Wer am Bahnhof Hamburg Dammtor aus dem Zug stieg, sah zunächst die eine Seite der EU PVSEC. Direkt am Bahnhof, im Konferenzzentrum, ging es um die Zukunft, um Zehntelprozente in der Zelleffizienz, um sogenannte Emerging-Technologien, die auf dem Weg von der Grundlagenforschung zur Massenproduktion sind. Wer von der Zukunft in die Gegenwart gehen wollte, musste fünf Minuten durch Planten un Blomen laufen, einen kleinen Park, der das Konferenzzentrum von den Messehallen trennt, der anderen Seite der PVSEC. Dort ging es vor allem um An- und Verkauf unter anderem von Modulen, um Kooperationen, Produktionstechnologie – und in diesem Jahr besonders um Preise.
Vom Purzeln der Preise
89 Cent, 76 Cent, 70 Cent – es ging stetig bergab. Abends galten schon andere Preise als vormittags. Eigentlich sollte es, wenn sie dermaßen purzeln, Gewinner und Verlierer geben. Erstere schienen jedoch rar gesät zu sein. Denn auch die, deren Brot es eigentlich ist, Anlagen zu bauen, konnten nicht richtig davon profitieren. „Die Projektierer haben zu wenige fertige Projekte, die sofort umgesetzt werden können“, sagt Dirk Morbitzer, Senior Analyst bei RenewableAnalytics. Er befürchtet, dass die fallenden Preise den Markt sogar noch gebremst haben (siehe Interview Seite 66).
Damit war oder ist die Branche in einer Abwärtsspirale. Die Preise fallen, bis die Nachfrage steigt. Die Nachfrage steigt jedoch erst, wenn die Investoren wieder zuschlagen. Diese warten, weil die Preise ja noch weiter fallen könnten.
Dass die Marktsituation für viele Unternehmen schwierig ist, ist kein Geheimnis mehr. Conergy hat seine Zellproduktion in Frankfurt (Oder) geschlossen. Q-Cells hat im zweiten Quartal über 300 Millionen Euro Verlust gemacht. Das liegt nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden Nedim Cen allerdings an etwas anderem: Ein großer Teil des Verlustes sei durch Abschreibungen auf Anlagen zustande gekommen. „Wir waren damit sehr konsequent. Ich bin lieber heute konsequent, als morgen immer noch auf der Kostenseite hinterherlaufen zu müssen“, sagt er.
Die problematische Situation bestätigen auch Händler. „Im ersten Halbjahr gestaltete sich das Handelsgeschäft schwierig“, sagt etwa Andrea Wegner, Pressesprecherin bei Phoenix Solar. Es herrsche außerdem eine große Unsicherheit bei den Vertriebspartnern. Phoenix Solar macht ungefähr die Hälfte des Umsatzes mit dem Handel, die andere Hälfte mit dem eigenen Projektgeschäft für Anlagen ab 200 Kilowatt. Auch das gestalte sich in Deutschland zunehmend schwieriger. Für Deutschland erwartet das Unternehmen im Jahr 2011 daher einen Zuwachs an installierter Photovoltaikleistung von nur noch etwa vier Gigawatt. Am Jahresanfang ging man noch von fünf bis sechs Gigawatt aus. Phoenix könne mit der Situation allerdings umgehen. Das Unternehmen sei 2011 zwar mit hohem Lagerbestand gestartet, habe aber keine langfristigen Lieferverträge mehr. Und im Projektgeschäft kompensiere teilweise das Ausland.
Anlagenbau: gemischte Stimmung
Auch die Vorzeigesparte der deutschen Solarwirtschaft bleibt von der Entwicklung nicht verschont: die Anlagenbauer, die auch die schnell wachsenden Fabriken in Fernost zu einem großen Teil mit Maschinen ausgestattet haben. Zwar konnten die Maschinen und Anlagen für Photovoltaik in Deutschland im zweiten Quartal 2011 mit einem Plus von gut 29 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal nochmals deutlich zulegen, so der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Die Auftragseingänge seien jedoch gegenüber dem Vorjahresquartal um 56 Prozent gefallen. Betroffen seien vor allem Investitionen in das kristalline Back-End, also die Modulproduktion, und in die Dünnschichttechnologie.
