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Die Revolution geht weiter

In den USA und Westeuropa sind hunderttausende abgelegene Häuser nicht ans Stromnetz angeschlossen. Wie auch in den Entwicklungsländern ist die Anbindung dieser Häuser an zentral erzeugten Strom zu kostspielig. Der Public Service of Colorado, eines der größten Energieversorgungsunternehmen des Bundesstaats, verlangt von den Kunden eine fünfstellige Summe, um Anschlüsse von der nächsten Hochspannungsleitungüber eine Länge von einer viertel bis zu einer halben Meile (400 bis 800 Meter) zu installieren. „Wenn die Kunden erst einmal angeschlossen sind, erhalten sie den Strom relativ günstig“, bemerkt John Thornton. „Aber zuerst muss für die Anbindung gezahlt werden. Hier liegt das Problem.“ Die Alternative, ein Photovoltaiksystem zur kompletten Versorgung eines typischen Vorstadthauses, kostet zwischen 20.000 und 25.000 Dollar. Bei einer Entfernung ab einer viertel Meile vom nächsten Strommast „sehen die Menschen Solarzellen als günstigste Alternative“, so Thornton.

Die elektrischen Anforderungen tausender Ferienhäuschen in der entwickelten Welt ähneln denen ländlicher Haushalte in ärmeren Ländern stark. Urlauber schleppen Kerosin, Diesel oder Benzin herbei, um Strom für ein paar Lichter und vielleicht einen Fernseher oder einRadio zu haben. „Für diese Leute lohnt sich die Photovoltaik am meisten“, glaubt Jim Trotter. „Das liegt daran, dass eine erschwingliche kleine Solaranlage für ein paar hundert Dollar bereits ausreicht, um all ihre Anforderungen zu erfüllen.“ Bereits 1981 erschloss sich ARCO Solar in Spanien einen Markt, als es denen, die sich vor dem heißen und schwülen mediterranen Sommer in die Ferienhäuser in den Bergen zurückzogen, Photovoltaikstrom anbot. Da sich die Anbindung ans Stromnetz für die privaten Versorger nicht lohnte, hatten die Häuser bisher keine Stromversorgung. In der 1980ern wurden in Spanien dann mehr Photovoltaikanlagen als in allen anderen europäischen Ländern gekauft. Einige Jahre später kam dann der Stromversorger in Finnland mit der Versorgung von Ferienhäusern zum Photovoltaikgeschäft. Man entschied, dass es sinnvoller war, jedes der 40.000 Ferienhäuser im ländlichen Finnland mit Photovoltaik auszustatten, als Hochspannungsleitungen zu installieren, die die Landschaft verschandeln würden. Aus ähnlichen Gründen werden viele Schweizer Alphütten mit Solarstrom versorgt.

Viele Hausbesitzer wünschen sich grüne Energie

Die Bewegung für saubere Luft hat dazu geführt, dass sich viele Städter und Vorstädter „grünen Strom“ für ihren Haushalt wünschen. Marktforschung in Australien zeigt, dass viele bereit sind, für umweltfreundliche Energie in ihrem Haushalt einen Aufpreis zu zahlen. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach „ist so grün, wie es nur geht“, bemerkte Peter Lawley, Manager des australischen Stromversorgers Pacific Power. „Das Schöne daran ist, dass mit Modulen auf dem Dach der Stromzähler rückwärts läuft“, fügte Lawley hinzu. „So ist es tatsächlich.“ Nach Ansicht eines amerikanischen Versorgungsunternehmens, das in Amerika in Aufdachanlagen investiert, „wird es in Zukunft viele verschiedene Arten der Stromversorgung geben, wovon nur eine die traditionellen Hochspannungsleitungen und -masten sein werden. Während die Photovoltaik günstiger wird, werden immer mehr Verbraucher darauf als Alternative zum traditionellen Netzanschluss zurückgreifen.“ Roland Skinner war beim Northwest Rural Public Power District tätig, einer ländlichen Elektrizitätsgenossenschaft, die die malerische aber dünn besiedelte Sanddünen-Region von Nebraska mit Strom versorgt. Dabei treibt ein Großteil der Elektrizität Wasserpumpen an, und da die Kunden der Genossenschaft einen niedrigen Energiebedarf haben, befindet sich die Organisation in einem Dilemma. Innerhalb des kommendenJahrzehnts muss das ländliche Versorgungsunternehmen seine bereits 60 Jahre alten Strommasten austauschen. Skinner berechnet, dass für „die längsten Verbindungen, also die alten“, die zum Betrieb von Wasserpumpen etwa 1,5 Meilen (2,5 Kilometer) überbrücken, „ungefähr 15.000 US-Dollar aufgewendet werden müssen, um neue Strommasten sowie Leitungen zu installieren bei zusätzlichen Kosten von 5.000 bis 6.000 Dollar zum Abriss der alten. Alternativ kann ich eine Photovoltaikanlage für insgesamt 5.000 US-Dollar installieren!“ Die Wirtschaftlichkeit beim Betrieb von Brunnen mit Solarzellen steigt „mit dem anhaltenden Rückgang von Farmen im Familienbesitz“ sogar noch weiter, so Skinner. „Viele Höfe werden nicht mehr gebraucht, und Strom wird in diesen Gegenden lediglich noch dazu benötigt, einen Wasserbrunnen fürs Vieh zu betreiben.“

