Schwach gestartet, aber starkes Finish: Mit diesem Vergleich lässt sich das vergangene Geschäftsjahr für die Akteure der Photovoltaik sehr gut beschreiben. Tröpfelten zu Jahresbeginn 2007 die Aufträge nur vereinzelt in die Bücher, drehte sich ungefähr zur Jahresmitte der Markt. Die vollen Lager wurden ausgeräumt, die Modulpreise hoben ab. Dieser generelle Eindruck erweist sich im Detail und regional jedoch viel differenzierter: In einer Umfrage dieser Fachzeitschrift unter den Netzbetreibern, Stadtwerken und Energieversorgern im Bundesgebiet zeigte sich für 2007 eine uneinheitliche Entwicklung. Während viele Versorger in ihren Netzgebieten ein leichtes bis deutliches Plus konstatierten, verzeichneten andere zum Teil gravierende Einbrüche. „In unserem Gebiet hat es 2007 gegenüber 2005/06 einen weiterhin konstanten Zuwachs gegeben“, bestätigt Jörg Prostka, Sprecher der Stadtwerke AVU Netz im nordrhein-westfälischen Gevelsberg. „PV- Anlagen finden nach wie vor eine große Akzeptanz bei den Kunden.“ Im Netzgebiet von AVU wurden 403,05 Kilowatt (kW) Photovoltaik-Leistung neu installiert, etwas weniger als 2006 (470,86 kW). Dass der Rückgang nicht größer ausfiel, ist eigenen Anstrengungen zu verdanken: Das Unternehmen bietet bereits seit über zehn Jahren das Förderprogramm Futur an, um die staatliche Einspeisevergütung durch Öko-Darlehen, Innovationsbonus und spezielle Beratungsangebote zu ergänzen.
Für 2008 liefert Proska einen optimistischen Ausblick: „Der geschätzte Zuwachs liegt bei circa 70 neuen PV-Anlagen mit 350 bis 400 kW Leistung.“
AVU steht für eine Vielzahl kleinerer Versorger, die bundesweit in der Fläche das Gros der Betriebe stellen: Gemeindewerke, Stadtwerke oder Elektrizitätsgesellschaften mit überschaubarem Kundenkreis. Eine Anlage mehr oder weniger haut bei ihnen bereits ordentlich in die Statistik. Die Stadtwerke im bayerischen Hemau beispielsweise konnten ihren Zubau 2007 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppeln: Sie meldeten 285 kW (2006: 133 kW). Josef Betz, der kaufmännische Leiter, erwartet „2008 eine ähnliche Entwicklung wie 2007“. Die Gemeinde Hermaringen (Baden-Württemberg) registrierte 2007 rund 53 kW neu installierte PV-Leistung. 2006 waren es fast 130 kW. „Nach einem regelrechten Boom 2005 und 2006 mit insgesamt 400 kW neu installierter Leistung machten sich aus unserer Sicht die gestiegenen Preise der Solarmodule und die sinkende Einspeisevergütung bemerkbar“, analysiert Jürgen Mailänder, Bürgermeister und Leiter des Gemeindewerkes. „Die Amortisation verlängert sich dadurch und die erzielte Rendite wird kleiner.“ In der landwirtschaftlich geprägten Gemeinde erkennt er „einen leichten Trend zu weniger aber dafür größeren Anlagen“.