Götz Fischbeck, Analyst bei der BHF-Bank, ist ebenfalls nicht optimistisch, was die deutschen Anlagenhersteller betrifft, da auch sie mehr Konkurrenz spüren würden. „Chinesische Anlagenhersteller haben bis zu 30 Prozent Marktanteil bei den großen chinesischenPhotovoltaikproduzenten erreicht. Bei den Herstellern aus zweiter und dritter Reihe sind es sogar noch mehr.“ Einige Zulieferer und Anlagenbauer äußerten sich dementsprechend auf der Messe, was aber auch daran liegen kann, dass die EU PVSEC inzwischen die Konkurrenz der großen asiatischen Messen spüren konnte. „Trotz des Megatrends zur Silbereinsparung lief die diesjährige EU PVSEC sehr unbefriedigend“, sagte etwa Andy London, Global Business Unit Manager bei Heraeus. Etliche asiatische Kunden seien nicht nach Hamburg gekommen. Auch Werner Kreibl, Geschäftsführer von Asys, konstatierte „deutlich weniger Kundenverkehr als 2010“ und „eine Zurückhaltung, Projekte voranzutreiben“. Ähnlich äußerte sich Sabine Neubauer von Kuka.
Allerdings ist gerade auch der Trend, die technologischen Entwicklungen in der Produktion umzusetzen, der sich seit einiger Zeit zeigt, ein Grund zur Hoffnung. Viele Zell- und Modulhersteller müssen ihre Produktion modernisieren, wollen sie im stärker werdenden Wettbewerb bestehen. So zeigte sich Frank Tinnefeld von Gebrüder Schmid zuversichtlich, dass die Bestellungen vor allem aus Asien bald wieder anziehen. Ähnlich äußerte sich Peter Fath, Sprecher der Sektion Photovoltaik des VDMA und Technikvorstand von Centrotherm. Außerdem sei der Rückgang der Aufträge von einem sehr hohen Niveau aus erfolgt.
Lichtblick für Installateure
Auch für Installateure ist die Entwicklung nicht unbedingt von Nachteil. Auf der Messe zockten zwar die Projektierer von Großanlagen mit den Herstellern, der Preissturz wird aber wohl auch im Handel ankommen. Die Marktforscher von EuPD Research haben schon in ihren Umfragen Anfang August festgestellt, dass auch dort die Preise gefallen sind. Vor der PVSEC hätten sie für chinesische Module bei durchschnittlich 1,22 Euro, für europäische bei 1,33 Euro gelegen. Zwei Wochen nach der Messe kosteten die günstigsten chinesischen Module im Handel bereits nur noch 90 Cent pro Watt. Die Systempreise für Anlagen unter 100 Kilowatt lägen dadurch bereits zwischen 1.800 und 2.200 Euro. „Mit Blick auf die Systempreise sollte der Tiefpunkt erreicht sein“, sagt EuPD-Analyst Markus Lohr. Denn wenn der Markt endlich anzieht, bestehe aus Sicht derInstallateure keine Notwendigkeit, Preise weiter zu senken. Im Gegenteil, ein solches Verhalten wäre kontraproduktiv. Denn bei weiter sinkenden Modulpreisen könnten die Margen für das Handwerk steigen.
Die fallenden Preise sind zwar zu einem großen Teil von dem großen Angebot und der niedrigen Nachfrage getrieben. Doch auch die vielbeschworene Lernkurve, nach der die Photovoltaik stetig und offensichtlich rasant billiger wird, war auf der PVSEC live zu beobachten. Auf der Messe setzen die Anlagenbauer um, was die Wissenschaftler auf der Konferenz in den letzten Jahren vorgestellt und vorgeschlagen haben – auf der Konferenz drehen sie das Rad schon wieder weiter.
