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Bessere Zellen, günstigere Zellen

Damit der Traum von Solarzellen auf den Dächern der Welt Wirklichkeit werden kann, müssen die Preise fallen. Viele glauben, dass niedrigere Preise nur mit Veränderungen bei der Zellenproduktion erreicht werden können. Auch heute ist kristallines Silizium das dominierende Photovoltaikmaterial. Es ist im Grunde derselbe Stoff, der in den frühen 1950ern in den Bell Laboratories entdeckt wurde. Seine weite Verbreitung beruht auf der Tatsache, so ein Experte, dass „es funktioniert, und das für lange Zeit“. Wie bereits Darryl Chapin, einer der Entdecker der Siliziumzelle, 1956 vorhersagte, hat es „einen bedeutenden Rückgang bei den Kosten der Reinigung und Herstellung fertiger Siliziumzellen gegeben“. Trotz der vielen Fortschritte bei der Fertigung von Silizium-Solarzellen in den letzten 40 Jahren beginnt der Produktionsprozess wie damals zu Chapins Zeiten „mit hochreinem Silizium“. Obwohl der Preis deutlich gesunken ist, handelt es sich „nicht um ein billiges Material“, wie Chapin in den 1950ern bemerkte. Die Kristalle für monokristalline Siliziumzellen werden tatsächlich noch genauso gezüchtet wie zur Zeit Chapins: Silizium wird bei 2.570 Grad Fahrenheit (1.410 Grad Celsius) in einem rotierenden Fass geschmolzen und dann in entgegen gesetzter Drehrichtung aus der Schmelze gezogen. Dabei entsteht ein monokristalliner Zylinder mit einer Länge von sieben bis acht Fuß (2 bis 2,5 Meter).

Um die Kosten von Solarzellen zu senken, suchte Chapin nach neuen Möglichkeiten zur Produktion von kristallinem Silizium. Zum Beispiel testete er Zellen aus polykristallinem Silizium, also in Ingots gegossenem kristallinen Silizium. Das Gießen von Silizium ist weniger komplex als das Züchten von Monokristallen. Das Ergebnis sind mehrere kleinere Kristalle statt eines großen. Die aktivierten Ladungen in dem polykristallinen Material wurden jedoch kaum von Kristall zu Kristall geleitet und waren in den Zwischenräumen oder Grenzbereichen zwischen ihnen gefangen. Folglich schafften nur wenige Ladungen den Hindernisparcours zu den Metallkontakten. Chapin erreichte nur magere Ergebnisse. Der Wirkungsgrad lag bei nur einem Prozent. In den folgenden zwei Jahrzehnten wurde der Wirkungsgrad polykristalliner Siliziumzellen zwar um wenige Prozentpunkte erhöht, überschritt jedoch nie die Sechs-Prozent-Marke.

Da der Wirkungsgrad nicht weiter stieg, kamen Experten zu dem Schluss, dass gute Solarzellen nicht aus diesem Material gefertigt werden könnten. „Joe Lindmayer und Wacker Chemitronics in Deutschland bewiesen jedoch das Gegenteil“, kommentierte Fritz Wald, der jahrelang mit Solarzellen zu tun hatte. Lindmayer gründete das Unternehmen Solarex, das der Solar Power Corporation bei der Erforschung der Photovoltaikproduktion für den ausschließlichen Einsatz auf der Erde folgte. Zu Beginn lief die Versorgung mit monokristallinem Material „wie eine Achterbahn“, so ein Solarexperte, der eng mit Lindmayer zusammenarbeitete. „Die Verfügbarkeit stieg und fiel je nach der Nachfrage in der Halbleiterindustrie. Manchmal war es in großen Mengen verfügbar und manchmal äußerst knapp.“ Um eine kontinuierliche Versorgung sicherzustellen, hätte das Unternehmen in eigene Kristallzucht-Apparate investieren können. Diese waren jedoch sehr kostspielig. „Wir hatten einfach nicht die nötigen Geldmittel“, so der Experte. „Joe experimentierte also mit einer Reihe anderer Möglichkeiten. Eine davon war, das Silizium zu gießen.“

Das Geheimnis der Kristalle

Dr. Joe Lindmayer zählte in den 1970ern zu den besten Technikern in der Solarzellenbranche: Wenn jemand polykristallines Silizium zum Einsatz bringen konnte, dann war er es. Er fand heraus, dass bisherige Versuche fehlgeschlagen waren, weil die hergestellten Kristalle zu klein waren und daher die Grenzbereiche zu groß ausfielen. Somit machte er sich daran, relativ große Kristalle zu produzieren. Dabei fand Lindmayer heraus, dass die Kristallgröße von der Abkühlgeschwindigkeit des Ingots abhing: Je schneller die Abkühlung, desto kleiner die Kristalle. Durch Verlangsamung des Abkühlungsvorgangs erreichte Lindmayer die für eine effiziente Solarzelle benötigte Größe und kam der Leistung von monokristallinem Silizium sehr nahe.

