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Zwei verschiedene Welten

Blau hebt sich das Dach der Freinademetz-Kirche in Milland von den schneebedeckten Bergen der Alpen im Hintergrund ab. Wie eine Nadel sticht der spitze Kirchturm in den wolkenlosen Himmel. Nur das leichte Schimmern eines Teils des Daches erinnert daran, dass es nicht nur die Kirchenbesucher vor Regen, Schnee und Kälte schützt, sondern gleichzeitig Strom aus Sonnenenergie erzeugt. Hier im östlichen Vorort von Brixen in Südtirol wurde die Kirche im Oktober 1985 eingeweiht und dem Chinamissionar Josef Freinademetz gewidmet. Im Jahr 2009 wurden 87 Photovoltaikmodule in die südwestliche Seite des Daches integriert. Mit seiner Azimutausrichtung von 203,5 Grad und seinem Neigungswinkel von 34 Grad ist es fast ideal geeignet für die Installation einer Solarstromanlage. Seither deckt die Kirche ihren Strombedarf mit der 17,83-Kilowatt-Solaranlage.

Nur wenige Hundert Meter weiter, im Zentrum der alten Bischofsstadt im Eisacktal zwischen Brenner und Dolomiten, treffen sich jedes Jahr Architekten mit Forschern und Entwicklern, die sich mit der Gestaltung von zukunftsweisenden Gebäudehüllen in Zeiten steigender Energiepreise und schwindender fossiler Brennstoffe beschäftigen. Gut 260 Teilnehmer aus 40 Ländern waren nach Südtirol gekommen. Sie interessieren sich dafür, wie in der Architektur Ästhetik mit Energieeffizienz zusammenkommen kann. Dabei reicht die passive Gebäudehülle nicht aus, um in Zeiten steigender Energiepreise und der Energiewende die Anforderungen zu erfüllen. Fassade und Dach müssen aktiv in die Energiebilanz des Gebäudes einbezogen werden.

Wunsch und Wirklichkeit

Doch genau an diesem Punkt sprechen die Solarbranche und die Architekten verschiedene Sprachen. „Meist werden die Module ohne Rücksicht auf die architektonische Komposition der Fassaden oder der Gebäudeform installiert“, fasst der Architekt Tomasz Krotowski aus dem polnischen odz das Problem zusammen. „In den meisten Fällen wird die Entscheidung während des Baus des Gebäudes getroffen, eine Photovoltaikanlage zu integrieren. Das erlaubt dann aber keine entscheidenden Veränderungen der schon beabsichtigten ästhetischen Lösungen mehr. In Kombination mit dem Fehlen der Abstimmung mit der Architektur in der Nachbarschaft führt das zu einem räumlichen Chaos.“ Solaranlagen werden nur dann ästhetisch in Gebäude integriert, wenn das Haus von vornherein dafür vorgesehen und das architektonische Design entsprechend angepasst ist.

Hohe Ansprüche der Architekten

Der Anspruch der Architekten ist die Freiheit in Form und Gestaltung. Sie wollen sich nicht mit Standardmodulen zufrieden geben. „Der Bedarf an einer universellen Integration von Solarmodulen wird eine unerlässliche Forderung der Bauindustrie“, sagt Krotowski. „Vor allem im Hinblick auf die ästhetischen Lösungen in Kombination mit den typischen Bauelementen.“ Inzwischen existieren solche Lösungen schon längst. Aber sie sind im Bewusstsein der Architekten noch zu wenig verankert. Sie werden nur selten von Architekten mit eingeplant. Bisher sind es immer noch graue oder dunkelblaue Module in standardisierter Form und Größe, die den Großteil der gebäudeintegrierten Photovoltaik ausmachen. Individuelles Design ist entweder Fehlanzeige oder muss teuer erkauft werden. „Die Attraktivität von Solarmodulen ist für die Adressaten unzureichend, und die Hersteller verweisen ausschließlich auf die Leistung und die Effizienz“, bringt es Krotowski auf den Punkt. Solange das so bleibt, wird die BIPV nur eine Nische bleiben.

Die Solarbranche scheint darauf so schnell keine Antworten zu finden. Sie hat sich fast vollständig aus der Konferenz in Brixen und aus dem Dialog mit den Architekten zurückgezogen. Stattdessen beherrschen Glasfirmen und Fassadenhersteller die Szenerie. „Auch die Referenten kamen früher von der Solarindustrie, heute kommen sie von Forschungsinstituten“, sagt Andreas Karweger, Geschäftsführer des Economic Forum in München. Er ist der Organisator der Konferenz in Brixen. Der Vorteil: „Das hat das Niveau der Vorträge weiter angehoben“, betont Karweger.