Selektive Emitter
In die Zellproduktion kommt zum Beispiel zunehmend der selektive Emitter, der einen Wirkungsgradgewinn von 0,3 bis 0,5 Prozentpunkten verspricht. In den letzten drei Jahren waren es vor allem Firmen aus Asien, die solche Emitter eingeführt haben, obwohl einige deutsche Firmen eigentlich einen Vorsprung hatten, da sie mit in die öffentlich geförderten Forschungsprojekte dazu eingebunden waren. Von ihnen war oft zu hören, dass die Mehrkosten den Effizienzgewinn nicht lohnen. „Die deutschen Firmen fangen aber an umzudenken“, sagt Giso Hahn, Leiter der Abteilung Photovoltaik an der Universität Konstanz. Dort wurdeder Herstellungsprozess entwickelt, den jetzt Gebrüder Schmid verkauft. „Ich sehe, dass einige jetzt auch den selektiven Emitter in Betracht ziehen.“ Das liegt daran, dass der Effizienzgewinn umso höher ist, je mehr die Zelle optimiert ist. Da viele Hersteller hierzulande Zellen mit passivierter Rückseite herstellen wollen, was die Verluste dort verringert, wird auch der selektive Emitter attraktiver. „Eins plus eins ergibt in diesem Fall eben nicht zwei, sondern drei“, sagt Hahn. Selektiver Emitter und passivierte Rückseite lohnten sich vor allem in Kombination. Eine dieser deutschen Firmen, die sich jetzt an die Umsetzung machen, ist Schott Solar. Das Unternehmen hat eine monokristalline Zelle mit 20,2 Prozent Wirkungsgrad vorgestellt – mit passivierter Rückseite und selektivem Emitter.
Allerdings ringen mehrere Anbieter damit, wie ein solcher Emitter am günstigsten hergestellt werden kann. Wichtig ist, mit möglichst wenig zusätzlichen Produktionsschritten auszukommen. Noch nutzen die meisten Zellproduzenten die Anlagen des Maschinenbauers Gebrüder Schmid, die auf Entwicklungsarbeiten der Uni Konstanz zurückgehen. Das Unternehmen hat nach eigenen Aussagen bereits Produktionsanlagen dafür mit einer Leistungskapazität von sechs Gigawatt verkauft. Doch auch andere Anbieter rechnen sich noch Chancen aus. So etwa Merck. Das Unternehmen hat bereits den Hersteller China Sunergybeliefert, der schon vor drei Jahren Zellen mit selektivem Emitter produziert hat. Jetzt sei der Prozess weiterentwickelt worden, so dass nur noch ein zusätzlicher Prozessschritt nötig sei. Merck liefert Ätzpasten, die per Siebdruck direkt so auf die Zelle aufgebracht werden, dass sie den Emitter an den richtigen Stellen anätzen. Nach dem Drucken kann die Zellproduktion wie gewohnt weiterlaufen.
Weniger Silber, mehr Kupfer
Auch die Frontkontakte bergen noch Potenzial zur Kostensenkung. Die Kontaktbahnen auf den Zellen enthalten zurzeit typischerweise rund 250 Milligramm Silber. Bei aktuellen Preisen kostet allein das Silber 24 Cent. Pro Watt Photovoltaikleistung sind das schon heute rund sechs Cent oder fast neun Prozent der Modulkosten der Preisbrecher. Kein Wunder, dass das Thema auf der Tagesordnung steht.
