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Schluss mit der Gleichmacherei

Dieses Mal kam der Fortschritt aus China. Die Firma China Sunergy hat bereits letztes Jahr ihre Produktion vollständig umgestellt und produziert jetzt nur noch Zellen mit einem sogenannten selektiven Emitter. Allerdings wird das Unternehmen nicht lange alleine mit dieser Technologie bleiben.

Bald kann sich nämlich jeder das Know-how kaufen, das er dazu benötigt. Der Anlagenhersteller Gebr. Schmid bietet die ersten serientauglichen Produktionsanlagen und verspricht eine Wirkungsgraderhöhung zwischen 0,3 und 0,6 Prozentpunkten bei nur geringfügig höheren Investitions- und Herstellungskosten.

Um zu verstehen, was selektive Emitter sind, muss man einen Blick auf die Fertigung kristalliner Zellen werfen. Der Siliziumwafer durchläuft dabei verschiedene Arbeitsschritte. Die Siliziumscheiben sind von vornherein gezielt mit Bor verunreinigt und haben dadurch bereits eine Eigenschaft, die die Experten mit p-Leitung bezeichnen. Damit aus dem Wafer eine Zelle wird, muss noch ein sogenannter p-n-Übergang erzeugt werden. Um das n-leitende Silizium zu erzeugen, werden Phosphoratome einige Mikrometer tief in die oberste Schicht eingebracht, die man als Emitter bezeichnet. Diese oberste Schicht ist dem Licht zugewandt und wird über Metall-Leiter-Bahnen kontaktiert. Sie sind der Minuspol der Zelle. Wenn Licht auf den Halbleiter trifft, erzeugt es sowohl im Emitter als auch in der p-leitenden Schicht freie entgegengesetzt geladene Ladungspaare. Damit die Zelle Solarstrom liefern kann, müssen sich die positiven und die negativen Ladungen an dem p-n-Übergang trennen.

Das Dilemma der Entwickler

Das gelingt aber nur den Paaren aus der p-Schicht. „Übliche Emitter sind so hoch dotiert und so dünn, dass sie photoelektrisch nahezu tot sind“, sagt Photovoltaik-Experte Lars Korte vom Helmholtz-Zentrum Berlin. Physikalische Effekte verhindern, dass sich die Ladungen der freien Ladungsträgerpaare aus dem Emitter an dem p-n-Übergang trennen.

Da Emitter blaues Licht sehr stark absorbieren, geht das in herkömmlichen Zellen zu einem großen Teil verloren.

Die Zellentwickler stehen dabei vor einem Dilemma. Einerseits benötigt man eine hohe Dotierung des Emitters, um den Übergangswiderstand zu den metallenen Kontaktfingern möglichst klein zu halten, was wichtig für einen hohen Füllfaktor der Zelle ist, andererseits ist die hohe Dotierung für die niedrigere Effizienz für blaues Licht verantwortlich.

Das Konzept des sogenannten selektiven Emitters umgeht das Dilemma. Selektiver Emitter heißt, dass die Solarzelle auf den Positionen, an denen die Kontaktfinger liegen, hoch dotiert ist und an den dazwischenliegenden Bereichen gering. Das reduziert Verluste im Emitter und dadurch trennen sich auch Ladungsträgerpaare, die das blaue Licht im Emitter erzeugt, an dem p-n-Übergang. Der Wirkungsgrad der Zelle steigt. Noch größer wird der Effekt, wenn man gleichzeitig die Schichtdicke des Emitters zwischen den Kontakten reduziert. Dadurch wird im Emitter weniger blaues Licht absorbiert. Es dringt in höherem Maße bis in die p-Schicht ein. Nach der Absorption des blauen Lichts in der p-Schicht entstehen Ladungsträgerpaare, die am p-n-Übergang getrennt werden und so ebenfalls zur Solarstromerzeugung beitragen.

Naheliegende Idee

Die Idee des selektiven Emitters ist so naheliegend wie bekannt. Dieser kann im Prinzip mit vielen verschiedenen Prozessen hergestellt werden (siehe Kasten). Die industrielle Umsetzung dieser Prozesse hat sich jedoch als schwierig erwiesen, da entweder die Reihenfolge der Prozessschritte ungünstig ist oder die Kontakte mit sehr hoher Genauigkeit über die Stellen mit der hohen Dotierung gedruckt werden müssen. Das erhöht die Kosten für die meist verwendeten Siebdrucker und die Prozesszeiten.

