Bei Meyer Burger im eidgenössischen Thun bereiten sich die Ingenieure bereits auf die Zeit nach der Überproduktionskrise vor. Mit neuen Ideen leiten sie die nächste Runde in der Kostensenkung ein.
Gwatt ist ein kleines, unscheinbares Örtchen am Ufer des Thuner Sees. Gwatt ist kein Schwyzerdütsch für G(iga)watt, sondern ein Stadtteil von Thun. Dort sitzt die Meyer Burger Ag, Anbieter von Fertigungstechnik und schlüsselfertigen Fabriken für die Photovoltaikindustrie. Im Solartechnologiezentrum der Unternehmensgruppe werden Solarfabriken entworfen, ebenso Maschinen für Wafer, Zellen und Module. Außerdem produziert Meyer Burger in Thun eigene Solarmodule, für Kunden in der Schweiz.
Weil der eidgenössische Markt brummt, läuft die Modulfertigung in Gwatt in drei Schichten. Vor allem das Indachsystem Megaslate ist ein Renner, das als Ersatz für Dachziegel verwendet wird. Daneben haben die Schweizer Flachdach-, Fassaden- sowie Hybridsysteme im Angebot. Letzteres erreicht einen elektrischen Wirkungsgrad von 15,8 und einen thermischen Wirkungsgrad von 60 Prozent.
Fünf Prozent mehr durch SmartWire
Meyer Burger nutzt die schwache Nachfrage nach Fertigungstechnik, um das Unternehmen zu straffen und neue Technologien zu entwickeln. „In den Stringautomaten können wir Zellen mit drei oder fünf Busbars löten“, erläutert Technikexperte Detlev Koch beim Rundgang durch die Pilotlinien. „Mit fünf Busbars sind die Kontaktwege der Elektronen kürzer, damit holen wir rund zwei Prozent mehr Ertrag aus den Zellen.“
Ganz neu ist die Kontaktierung mit SmartWire Connection Technologie (SWCT). Meyer Burger hat die Technologie von Day4 gekauft und weiterentwickelt, um sie seinen Kunden in den Solarfabriken der nächsten Generation anzubieten. Dabei wird ein engmaschiges, sehr feines Drahtgitter über den Wafer gelegt, um die Elektronen möglichst schnell und verlustarm einzusammeln. Das Gitter wird als vorgefertigte Drahtfolie auf die Zelle gebracht, um auch diesen Prozess zu automatisieren. „Die neuen Zellen kommen gänzlich ohne Busbars aus“, sagt Koch. „Die Breite der Finger kann man von 50 auf 20 Mikrometer senken. Dieses Verfahren ist auch für Plating mit Kupfer geeignet.“
Messen, ohne am Laminat zu kratzen
In Gwatt stehen 15 Meter lange Laminatoren, um die Zellenstrings dauerhaft einzuschweißen. Vor und hinter dem Laminator werden die Zellverbünde überwacht. Gemeinsam mit der Berliner Firma Laytec wurde ein Inline-Messverfahren entwickelt, das den Laminationsprozess überwacht. Die Vernetzung (Cross Linking der Kohlenwasserstoffketten) in der Folie kann von außen gemessen werden, ohne das Laminat anzukratzen. „Zwischen 6,5 und 16 Minuten läuft ein Modul durch den Laminator“, meint Detlev Koch. „Das hängt von den Folien und der Glasdicke ab.“ In einer Vorheizstation werden die Laminate auf 60 Grad Celsius vorgewärmt, um den anschließenden Vakuumprozess möglichst zu verkürzen.
Bisher fertigt Meyer Burger auf seinen Maschinen nur Glas-Folie-Module. „Aber wir wollen auf Glas-Glas-Module gehen, weil dadurch geringere mechanische Spannungen auf die Zellen einwirken“, gibt Detlev Koch einen Ausblick. Der neue Laminator soll zwei Millimeter dünne, vorgespannte Gläser verarbeiten, mit bereits im Modul integrierten Dioden. Dann würden auch die Anschlussboxen auf der Modulrückseite entfallen. Zwar brauchen die Laminatoren für Doppelglasmodule zwei Heizplatten, dafür entfällt jedoch die Membran, die für Module mit nur einem Glas notwendig ist und als Verschleißteil einen wesentlichen Kostenfaktor darstellt.
Zelltechnologie bleibt in Sachsen
Rund 450 Leute sind bei Meyer Burger in Gwatt beschäftigt. Neben der Modultechnik wird auch die Wafertechnologie weiterentwickelt. Dabei offeriert Meyer Burger ihren Kunden Lösungen für alle Arbeitsschritte, die auf die Herstellung des Ingots folgen. Der Schlüsselprozess ist das so genannte Wafering. Mit Hilfe von Drahtsägen werden mono- oder polykristalline Bricks in hauchdünne Scheiben geschnitten, die als Rohlinge für die spätere Zellherstellung dienen. Hauchdünn bedeutet zum gegenwärtigen Zeitpunkt rund 100 Mikrometer – im Labor. In der Massenproduktion gelten 160 bis 180 Mikrometer als Standard. So dünne Scheiben müssen bruchfrei gesägt werden, und sie müssen möglichst planar sein. Das bedeutet, dass der Wafer über die gesamte Oberfläche eine möglichst einheitliche Dicke aufweisen sollte.
Sonst gibt es Probleme bei der nasschemischen Dotierung und Strukturierung, die den Wafer erst zur Zelle macht. „Das Wafering ist nicht zuletzt deshalb der Schlüsselprozess“, erklärt Marketingleiter Martin Engel, „weil auf dem Weg vom Ingot zum fertigen Wafer hier die höchsten Kosten anfallen.“ Große Hoffnung setze das Unternehmen in die Diamantdrahtsäge DW 288, die eigens für diese Technologie entwickelt wurde. Erst vor wenigen Wochen erhielt Meyer Burger einen Großauftrag von einem asiatischen Kunden, der eine stattliche Anzahl dieser Maschinen bestellte. (Heiko Schwarzburger)
Den vollständigen Report lesen Sie im Novemberheft der Fachzeitschrift photovoltaik, das am 7. November 2013 erscheint.