Ursprünglich waren Sie Professor an der Stanford University. Hatten Sie jemals mit dem Gedanken gespielt, Unternehmer zu werden?
Ja, schon, denn es gab damals, als ich an der Stanford University lehrte, eine Kultur der Unternehmensgründung. Sun Microsystems, Cisco – viele Unternehmen hat diese Universität hervorgebracht. Und man galt damals an der Universität nicht gerade als dynamisch, wenn man als Mitglied der Technischen Fakultät kein Start-up-Unternehmen hatte. Ich habe mich dann beurlauben lassen, um Sunpower zu gründen. Eigentlich hatte ich vor, an die Universität zurückzugehen. Aber dann machte mir die Unternehmensgründung viel Spaß. Meine wahre Leidenschaft war es, die Technologie zu vermarkten, und deshalb habe ich schließlich an der Universität gekündigt.
1985 haben Sie Sunpower gegründet. Wie lief es an?
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir an der Universität bereits alles erforscht, was in diesem Zusammenhang sinnvoll war. Wir hatten das Gefühl, dass es Zeit wäre, die Ergebnisse zu vermarkten. Wir begannen mit einer Zelle für Konzentratorsysteme. Bei Konzentratorzellen fließt ein so großer elektrischer Strom, dass sie sehr gute Kontakte brauchen. Das war zunächst der einzige Grund, warum wir an Rückkontaktzellen geforscht haben. Bei den Rückkontaktzellen hat man nämlich viel Platz für Metall, das die Sammelschienen bildet und die Zellen kontaktiert. Wir verkauften solche Zellen mit mehreren Megawatt Leistung an Solar Systems, eines der frühen Unternehmen im Konzentratorbereich. Aber dann entwickelte sich die Technologie für die Zellen für hochkonzentriertes Licht in Richtung Triple-Junction-Zellen, der hocheffizienten Zellen aus Galliumarsenid. Daher gab es zu der Zeit keinen Markt für die Konzentratortechnologie von Sunpower. Stattdessen machte Photovoltaik zunächst auf Dächern von Wohnhäusern das Rennen. Konzentratoren sind dafür völlig ungeeignet.
Wie haben Sie den Sprung von Konzentratoranwendungen zu Standardanwendungen geschafft?
Wir passten unsere Konzentratortechnologie auf Anwendungen ohne konzentrierendes Licht an, was jedoch im damaligen Umfeld sehr teuer war. Sie wurde hauptsächlich in Spezialbereichen eingesetzt, wo hohe Effizienz erforderlich war, zum Beispiel bei einem Solarflugzeug der NASA. Dies war einer der Fälle, in denen wir mit unserem Produkt große Aufmerksamkeit bekamen. Gegen Ende der 90er Jahre waren wir es leid, länger darauf zu warten, bis der Markt unsere Konzentratorzellen annehmen würde. Wir wollten versuchen, am Geschäft mit Standardmodulen teilzuhaben. Wir überarbeiteten die Zelle so, dass sie deutlich günstiger wurde. Dazu brachten wir die Metallisierung auf der Rückseite im Siebdruckverfahren auf, zuvor hatten wir Photolithographie benutzt, was der Standard in der Chip-Fertigung ist. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt erwies sich als sehr erfolgreich. Wir merkten, dass wir auf einem Weg waren, die Zellen konkurrenzfähig mit Standardzellen zu machen.
Sie waren das einzige Unternehmen, das so agierte. Sonst glaubte niemand daran, dass die Technologie funktioniert?
Ich präsentierte das Projekt rund 40 möglichen Investoren, die uns bei der Vermarktung unserer Zelltechnologie helfen sollten, und keiner glaubte daran. Aber erst als ich es Cypress Semiconductor als potenziellem Investor vorstellte, machten wir Fortschritte. Sie verliebten sich geradezu in Sunpower. Als Halbleiterunternehmen verstanden sie etwas von der Fertigung von Siliziumwafern. Cypress war für uns die ausschlaggebende Starthilfe. Die erste Investition tätigte das Unternehmen im Jahr 2000. Wir bauten eine Pilotlinie in der texanischen Cypress-Fabrik auf, um zu sehen, ob wir ein kostengünstiges Verfahren realisieren könnten. Als das klappte, bauten wir eine große Fabrik in Manila. Cypress investierte 150 Millionen US-Dollar. Rückblickend glaube ich, dass wir Glück hatten, mit einem Halbleiterunternehmen und nicht mit einem traditionellen Risikokapitalgeber zusammenzuarbeiten. Sie gaben uns reichlich Know-how aus der Halbleiterfertigung.
Und immer noch hat niemand daran geglaubt?