Ein Unternehmen, das sich damit auskennt, ist Heraeus. Es hat nach eigenen Angaben 60 Prozent Marktanteil an den Silberpasten. Jetzt bietet es eine neue Druckpaste an, mit der – so zeigten es Laborexperimente – nur 150 Milligramm nötig seien. Das Unternehmen erreicht das mit einer anderen Zusammensetzung, dank der die gedruckten Linien dünner und planer seien, so dass auch mit weniger Silber die Leitfähigkeit erhalten bleibe. Jetzt begännen die Versuche in der Produktion, und Heraeus erwartet auch am Anfang schon eine Reduktion um mindestens 20 Prozent.
Allerdings geht die Entwicklung weiter. Nach einer Roadmap des Halbleiterverbandes Semi soll der Silbergehalt der Solarzellen stetig sinken. Ab 2015 soll das Silber zunehmend durch Kupfer ersetzt werden. Das lässt sich schon jetzt beobachten. Nadine Kösterke, Manager Technical Sales bei Rena, bestätigt etwa, dass dieses Jahr schon viel mehr Zellhersteller nach der Technologie gefragt hätten, mit der elektrolytisch Kupfer aufgetragen werden kann und die Rena anbietet. Das belgische Forschungsinstitut Imec stellte solch eine mit Kupfer kontaktierte Zelle im Standardformat vor, die 19,4 Prozent Wirkungsgrad hat (siehe Forschungsmeldung Seite 85). Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme haben auf einer kleineren Forschungszelle von zwei mal zwei Quadratzentimetern Fläche mit Kupferkontakten sogar 21,4 Prozent Wirkungsgrad erreicht.Auch bei der Siliziumproduktion ist noch Spielraum zur Kostensenkung. Elkem hat in diesen Frühjahr eine Fabrik für sogenanntes Solar Grade Silicon mit einer Jahreskapazität von 5.000 Tonnen hochgefahren. Der Energieverbrauch betrage nur 30 Prozent des Verbrauchs bei der üblichen Siliziumgewinnung mit dem Siemensprozess. Da Energie ein sehr großer Kostenfaktor ist, sollte das die Zellen entsprechend billiger machen.
Das Solar Grade Silizium unterscheidet sich vom Standard-Polysilizum in der Art, wie es gereinigt wird. Es ist im Prinzip eine Art UMG-Silizium. Das steht wiederum für Upgraded Metallurgical Grade Silicon und war schon während der Zeiten großer Siliziumknappheit vor drei Jahren sehr in Diskussion. Auch damals hat Elkem bereits in einer Pilotlinie solches Silizium hergestellt, mit dem zum Beispiel Q-Cells experimentierte. Anders als das hochreine Polysilizium wird UMG mit chemischen Prozessen gereinigt. Das ist günstiger, allerdings bleiben mehr Verunreinigungen im Material zurück, die etwa zu stärkerer Degradation der Zellen führen können.
Die neue Fabrik nutzt jedoch nach Aussage von Elkem-Mitarbeitern andere Verfahren als die Pilotlinie, so dass weniger Verunreinigungen mit störenden Übergangsmetallen übrig bleiben als beim UMG vor drei Jahren. Das Material enthält aber mehr Verunreinigungen mit Phosphor, das Silizium negativ dotiert,und Bor, das Silizium positiv dotiert, als hochreines Polysilizium. Da sich die Verunreinigungen teilweise ausgleichen, nennen Experten das Material auch Compensated Silicon. Nach Aussage von Elkem ist das Material aus der neuen Fabrik sehr gut als Ausgangsmaterial für Waferhersteller geeignet. Es werde wohl auch in größeren Mengen gekauft, auch wenn die Zellhersteller nicht kommunizieren, dass sie dieses Material benutzen.
Resistente Module
Auch bei den Modulen gibt es neue Entwicklungen. Q-Cells hat zwar inzwischen einen im Vergleich zu manch anderem Unternehmen eher unscheinbaren Messestand. Das Unternehmen hat aber erkennbar den Willen, sich als Technologieführer zu präsentieren. Dazu gehören die zwei neuen Module, die das Unternehmen in Hamburg vorstellte. Das Q.Peak Black kommt ganz in Schwarz daher und hat 255 Watt Nennleistung, das andere Q.Peak mit weißer Rückseitenfolie hat sogar 265 Watt Leistung. Außer der Leistung haben die Module nach Aussage des Unternehmens noch weitere Vorteile.
