Gerade den zehnten Teil einer millionstel Sekunde blitzt der Laser. Diese Energie reicht jedoch, um beim Auftreffen auf den Wafer einen Teil des Siliziums zu verdampfen und einen weiteren Teil zu schmelzen. „Dreißig Mikrometer ist der Graben tief, den der Laser so in den nur 200 Mikrometer dicken Wafer gräbt“, erklärt der Physiker Stephan Krantz von der Firma Solland Solar. Die stellt im niederländischen Heerlen Solarzellen her.
Im Verhältnis zur Dicke des Wafers ist die Einkerbung sehr tief. Durch das schlagartige Erhitzen zusätzlich geschwächt, wird bei diesem Prozess manche Solarzelle beschädigt und landet als Bruch im Ausschuss. Wesentlich flachere Gräben senken also die Kosten für Solarzellen merklich. Die Lasertechnik für solche flachen Gräben und für vier weitere wichtige Prozesse bei der Herstellung von Solarzellen soll das Forschungs- und Entwicklungsprojekt Solasys bis September 2011 zur industriellen Fertigungsreife bringen.
„Solasys steht für „Solarzellen-Laserbearbeitungs-Systeme der nächsten Generation“ und wird von der Europäischen Union mit 3,5 Millionen Euro gefördert. Alexander Olowinsky und Malte Schulz-Ruhtenberg vom Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) in Aachen leiten SOLASYS. Weitere 2,5 Millionen Euro investieren zehn Forschungsinstitute und Firmen, die Lasersysteme, Maschinen zur Solarzellenproduktion, Strahlführungssysteme und Solarzellen herstellen. In Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Spanien und Bulgarien entwickeln diese zehn Partner Lasertechniken bis zum praktischen Einsatz in der Industrie, mit denen sich Solarzellen günstiger herstellen lassen und die gleichzeitig den Wirkungsgrad verbessern.
Gräben in der Solarzelle
„Die flacheren Gräben mit Hilfe von aktuellen Lasertechniken sind einer der Schritte auf diesem Weg“, erläutert der ILT-Physiker Malte Schulz-Ruhtenberg. Ohne diese winzigen Gräben funktioniert eine Solarzelle schließlich nicht. In der äußersten Schicht des Siliziumwafers ersetzen bestimmte Elemente wie Phosphor einzelne Siliziumatome. Da Phosphor in seiner äußeren Hülle ein Elektron mehr als Silizium hat, kann er dieses leicht abgeben. Dadurch entstehen also frei bewegliche Elektronen, wie sie für einen Stromfluss notwendig sind, im reinen Silizium aber normalerweise nicht vorkommen. Gleichzeitig bilden sich einzelne positiv geladene Phosphoratome, die Elektronen anziehen, die von Lichtstrahlen aus der direkt darunter liegenden Siliziumschicht herausgeschlagen wurden. Auf der Anziehung der Elektronen und ihrer freien Bewegung in dieser sogenannten n-Dotierung beruht der grundlegende Prozess auf der Vorderseite einer Solarzelle. Deren Rückseite wird oft mit Aluminium zusätzlich dotiert, das gern Elektronen aufnimmt und so die „Löcher“ genannten positiven Ladungen anzieht, die gleichzeitig mit den Elektronen von Lichtstrahlen erzeugt wurden. Das Wandern der Elektronen nach vorne und der Löcher nach hinten ist nichts anderes als ein erster elektrischer Strom.
Diese p-Dotierung auf der Rückseite ist aber an den äußeren Kanten der Solarzelle direkt mit der n-Dotierung auf der Vorderseite verbunden. In einer solchen Solarzelle würde also das Gleiche passieren wie in einem Stromkabel, in dem die stromführenden Drähte miteinander verbunden werden: Es gibt einen Kurzschluss. Dieser lässt sich verhindern, wenn man die ohnehin nur 0,3 Mikrometer dicke Dotierungsschicht an den Kanten der Zelle komplett entfernt. Weil durch das reine Silizium im Inneren der Solarzelle kein Strom fließt, ist so die Vorderseite von der Rückseite elektrisch isoliert. Allerdings zerbrechen viele Wafer bei diesem Verfahren. Daher schneiden heute Laser eine Art Ringgraben in den äußersten Rand der Vorderseite einer Solarzelle. Dieser Graben reicht bis unter die nur 0,2 oder 0,3 Mikrometer dicke Dotierungsschicht.
„Bisher werden für diesen Graben Nanosekunden-Laser verwendet, die an der Auftreffstelle einen Teil des Siliziums verdampfen, einen weiteren Teil aber schmelzen“, erklärt Malte Schulz-Ruhtenberg. Bei diesem Schmelzen wandern einige Phosphoratome unter dem gerade entstehenden noch sehr flachen Graben ein wenig tiefer in den Wafer. Dadurch reicht die Dotierung aber wieder bis unter den Graben, der Strom könnte also unter der Grabensohle zu den Kanten und von dort weiter zur Rückseite fließen. Also muss der Laser den Graben noch ein wenig vertiefen. Wieder wandern ein paar Phosphoratome tiefer, und der Laser muss noch einmal aktiv werden, um das „Untertunneln“ zu verhindern. „Erst wenn die Gräben 30 Mikrometer tief sind, ist die Trennung zwischen Vorder- und Rückseite heute zuverlässig erreicht“, erklärt Stephan Krantz vom Solarzellen-Hersteller Solland Solar.