Wie China Sunergy die Probleme im Detail löst, verrät die Firma nicht. Sie hat schon im Jahre 2007 eine eigene Technologie zur Herstellung von selektiven Emittern zum Patent angemeldet. Der italienische Ausrüster Baccini, ein Tochterunternehmen von Applied Materials, erhielt damals den Auftrag, geeignete Druckmaschinen herzustellen. Allerdings ziehen jetzt andere Firmen nach. Dieses Jahr verkündete Suntech, 102 Megawatt seiner Produktionskapazität mit einer eigenen Selektive-Emitter-Technologie auszurüsten. Auch andere Zellhersteller, wie zum Beispiel Q-Cells und BP-Solar, forschen an einer kommerziellen Umsetzung dieser Technologie.

Diesen Sommer startete außerdem an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen das vom Land Nordrhein- Westfalen mit 1,85 Millionen Euro geförderte Projekt „ADMITTER“. Darin forschen die Hochschule, der Solarzellenproduzent Solland und der Nano-Fabrikant AMO, wie selektive Emitter möglichst wirtschaftlich hergestellt werden können.

Mit der schlüsselfertigen Produktionsanlage für selektive Emitter macht Gebr. Schmid diese Technologie auch Solarzellenproduzenten verfügbar, die nicht selber daran forschen. Die Anlage heißt Insect, was für „inline selektive Emitter Technologie“ steht. Geschäftsführer Christian Buchner hält damit eine Steigerung des Wirkungsgrades einer Solarzelle um 0,3 bis 0,6 Prozentpunkte für möglich. „Bei besonders hochwertigen Wafern erzielen wir sogar um bis zu 0,8 Prozentpunkte höhere Wirkungsgrade“, sagt er.

Der Vorteil des Tintenstrahldrucks

Der Clou liegt im Druckverfahren. Die Firma nutzt nicht hochpräzise Siebdrucker, sondern Tintenstrahldruck- und Ätztechnologien. Im firmeneigenen Technologiezentrum haben Prozessingenieure zwei Jahre an einem Zellkonzept gearbeitet, bei dem man den selektiven Emitter mit der sogenannten Rückätztechnik herstellt. Das Resultat: Erst wird wie üblich mit Phosphordiffusion der Emitter hoch dotiert. Dann druckt ein Tintenstrahldrucker Wachs auf die Stellen, an denen später die Kontakte aufgebracht werden. Ein Gemisch aus Flusssäure, Salpetersäure und Wasser ätzt dann die hoch dotierte Siliziumoberfläche an und entfernt sie bis zu einer Tiefe von 50 Nanometern, allerdings nur dort, wo kein Wachs ist. Anschließend wird die Oberfläche in einer Kalilauge vom Wachs befreit, so dass die Kontakte auf die hoch dotierten Emitter-Kämme gedruckt werden können, die hochstehen. Der Tintenstrahldrucker kann bis zu 40 Mikrometer schmale Linien mit einer Genauigkeit von plus/minus 15 Mikrometern drucken. Das reicht nach Ansicht der Firma aus, um die Zellen mit dem selektiven Emitter herzustellen.

Der Prozess ähnelt dem, der unter dem Namen „nasschemisches Rückätzen nach homogener Diffusion“ bekannt ist (siehe Kasten). Mit einer Änderung, die einen großen Vorteil verspricht. Die Prozessschritte der herkömmlichen Fertigung bleiben erhalten. Erst wird dotiert, dann geätzt, dann kann passiviert werden, dann kommen die Kontakte.

„Die Rückätztechnik ist vom grundsätzlichen Konzept her sehr attraktiv“, sagt auch Nils-Peter Harder, Leiter der Arbeitsgruppe „Silicium-Wafersolarzellen“ am Institut für Solarenergieforschung Hameln. Im Vergleich zu konventionellen Zellen ohne selektivem Emitter benötigt man nicht mehr Prozessschritte zur Dotierung, da diese ja auf der gesamten Fläche gleich ist.