Unsere Konkurrenz nahm uns damals immer noch nicht richtig ernst. Das ist natürlich nur mein Eindruck. Niemand hat mir das direkt ins Gesicht gesagt. Sunpower hatte ein gewisses Image, besonders nachdem wir das Flugzeug gebaut hatten. Jeder in der Branche kannte uns. Aber die Einstellung war: Ja, die stellen die weltweit effizienteste Solarzelle her, aber es ist dieses teure kleine Juwel. Allerdings war das für uns in gewisser Weise ein Vorteil. Die beste Möglichkeit, intellektuelles Eigentum zu schützen, ist, die anderen glauben zu machen, dass es eine schlechte Idee ist. Ist es nur ein Patent, dann kann man es analysieren und sich überlegen, wie man es umgeht. Hält man es jedoch für eine schlechte Idee, wird man sich nicht damit beschäftigen.
Wie geduldig waren Ihre Partner aus der Halbleiterindustrie, als Sie Ihre Technologie entwickelten?
Die waren überhaupt nicht geduldig. Anders meine anfänglichen Investoren. Als wir das Unternehmen gründeten, hatten wir Risikokapitalgeber. Die waren sehr geduldig, und ich konnte mich über solch wundervolle Investoren glücklich schätzen. Als der Markt sich nicht entsprechend entwickelte, blieben sie trotzdem einfach dabei. Als dann aber die Zeit gekommen war, dass wir tatsächlich vermarkten sollten und wir uns mit Cypress zusammentaten, mussten wir sehr schnell agieren. Wir erkannten, dass der Markt kurz davor war zu explodieren. Glücklicherweise war der CEO von Cypress ein sehr energischer Mann. Er drängte uns zur Eile. Dazu kam, dass Cypress seit langer Zeit neue Produkte entwickelte und über sehr gute Verfahren verfügte, wie man das macht. Dadurch konnten wir ziemlich rasch die Fabrik bauen und mit der Serienproduktion beginnen.
Wann kamen Sie in die Gewinnzone?
Im November 2005 gingen wir an die Börse, und zu diesem Zeitpunkt fuhren wir bereits Gewinne ein. Nach den 150 Millionen US-Dollar von Cypress konnten wir über die öffentlichen Märkte eine Milliarde US-Dollar einwerben. Das veränderte die Photovoltaikbranche sehr. Q-Cells und Solar-Fabrik waren zwar bereits einige Jahre vor uns in Deutschland an die Börse gegangen. Aber sie waren weltweit den Investoren nicht so sehr ins Auge gefallen. Wir waren die Ersten, die mit dem Gang an die NASDAQ in den USA an der Börse notierten. Das öffnete die Tore.
Sie hatten das Glück, Zugang zu Know-how im Halbleiterbereich zu bekommen. Wie hat Ihnen das konkret geholfen?
Es half besonders in unserem Fall, weil unser Zellfertigungsverfahren etwas komplexer ist als das der Standardsolarzelle. Wir müssen unsere metallischen Kontaktierungen auf der Rückseite genau auf Halbleiterübergänge in der Zelle positionieren. Das ist anders als bei der Standardzelle, bei der die Kontakte auf der Vorderseite nur irgendwie auf dem Wafer aufgebracht werden müssen und die genaue Position nicht wirklich von Bedeutung ist. Diese Ausrichtung hinzubekommen war ein riesiges Projekt. Dabei ist es gar nicht so schwer, die Metallisierung genau auszurichten. Schwer ist es, das mit hohen Durchsätzen zu schaffen. Es bedurfte der Entwicklung völlig neuer Siebdruckmaschinen. Das Know-how im Halbleiterbereich half uns beim gesamten Vorgang: wie man die Werkzeuge spezifiziert, wie man mit dem Zulieferer zusammenarbeitet, um das Verfahren zu entwickeln, wie man den Prozess so beschreibt, dass die statistische Prozesskontrolle funktioniert.
Was ist das?
Das ist eine Fertigungsmethodik, bei der Sie alle Abweichungen im Prozess überwachen und darauf achten, dass sie nicht zu groß werden. Ein sehr einfaches Beispiel ist die Größe eines Wafers. Eine Standard-Fertigungslinie arbeitet mit Wafern einer bestimmten Größe. In Wirklichkeit weichen die Wafer jedoch alle ein wenig voneinander ab. Und je mehr sie abweichen, desto schwieriger ist es, sie zu verarbeiten.
Was haben Sie über die Kommunikation mit Zulieferern gelernt?