Wasser dank Sonnenstrom

Manager anderer ländlicher Energieversorgungsunternehmen stehen vor ähnlichen Problemen. Auch sie besitzen Meilen von maroden Leitungen, die hauptsächlich Brunnen versorgen – etwa 125.000. Weitere 125.000 Wasserpumpen im Westen der Vereinigten Staaten laufen mit Diesel oder Windkraft, und siealle werden, so Skinner, „jährlich älter“. Umweltaspekte werden in der Zukunft nur zu mehr Pumpen führen. In Missouri will man zum Beispiel das Vieh von Bächen und Flüssen entfernt ansiedeln, so Ken Stokes, ehemaliger Betreiber eines Verkaufsservice für Photovoltaikausrüstung in ländlichen Regionen Amerikas. „Die Nutztiere verrichten in den Flüssen ihr Geschäft und beschädigen die Böschungen, die dadurch erodieren. Der Bundesstaat will daher alle Wasserläufe abzäunen und die Viehzüchter dazu bringen, ihre Tiere über Pumpen zu tränken. Zudem wird sich die Anzahl der Wasserpumpen erhöhen, weil die Viehzüchter das Konzept der Umtriebsweide umsetzen, bei dem die Weide in Segmente aufgeteilt wird und die Tiere in jedem Segment über einen kürzeren Zeitraum intensiver grasen. Unter diesen Bedingungen wächst das Gras schneller und gesünder, das erfordert jedoch weitere Pumpen, weil das Vieh in jedem Segment Wasser benötigt. Es könnten auch mit Diesel oder Propangas betriebene Generatoren zum Betrieb der Pumpen eingesetzt werden, aber „die müssen mindestens einmal täglich nachgetankt, abgeschaltet und auf Ölbedarf überprüft werden. Und ist man einen Tag nicht vor Ort, um sie abzuschalten, pumpen sie denBrunnen leer und können durchbrennen“, so Viehzüchter Donald Mclvor. Die Wahl blieb zwischen der Photovoltaik und der Windkraft. Die Photovoltaik war für Mclvor der klare Favorit: „Sie ist störungsfrei und viel billiger.“ Wachsendes Umweltbewusstsein ist einer der Hauptgründe für die Beliebtheit der Photovoltaik bei der Ausstattung von Wohnmobilen. Auf vielen Campingplätzen ist der Betrieb von Dieselgeneratoren inzwischen aufgrund der Verschmutzung durch Abgase sowie des Lärms, der andere Camper am Schlafen oder der Zwiesprache mit der Natur hindert, untersagt. Wohnmobile sind bereits mit Wechselrichtern zum Umwandeln des vom Generator erzeugten Gleichstroms in Wechselstrom sowie mit Akkus ausgestattet. Die Branche muss also nur noch die neue Energiequelle – die Photovoltaik – einbinden.