Erheblich flacher und damit weniger bruchanfällig hebt ein sogenannter Pikosekundenlaser diese Isolationsgräben aus. Er feuert zehn Pikosekunden kurze Entladungen, diese „Blitze“ sind 10.000-mal kürzer als ein Nanosekundenlaserpuls. „Solche ultrakurzen Pulse aber schmelzen das Silizium praktisch gar nicht mehr auf, sondern verdampfen es ausschließlich“, erklärt Malte Schulz-Ruhtenberg den großen Vorteil der neuen Lasermethode. Ohne Schmelzen aber wandern auch keine Phosphoratome in die Tiefe. „Einen Mikrometer tiefe und 20 Mikrometer breite Gräben sollten also für eine vollständige Trennung von Vorder- und Rückseite der Solarzelle reichen“, meint Stephan Krantz. Ob das wirklich stimmt, klärt Solasys bis September 2011 und entwickelt bis dahin auch die Laser, die dann in großen Maschinen in jeder Stunde in 3.000 Solarzellen die isolierenden Ringgräben schneidet.
Dotieren mit dem Laser
Ein weiterer von Solarsys bearbeiteter Prozess dreht sich direkt ums Dotieren. Mit herkömmlichen Verfahren wird der Wafer beim Einbringen der Phosphor- und Aluminiumatome erheblich belastet: Zunächst werden die Wafer und eine Phosphoroxychlorid genannte Verbindung auf 800 bis 900 Grad Celsius erhitzt. So entstehen Phosphoratome, die 200 oder 300 Nanometer weit in das Silizium eindringen. Dabei muss der Hersteller aber einen faulen Kompromiss eingehen: Einerseits sollten möglichst viele Phosphoratome in der n-Dotierung sein, die viele Elektronen anziehen und damit auch viel Strom aus der Zelle heraustransportieren können. Andererseits tragen diese Phosphoratome im Siliziumgitter ja positive Ladungen und fangen so Elektronen weg – einen Teil des photovoltaisch erzeugten Stroms verbraucht die Solarzelle also an diesen Fehlstellen selbst.
Für einen möglichst hohen Wirkungsgrad der Solarzelle sollten dieser Eigenverbrauch und damit die Zahl der Phosphoratome also möglichst niedrig sein. In der Praxis enthält die n-Dotierung daher bisher eine mittlere Zahl von Phosphoratomen und hält damit Eigenverbrauch und Stromableitung gleichermaßen auf mittlerem Niveau. Gleichzeitig bleibt natürlich auch der Wirkungsgrad der Solarzelle mittelmäßig.
Effizienter ist eine Solarzelle, wenn die n-Dotierung auf der Fläche sehr wenig Phosphoratome enthält. Nur unter den Kontaktlinien, die später den Strom aus der Solarzelle ableiten, schmilzt dagegen ein Infrarotlaser das Silizium tiefer auf und lässt so eine tiefere n-Dotierung entstehen, die mehr Phosphoratome enthält und so auch mehr Strom leiten kann. „Diese selektive Dotierung ist ein weiterer Laserprozess, den Solasys entwickelt“, erläutert ILT-Forscher Malte Schulz-Ruhtenberg. Wie stark diese tiefere n-Dotierung sein muss, um ausreichend Strom abzuleiten, wollen die Ingenieure dabei zum Beispiel herausfinden. Eine Schicht Siliziumnitrid über dieser n-Dotierung schützt später die eigentliche Solarzelle. Sie reflektiert auch weniger Sonnenlicht und erhöht so die Ausbeute. Bisher bringen Siebdrucker die Kontaktlinien zum Ableiten des entstandenen Stroms als Silberpaste auf diese blaue Schicht auf. Diese Silberlinien schmelzen dann in einem Ofen bei 700 oder 800 Grad Celsius durch die sehr harte Siliziumnitridschicht durch. Weniger belastend wäre für die Wafer natürlich ein Aufbringen der Kontaktlinien mit einem Laser.