Die Fertigung eines Mikroprozessor-Chips oder eines Speicher-Chips bedarf vieler Schritte. Unterläuft bei einem dieser Schritte ein Fehler oder ist ein Schritt nur ein wenig außerhalb der Spezifikation, kann der gesamte Prozess ruiniert sein. Die Halbleiterindustrie musste deshalb neue Wege finden, mit vielen zusammenzuarbeiten. Eine Solarzelle ist viel einfacher herzustellen. Die Industrie brauchte deshalb am Anfang nicht wirklich modernes Know-how aus der Halbleiterproduktion. Letztlich waren es die japanischen Hersteller, die dann neues Know-how in die Solarfertigung brachten.
Es gibt Bemühungen von Seiten des Halbleiter-Branchenverbands Semi, die Standardisierung voranzutreiben. Ist das der richtige Weg zur Kostensenkung?
Als all die Standards für die Halbleiterindustrie entwickelt wurden, hieß die Standardtechnologie CMOS. Jeder Hersteller produzierte im Grunde dasselbe. Es wurde ein Strategieplan erstellt, damit die Gerätehersteller besser vorhersehen konnten, woran sie arbeiten müssen. Für die Solarbranche ist das aber noch zu früh. Wir haben immer noch viele verschiedene Technologieplattformen, produzieren zum Beispiel Standard-Siliziumzellen, Standard-Siliziumzellen mit einigen Verbesserungen, hocheffiziente Siliziumzellen wie von Sunpower und Sanyo und verschiedene Dünnschichttechnologien.
Ist es denn ein Problem, dass Solarunternehmen auf verschiedene Entwicklungen setzen?
Das ist kein Problem, macht es jedoch sicher schwieriger, Branchenstandards einzuführen. Es gibt viele Bereiche, in denen Sie trotzdem Standards umsetzen können, zum Beispiel für Glas oder für Rückseitenfolien. Diese Standards kommen.
Welchen Wirkungsgrad erreichen Sie mit Ihren Zellen inzwischen?
Wir liegen bei 22 Prozent und wollen 24 Prozent erreichen. Die Module werden dann bei 20 oder 21 Prozent liegen. Das Interessante ist, dass eine Art interner Wirkungsgrad der Zelle bei rund 27 Prozent liegt. Das bedeutet Folgendes: Lässt man einfach Licht auf einen Wafer fallen, entsteht eine interne Spannung. Die ist so hoch, dass mit ihr im Prinzip 27 Prozent Wirkungsgrad möglich sind. In der Praxis kann man hohe Wirkungsgrade erreichen, wenn man die Kunst beherrscht, die Zellen elektrisch gut zu verbinden. Man muss den Strom herausbekommen. Und genau hier liegt unsere Kompetenz.
Ihr hoher Zellenwirkungsgrad bringt nach Ihren Berechnungen einen Kostenvorteil von zwölf US-Cent pro Watt gegenüber den Standardzellen. Das liegt daran, dass ein höherer Wirkungsgrad indirekt Installationskosten einspart, da auf der gleichen Fläche mehr Leistung erzielt werden kann. Der Preis Ihrer Zellen liegt jedoch deutlich höher. Können Sie Ihre Zellen dennoch verkaufen?
Im Moment (September 2010) kosten unsere Module 1,70 US-Dollar pro Watt. Die modernsten chinesischen Module liegen vielleicht bei 1,20 US-Dollar pro Watt. Wir haben Mehrkosten von 50 US-Cent pro Watt. Das ist mehr als der berechnete Kostenvorteil von zwölf US-Cent. Die gute Nachricht ist, dass wir zu Preisen verkaufen können, die höher sind. Das liegt daran, dass der Wert eines höheren Wirkungsgrades größer ist, als man zunächst vermuten könnte.
Wie viel mehr im Vergleich zu einem Modul mit Standardzellen sind Ihre Kunden bereit zu zahlen?
40 Cent pro Watt.
Ihre Kunden zahlen diesen Mehrpreis, weil sie eher auf maximale Leistung als auf maximale Rentabilität aus sind?
In gewissem Sinne ja. Am Ende handeln Kunden aber doch danach, was sich für sie am meisten rentiert. Da zählt nicht nur der Modulpreis pro Watt, sondern auch Qualität, Zuverlässigkeit und Energieabgabe. Wir sehen, dass viele Kunden von unserem Image, eine hohe Leistung zu liefern, angetan sind und die beste Qualität wollen. Es ist ein wenig so, wie wenn man einen Mercedes kauft anstelle eines günstigeren Wagens. Es ist schön, ihn zu besitzen. Das gilt jedenfalls für die Anlagen auf Dächern von Wohnhäusern. Bei Freiflächenanlagen und großen Kraftwerken haben wir wirklich einen wirtschaftlichen Vorteil. Unser hoher Wirkungsgrad erlaubt es, die Module auf Tracker zu montieren, denn das führt zu einem 25 bis 30 Prozent höheren Energieertrag. Das kann man aber nur machen, wenn die Module so effizient sind, dass die Trackerkosten nicht so sehr ins Gewicht fallen. Das verstehen viele nicht ganz. Bei Mehrkosten von 50 US-Cent pro Watt produziert das Modul plötzlich anstelle des Energiebetrags einer Anlage ohne Tracker das 1,3-Fache an Energie. Dann ist es trotz der 50 US-Cent höheren Kosten billiger.