Q-Cells will auch an vielen anderen Stellen mit Qualität punkten. So berücksichtigt das Unternehmen laut eigener Aussage im Gegensatz zu vielen anderen die lichtinduzierte Anfangsdegradation. Dazu werde die Leistung der Zellen um2,5 Prozent niedriger ausgezeichnet, als sie gemessen wurde. Außerdem seien die Zellen sicher gegen Hotspots. „Hotspot Protection ist ein Thema, das in der Industrie sehr bekannt ist, aber nur ungern hervorgehoben wird, weil sehr viele Module von dem Effekt betroffen sind“, erklärt Peter Wawer, Senior Vice President Technology. Außerdem seien die Module mit der sogenannten Anti-PID-Technologie versehen.
Neue Lebensdauertests
PID steht für Potenzial-induzierte Degradation. Wenn eine hohe negative Spannung zwischen Modulrahmen und Zelle anliegt, wie es in manchen Anlagen der Fall ist, kann es zu einer Degradation der Module kommen. Die Anti-PID-Technologie soll das verhindern. Um das nachzuweisen, hat Q-Cells zusammen mit Solon, Schott, dem TÜV Rheinland, dem Fraunhofer ISE, dem Photovoltaik-Institut Berlin und dem VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut einen standardisierten Anti-PID-Test entwickelt.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat außerdem zusammen mit dem Fraunhofer-Center for Sustainable Energy Systems CSE in den USA den Start eines weiteren Prüfverfahrens namens PV Module Durability Initiative, kurz PVDI, angekündigt. Die Experten beider Institute haben ein Testprotokoll entwickelt, nach dem quantitative Vergleichstests zwischen Modulen möglich sind, die über die Anforderungen der IEC-Zertifizierungen hinausgehen. Die Module sollen anonym eingekauft werden. Mit den Ergebnissen ließe sich eine Rangliste der Module erstellen und die Wahrscheinlichkeit abschätzen, eine zuverlässige Leistung während der Lebensdauer zu erzielen. Die Tests sollen von Herstellern und Investoren finanziert werden, wobei die Namen der getesteten Module nur mit deren Einverständnis veröffentlicht werden.
Nicht nur Module müssen geprüft werden. Bei den Wechselrichtern sind die Tests, die die Konformität bezüglich der Mittelspannungsrichtlinie prüfen, für die Geräte, die in das Mittelspanungsnetz einspeisen, inzwischen Pflicht und beschäftigen die Branche seit geraumer Zeit (siehe photovoltaik 01/2011).
Den Problemen zum Trotz haben bisher jedoch alle Wechselrichter diese Hürde genommen, die nach Freiburg zum Fraunhofer ISE ins Testzentrum kamen, auch wenn die Hersteller bis zu acht Monate nacharbeiten mussten. Die Bilanz, die Testzentrumsleiter Sönke Rogalla zieht, ist jedoch aus einem anderen Grund durchwachsen. „Die Normen müssen basierend auf den heutigen Erfahrungen weiter angepasst werden“, sagt Rogalla. Sie orientierten sich bisher noch zu sehr an den Normen für Windkraftanlagen. Windkraftanlagen werden im Unterschied zu Photovoltaikwechselrichtern jedoch stets im Feld vermessen. Außerdem unterscheiden sie sich an manchen Stellen technologisch sehr stark. Beispielsweise ist es bei Photovoltaik-Zentralwechselrichtern üblich, dass auf einem Grundgerät zehn verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Leistungen basieren. Es stelle sich deshalb die Frage, in welchem Umfang diese Produktvarianten zu vermessen sind, um dieKonformität für alle Varianten sicherzustellen. Außerdem könnten Photovoltaikwechselrichter mehr zur Netzregelung beitragen, als es die Norm jetzt fordere. „Vor allem für die Zeit nach der Klärung eines Netzfehlers können Photovoltaikanlagen viel schneller wieder Wirkleistung zur Verfügung stellen, als das bisher gefordert ist“, sagt Rogalla.