Leistung bis 30 kW
Dieser Trend hat sich 2007 generell offenbart: „Meist investieren landwirtschaftliche Betriebe in Anlagen mit einer Größe bis zu 30 kW“, urteilt Dirk Krämer von den Stadtwerken in Hamm. „Kleine Anlagen von Privatleuten für Eigenheime nehmen ab.“ Udo Brands, Hauptbereichsleiter Netzbetrieb der Stadtwerke Willich in NRW freut sich gleichfalls über ein gutes Jahr, mit 462,65 kW neu installierter PV-Leistung. 2006 kamen dort nur 236,75 kW auf die Dächer. Damit spielt Willich nun in der Megawattklasse, denn insgesamt stromen im Einzugsgebiet dieses Versorgers derzeit 1.161,25 kW. Auch Brands beobachtet aufmerksam, wie sich der Markt verändert: „Das Aufkommen an Kleinanlagen durch Einfamilienhausbesitzer geht zurück. Die Zuwächse ergeben sich in erhöhtem Maße aus den Projekten gewerblicher PV-Anlagenhändler durch die Anmietung von Dachflächen und Beteiligungsmodellen an PV-Anlagen“, erläutert er. „Dadurch werden auch Projekte realisiert, bei denen die weniger ertragreichen West- und Ostlagen einzelner Dächer belegt werden. Sollten sich keine revolutionären Verbesserungen im Wirkungsgrad der PV-Anlagen erreichen lassen oder die Globalstrahlung zunehmen, werden sich die Stromerträge je installiertem Kilowatt mittelfristig auf das Niveau aus den Jahren 2003 bis 2005 einstellen.“
Solarstrom besser akquirieren
Einige Versorger stellen sich bereits darauf ein, dass Solarstrom künftig aktiver akquiriert werden muss. „Wir haben im Oktober des vergangenen Jahres die ÜWG Solar gegründet“, sagt Jutta Roever, Geschäftsführerin der neuen Tochtergesellschaft der Überlandwerke Groß-Gerau aus Hessen. „Wir konnten Sättigungseffekte bei privaten Investoren durch das Angebot verschiedener Finanzierungsmodelle der ÜWG Solar abfangen.“ ÜWG Solar will neue Kundengruppen in den Kommunen gezielt ansprechen, um vom Trend zu durchschnittlich höheren Anlagenleistungen zu profitieren. Kamen 2006 im Einzugsgebiet von ÜWG noch 1,46 Megawatt (MW) auf die Dächer, waren es 2007 nur 1,28 MW.
Dass mehr große Anlagen mit über 20 kW installiert wurden, diagnostizierte auch Michael Jochade, Netzmeister bei den Stadtwerken in Werl (NRW). „Nach den Landwirten mit großen Dachflächen hat jetzt auch die Industrie die Photovoltaik entdeckt“, sagt er. „Wir hatten zum Beispiel eine neue Anlage mit 90 kW und eine mit 400 kW, sowie mehrere Anfragen.“ In Werl und dem umliegenden Netzgebiet wurden 2007 rund 957 kW neu errichtet, gegenüber 331,9 im Jahr 2006 ein gewaltiger Sprung.
Wurde der PV-Markt in Deutschland bislang durch zahllose Kleinanlagen vornehmlich in den süd- und westdeutschen Flächenländern getragen, setzen die Investoren in zunehmendem Maße auf Großanlagen, auch Fabrikbesitzer und Landwirte wachen auf. In Städten wie Nürnberg, Bielefeld oder Frankfurt am Main wird die PV langsam salonfähig. Walter Rieger vom Nürnberger Versorger N-Ergie meldete 33,362 MW neu installierte Leistung für 2007, im Vorjahr waren es knapp 20 MW. „Insbesondere große Freiflächenanlagen werden realisiert“, meint er. „2008 erwarten wir mindestens den gleichen Anlagenzuwachs.“ In Bielefeld gingen 810,97 kW neu ans Netz, wie Manfred Heidbreder von den örtlichen Stadtwerken berichtet. Das sind 300 kW mehr als 2006. Insgesamt stehen im Netzgebiet der Bielefelder Stadtwerke nun fast sechs MW Solarleistung bereit.
Große Versorger sammeln Daten
Je größer ein Netzgebiet ist, umso schwieriger ist es, verlässliche Daten zu bekommen. Der Verband der Netzbetreiber will bis Anfang März eine Schätzung der neu installierten PV-Leistung veröffentlichen. Gesicherte Zahlen sind nicht vor April zu erwarten. Jörg-Uwe Kuberski vom Netzgiganten Eon Edis (Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg) meldete aber 12,846 MW (2007) ein leichtes Plus im Vergleich zu 2006 (11,7 MW). Bei der RWE Westfalen-Weser-Ems laufen zurzeit die Tastaturen heiß, die Erfassung der Daten aus 2007 läuft auf Hochtouren. Dort schätzt man den Zubau „auf 30 bis 40 MW“, wie Unternehmenssprecher Klaus Schultebraucks mitteilt. Bestätigen sich diese Zahlen, wäre in diesem Netzgebiet das Vorjahresergebnis (12,7 MW) mehr als verdoppelt worden.