Erderwärmung als Triebfeder

Die globale Erwärmung gilt weltweit als eine wichtige Triebfeder für grüne Energiequellen wie die Photovoltaik. Bereits 1989 bezeichnete die Annual Review of Energy „die Möglichkeit eines globalen Klimawandels durch Verbrennung fossiler Brennstoffe“ als „das Umweltthema, das all unsere Überlegungen bezüglich Energie heute begleiten wird“. Um den Ausstoß von Treibhausgasen da zu unterbinden, wo sie entstehen – an den Schornsteinen –, müssten die Anlagenbetreiber das Kohlendioxid durch Lagerung binden. Die zusätzlichen Kosten könnten dazu beitragen, den Preisnachteil von Photovoltaikstrom auf dem Energiemarkt zu reduzieren. Der Weltenergierat sieht voraus, dass die Einführung solch eines Kohlenstoffbindungs-Programms „sehr starke Auswirkungen auf die Attraktivität und Verbreitung erneuerbarer Energie“ haben wird.

Während es immer mehr Elektrofahrzeuge gibt, kann die Photovoltaik auch bei der Eliminierung von Treibhausgasen, die von Kraftfahrzeugen ausgestoßen werden, eine große Rolle spielen. Module, die an vielen Orten der Welt in die Dächer von Parkhäusern integriert werden, darunter eins an der University of California in Santa Barbara, das ich persönlich betreue, stellen ideal positionierte Aufladestationen dar. Während die Fahrzeuge bei der Arbeitszeit stundenlang abgestellt sind, werden sie über die vom Sonnenlicht bestrahltenModule mit Solarstrom aufgeladen. Wenn die Sonne wieder untergeht, sind die Fahrzeuge ausreichend für den Heimweg aufgetankt. Man kann sich vorstellen, dass bald ehemalige Tankstellen im amerikanischen Südwesten und in anderen sonnenreichen Gebieten mit Solarmodulen bedeckt sein werden, über die Fahrzeugakkus mit Solarstrom aufgeladen werden. In der Tat könnte sich ein reger Handel mit solarstromgeladenen Akkus entwickeln, die die Laderäume von „Sonnentankern“, die sonnenärmere Regionen in der Welt anfahren, füllen. Hierbei würden die sonnenreichen Regionen freundlicherer Staaten die Anlaufhäfen der problembeladenen Ölstaaten, von denen wir gegenwärtig abhängen, ersetzen und dadurch eine deutliche Veränderung der aktuellen geopolitischen Landschaft herbeiführen.

Viele schreiben die aktuellen Wetterkatastrophen wie übermäßige Regengüsse, Dürren, Hurrikane und Tornados der globalen Erwärmung zu, was mehr Großflächenbrände, Überschwemmungen, Hitzewellen und Ernteausfälle zur Folge hat. Die durch das rauere Wetter hervorgerufene wachsende Zahl von Naturkatastrophen sowie die steigende Zahl von Menschen, die sich in Regionen mit einer hohen Anfälligkeit für Katastrophen wie Erdbeben, Hurrikane undVulkanausbrüche niederlassen, sind Frühwarnsysteme dringend erforderlich. Solarstrombetriebene Überwachungsgeräte an relativ abgelegenen Orten können Anzeichen bevorstehender Katastrophen erkennen und die Bevölkerung warnen. Mit Solarstrom betriebene Ausrüstung überwacht bereits den Wasserfluss in den Canyons oberhalb von Tucson und warnt die Menschen stromabwärts vor Sturzfluten, die manchmal während der Regenzeit auftreten. Eisenbahngesellschaften wie die Burlington Northern Santa Fe betreiben mit Hilfe der Photovoltaik bereits Zäune zum Erkennen von Steinschlag und Schlammlawinen, welche die Züge dann auf elektronischem Weg über potenziell gefährliche Bedingungen informieren und somit ein lebensgefährliches wie kostspieliges Entgleisen verhindern.

