtige tun und zur CO2-Reduzierung beitragen, fördert der Staat heute noch unvermindert Öl-Brennwertkessel. Damit setzt er Anreize, für die nächsten 30 Jahre eine Technologie zu nutzen, die die denkbar schlechteste Option ist.
Vorschlag: Die Anmeldung wie die Registrierung der Anlage muss über ein zentrales System erfolgen, um die Prozesse transparenter und schneller zu gestalten. Die Besteuerung muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden, um nicht diejenigen zu bestrafen, die die Energiewende vorantreiben: Die Eigenverbrauchsbesteuerung muss ersatzlos gestrichen und PV-Anlagen im Privatbereich steuerlich freigestellt werden. Vor Ort genutzter Strom ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Er entlastet das Netz, weil die Stromnachfrage sinkt, so dass auch weniger Netzausbau nötig ist. Die Finanzierung kann durch eine Umschichtung bei den Förderungen gewährleistet werden.
3. Ziel: Grundsätzliche Überarbeitung des Mieterstromgesetzes
Aktuell verhindern die steuerlichen und behördlichen Auflagen das Durchdringen der Energiewende in den Städten. Im ersten Gesetz zur Förderung von Mieterstrom aus dem Jahr 2017 sind Bedingungen verankert, die eine Umsetzung von Mieterstrommodellen unnötig kompliziert und teilweise sogar wirtschaftlich unrentabel machen. Der gute Ansatz – die Partizipation der Stadtbewohner an umweltfreundlich erzeugtem Strom – wurde durch ein wahres Bürokratiemonster wieder zunichtegemacht. Eigentümer von Mehrfamilienhäusern oder ganzen Wohnblöcken schrecken vor dem „Paragrafendschungel Mieterstrom“ zurück, anstatt dass sie zur Nutzung ermuntert zu werden. In Zeiten, in denen immer mehr Städte den Klimanotstand ausrufen, muss man sich darüber wirklich wundern. Insbesondere, da die ewigen Verhinderer beklagen, dass nur der Chefarzt von Photovoltaik profitiere, was an sich schon eine absurde Argumentation ist.
Vorschlag: EEG-Anlagen auf Mehrparteien-Häusern müssen ebenfalls wie Einfamilien-Häuser betrachtet werden: Das bedeutet, keine EEG-Umlagepflicht und keine Sondervergütung für Mieterstrom.
4. Ziel: Elektrofahrzeuge mit sauberem Ökostrom laden
Damit der Klimaschutz tatsächlich vorankommt, müssen Energie-, Verkehrs- und Wärmewende miteinander verflochten werden. Für Elektrofahrzeuge muss es das Ziel sein, diese bevorzugt mit sauberem Strom, beispielsweise aus einer Photovoltaik-Anlage, aufzuladen. Nur dann sind Elektrofahrzeuge wirklich umweltfreundlich unterwegs und der Ladevorgang belastet das Stromnetz nicht. Wenn mehr Dächer von Firmen- und Verwaltungsgebäuden mit Photovoltaik ausgestattet wären, könnte an den Ladesäulen tagsüber umweltfreundlicher Strom getankt werden. Die Technologie dafür ist längst auf dem Markt. Aktuell erhalten Kunden beim Kauf eines Elektroautos und eines Fahrzeugs mit Hybrid-Antrieb richtigerweise Förderungen – unter anderem über eine Elektroautoprämie und eine reduzierte Dienstwagenbesteuerung. Aber: Ohne grünen Strom ist der moderne Diesel in der CO2-Bilanz besser.
Vorschlag: Damit Elektroautos und Hybride über den gesamten Lebenszyklus eine deutlich bessere CO2-Bilanz erzielen können, müssen die Förderungen daran geknüpft sein, mit welchem Anteil an mit lokal erzeugter Energie aus z. B. Photovoltaik-, Windkraft- oder Biomasse-Anlagen sie geladen werden.
5. Ziel: Flexibilisierung der Strompreise
Aktuell ergibt sich im Durchschnitt in Deutschland ein Strompreis für Endkunden in Höhe von 29 Cent pro Kilowattstunde. Darin enthalten sind diverse Abgaben für Steuern, Netzentgelte, EEG-Umlage etc. Eine Flexibilisierung der Strompreise, wie schon in einigen europäischen Ländern üblich, würde Lastspitzen reduzieren und das Netz entlasten.
Vorschlag: Als Anreiz für einen weiteren Ausbau und den Eigenverbrauch von Erneuerbaren Energien sollten die Netzentgelte dahingehend reformiert werden, dass bei lokalem Eigenverbrauch diese nur reduziert berechnet werden. Ebenfalls könnten zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Preise gelten (sogenanntes „Dynamic Pricing“), um beispielsweise das Beladen von Elektroautos in Nicht-Spitzen-Zeiten zu verschieben und so das Stromnetz zu entlasten.
Fazit: Wir brauchen endlich ein klares Bekenntnis
Wir brauchen endlich ein klares Bekenntnis zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Mit Bekenntnis ist aber nicht zwangsläufig eine finanzielle Förderung gemeint. Was im Mittelpunkt steht: Bürgern, die ihre eigene kleine Energiewende gestalten wollen, dürfen nicht noch zusätzliche Steine in den Weg gelegt werden. Möglicherweise sind sich die politischen Entscheidungsträger dieser Tatsache auch gar nicht bewusst. Durch bürokratischen Unsinn werden willige Verbraucher daran gehindert, die Energiewende aktiv mitzugestalten. Das muss endlich aufhören. Es ist eigentlich ganz einfach: Positive Anreize für das richtige, klimaschonende und Eindämmung des falschen, klimaschädlichen Verhaltens.
Detlef Neuhaus ist Geschäftsführer von Solarwatt.