Netzdienstleistungen möglich
Dass die geforderten Netzdienstleistungen auch von großen Solarkraftwerken mit Stringwechselrichtern erbracht werden können, hat Jörg Dannehl vom Wechselrichterhersteller Danfoss übrigens auf der Konferenz vorgestellt. Er und seine Kollegen haben an einer Zwölf-Megawatt-Anlage mit 700 Danfoss-Wechselrichtern im Betrieb nachgemessen, dass sie alle Anforderungen erfüllt.Traditionell werden auf der PVSEC im Bereich Wechselrichter nicht sehr viele Neuheiten vorgestellt, da dies meist auf einer der vielen früheren Veranstaltungen im Jahr geschieht. Einige gab es trotzdem.
Siemens stellte vier sogenannte Systemboxen mit neuen Funktionen für die eigenen Zentralwechselrichter vor. Dazu gehört die Sinvert PVS Weatherstation 200, die die Umgebungstemperatur, Sonneneinstrahlung, die Zell- und Modultemperaturen erfasst. Optional lässt sie sich um Sensoren für Windgeschwindigkeit, Windrichtung und Niederschlag erweitern. Die Sinvert Controlbox ist dafür da, die Wirk- und Blindleistung großer Kraftwerke mit mehreren Wechselrichterstationen über die digitalen Rundsteuersignale der Netzbetreiber zu steuern, wie es gemäß Mittelspannungsrichtlinie nötig ist.
Der Hersteller von Modulwechselrichtern Enecsys reagierte auf die steigenden Modulleistungen. Er stellte ein Gerät mit einer Leistung von 480 Watt vor, an das zwei 240-Watt-Module angeschlossen werden können. Der europäische Wirkungsgrad steigt im Vergleich zum 360-Watt-Vorgängergerät um einen Prozentpunkt auf 94 Prozent. Das Unternehmen aus England treibt auch die Internationalisierung vor allem in den USA voran. Dort sei der Markt flexibler, sprich, die Installateure seien nicht so sehr auf Stringwechselrichter festgelegt wie hierzulande. Das liege auch am Geschäftsmodell. Da die Installation mit Modulwechselrichtern einfacher sei als mit Stringwechselrichtern, könnten Elektrofachkräfte mehr Aufgaben an weniger ausgebildete Installateure delegieren. Das ist für Peter Buhns, SeniorDirector Product and Application Management bei Enecsys, auch für Deutschland denkbar. Außerdem wirbt Buhns für die Modulwechselrichter seiner Firma, da sie im Gegensatz zu Stringwechselrichtern ein Monitoring auf Modulebene ermöglichten.
Auf die modulnahe Elektronik reagieren aber die Hersteller von Stringwechselrichtern schon seit geraumer Zeit. Dieses Jahr stellte Danfoss eine MPP-Tracking-Methode vor, die nach Aussage des Unternehmens auch bei Teilverschattungen in einem String den optimalen Arbeitspunkt findet und nicht an einem lokalen Minimum der Strom-Spannungs-Kennlinie festhängt. In frei definierbaren Zeitintervallen analysiert diese sogenannte Sweeping-Funktion das gesamte MPP-Fenster.
Konzentratortechnik im Aufbruch
In den letzten drei Jahren haben die Anbieter kristalliner Technologie eine rasante Entwicklung hingelegt, vermutlich zur Überraschung vieler Beobachter, die damals die Zukunft bei der Dünnschichttechnologie sahen.