Solarbetriebene Wetterforschung

Die ultimative solarbetriebene Frühwarnvorrichtung könnten Flugzeuge zur Wetterüberwachung sein. Der Prototyp – ein mit hocheffizienten Solarzellen bedeckter Nurflügler – hat bereits den Höhenrekord aller Flugzeuge gebrochen. Zuvor hielt den Rekord das als Blackbird bekannte weltweit schnellste Hightech-Spionageflugzeug. Der solarbetriebene Nurflügler stieg auf über 80.000 Fuß(24.384 Meter) bei einer Geschwindigkeit von nur 23 Meilen pro Stunde (36,8 Kilometer pro Stunde). Erst im letzten Jahr schaffte es ein anderes Solarflugzeug, 14 Tage ununterbrochen in der Luft zu bleiben. Angetrieben wurde es von einer Solarzellen-Kombination, die ausreichte, um die Batterie für den Nachtflug aufzuladen. Ein solches Flugzeug könnte sich monatelang über Turbulenzen aufhalten und gefährliche Wettersituationen aufspüren und nachverfolgen.

Bei einer Naturkatastrophe stürzen Hochspannungsleitungen ein. Wer mit Photovoltaik und Stromspeicher ausgerüstet ist, hat jedoch Strom. Der große Eissturm im Nordosten Amerikas im Jahr 1998 hatte auf das Leben der Menschen, die über Solarstrom und Speicherbatterie versorgt waren, keine nennenswerten Auswirkungen. Die Hurrikane Georges und Mitch brachten überall in der Karibik und in Mittelamerika Stromleitungen zu Fall, verschonten jedoch tausende Photovoltaikanlagen fast vollständig. Von den mehr als 9.000 Anlagen in der Dominikanischen Republik gingen weniger als 20 zu Bruch. Ähnlich niedrige Verluste von Photovoltaikanlagen wurden aus Honduras berichtet. Verblüffenderweise verlor man auch in direkt betroffenen Gebieten wie zum Beispiel im Küstendorf Bayahibe nur wenige Solarmodule. Die Besitzer hatten die Module nämlich einfach vor dem Eintreffen des Hurrikans vom Dach entfernt und danach wieder montiert.

Katastrophen, die unsere umfangreiche und komplexe Infrastruktur, die das moderne Leben ermöglicht, unbrauchbar machen, befördern jene, die nicht über eine Alternative wie die Photovoltaik verfügen, in einen Zustand der Isolation ohne Versorgung zurück, wie ihn die ärmsten Bewohner der abgelegensten Dörfer in Entwicklungsländern erleben. Nur wer mit unabhängigen Anlagen ausgestattet ist, die auf vor Ort verfügbaren Energiequellen laufen, hat in solchen Situationen ein gewisses Maß an Normalität. Desaster sind eine ideale Umgebung für die Photovoltaik: Es ist keine Energie von außen verfügbar, und nur geringe Mengen an Energie sind vonnöten, um eine Basis-Notausrüstung zu betreiben. Einsatzkräfte können – wenn nötig zu Fuß – schnell ultraleichte Module herbeitragen, die zusammengefaltet in einen Rucksack passen, und sie in Minuten aufbauen, um die benötigten Kommunikationsverbindungen zur Durchführung von Such- und Rettungsarbeiten wiederherzustellen. Mit der Photovoltaik lassen sich auch mobile Anzeigetafeln und Warnleuchten betreiben, die die Verkehrsteilnehmer durch gefährliche Straßenlagen leiten, über Sperrungen informieren und ausgefallene Ampeln und Straßenschilder ersetzen.