Einer der wenigen aus der Solarindustrie, die nach Brixen gekommen sind, ist Christian Renken von Acomet. Der Hersteller von farbigen Solarmodulen aus dem schweizerischen Collombey stellt sich den ästhetischen Anforderungen der Architekten. Grundsätzlich bietet Acomet seine Module in den Farben Blau, Orange, Grün und Grau an. Auf Kundenwunsch können die Module auch nach individuellem Design angefertigt werden. Acomet färbt dabei nicht die verwendeten Siliziumzellen selbst, sondern das Frontglas. Die Farbwahl erkauft sich der Kunde allerdings mit einem Effizienzverlust zwischen zwei und acht Prozent. Mit einem Preis von 205 bis 305 Euro pro Quadratmeter ist die Standardlösung noch erschwinglich. Es bleibt aber ein Modul.

Durchbruch durch organische Zellen?

Gar nicht mehr auf die Konkurrenz zum gewöhnlichen Solarmodul lassen sich die Hersteller von organischen Solarzellen ein. Die photoaktiven Schichten werden auf einer Trägerfolie mittels Vakuumdeposition homogen aufgedampft. Dadurch entstehen keine störenden Raster oder Ungleichmäßigkeiten. Die Folien sind nicht nur biegsam, sondern auch in verschiedenen Farbvarianten, Formen und Größen und vor allem semitransparent herstellbar. „Architekten oder Designer können jetzt die Photovoltaik in bestehenden Produkte einsetzen, ohne sich auf feste Modulgrößen oder Farben festlegen zu müssen“, sagt Hermann Issa. Er ist nicht nur für die Geschäfte von Belectric OPV, einem Hersteller im fränkischen Kolitzheim, zuständig, sondern auch Vizepräsident des Bundesverbands Bausysteme. In dieser Funktion bemüht er sich schon lange um die Gebäudeintegration der Photovoltaik. Belectric OPV druckt dabei im Rolle-zu-Rolle-Verfahren die Solarzellen nach Kundenwunsch auf die Folie und verkabelt die Einzelmodule. „Der Veredlungsschritt zum eigentlichen Produkt wird dann beim Partner gemacht“, erklärt Issa.

Die Franken haben in einem großen Glashersteller einen solchen Partner gefunden. Der wird dann die Solarfolie zwischen zwei Verbundglasscheiben einlaminieren und als Photovoltaikglas vertreiben. Auch Heliatek in Dresden, der zweite deutsche Hersteller von organischen Solarfolien, beschreitet schon diesen Weg. Das Unternehmen hat im belgischen Glashersteller AGC einen festen Partner gefunden. Ein Produkt ist aber noch nicht erhältlich. Bisher greifen die Belgier noch auf kristalline Solarzellen zurück, die sie zwischen die Glasscheiben einlaminieren. In Brixen stellt Frédéric Bonnefoy, Produktmanager von AGC Glass Europe, die aktuellen Testergebnisse des aktiven Fensters vor. Die Belgier haben ihr Glas einem Hochtemperaturtest unterzogen und können jetzt garantieren, dass die Verbundglasfenster mit den Photovoltaikelementen Temperaturen bis 100 Grad Celsius standhalten.

Das Energy Forum in Brixen ist eine noch kleine Konferenz – und doch eine der besten Plattformen, auf der Architekten ihre Ansprüche an die Solarbranche vortragen können. Hier werden aber nicht nur Ansprüche formuliert, sondern auch Lösungen angeboten. Das wird auch so sein, wenn die beiden Branchen am 28. und 29. Oktober 2014 wieder hier in Brixen zusammenkommen.

http://www.energy-forum.com

konferenz in Bad staffelstein

Gebäudeintegriete Photovoltaik

Auf dem Forum „Bauwerkintegrierte Photovoltaik“ haben Architekten, Vertreter der Baubranche und der Solarbranche die Möglichkeit zum Dialog. Neben den Marktbedingungen werden auch die gestalterischen Aspekte der Integration von Photovoltaik in Gebäuden besprochen. Anhand von Beispielen zeigen die Referenten, wie sie diese Integration gelöst haben. Das Forum findet am 11. März 2014 im Kloster Banz in Bad Staffelstein statt.

https://www.otti.de/

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