Die Rentabilität wird auch bei Anlagen auf Wohnhäusern wichtiger werden. Können Sie dann noch bestehen?
Ganz klar streben wir eine Kostensenkung an und haben hierzu einen Plan. Die Kosten sollen bis 2014 auf einen US-Dollar pro Watt fallen.
Genügt das, wenn man bedenkt, dass Ihre Konkurrenz auch die Kosten reduzieren wird?
Ich glaube, dass wir 2014 bei einem US-Dollar pro Watt liegen werden, Dünnschichtmodule könnten bei 60 US-Cent liegen und kristalline Standardmodule bei 80 US-Cent. Somit liegen unsere Mehrkosten bei nur 20 US-Cent. Wir meinen, dass wir durch die Vorteile, die unser hoher Wirkungsgrad bietet, mehr als wettbewerbsfähig sind.
Benötigen Sie hoch qualitatives und damit teureres Silizium als für Standardzellen?
Wir können kein gegossenes multikristallines Silizium verwenden und müssen daher auf monokristallines Silizium zurückgreifen. Im Prinzip ist das Silizium für uns weniger kostspielig, weil Wafer in hocheffizienten Zellen mehr Strom liefern als in Standardzellen. Dasselbe gilt für Glaskosten, weil wir eine höhere Leistung aus den Modulen herausholen. Zudem ist die Fertigung unserer Module günstiger. Bei einem herkömmlichen Modul muss ein Band auf die Vorderseite jeder Zelle gelötet und dann hinter die nächste Zelle gelegt werden. Das ist ein ziemlich heikler Prozess. Dabei können sogar die Zellen brechen. In unserem Fall werden die Zellen einfach abgelegt und mit kleinen Stichen miteinander verbunden, die lediglich von der Rückseite einer Zelle zur nächsten verlaufen.
Wie beabsichtigen Sie, die Kosten noch weiter nach unten zu drücken?
Einerseits konnten wir durch unseren Hintergrund in der Halbleiterindustrie diese komplizierte Zelle entwickeln. Andererseits haben wir nicht die Kultur, die man für die Massenproduktion von Photovoltaikmodulen benötigt. Bei der Halbleiterfertigung muss man nicht quadratmeilenweise Glas und andere Dinge kaufen. Unser Ziel ist es, bei diesen Dingen besser zu werden. Die großen asiatischen Hersteller haben das bereits gut umgesetzt. Das ist einer der Gründe, weshalb wir uns mit AU Optronics zusammengetan haben.
Sehen Sie in der Zukunft einen Markt für andere Technologien mit niedrigeren Wirkungsgraden?
Es gibt sicherlich einen Markt in einem bestimmten Preis-Leistungs-Bereich. In jedem Markt gibt es eine Kurve, die die wettbewerbsfähigen Kosten dem Wirkungsgrad gegenüberstellt, den Sie erreichen müssen. Bieten Sie also niedrigen Wirkungsgrad, müssen die Kosten niedrig liegen. Bei höherem Wirkungsgrad können auch die Kosten höher liegen. Die Kurve hängt von den spezifischen Merkmalen des jeweiligen Markts ab; eine universelle Kurve gibt es nicht. Einige Märkte bevorzugen einen hohen Wirkungsgrad, zum Beispiel der für Dächer auf Wohngebäuden, andere bevorzugen niedrige Kosten. Man kann auch mit Verbesserungen beim Standard-Zellenverfahren, wie mit dem selektiven Emitter, den Wirkungsgrad weiter steigern. Wir glauben aber, dass die Rückseitenkontakttechnologien, egal ob nun Metal-Wrap-Through- oder unsere Back-Junction-Zellen, letztendlich zukunftsfähiger sind.
Warum das?
Die Zellen werden viel dünner sein und wahrscheinlich auf großen Glasscheiben laminiert werden. Ein großer Teil der Zellprozessierung wird ablaufen, wenn die Zellen bereits auf dem Glas sind, in ähnlicher Weise wie heute schon bei der Herstellung von Dünnschichtzellen. Wir wollen sie dann erst im letzten Schritt der Modulfertigung auf der Rückseite verbinden. Das ist mit einer Standardzelle nicht möglich, weil man keinen Zugang zu den Kontakten an der Vorderseite der Zelle mehr hat, wenn sie schon auf das Glas laminiert ist. Mit einer Rückkontaktzelle ist das möglich.