Wie sich in Folge der Hurrikane Andrew und Mitch zeigte, kann das Stromnetz eine Weile ausfallen. Die Aufrechterhaltung einfacher Gesundheits- und Hygienestandards hat in solchen Situationen höchste Priorität und kann die Ausbreitung von Krankheiten verhindern. So hat man zum Beispiel in Honduras Photovoltaik eingesetzt, um verunreinigtes Wasser mit ultravioletten Strahlen von allen biotischen Krankheitserregern zu befreien. Module haben sich auch bei der Stromversorgung von Kliniken und Hilfszentren, die sich um Opfer dieser Hurrikane kümmern, als unentbehrlich erwiesen. An der St. Anne’s Mission in Florida hatte man es innerhalb von nur einem Tag geschafft, eine Photovoltaik-Anlage zum Betrieb von Ventilatoren, Licht und Kühlschränken für Impfstoff einzurichten. Der Rektor der Mission sagte den Hilfe- und Obdachsuchenden: „Seht Ihr? Das ist das Licht Gottes.“ So, wie diese Hurrikane einen Vorgeschmack auf die Auswirkungen der globalen Erwärmung geben, hat die Ölkrise in den 1970ern der Welt gezeigt, wie das Leben ohne billigen Kraftstoff aussehen wird. Die Erdöl-Analysten Colin Campbell und Jean Laherrere sagen voraus, dass die Ölpreise innerhalb des kommenden Jahrzehnts wieder steigen werden, der Aufwärtstrend diesmal jedoch anhalten wird. Shell Oil kommt in seiner Szenarioplanung mit Blick auf Angebot und Nachfrage beim Erdöl zur selben Schlussfolgerung wie Campbell und Laherrere. Nur das Datum unterscheidet sich. Bei Shell glaubt man, dass „fossile Energieträger um 2020 ihren Höhepunkt erreichen, wobei sich der globale Energiebedarf bis dahin verdreifacht haben wird“. Der in Europa ansässige Ölkonzern kommt zu dem Schluss: „Erneuerbare Energiequellen müssen einen erheblichen Teil der Lücke abdecken, die fossile Brennstoffe nicht füllen können. Und innerhalb der erneuerbaren Energien muss die Photovoltaik eine bedeutende Rolle einnehmen.“ „Wenn ein großer Ölkonzern tatsächlich das Ende des fossilen Zeitalters prognostiziert“, teilte die Zeitschrift „Scientific American“ ihrer Leserschaft mit, „ist dies ein klares Zeichen für die Zukunft.“ Aufgrund wachsender Besorgnis über Emissionen durch fossile Brennstoffe und das Ende preiswerten Öls wird die Photovoltaik sicherlich in den Mittelpunkt rücken aus dem einfachen Grund, dass es keineAlternative zur umweltfreundlichen Stromerzeugung für jede Nachfrage von Milliwatt bis Megawatt gibt, die in den meisten Teilen der bewohnten Welt effektiv funktioniert.

Don Osborn, ehemaliger Mitarbeiter beim Sacramento Municipal Utility Department, beobachtete im Jahr 1999, dass Solarzellen „so weit sind, dass innerhalb eines angemessenen Zeitraums von ein bis zwei Jahrzehnten zu erwarten ist, dass die Photovoltaik Elektrizität in großem Stil erzeugt“. Der technologische Stand im Jahr 1999, als die erste Ausgabe von „From Space to Earth“ entstand, war nur eine Andeutung dessen, was noch kommen würde. Sobald die Photovoltaikunternehmen sich ernsthaft um den potenziellen Kundenstamm bemühen, wie dies 2011 nun der Fall ist, „werden wir in der Zeit zurückblicken und sagen, dass eine Zehn-Megawatt-Anlage, die durchschnittliche Größe einer heutigen Produktionsanlage, eine interessante Pilotlinie war“, so der internationale Photovoltaikberater Chris Schering vor mehr als einem Jahrzehnt.

Traumtechnologie mit Zukunft

Die renommierte Zeitschrift Science überschüttete Solarzellen bereits 1976 mit Lob: „Wenn es eine solare Traumtechnologie gibt, dann ist es die Photovoltaik – ein elektronisches Wunder, das zugleich die höchstentwickelte und einfachste Solartechnik ist und die umweltschonendste Energiequelle bisher.“ Warum ist der amerikanische Markt dann trotz dieser Anerkennung nie richtig in Gang gekommen, obwohl die moderne Solarzelle eine amerikanische Erfindung ist, die zuerst in den USA vom Militär vermarktet wurde und auch bis zum Anfang der 1980er nur in dem Land gefertigt wurde?