Zwar hatte er die Versorgungsprobleme, vor denen Solarex gestanden hatte, gelöst, die Entwicklung einer guten polykristallinen Solarzelle führte jedoch nicht zu der erwarteten Kostensenkung bei Photovoltaikmodulen. So steht am Anfang des Gussverfahrens weiterhin teures hochreines Silizium, und die gegossenen Blöcke mit einem Gewicht von je 120 Pfund müssen zur Produktion von Solarzellen immer noch in extrem dünne Wafer geschnitten werden. Monokristalline Zylinder müssen auch in Segmente mit einer Stärke von 300 bis 400 Mikrometer zerschnitten werden (1/100 oder 2/100 Zoll). Beim Schneiden solch dünner Segmente von sehr großen Ausgangsmaterialien gibt es viel Verschnitt. „Letztendlich produziert man genauso viel Sägemehl wie Zellen“, bemerkte Wald. Die Hälfte des äußerst teuren Siliziums wird zu Abfall.

Um den extrem verschwenderischen Schneidevorgang zu umgehen, hatten einige den Plan, direkt aus dem geschmolzenen Silizium Siliziumkristalle in Form von Platten mit der Dicke von Wafern zu produzieren. Und Dr. Abraham Mlavsky, Leiter eines kleinen Forschungs- und Entwicklungsunternehmens mit dem Namen Tyco, hatte die Idee, ein fortlaufendes Siliziumband zu produzieren, das in passende Längen zerteilt, zu Solarzellen verarbeitet und direkt in die Module eingesetzt werden sollte. Es war kein abwegiges Vorhaben. In den 1960ern hatten Mlavsky und sein persönlicher Techniker Harry Labelle erfolgreich fortlaufende Formen von Saphirglas aus geschmolzenem Saphir gezogen. Mlavsky beschloss dann, eine Siliziumschmelze zu verwenden und die Technologie in der Photovoltaikbranche einzusetzen.

Bänder statt Wafer

Die Herstellung eines Siliziumbands beginnt mit einem Fass geschmolzenen Siliziums, ganz ähnlich wie beim Verfahren zur Herstellung von monokristallinen Siliziumzylindern. In diesem Fall bleibt das Fass jedoch stehen und

ein Graphitkörper wird eingeführt. Das geschmolzene Silizium steigt im Graphitkörper auf und erhält dabei die Form einer dünnen Platte, während es durch einen schmalen Schlitz an der Unterseite des Graphitkörpers eintritt. Die Kristallisation erfolgt direkt über dem Graphitkörper, wo das sehr heiße flüssige Silizium sofort zu einem Band gefriert, während es mechanisch in die viel kältere Luft hinausgezogen wird.

Auf der Suche nach leichteren Solarzellen für die Raumfahrt gab die Nasa 1971 Mlavsky die Möglichkeit, Solarzellen aus Siliziumbändern herzustellen. Das von ihm produzierte kristalline Silizium konnte jedoch nicht mit dem Wirkungsgrad der aus Wafern hergestellten kristallinen Siliziumzellen mithalten, und somit verlor die Nasa vorübergehend das Interesse. Als die Nasa sich im Herbst 1973 dem terrestrischen Einsatz der Photovoltaik zuwandte, nahm sie über ihr Zweigunternehmen Jet Propulsion Laboratory (JPL) die Finanzierung der Fertigung von Siliziumbändern wieder auf. JPL stufte das Verfahren als „den Schlüssel für Low-Cost-Silizium“ ein, das nach der Einschätzung der Agentur zukünftig in der Massenproduktion von Strom eingesetzt werden würde. Die Mobil Corporation teilte das Vertrauen der Raumfahrtagentur in die Technologie von Tyco und steckte Millionen von Dollar in das Unternehmen.