Schnelles Licht
„Ein Pikosekundenlaser verdampft dabei unter der Siliziumnitridschicht ein wenig Silizium“, erklärt Malte Schulz-Ruhtenberg das Verfahren. Das Gas aber benötigt viel mehr Platz als ein gleich großer Kristall und sprengt so einen 20 Mikrometer breiten Graben mit sehr sauberen Kanten aus der Siliziumnitridschicht heraus. Anschließend wird Silber mit herkömmlicher Galvanisierung aufgebracht. Insgesamt belastet dieses Verfahren die Zelle erheblich weniger als das bisher übliche Siebdruckverfahren und anschließende Feuern im Ofen. Dadurch sinkt der Bruch, und die Zellen werden billiger. Gleichzeitig steigt auch noch der Wirkungs-grad, weil die Kontaktlinien auf der Vorderseite ja die Solarzelle beschatten und so Licht reflektieren, das eigentlich Strom erzeugen könnte. 20 Mikrometer breite Kontaktlinien vom Pikosekundenlaser beschatten erheblich weniger als die 100 Mikrometer breiten Kontaktlinien des Siebdruckverfahrens.
Entscheidend für den Erfolg des selektiven Dotierens ist, dass die Silberkontaktlinien anschließend exakt dort aufgebracht werden, wo die tiefen n-Dotierungslinien viel Strom transportieren können. Zwar können Laser und auch das herkömmliche Siebdruckverfahren für die nötigen Volltreffer exakt gesteuert werden. „Eleganter aber wäre eine Kombination beider Prozesse in einem einzigen Schritt“, erklärt Stephan Krantz. Nach dem schwachen Grunddotieren bleibt auf der Oberfläche des Wafers eine Siliziumglas-Schicht zurück, die große Mengen Phosphor enthält. Bisher wird diese Schicht vor dem Aufbringen der Siliziumnitridschicht in einem chemischen Prozess entfernt. Werden die Kontaktlinien dagegen mit einem Laser aufgebracht, könnte diese phosphorreiche Schicht die selektive n-Dotierung sozusagen gleich miterledigen: Während der Laser den 20 Mikrometer breiten Graben durch die Siliziumnitrid- und die Silizium-Phosphor-Glasschicht fräst, dringt Phosphor in die vorhandene schwache n-Dotierung ein und vertieft diese so. „Solasys testet diese Kombination wohl noch vor dem Ende des Projektes“, hofft Solland Solar-Entwickler Stephan Krantz.
Rückkontaktzellen
Sehr wichtig für den Physiker ist auch ein weiterer Solasys-Prozess, bei dem Löcher in die Solarzellen gebohrt werden. Durch diese Löcher fließt der in den Kontaktlinien gesammelte Strom auf die Rückseite der Zelle. Bisher nehmen dagegen drei Millimeter breite Streifen den Strom auf, die auf der Vorderseite der Solarzellen quer über die Kontaktlinien verlaufen. Diese Busbars aber reflektieren ebenfalls Licht, beschatten so die Solarzelle und senken den Wirkungsgrad. Fließt der Strom dagegen durch Löcher auf die Rückseite, entfallen die Busbars. „Um 0,3 Prozentpunkte könnte so der Wirkungsgrad steigen“, erklärt der Fraunhofer-Forscher Malte Schulz-Ruhtenberg.
Im Laufe des Jahres 2009 will Solland Solar die ersten dieser Rückkontaktzellen auf den Markt bringen, deren 16 Löcher mit jeweils wenigen hundert Mikrometern Durchmesser noch mit herkömmlichen Lasern gebohrt werden. Genau dieses Laserbohren aber soll im Rahmen von Solasys ebenfalls optimiert werden. Dabei schmelzen Laserpulse von einer millionstel Sekunde Dauer einen Teil des Siliziums und verdampfen einen weiteren Teil. Der Dampfdruck schleudert das Material nach außen und räumt so das Loch frei. Welcher Laser eignet sich für dieses Bohren am besten und wie entfernt man das ausgeworfene Material am zuverlässigsten? Das sind nur zwei der Fragen, die Solasys bei diesem Prozess beantworten soll.
Sanftes Löten
Kupferbänder verbinden am Ende der Herstellung 24 oder 32 der jeweils 156 Millimeter langen und breiten Solarzellen zu einem Modul. Zinn umhüllt diese Kupferbänder, die vorsichtig auf der Vorderseite einer Zelle auf die Busbars aufgebracht werden, die nächste Zelle hat ihren Anschluss an der Rückseite. Eine Infrarot-Lampe schmilzt dann bei 183 Grad Celsius den Zinnmantel und verbindet so das Kupferband fest mit den Busbars und der Rückseite der Zelle. „Dabei wird aber der gesamte Wafer erwärmt und so thermisch belastet“, schildert Malte Schulz-Ruhtenberg den Nachteil dieser Lötmethode. Schonender ist es dagegen, das Lötzinn mit einem Diodenlaser gezielt zu erwärmen und so die thermische Belastung für die Zelle zu minimieren. Auch dieses Laserlöten will Solasys bis zur industriellen Anwendung entwickeln.
Alle fünf Prozesse werden die Herstellung von Solarzellen und fertigen Modulen weiter verbessern und damit die Photovoltaik preiswerter machen. Das kommt nicht nur Herstellern wie Solland Solar zugute, sondern vor allem auch den Käufern.