Vielleicht hat die Verlagerung der Photovoltaik weg von den USA in den letzten Jahrzehnten weniger technische oder ökonomische Gründe als vielmehr mit der Generationenpolitik des Landes zu tun. Hauptsächlich junge Menschen, denen Ereignisse wie der Vietnamkrieg und dessen Folgen noch lebendig vor Augen waren, traten für Umweltthemen ein und stellten sich gegen die „schweigende Mehrheit“, indem sie Solarenergie als die einzige Lösung zur Abschwächung einer Klimakatastrophe sahen, die durch das Verbrennen von immer mehr Kohle verursacht wurde. Zudem sahen sie dieSolarenergie als die einzige Möglichkeit für einen Ausstieg aus der Atomkraft, die für sie einen potenziellen Holocaust bedeutete. Die Elterngeneration – Regierungsverantwortliche für Energiefragen, Physiker der alten Garde sowie Vertreter der Öl-, Gas-, Kohle- und Versorgungsbranchen – taten die Solarenergie allesamt als „Larifari“ ab und traten für mehr Kohle, mehr Öl, mehr Gas und mehr Atomkraft ein. Als Präsident vertrat Ronald Reagan diese Klientel, wie er es auch als Gouverneur von Kalifornien tat. Er griff die Solarenergie mit derselben Härte an wie in seiner Anfangszeit als Gouverneur des „Golden State“, als er protestierenden Studenten Kontra gab. Es ist daher kein Wunder, dass die USA heute noch nicht einmal ein Gigawatt an Photovoltaik auf diesem sonnenverwöhnten Kontinent einsetzen.

Fast zwei Jahrzehnte nach dem Amtsantritt Reagans ereignete sich in Deutschland genau das Gegenteil. Es ist nicht verwunderlich, dass der rot-grüne Wahlsieg in Deutschland 1998 den gegenteiligen Effekt auf die Photovoltaik hatte. In beträchtlichen Zahlen waren unter den Regierenden die studentischen Rebellender späten 60er und deren Sympathisanten, die sich in aktive Kritiker des Status quo der Energie verwandelt hatten. Durchgreifende gesetzliche Maßnahmen hatten die Renaissance der Photovoltaik zur Folge. Hauptsächlich durch den Wandel der politischen Garde in Deutschland schossen Photovoltaikanlagen wie Pilze aus dem Boden. Von weltweit nur einem Megawatt im Jahr 1978 waren nun mindestens 30 Gigawatt installiert.

Energie im Einklang mit der Natur

Im Jahr 1956 machten die Bell Laboratories eine kühne Vorhersage: „Der sehr geringe Stromverbrauch von Transistoren verleiht Solarzellen großes Potenzial, und es scheint unweigerlich darauf hinauszulaufen, dass die beiden Erfindungen von Bell eng mit vielen wichtigen zukünftigen Entwicklungen verknüpft sein werden, die maßgebliche Auswirkungen auf unsere Lebensweise haben.“ Mit dem Tandemeinsatz von Transistoren und Solarzellen in Satelliten, Navigationshilfen, Mikrowellenrepeatern, Fernsehern, Radios und Kassettenspielern in Entwicklungsländern – und einer Vielzahl anderer Anwendungen – kommt dieVorhersage von Bell der Verwirklichung bereits näher. Halbleitermaterial, das uns den Transistor und die Solarzelle beschert hat, ermöglicht auch die bessere Verknüpfung von intelligenterer Elektronik, effizienteren elektrischen Verbrauchern und einem intelligenteren Netz. Sie bringt uns unserem Ziel einen Schritt näher, der extrem ineffizienten und umweltschädlichen thermodynamischen Welt den Rücken zu kehren und die Halbleiterrevolution zu vollenden, die während des Zweiten Weltkriegs in den Bell Laboratories ihren Ausgang nahm. Hier wird die Photovoltaik als erste Quanten-Energiequelle Strom liefern. Es bedarf also keines großen Sinneswandels, um damit zu rechnen, dass der Transistor-/Solarzellenumbruch so lange anhält, bis er jede Fabrik, jedes Büro und jeden Haushalt in der Welt erreicht hat. Dank der Tatsache, dass Solarzellen Geräte im All wie auf der Erde antreiben, werden Menschen auf der ganzen Welt Elektrizität nutzen können, ohne ihr Zuhause, den Planeten Erde, so zu schädigen, wie es zurzeit der Fall ist.

johnperlin@physics.ucsb.edu

John Perlin

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