Experten glaubten, dass die größte Hürde bei der Steigerung des Wirkungsgrads die Beseitigung von Verunreinigungen war, die während des Formungsvorgangs ins Siliziumband gelangten. „Wer das löst“, sagte ein Berater voraus, „hat es geschafft.“ Weiteres Kapital erlaubte Tyco die Entdeckung, dass Verunreinigungen im Graphitkörper die Ursache waren. Nach dem Reinigen des Graphits stieg der Zellenwirkungsgrad auf stattliche zehn Prozent.

Es sollten jedoch noch mehr Schwierigkeiten auftreten, als die Experten erwartet hatten. Nachdem Ende 1978 sieben Maschinen zur Herstellung von Siliziumbändern in Betrieb genommen worden waren, erkannten die Wissenschaftler, dass es sehr schwierig war, Mlavskys Vision zu erreichen. Er war von hohen Wachstumsraten bei den Bändern ausgegangen, um durch Massenproduktion den Einsatz von Photovoltaikanlagen für die Stromversorger erschwinglich zu machen. Beim Versuch, die Produktionsziele zu erreichen, mussten die Forscher bei Mobil-Tyco bestürzt feststellen, dass die Bänder bei zu hoher Ziehgeschwindigkeit einknickten und die Qualität der Siliziumkristalle stark absank. Der Zellen-Wirkungsgrad sank dabei auf ein inakzeptables Niveau.

Viele derer, die am Projekt mitarbeiteten, meinten, dass der Bau und Betrieb weiterer Maschinen zur Herstellung der Bänder die Produktion der gewünschten Menge in einem akzeptablen Zeitrahmen gewährleisten könnte, ohne das Material zu überlasten. Nach Überprüfung der Zahlen zeigte sich jedoch, dass die Fertigung hunderter Maschinen, die zur Pro duktion der gewünschten Mengen benötigt wurden, sich wirtschaftlich nicht rechnen würde. Allein aus Platzgründen musste die Idee verworfen werden.

1981 entschied sich Mobil-Tyco zur Entwicklung einer Maschine, die mehrere Bänder gleichzeitig herstellen konnte. Das funktionierte jedoch auch nicht. „Das Problem war, dass diese Mehrbandmaschinen zu kompliziert wurden“, erinnerte sich Wald. „Sie hatten zu viele mechanische Teile und Bedienelemente, von denen immer eines ausfiel.“

Die Fertigung von Bändern, egal ob in Maschinen zur Herstellung eines oder mehrerer Bänder gleichzeitig, brachte ein weiteres scheinbar unüberwindbares Hindernis mit sich: Die Kristallisation an den Bandrändern konnte nicht präzise gesteuert werden. Ein kluger Wissenschaftler schlug vor, den Graphitkörper zur Formung röhrenförmiger Polygone zu verändern, weil ein Polygon keine freiliegenden Kanten hat und dennoch die für Solarzellen benötigte Flachheit besitzt. Wald ist überzeugt: „Dies war wahrscheinlich die wichtigste Entwicklung in der Schichttechnik.“ Der größere Durchmesser des Polygons erlaubt zusätzlich das Wachstum von mehr Material ohne eine höhere Ziehgeschwindigkeit. „Die Geschwindigkeit steigt zwar nicht, jedoch wird die Dicke und damit die Produktionsmenge erheblich vervielfacht“, sagte Photovoltaikanalyst Bob Johnson.

Polygone und Quadrate

1988 produzierte das Unternehmen Siliziumschichten aus achtseitigen Polygonen. Jetzt mussten Ingenieure und Wissenschaftler neue Maschinen konstruieren. Man entschied sich für fünf Meter (16,5 Fuß) hohe Oktagone. Das Unternehmen musste nun eine Fabrik mit einer entsprechend hohen Decke errichten. Als nächster Schritt wurde eine Einschienenbahn gebaut, um die fertigen Oktagone zu einer automatisierten Laser-Schneidestation zu transportieren, wo ein spezielles Autofokus-Gerät sehr zuverlässig und mit geringer Schadensrate Quadrate aus dem Polygon ausschnitt. Der Einsatz lohnte sich. Das Verfahren senkte die Produktionskosten von kristallinen Silizium-Solarzellen. Die Einsparungen kamen durch weitere Automatisierung, den Verbrauch von weniger Silizium und effizientere Verpackung, da durch die quadratische Form der Wafer ein gesamtes quadratisches Modul ausgefüllt werden konnte.