Für die Massenfertigung bietet Gebr. Schmid den Tintenstrahldrucker mit der Typenbezeichnung DoD2000 jetzt im Paket mit einem nachgeschalteten Nassprozess an. Das Paket kann zusätzlich inline mit der nasschemischen Kantenisolierung und dem Phosphorglasätzen verknüpft werden. Der DoD2000 hat nach Firmenangaben einen Durchsatz von 2.200 Wafern pro Stunde, druckt in einer Batch-Sequenz jeweils 25 Wafer gleichzeitig und kann 24 Stunden sieben Tage die Woche eingesetzt werden. Die Stillstandzeit des Tintenstrahldruckers beträgt laut Gebr. Schmid weniger als fünf Prozent. Für die hohe Genauigkeit benötigt man allerdings spezielle Tinten mit hoher Verflüssigungstemperatur.

Das Verfahren scheint so gut zu funktionieren, dass Gebr. Schmid schon die erste Produktionsmaschine installiert hat und nach Aussage von Geschäftsführer Buchner bei fünf weiteren kurz davor ist. Es sieht also so aus, dass China Sunergy nicht lange den Vorteil auskosten kann, als erster Hersteller mit dem selektiven Emitter auf den Markt gekommen zu sein.

einige Produktionsverfahren für selektive Emitter

Maskiertes Plasmarückätzen nach homogener Dotierung

Bei diesem Verfahren werden zuerst die Kontakte mittels Siebdruck auf den homogen diffundierten hochdotierten Emitter aufgebracht. Es folgt ein Ätz-schritt in einem Plasma. Dabei dient der Frontseitenkontakt als Ätzmaske, so dass unter ihm die hohe Dotierung erhalten bleibt und daneben der Emitter zurück-geätzt wird. Bei diesem Ansatz erfolgt der Kontaktierungsschritt anders als üblich vor der Antireflexbeschichtung, was an anderer Stelle Nachteile mit sich bringt.

Nasschemisches Rückätzen nach homogener Diffusion

Ähnlich wie beim maskierenden Plas-marückätzverfahren werden zuerst die metallischen Frontkontakte auf die Siliziumsolarzellen aufgebracht. Anschließend wird der Emitter mit Hilfe eines Salpeter- und Flusssäure-Gemisches kontrolliert zurückgeätzt.

Diese Ätzprozedur erfordert einen Schutz der Kontaktfinger mittels einer Polymerschicht, welche durch Siebdruck aufgetragen wird. Auch hier ist die Reihenfolge der Prozessschritte ungünstig.

Diffusion aus Dotierstoffen inhomogener Konzentration

Hierbei werden seitlich variierende Emit-terprofile durch Variation der Dotierstoffkonzentration in der Dotierquelle erzeugt. Eine hochkonzentrierte Dotierstoffpaste wird zunächst mittels Siebdruck auf die Bereiche gedruckt, wo eine hohe Dotierung gewünscht ist. Nach dem Trockenvorgang wird eine niedrigdotierte Dotierstoffquelle homogen aufgeschleudert und ebenfalls getrocknet. Im nachgeschalteten Diffusionsvorgang bildet sich der selektive Emitter. Ein ähnlicher Prozess kann auch mit unterschiedlich dotierten druckbaren Pas-ten realisiert werden. Die industrielle Realisierung dieser Technologie ist kom-pliziert, da sie eine exakte Positionierung

des Wafers beim Siebdruck sowohl der Dotierstoffpaste als auch der Frontkontakte voraussetzt.

Diffusion durch Maskierung

Die Diffusion der Dotierstoffe wird während der Dotierung durch lokale Maskierung an den gewünschten Stellen zwischen den späteren Frontkontaktfingern verringert. Die Diffusionsbarriere wird vor der Dotierung aufgetragen. Auch dafür sind aufwendige Maskierungen nötig.

Laser-Überdotierung

In diesen Verfahren werden homogene, niedrig vordotierte, noch mit Phosphorglas versehene Siliziumscheiben in einem zweiten Dotierschritt selektiv mit Hilfe von hochpräzisen Lasern nachdotiert. Der Dotierstoff wird als Flüssigkeitsfilm auf die Siliziumscheibe aufgebracht. Ein Nachteil der Laserdotierung sind voraus-sichtlich die langen Prozesszeiten.

Olga Papathanasiou

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