Inzwischen steht mit den Anbietern von Konzentratorphotovoltaik schon wieder eine andere Konkurrenz am Start. Bei dieser Technologie fokussieren Spiegel oder Linsen das Sonnenlicht auf eine kleine, aber hocheffiziente Zelle. Die Firmen, die diese Anlagen verkaufen wollen, sind in den letzten drei Jahren einer Kommerzialisierung viel näher gekommen. Das sagte Andreas Gombert, Technikvorstand beim Unternehmen Soitec, in dem die Fraunhofer-ISE-Ausgründung Concentrix aufgegangen ist. Er meint damit vor allem die hochkonzentrierenden Systeme, die mit Faktoren von 400 und mehr das Sonnenlicht auf der Zelle bündeln. „Die CPV-Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt er. Das gelte erstens für die industrielle Produktion, so seien bereits Anfang 2010 über 100 Megawatt Produktionskapazität installiert gewesen. Zweitens gelte das für die Zertifizierung, für die die Experten in den letzten Jahren Standards entwickelt haben.
Ein anderer wichtiger Faktor zur Kommerzialisierung ist nach Aussage von Gombert, dass inzwischen der Ertrag der Systeme simuliert und vorhergesagt werden könne. Das geht so weit, dass die Konzentrator-Gemeinschaft Anlagenwirkungsgrade bestimmt. Das ist beiAnlagen aus kristallinen Modulen eine eher ungewöhnliche Größe. Die oft nur quadratzentimetergroßen Konzentratorzellen haben einen Wirkungsgrad von über 40 Prozent. Das gilt nicht nur für die Zellen aus Forschungsprojekten, sondern auch für die aus der Serienproduktion. Die Anlagenwirkungsgrade lägen damit bei 23 bis 27 Prozent. Gegenüber den Wirkungsgraden von Anlagen mit kristallinen Siliziummodulen ist das immer noch viel. Diese kommen auf rund zwölf Prozent.
So schön das klingt: Jetzt ist zwar die Produktionskapazität da für eine schnelle Entwicklung der Konzentratortechnologie, es fehlen aber noch die Investoren. Das mag auch an der Wirtschaftlichkeit liegen. Diese soll noch besser werden, und zwar mit höheren Zellwirkungsgraden. Die nächste Zielmarke liegt bei 50 Prozent, womit der Anlagenwirkungsgrad auf 33 bis 35 Prozent steige. Richard King, Principal Scientist beim Unternehmen Spectrolab, will dazu statt Dreischichtzellen Vier-, Fünf- oder gar Sechsschichtzellen bauen, die das Sonnenlichtspektrum besser nutzen. Damit würde Konzentratorphotovoltaik zum Beispiel in ganz Italien attraktiv. Für Deutschland ist sie dann allerdings immer noch keine Konkurrenz für kristalline Module, da hierzulande ein zu hoher Anteil der Strahlung als Diffuslicht ankommt, das Konzentratormodule anders als nicht konzentrierende Module nicht nutzen können.
Viele Besucher haben die Gänge im Hamburger Messegelände übrigens als leer empfunden. Dabei ist die Zahl der Besucher im Vergleich zu letztem Jahr sogar leicht auf über 40.000 gestiegen. Die wachsende Dominanz der chinesischen Firmen zeigt sich übrigens nur bei den Ausstellern. Bei fast stagnierender Anzahl stieg ihr Anteil von zehn Prozent 2009 auf 18 Prozent. Bei den fast 4.500 Konferenzteilnehmern erhöhte er sich nur unwesentlich von zwei auf drei Prozent.
Unabhängig davon, ob die PVSEC mit der Konkurrenz von Messen in Fernost und gerade der Verlagerung der Produktion dorthin zu kämpfen hat: Die Kombination von Konferenz und Messe führte vor, dass die Lernkurve der Photovoltaik noch lange nicht an ihrem Ende angekommen ist. Die momentanen Tiefpreise werden mittelfristig nicht das untere Ende markieren.