In den frühen 1990ern entwickelte das Unternehmen eine Pilotanlage, die im Falle einer explodierenden Nachfrage 25 Megawatt an Solarzellen produzieren konnte. Es plante den Verkauf großer Mengen von Zellen an die Stromversorgungsunternehmen in den hohen Wüstenregionen im Westen der USA zum Betrieb der Klimaanlagen in den Privathaushalten. Mobil glaubte, dass die Photovoltaik den Stromversorgern beim Bedienen von Lastspitzen helfen könnte, die meist am frühen Nachmittag im Spätsommer auftreten, wenn sowohl die Verwendung von Klimaanlagen als auch die Stromproduktion der Solarzellen am Höhepunkt sind. Nach Ansicht von Unternehmensstrategen würden die Stromanbieter ohne Photovoltaik auf zusätzlichen Strom von anderen Anbietern zu hohen Preisen zurückgreifen müssen. Die Strategen hatten jedoch nicht erwartet, dass die Erdgaspreise fallen würden. Dadurch hatten die Stromversorger eine günstigere Alternative zur Erzeugung zusätzlichen Stroms, was die Marketingpläne von Mobil durchkreuzte.

Laut Prognosen sollte sich der Preis für Erdgas für einige Zeit auf niedrigem Niveau halten. Mobil konnte keine anderen großen Märkte für die Photovoltaik ausmachen und entschied sich somit Mitte der 1990er für den Ausstieg aus dem Geschäft mit Solarzellen. Die Tochtergesellschaft einer großen deutschen Holding-Gesellschaft, die auch Photovoltaik produzierte und verkaufte, sah das anders und kaufte das Unternehmen. Man kombinierte das eigene Know-how in der Photovoltaik mit der Oktagon-Technologie und produzierte auf diese Art bis zum Herbst 2009 Solarzellen. Mit dem deutlichen Absinken des Silizium preises und der Erkenntnis, dass man mit der neuen Methode nicht so effizient Zellen herstellen konnte wie die anderen großen Silizium-Hersteller, ohne in teure und risikoreiche Forschung und Entwicklung zu investieren, beschloss das Unternehmen, wieder Ingots zu züchten und in Zellen zu zersägen.

Während der Debatte über die beste Möglichkeit zur Herstellung von Schichtsilizium schlug Dr. Emanuel Sachs, damals Ingenieur bei der Photovoltaikanlage von Mobil, eine Lösung zur Perfektionierung des Bandziehverfahrens vor, die er patentieren ließ. Auf der Suche nach einer Methode zum Erreichen der Stabilität, die bei der Produktion von fortlaufenden Bändern bisher nicht erreicht werden konnte, fand Sachs heraus, dass das Ziehen zweier paralleler Fäden durch das Fass anstelle des Graphitkörpers die Lösung war. Eine dünne Schicht aus geschmolzenem Silizium überspannt die Fäden, die sich durch das Fass bewegen, etwa so, wie Seifenblasen am Blasring haften. Während eine Maschine die Fäden mit der Membran aus flüssigem Silizium aus dem Fass zieht, gefriert das Silizium zu einem festen Band.

Das Verfahren von Sachs setzte Mlavskys ursprünglichen Traum in die Tat um. Da man jedoch auf Polygone eingestellt war, zeigte niemand auch nur das geringste Interesse an der Erfindung von Sachs. Es kam zur Wiederbelebung, als mehrere Mitarbeiter in Schlüsselpositionen Mobil nach dem Verkauf des Photovoltaikbereichs verließen und ihr eigenes Unternehmen gründeten.

Eine weitere Möglichkeit, die Kosten von Solarzellen zu senken, besteht darin, mehr Licht auf die Zellen zu lenken als üblicherweise einfallen würde. Ein aus preiswertem Kunststoff konstruierter Konzentrator funktioniert wie ein Vergrößerungsglas. Lässt man gebündeltes (20-fach verstärktes) Sonnenlicht auf ein Modul einfallen, kann ein Verbraucher dieselbe Menge an Strom mit 95 Prozent des bisher benötigten Photovoltaikmaterials erzeugen. Niedriges Produktionsvolumen bleibt das einzige Hindernis für die Ausreizung des Potenzials, das diese Technologie bietet.

johnperlin@physics.ucsb.edu

Dieses Kapitel wird in der nächsten photovoltaik-Ausgabe fortgeführt.

John Perlin

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